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Allgemeine Zeitung. Nr. 106. Augsburg, 15. April 1840.

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die Wahl eines Secretärs der Kammer sey nichts Bedeutendes, und ihr Resultat beweise daher nichts für die Stärke der Opposition in der Kammer; allein dasselbe erwartete von seinen muthmaßlichen neuen Anhängern einen größern Gehorsam, und jene bedeutende Minorität ist ihm um so unangenehmer als alle Sachkenner fortwährend darin übereinstimmen, daß es dem Ministerium mehr darum zu thun sey, sich durch Defectionen unter dem Reste der 221 eine gesicherte Majorität zu bilden, als im Einverständniß mit der Linken zu regieren, was außerdem keine leichte Aufgabe wäre.

Belgien.

Ueber ein neues Ministerium weiß man einstweilen nur mit Sicherheit, daß Hr. Lebeau mit Bildung desselben beauftragt ist. Er war gestern beim König, und durch ein sonderbares Zusammentreffen war dieses gerade der Jahrstag der anarchischen Scenen, die vor sechs Jahren, als Hr. Lebeau ebenfalls Minister war, sein Ansehen so sehr untergruben, daß er sich seitdem nicht wieder ganz davon hat erholen können. Die Art, wie er jetzt, obgleich Gouverneur einer Provinz, zum Sturze der Minister den exaltirtesten Köpfen der Kammer die Hand geboten, konnte natürlich nicht zu seiner Rehabilitation beitragen, so daß er wirklich seine neue Ministerlaufbahn unter bedenklichen Auspicien beginnt. Man sagt, er werde für sich das Portefeuille der auswärtigen Geschäfte wählen, wozu er sich, insofern als es hier auf politische Einsicht ankommt, allerdings gut eignen würde. Hr. Rogier, sein Inseparabler, soll Minister der öffentlichen Bauten werden. Er war es, der im September 1830 mit einem Haufen Lütticher Volks nach Brüssel kam, und zur Anregung jener Exaltation beitrug, die wenige Tage nachher in entschiedene Revolution überschlug. Seitdem hat er sich zu gemäßigteren Gesinnungen bekannt, und im Verwaltungsfache fleißig, ausgebildet, doch wird er es, falls er wirklich Minister der öffentlichen Bauten wird, seinem Vorgänger, Hrn. Nothomb, nicht gleich thun können. Als künftigen Kriegsminister bezeichnet man den General Prysse, den der König nach Brüssel berufen hat. Wer der Minister des Innern, auf den es am meisten ankommt, wenn das Ministerium einige Dauer haben soll, seyn werde, darüber schwanken noch die Gerüchte ganz im Unbestimmten. Uebrigens wird, nachdem sich ein Theil der Majorität, welche das bisherige Ministerium so lange aufrecht erhalten, nun wirklich von ihm losgesagt, wie hierüber die Vorgänge der letzten Tage keinen Zweifel lassen, die Bildung eines neuen Ministeriums nicht so schwierig seyn, als sie es vor vierzehn Tagen gewesen wäre. Nur bleiben die Umstände immer der Art, daß man demselben nicht wohl eine lange Dauer zurechnen kann.

Der Precurseur versichert, das neue Ministerium werde folgendermaßen zusammengesetzt werden: Lebeau, Minister der auswärtigen Angelegenheiten; Devaux, Minister des Innern; Rogier, Minister der öffentlichen Arbeiten; d'Huart, Finanzminister; Goethals, Kriegsminister. Von dem Justizminister macht jenes Blatt keine Erwähnung. Die übrigen Journale zeigen bloß an, daß der König Hrn. Devaux zu sich berufen hat. - Hr. v. Bassompierre, Generalintendant der Armee, tritt mit dem Kriegsminister General Wilmar ab. Letzterer soll für den Gesandtschaftsposten in Berlin bestimmt seyn.

Italien.

Unsere Verhältnisse zu England nehmen mehr und mehr einen ernsten Charakter an. Die hier etablirten englischen Häuser haben gestern durch ihren Consul die Weisung erhalten, vorderhand keine Waaren mehr auf neapolitanischen Schiffen zu verladen, da es nach den ihm vom Gesandten gemachten Mittheilungen sehr wahrscheinlich sey, daß die Schiffe Ihrer brittischen Maj. feindselig gegen die neapolitanische Flagge verfahren werden. Diese Nachricht verbreitete große Bestürzung, um so mehr, als es gewiß zu seyn scheint, daß die englische Flotte Befehl erhalten hat, von Malta abzusegeln. Man ist sehr gespannt, was die Regierung in dieser Beziehung bekannt machen wird. Heute spricht man nun von einem zweiten Rundschreiben des englischen Consuls, worin gesagt ist, daß man vorderhand nichts zu befürchten habe; die Sache werde sich erst entscheiden, wenn Admiral Stopford mit der Flotte ankomme, da der Admiral genauere Verhaltungsbefehle von Seite der englischen Regierung besitze. - Man schien überhaupt heute wieder um Vieles beruhigter.

Heute aus Neapel eingegangene Berichte vom 4 d. melden halbofficiell: "Heute früh ward der letzte Minister der auswärtigen Angelegenheiten, Fürst di Cassaro, auf Befehl des Königs nach der Stadt Foggia exilirt, wohin er von einem Gendarmeriecapitän begleitet wurde. Man ließ ihm kaum Zeit, die allernöthigsten Dinge zur Reise mitzunehmen. Auf seine Bitte, sich nach Rom begeben zu dürfen, wo er die Befehle des Monarchen abwarten wolle, wurde keine Rücksicht genommen." Wie in den ersten Cirkeln Neapels dieses Verfahren gegen einen allgemein geachteten Staatsmann, welcher in einer Reihe von Jahren sich durch seine Dienste und treue Anhänglichkeit an das Königshaus auszeichnete, großes Aufsehen erregt hat, so auch hier, wo man durch solche Maaßregeln sehr überrascht ist, und den Schritt um so mehr bedauert, als man darinn mehr den Einfluß gewisser Personen aus der Umgebung des Königs, als seinen eigenen Willen sieht. Als Verbrechen des in Ungnade gefallenen Ministers soll besonders gelten, daß er seine Meinung frei gegen die Ansichten des Königs und des übrigen Cabinets ausgesprochen und auf die bedenklichen Folgen aufmerksam gemacht hat, welche, England gegenüber, die genommene Stellung nach sich ziehen müsse. Die neapolitanische Regierung hat mehrere Broschüren drucken lassen, welche an alle Höfe gesendet sind, und worin sie ihr Benehmen gegen England der Welt als gerecht darzustellen strebt. Ein Courier des englischen Gesandten in Neapel ist hier durch nach Civitavecchia geeilt, wo er sich auf einem Dampfboot nach Malta eingeschifft. Man sagt, er überbringe Depeschen an den Gouverneur dieser Insel (wohl an den Admiral), welche ihn in Kenntniß setzen, daß der Minister auf eine Note keine Antwort erhalten, daher er nun nach seinen für diesen Fall empfangenen Instructionen gegen Sicilien handeln soll.

Die neapolitanische Regierung hat sich zwar mit den französischen Schwefelmonopolisten abgefunden; nun soll aber die englische Regierung damit noch nicht zufrieden, noch andere streitige Punkte in Anregung gebracht haben, so daß der Streit eine sehr ernste Wendung zu nehmen droht. Der englische Minister in Neapel hat unterm 3 d. eine Circularnote erlassen, worin er die englischen Unterthanen auf die Erscheinung eines englischen Blokadegeschwaders vorbereitet. - Vor einigen Tagen kam der als neapolitanischer Gesandter am französischen Hofe ernannte Graf Serra Capriola auf seinem Wege nach Paris hier durch. Neapel, das seit längerer Zeit mit der französischen Regierung gespannt war, scheint sich derselben also wieder nähern zu wollen. - Viele englische Reisende verlassen Neapel, um nicht bei einer Störung des Friedens in Unannehmlichkeiten zu kommen.

Deutschland.

Die feierliche Schließung der Ständeversammlung, welche, wie schon erwähnt, Mittwoch

die Wahl eines Secretärs der Kammer sey nichts Bedeutendes, und ihr Resultat beweise daher nichts für die Stärke der Opposition in der Kammer; allein dasselbe erwartete von seinen muthmaßlichen neuen Anhängern einen größern Gehorsam, und jene bedeutende Minorität ist ihm um so unangenehmer als alle Sachkenner fortwährend darin übereinstimmen, daß es dem Ministerium mehr darum zu thun sey, sich durch Defectionen unter dem Reste der 221 eine gesicherte Majorität zu bilden, als im Einverständniß mit der Linken zu regieren, was außerdem keine leichte Aufgabe wäre.

Belgien.

Ueber ein neues Ministerium weiß man einstweilen nur mit Sicherheit, daß Hr. Lebeau mit Bildung desselben beauftragt ist. Er war gestern beim König, und durch ein sonderbares Zusammentreffen war dieses gerade der Jahrstag der anarchischen Scenen, die vor sechs Jahren, als Hr. Lebeau ebenfalls Minister war, sein Ansehen so sehr untergruben, daß er sich seitdem nicht wieder ganz davon hat erholen können. Die Art, wie er jetzt, obgleich Gouverneur einer Provinz, zum Sturze der Minister den exaltirtesten Köpfen der Kammer die Hand geboten, konnte natürlich nicht zu seiner Rehabilitation beitragen, so daß er wirklich seine neue Ministerlaufbahn unter bedenklichen Auspicien beginnt. Man sagt, er werde für sich das Portefeuille der auswärtigen Geschäfte wählen, wozu er sich, insofern als es hier auf politische Einsicht ankommt, allerdings gut eignen würde. Hr. Rogier, sein Inseparabler, soll Minister der öffentlichen Bauten werden. Er war es, der im September 1830 mit einem Haufen Lütticher Volks nach Brüssel kam, und zur Anregung jener Exaltation beitrug, die wenige Tage nachher in entschiedene Revolution überschlug. Seitdem hat er sich zu gemäßigteren Gesinnungen bekannt, und im Verwaltungsfache fleißig, ausgebildet, doch wird er es, falls er wirklich Minister der öffentlichen Bauten wird, seinem Vorgänger, Hrn. Nothomb, nicht gleich thun können. Als künftigen Kriegsminister bezeichnet man den General Prysse, den der König nach Brüssel berufen hat. Wer der Minister des Innern, auf den es am meisten ankommt, wenn das Ministerium einige Dauer haben soll, seyn werde, darüber schwanken noch die Gerüchte ganz im Unbestimmten. Uebrigens wird, nachdem sich ein Theil der Majorität, welche das bisherige Ministerium so lange aufrecht erhalten, nun wirklich von ihm losgesagt, wie hierüber die Vorgänge der letzten Tage keinen Zweifel lassen, die Bildung eines neuen Ministeriums nicht so schwierig seyn, als sie es vor vierzehn Tagen gewesen wäre. Nur bleiben die Umstände immer der Art, daß man demselben nicht wohl eine lange Dauer zurechnen kann.

Der Précurseur versichert, das neue Ministerium werde folgendermaßen zusammengesetzt werden: Lebeau, Minister der auswärtigen Angelegenheiten; Devaux, Minister des Innern; Rogier, Minister der öffentlichen Arbeiten; d'Huart, Finanzminister; Goethals, Kriegsminister. Von dem Justizminister macht jenes Blatt keine Erwähnung. Die übrigen Journale zeigen bloß an, daß der König Hrn. Devaux zu sich berufen hat. – Hr. v. Bassompierre, Generalintendant der Armee, tritt mit dem Kriegsminister General Wilmar ab. Letzterer soll für den Gesandtschaftsposten in Berlin bestimmt seyn.

Italien.

Unsere Verhältnisse zu England nehmen mehr und mehr einen ernsten Charakter an. Die hier etablirten englischen Häuser haben gestern durch ihren Consul die Weisung erhalten, vorderhand keine Waaren mehr auf neapolitanischen Schiffen zu verladen, da es nach den ihm vom Gesandten gemachten Mittheilungen sehr wahrscheinlich sey, daß die Schiffe Ihrer brittischen Maj. feindselig gegen die neapolitanische Flagge verfahren werden. Diese Nachricht verbreitete große Bestürzung, um so mehr, als es gewiß zu seyn scheint, daß die englische Flotte Befehl erhalten hat, von Malta abzusegeln. Man ist sehr gespannt, was die Regierung in dieser Beziehung bekannt machen wird. Heute spricht man nun von einem zweiten Rundschreiben des englischen Consuls, worin gesagt ist, daß man vorderhand nichts zu befürchten habe; die Sache werde sich erst entscheiden, wenn Admiral Stopford mit der Flotte ankomme, da der Admiral genauere Verhaltungsbefehle von Seite der englischen Regierung besitze. – Man schien überhaupt heute wieder um Vieles beruhigter.

Heute aus Neapel eingegangene Berichte vom 4 d. melden halbofficiell: „Heute früh ward der letzte Minister der auswärtigen Angelegenheiten, Fürst di Cassaro, auf Befehl des Königs nach der Stadt Foggia exilirt, wohin er von einem Gendarmeriecapitän begleitet wurde. Man ließ ihm kaum Zeit, die allernöthigsten Dinge zur Reise mitzunehmen. Auf seine Bitte, sich nach Rom begeben zu dürfen, wo er die Befehle des Monarchen abwarten wolle, wurde keine Rücksicht genommen.“ Wie in den ersten Cirkeln Neapels dieses Verfahren gegen einen allgemein geachteten Staatsmann, welcher in einer Reihe von Jahren sich durch seine Dienste und treue Anhänglichkeit an das Königshaus auszeichnete, großes Aufsehen erregt hat, so auch hier, wo man durch solche Maaßregeln sehr überrascht ist, und den Schritt um so mehr bedauert, als man darinn mehr den Einfluß gewisser Personen aus der Umgebung des Königs, als seinen eigenen Willen sieht. Als Verbrechen des in Ungnade gefallenen Ministers soll besonders gelten, daß er seine Meinung frei gegen die Ansichten des Königs und des übrigen Cabinets ausgesprochen und auf die bedenklichen Folgen aufmerksam gemacht hat, welche, England gegenüber, die genommene Stellung nach sich ziehen müsse. Die neapolitanische Regierung hat mehrere Broschüren drucken lassen, welche an alle Höfe gesendet sind, und worin sie ihr Benehmen gegen England der Welt als gerecht darzustellen strebt. Ein Courier des englischen Gesandten in Neapel ist hier durch nach Civitavecchia geeilt, wo er sich auf einem Dampfboot nach Malta eingeschifft. Man sagt, er überbringe Depeschen an den Gouverneur dieser Insel (wohl an den Admiral), welche ihn in Kenntniß setzen, daß der Minister auf eine Note keine Antwort erhalten, daher er nun nach seinen für diesen Fall empfangenen Instructionen gegen Sicilien handeln soll.

Die neapolitanische Regierung hat sich zwar mit den französischen Schwefelmonopolisten abgefunden; nun soll aber die englische Regierung damit noch nicht zufrieden, noch andere streitige Punkte in Anregung gebracht haben, so daß der Streit eine sehr ernste Wendung zu nehmen droht. Der englische Minister in Neapel hat unterm 3 d. eine Circularnote erlassen, worin er die englischen Unterthanen auf die Erscheinung eines englischen Blokadegeschwaders vorbereitet. – Vor einigen Tagen kam der als neapolitanischer Gesandter am französischen Hofe ernannte Graf Serra Capriola auf seinem Wege nach Paris hier durch. Neapel, das seit längerer Zeit mit der französischen Regierung gespannt war, scheint sich derselben also wieder nähern zu wollen. – Viele englische Reisende verlassen Neapel, um nicht bei einer Störung des Friedens in Unannehmlichkeiten zu kommen.

Deutschland.

Die feierliche Schließung der Ständeversammlung, welche, wie schon erwähnt, Mittwoch

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[0844/0004] die Wahl eines Secretärs der Kammer sey nichts Bedeutendes, und ihr Resultat beweise daher nichts für die Stärke der Opposition in der Kammer; allein dasselbe erwartete von seinen muthmaßlichen neuen Anhängern einen größern Gehorsam, und jene bedeutende Minorität ist ihm um so unangenehmer als alle Sachkenner fortwährend darin übereinstimmen, daß es dem Ministerium mehr darum zu thun sey, sich durch Defectionen unter dem Reste der 221 eine gesicherte Majorität zu bilden, als im Einverständniß mit der Linken zu regieren, was außerdem keine leichte Aufgabe wäre. Belgien. _ Brüssel, 7 April. Ueber ein neues Ministerium weiß man einstweilen nur mit Sicherheit, daß Hr. Lebeau mit Bildung desselben beauftragt ist. Er war gestern beim König, und durch ein sonderbares Zusammentreffen war dieses gerade der Jahrstag der anarchischen Scenen, die vor sechs Jahren, als Hr. Lebeau ebenfalls Minister war, sein Ansehen so sehr untergruben, daß er sich seitdem nicht wieder ganz davon hat erholen können. Die Art, wie er jetzt, obgleich Gouverneur einer Provinz, zum Sturze der Minister den exaltirtesten Köpfen der Kammer die Hand geboten, konnte natürlich nicht zu seiner Rehabilitation beitragen, so daß er wirklich seine neue Ministerlaufbahn unter bedenklichen Auspicien beginnt. Man sagt, er werde für sich das Portefeuille der auswärtigen Geschäfte wählen, wozu er sich, insofern als es hier auf politische Einsicht ankommt, allerdings gut eignen würde. Hr. Rogier, sein Inseparabler, soll Minister der öffentlichen Bauten werden. Er war es, der im September 1830 mit einem Haufen Lütticher Volks nach Brüssel kam, und zur Anregung jener Exaltation beitrug, die wenige Tage nachher in entschiedene Revolution überschlug. Seitdem hat er sich zu gemäßigteren Gesinnungen bekannt, und im Verwaltungsfache fleißig, ausgebildet, doch wird er es, falls er wirklich Minister der öffentlichen Bauten wird, seinem Vorgänger, Hrn. Nothomb, nicht gleich thun können. Als künftigen Kriegsminister bezeichnet man den General Prysse, den der König nach Brüssel berufen hat. Wer der Minister des Innern, auf den es am meisten ankommt, wenn das Ministerium einige Dauer haben soll, seyn werde, darüber schwanken noch die Gerüchte ganz im Unbestimmten. Uebrigens wird, nachdem sich ein Theil der Majorität, welche das bisherige Ministerium so lange aufrecht erhalten, nun wirklich von ihm losgesagt, wie hierüber die Vorgänge der letzten Tage keinen Zweifel lassen, die Bildung eines neuen Ministeriums nicht so schwierig seyn, als sie es vor vierzehn Tagen gewesen wäre. Nur bleiben die Umstände immer der Art, daß man demselben nicht wohl eine lange Dauer zurechnen kann. Der Précurseur versichert, das neue Ministerium werde folgendermaßen zusammengesetzt werden: Lebeau, Minister der auswärtigen Angelegenheiten; Devaux, Minister des Innern; Rogier, Minister der öffentlichen Arbeiten; d'Huart, Finanzminister; Goethals, Kriegsminister. Von dem Justizminister macht jenes Blatt keine Erwähnung. Die übrigen Journale zeigen bloß an, daß der König Hrn. Devaux zu sich berufen hat. – Hr. v. Bassompierre, Generalintendant der Armee, tritt mit dem Kriegsminister General Wilmar ab. Letzterer soll für den Gesandtschaftsposten in Berlin bestimmt seyn. Italien. _ Neapel, 4 April. Unsere Verhältnisse zu England nehmen mehr und mehr einen ernsten Charakter an. Die hier etablirten englischen Häuser haben gestern durch ihren Consul die Weisung erhalten, vorderhand keine Waaren mehr auf neapolitanischen Schiffen zu verladen, da es nach den ihm vom Gesandten gemachten Mittheilungen sehr wahrscheinlich sey, daß die Schiffe Ihrer brittischen Maj. feindselig gegen die neapolitanische Flagge verfahren werden. Diese Nachricht verbreitete große Bestürzung, um so mehr, als es gewiß zu seyn scheint, daß die englische Flotte Befehl erhalten hat, von Malta abzusegeln. Man ist sehr gespannt, was die Regierung in dieser Beziehung bekannt machen wird. Heute spricht man nun von einem zweiten Rundschreiben des englischen Consuls, worin gesagt ist, daß man vorderhand nichts zu befürchten habe; die Sache werde sich erst entscheiden, wenn Admiral Stopford mit der Flotte ankomme, da der Admiral genauere Verhaltungsbefehle von Seite der englischen Regierung besitze. – Man schien überhaupt heute wieder um Vieles beruhigter. _ Rom, 6 April. Heute aus Neapel eingegangene Berichte vom 4 d. melden halbofficiell: „Heute früh ward der letzte Minister der auswärtigen Angelegenheiten, Fürst di Cassaro, auf Befehl des Königs nach der Stadt Foggia exilirt, wohin er von einem Gendarmeriecapitän begleitet wurde. Man ließ ihm kaum Zeit, die allernöthigsten Dinge zur Reise mitzunehmen. Auf seine Bitte, sich nach Rom begeben zu dürfen, wo er die Befehle des Monarchen abwarten wolle, wurde keine Rücksicht genommen.“ Wie in den ersten Cirkeln Neapels dieses Verfahren gegen einen allgemein geachteten Staatsmann, welcher in einer Reihe von Jahren sich durch seine Dienste und treue Anhänglichkeit an das Königshaus auszeichnete, großes Aufsehen erregt hat, so auch hier, wo man durch solche Maaßregeln sehr überrascht ist, und den Schritt um so mehr bedauert, als man darinn mehr den Einfluß gewisser Personen aus der Umgebung des Königs, als seinen eigenen Willen sieht. Als Verbrechen des in Ungnade gefallenen Ministers soll besonders gelten, daß er seine Meinung frei gegen die Ansichten des Königs und des übrigen Cabinets ausgesprochen und auf die bedenklichen Folgen aufmerksam gemacht hat, welche, England gegenüber, die genommene Stellung nach sich ziehen müsse. Die neapolitanische Regierung hat mehrere Broschüren drucken lassen, welche an alle Höfe gesendet sind, und worin sie ihr Benehmen gegen England der Welt als gerecht darzustellen strebt. Ein Courier des englischen Gesandten in Neapel ist hier durch nach Civitavecchia geeilt, wo er sich auf einem Dampfboot nach Malta eingeschifft. Man sagt, er überbringe Depeschen an den Gouverneur dieser Insel (wohl an den Admiral), welche ihn in Kenntniß setzen, daß der Minister auf eine Note keine Antwort erhalten, daher er nun nach seinen für diesen Fall empfangenen Instructionen gegen Sicilien handeln soll. _ Livorno, 7 April. Die neapolitanische Regierung hat sich zwar mit den französischen Schwefelmonopolisten abgefunden; nun soll aber die englische Regierung damit noch nicht zufrieden, noch andere streitige Punkte in Anregung gebracht haben, so daß der Streit eine sehr ernste Wendung zu nehmen droht. Der englische Minister in Neapel hat unterm 3 d. eine Circularnote erlassen, worin er die englischen Unterthanen auf die Erscheinung eines englischen Blokadegeschwaders vorbereitet. – Vor einigen Tagen kam der als neapolitanischer Gesandter am französischen Hofe ernannte Graf Serra Capriola auf seinem Wege nach Paris hier durch. Neapel, das seit längerer Zeit mit der französischen Regierung gespannt war, scheint sich derselben also wieder nähern zu wollen. – Viele englische Reisende verlassen Neapel, um nicht bei einer Störung des Friedens in Unannehmlichkeiten zu kommen. Deutschland. _ München, 13 April. Die feierliche Schließung der Ständeversammlung, welche, wie schon erwähnt, Mittwoch

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 106. Augsburg, 15. April 1840, S. 0844. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_106_18400415/4>, abgerufen am 22.11.2024.