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Allgemeine Zeitung. Nr. 106. Augsburg, 15. April 1840.

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gründlich erschöpfen zu können, als daß man uns mit Sturmeseile von einem Gegenstande zum andern jagt. Wahrlich, nicht gut ist es, wenn Regierung und Stände ihr kaltes Recht einander vorwägend sich gegenüber treten, wenn sie ängstlich, wie zwei feindliche Nachbarn, ihre Gränzen mit Pflöcken und Steinen abmarken und versichern. Bei weitem besser ist es, wenn sie Hand in Hand den Weg der freundlichen Verständigung gehen, und so das eine Ziel verfolgen, das ihnen ja doch gleich sehr am Herzen liegt. Wenn die Stände und die Regierung am Ende doch Eines wollen, warum gehen sie nicht Hand in Hand neben einander, warum ein schroffes Entgegentreten, warum ein Verkümmern der Rechte, die gemeinsam geübt gewiß Niemanden beeinträchtigen? Gedenkt man aber auch der praktischen Folgen jener Theorie, so ist unausbleiblich, daß alles Vertrauen in die Richtigkeit des Budgets zu Grunde geht, daß man überall künstliche Erübrigungen wie Gespenster sieht, und daß man keiner Einnahms- und Ausgabsposition mehr ein Vertrauen schenken zu können glaubt. Eine weitere Folge ist, daß wenn der Anhaltspunkt fehlt, auch die wahre Basis verrückt und kein Gebäude mehr auf diesem wankenden Grundsystem aufgeführt werden kann; denn wo kein wohlbemessenes, durch gemeinsame Verständigung herbeigeführtes Budget vorangeht, kann unmöglich eine Steuerbewilligung darauf begründet werden. - Im engsten Verbande stehen die beiden §§. 3 und 4 des VIIten Titels unsers Grundgesetzes über die Steuerbewilligung; nicht ohne Grund sagt die Verfassung in diesem §. 3: "Der König erholt die Zustimmung der Stände zur Erhebung aller directen Steuern, so wie zur Erhebung neuer indirecten Auflagen, oder zur Erhöhung oder Veränderung der bestehenden," dann im §. 4: "Den Ständen wird daher nach ihrer Eröffnung die genaue Uebersicht des Staatsbedürfnisses, so wie der gesammten Staatseinnahmen (Budget) vorgelegt werden, welche dieselbe durch einen Ausschuß prüfen, und sodann über die zu erhebenden Steuern in Berathung treten." Dieses daher ist ein kleines Wörtchen, aber nicht ohne Bedeutung, es bildet die Basis, die Grundlage, auf der fortgebaut werden muß. - Eine andere traurige Folge jener Theorie ist, daß am Ende zu dem Rechte der Stände, die Steurn zu bewilligen oder nicht, geschritten wird, woraus wieder folgt, daß die Erübrigungen verschwinden, und die Interessen des Landes verkümmert werden; den Ständen kann aber wahrlich nicht darum zu thun seyn, der Regierung die Steuern vorzuenthalten, und die materiellen und geistigen Interessen des Landes verwahrlost zu sehen: eben so wenig liegt dieß im Interesse und Wunsche der Regierung. Unser Haushalt ist ein geordneter; er möge es bleiben, nicht erschüttert werden durch gewaltsam herbeigeführte Vorenthaltung der für dessen Erhaltung unausweichlichen Bedürfnisse. - Die Anträge selbst anbelangend, wünscht der Ausschuß, daß eine Verwahrung in das Protokoll niedergelegt werde, der Hr. Abgeordnete der Stadt Nürnberg dagegen hält dafür, daß diese Verwahrung nicht genüge, sondern er will, daß der Rechnung pro 1837/38 die Anerkennung zu versagen sey. Ich gestehe dabei offen, daß ich mich der letztern Modification nicht anschließe. Ich glaube nicht, daß man auf dem gesetzlichen Boden bleibt, wenn man einer Rechnung die Anerkennung versagt, gegen deren formellen und materiellen Inhalt sich nichts erinnern läßt; ich glaube, man würde hiebei die allein richtige Basis der Gesetzlichkeit verlassen, um so mehr, als gerade jene Position, welche eine Verwahrung oder ein rechnungsmäßiges Reservat rechtfertigen würde, ein solches Recht nicht implicirt. Die Stände sind nicht der oberste Rechnungshof, sie haben nur über die Rechnungen ihre Erinnerungen abzugeben, und das Recht, darauf zu dringen, daß die dadurch provocirten Beschwerden gehoben, und die veranlassenden Beamten zur Verantwortung gezogen werden. Wenn aber ein Fall zu solchem Einschreiten nicht vorliegt, so ist auch kein Grund gegeben, den Rechnungsresultaten die Zustimmung zu versagen. Noch weniger scheint mir aber rechnungsmäßig richtig der Antrag, daß man die Anerkennung der Rechnungen vertagen soll. Was soll dieser Antrag? Die Kammer vom Jahre 1837 hat die Principienfrage ohnehin auf die gegenwärtige Kammer vertagt, soll nun diese sie wieder auf 3 Jahre vertagen, und auf die Ständeversammlung von 1843 hinüberwälzen? Nein, entschieden müssen wir uns aussprechen, entschieden unsere Verwahrung niederlegen, und unsere Ansicht erklären, wir müssen das Terrain wahren, das uns gegeben, bis die Zeit kommt, wo es praktische Bedeutung gewinnt. Ich stimme daher für den Antrag des Ausschusses, daß diese Verwahrung mit Entschiedenheit in das Protokoll niedergelegt werde; ich stimme dafür, und schließe mit der Hoffnung, daß die hohe Regierung den Ständen freundlich entgegenkomme, daß sie von jener Theorie abgehe, die nimmermehr zum Guten führt, und daß sie nicht die Ständeversammlung von 1843 in die unangenehme Nothwendigkeit versetzen möge, dieser Verwahrung eine praktische Bedeutung zu geben"

Hr. Enke schloß sich der Ansicht der HH. Schwindl und Bestelmeyer nicht an. Bei dem Gesetzesentwurf, die Vollendung des Bibliothek- und Archivgebäudes dahier betreffend, seyen die Staatsminister des Innern und der Finanzen ganz loyal und ächt constitutionell den Ständen gegenüber getreten, und haben nachgewiesen, wie dringend nothwendig die Vollendung dieses Gebäudes gewesen sey, und daß nur dieses sie bewogen, die Verantwortlichkeit deßhalb den Ständen gegenüber zu übernehmen. Dieses sey gewiß eine erfreuliche Erscheinung, wenn gleich der Nation darin das bedeutende Opfer von 650,000 fl. angemuthet worden - eine erfreuliche Erscheinung darum, weil daraus zu ersehen, daß die Grundsätze der Staatsregierung jetzt andere seyen, als sie im Jahr 1837 gewesen. Diese 650,000 fl. seyen aus den Erübrigungen zu dem Baue verwendet worden; indem nun die Minister kommen, und von den Ständen des Reichs deren Zustimmung verlangen, so gestehen sie ja eo ipso zu, daß den Ständen ein Zustimmungsrecht zu der Verwendung der Erübrigungen zukomme. Deßhalb ziehe er den Antrag des Ausschusses auf Einlegung der Verwahrung der ständischen Rechte vor.

Zur Rechtfertigung gegen die Aeußerungen des Freiherrn v. Thon-Dittmer resumirte Frhr. v. Freiberg sein früheres Votum.

Dr. Schwindl erklärte sich in einem ausführlichen Vortrage unbedingt für das vorgelegte Amendement des Hrn. Bestelmeyer.

(Fortsetzung folgt.)

In der heutigen Sitzung der zweiten Kammer wurde der Titel XX des Strafgesetzes von falscher Beschuldigung, Verleumdung und Ehrenkränkung zur Berathung ausgesetzt. Bei diesem Titel zeigen sich viele Schwierigkeiten. Kein anderer Titel erlitt in der Commission so viele Veränderungen, und es scheint, daß auch die Kammer hier mehr, als bei andern Titeln, Neues beschließen werde. Wenigstens die heutige Sitzung hat damit angefangen. Und doch scheint wahrlich kein anderer Titel weniger dazu geeignet, solche Improvisationen einer Ständekammer zu ertragen, wenn nicht die Einheit des Systems des Titels Noth leiden soll.

Der Titel behandelt zuerst die falschen Beschuldigungen vor der Obrigkeit. Der §. 259 bedroht sie mit Geldstrafe, Gefängniß oder Arbeitshaus bis zu zwei Jahren, sobald der Beschuldiger die bei der Obrigkeit angezeigte strafbare That nicht erweisen, noch auch glaubhaft machen darf, daß er sie für wahr gehalten habe. Welcker schlug vor, die eigentlich falsche Beschuldigung, wie sie hier bedroht sey, nur da anzunehmen, wo sich ergebe, daß der Beschuldiger die behauptete Thatsache selbst erdichtet, oder überhaupt die Anzeige wissentlich falsch gemacht habe, die bloß unerweislichen Beschuldigungen aber geringer zu bestrafen. Aschbach hielt die im Entwurf gedrohte Strafe für die letztern Fälle, die er muthwillige Beschuldigungen nannte, passend, und schlug für die wissentlich falschen Beschuldigungen eine Erhöhung des Strafmaaßes vor. Nach langen Debatten wurde aber auf den Antrag des Vicekanzlers Bekk beschlossen, daß die unerwiesene Beschuldigung, wenn der Beschuldiger nicht glaubhaft mache, daß er sie für wahr gehalten, mit Geld oder Gefängniß, dagegen wenn sie wissentlich falsch geschah, mit Gefängniß oder Arbeitshaus bis zu zwei Jahren bestraft werde.

Der Abg. Christ zog sodann gegen den ganzen Titel zu Felde, er sey zu doctrinell gefaßt und enthalte eine wahre Casuistik. Das Gesetz soll überall nur wenig bestimmen und die Entwicklung der Doctrin überlassen. Es sey nicht möglich, Ehrenkränkungen zu definiren, oder gar Abstufungen und Unterscheidungen zu machen. Das Leben habe keine Begriffe; Begriffsbestimmungen passen daher auf die Fälle in der Anwendung nicht. Geheimrath Duttlinger nennt diese Ausführungen Gemeinplätze, die wahr oder nicht wahr seyen, je nachdem man einen Sinn damit verbinde. Mördes: mit solchen allgemeinen Kritiken sey nichts gesagt, Christ hätte angeben und nachweisen sollen, bei welchen einzelnen Bestimmungen

gründlich erschöpfen zu können, als daß man uns mit Sturmeseile von einem Gegenstande zum andern jagt. Wahrlich, nicht gut ist es, wenn Regierung und Stände ihr kaltes Recht einander vorwägend sich gegenüber treten, wenn sie ängstlich, wie zwei feindliche Nachbarn, ihre Gränzen mit Pflöcken und Steinen abmarken und versichern. Bei weitem besser ist es, wenn sie Hand in Hand den Weg der freundlichen Verständigung gehen, und so das eine Ziel verfolgen, das ihnen ja doch gleich sehr am Herzen liegt. Wenn die Stände und die Regierung am Ende doch Eines wollen, warum gehen sie nicht Hand in Hand neben einander, warum ein schroffes Entgegentreten, warum ein Verkümmern der Rechte, die gemeinsam geübt gewiß Niemanden beeinträchtigen? Gedenkt man aber auch der praktischen Folgen jener Theorie, so ist unausbleiblich, daß alles Vertrauen in die Richtigkeit des Budgets zu Grunde geht, daß man überall künstliche Erübrigungen wie Gespenster sieht, und daß man keiner Einnahms- und Ausgabsposition mehr ein Vertrauen schenken zu können glaubt. Eine weitere Folge ist, daß wenn der Anhaltspunkt fehlt, auch die wahre Basis verrückt und kein Gebäude mehr auf diesem wankenden Grundsystem aufgeführt werden kann; denn wo kein wohlbemessenes, durch gemeinsame Verständigung herbeigeführtes Budget vorangeht, kann unmöglich eine Steuerbewilligung darauf begründet werden. – Im engsten Verbande stehen die beiden §§. 3 und 4 des VIIten Titels unsers Grundgesetzes über die Steuerbewilligung; nicht ohne Grund sagt die Verfassung in diesem §. 3: „Der König erholt die Zustimmung der Stände zur Erhebung aller directen Steuern, so wie zur Erhebung neuer indirecten Auflagen, oder zur Erhöhung oder Veränderung der bestehenden,“ dann im §. 4: „Den Ständen wird daher nach ihrer Eröffnung die genaue Uebersicht des Staatsbedürfnisses, so wie der gesammten Staatseinnahmen (Budget) vorgelegt werden, welche dieselbe durch einen Ausschuß prüfen, und sodann über die zu erhebenden Steuern in Berathung treten.“ Dieses daher ist ein kleines Wörtchen, aber nicht ohne Bedeutung, es bildet die Basis, die Grundlage, auf der fortgebaut werden muß. – Eine andere traurige Folge jener Theorie ist, daß am Ende zu dem Rechte der Stände, die Steurn zu bewilligen oder nicht, geschritten wird, woraus wieder folgt, daß die Erübrigungen verschwinden, und die Interessen des Landes verkümmert werden; den Ständen kann aber wahrlich nicht darum zu thun seyn, der Regierung die Steuern vorzuenthalten, und die materiellen und geistigen Interessen des Landes verwahrlost zu sehen: eben so wenig liegt dieß im Interesse und Wunsche der Regierung. Unser Haushalt ist ein geordneter; er möge es bleiben, nicht erschüttert werden durch gewaltsam herbeigeführte Vorenthaltung der für dessen Erhaltung unausweichlichen Bedürfnisse. – Die Anträge selbst anbelangend, wünscht der Ausschuß, daß eine Verwahrung in das Protokoll niedergelegt werde, der Hr. Abgeordnete der Stadt Nürnberg dagegen hält dafür, daß diese Verwahrung nicht genüge, sondern er will, daß der Rechnung pro 1837/38 die Anerkennung zu versagen sey. Ich gestehe dabei offen, daß ich mich der letztern Modification nicht anschließe. Ich glaube nicht, daß man auf dem gesetzlichen Boden bleibt, wenn man einer Rechnung die Anerkennung versagt, gegen deren formellen und materiellen Inhalt sich nichts erinnern läßt; ich glaube, man würde hiebei die allein richtige Basis der Gesetzlichkeit verlassen, um so mehr, als gerade jene Position, welche eine Verwahrung oder ein rechnungsmäßiges Reservat rechtfertigen würde, ein solches Recht nicht implicirt. Die Stände sind nicht der oberste Rechnungshof, sie haben nur über die Rechnungen ihre Erinnerungen abzugeben, und das Recht, darauf zu dringen, daß die dadurch provocirten Beschwerden gehoben, und die veranlassenden Beamten zur Verantwortung gezogen werden. Wenn aber ein Fall zu solchem Einschreiten nicht vorliegt, so ist auch kein Grund gegeben, den Rechnungsresultaten die Zustimmung zu versagen. Noch weniger scheint mir aber rechnungsmäßig richtig der Antrag, daß man die Anerkennung der Rechnungen vertagen soll. Was soll dieser Antrag? Die Kammer vom Jahre 1837 hat die Principienfrage ohnehin auf die gegenwärtige Kammer vertagt, soll nun diese sie wieder auf 3 Jahre vertagen, und auf die Ständeversammlung von 1843 hinüberwälzen? Nein, entschieden müssen wir uns aussprechen, entschieden unsere Verwahrung niederlegen, und unsere Ansicht erklären, wir müssen das Terrain wahren, das uns gegeben, bis die Zeit kommt, wo es praktische Bedeutung gewinnt. Ich stimme daher für den Antrag des Ausschusses, daß diese Verwahrung mit Entschiedenheit in das Protokoll niedergelegt werde; ich stimme dafür, und schließe mit der Hoffnung, daß die hohe Regierung den Ständen freundlich entgegenkomme, daß sie von jener Theorie abgehe, die nimmermehr zum Guten führt, und daß sie nicht die Ständeversammlung von 1843 in die unangenehme Nothwendigkeit versetzen möge, dieser Verwahrung eine praktische Bedeutung zu geben“

Hr. Enke schloß sich der Ansicht der HH. Schwindl und Bestelmeyer nicht an. Bei dem Gesetzesentwurf, die Vollendung des Bibliothek- und Archivgebäudes dahier betreffend, seyen die Staatsminister des Innern und der Finanzen ganz loyal und ächt constitutionell den Ständen gegenüber getreten, und haben nachgewiesen, wie dringend nothwendig die Vollendung dieses Gebäudes gewesen sey, und daß nur dieses sie bewogen, die Verantwortlichkeit deßhalb den Ständen gegenüber zu übernehmen. Dieses sey gewiß eine erfreuliche Erscheinung, wenn gleich der Nation darin das bedeutende Opfer von 650,000 fl. angemuthet worden – eine erfreuliche Erscheinung darum, weil daraus zu ersehen, daß die Grundsätze der Staatsregierung jetzt andere seyen, als sie im Jahr 1837 gewesen. Diese 650,000 fl. seyen aus den Erübrigungen zu dem Baue verwendet worden; indem nun die Minister kommen, und von den Ständen des Reichs deren Zustimmung verlangen, so gestehen sie ja eo ipso zu, daß den Ständen ein Zustimmungsrecht zu der Verwendung der Erübrigungen zukomme. Deßhalb ziehe er den Antrag des Ausschusses auf Einlegung der Verwahrung der ständischen Rechte vor.

Zur Rechtfertigung gegen die Aeußerungen des Freiherrn v. Thon-Dittmer resumirte Frhr. v. Freiberg sein früheres Votum.

Dr. Schwindl erklärte sich in einem ausführlichen Vortrage unbedingt für das vorgelegte Amendement des Hrn. Bestelmeyer.

(Fortsetzung folgt.)

In der heutigen Sitzung der zweiten Kammer wurde der Titel XX des Strafgesetzes von falscher Beschuldigung, Verleumdung und Ehrenkränkung zur Berathung ausgesetzt. Bei diesem Titel zeigen sich viele Schwierigkeiten. Kein anderer Titel erlitt in der Commission so viele Veränderungen, und es scheint, daß auch die Kammer hier mehr, als bei andern Titeln, Neues beschließen werde. Wenigstens die heutige Sitzung hat damit angefangen. Und doch scheint wahrlich kein anderer Titel weniger dazu geeignet, solche Improvisationen einer Ständekammer zu ertragen, wenn nicht die Einheit des Systems des Titels Noth leiden soll.

Der Titel behandelt zuerst die falschen Beschuldigungen vor der Obrigkeit. Der §. 259 bedroht sie mit Geldstrafe, Gefängniß oder Arbeitshaus bis zu zwei Jahren, sobald der Beschuldiger die bei der Obrigkeit angezeigte strafbare That nicht erweisen, noch auch glaubhaft machen darf, daß er sie für wahr gehalten habe. Welcker schlug vor, die eigentlich falsche Beschuldigung, wie sie hier bedroht sey, nur da anzunehmen, wo sich ergebe, daß der Beschuldiger die behauptete Thatsache selbst erdichtet, oder überhaupt die Anzeige wissentlich falsch gemacht habe, die bloß unerweislichen Beschuldigungen aber geringer zu bestrafen. Aschbach hielt die im Entwurf gedrohte Strafe für die letztern Fälle, die er muthwillige Beschuldigungen nannte, passend, und schlug für die wissentlich falschen Beschuldigungen eine Erhöhung des Strafmaaßes vor. Nach langen Debatten wurde aber auf den Antrag des Vicekanzlers Bekk beschlossen, daß die unerwiesene Beschuldigung, wenn der Beschuldiger nicht glaubhaft mache, daß er sie für wahr gehalten, mit Geld oder Gefängniß, dagegen wenn sie wissentlich falsch geschah, mit Gefängniß oder Arbeitshaus bis zu zwei Jahren bestraft werde.

Der Abg. Christ zog sodann gegen den ganzen Titel zu Felde, er sey zu doctrinell gefaßt und enthalte eine wahre Casuistik. Das Gesetz soll überall nur wenig bestimmen und die Entwicklung der Doctrin überlassen. Es sey nicht möglich, Ehrenkränkungen zu definiren, oder gar Abstufungen und Unterscheidungen zu machen. Das Leben habe keine Begriffe; Begriffsbestimmungen passen daher auf die Fälle in der Anwendung nicht. Geheimrath Duttlinger nennt diese Ausführungen Gemeinplätze, die wahr oder nicht wahr seyen, je nachdem man einen Sinn damit verbinde. Mördes: mit solchen allgemeinen Kritiken sey nichts gesagt, Christ hätte angeben und nachweisen sollen, bei welchen einzelnen Bestimmungen

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gründlich erschöpfen zu können, als daß man uns mit Sturmeseile von einem Gegenstande zum andern jagt. Wahrlich, nicht gut ist es, wenn Regierung und Stände ihr kaltes Recht einander vorwägend sich gegenüber treten, wenn sie ängstlich, wie zwei feindliche Nachbarn, ihre Gränzen mit Pflöcken und Steinen abmarken und versichern. Bei weitem besser ist es, wenn sie Hand in Hand den Weg der freundlichen Verständigung gehen, und so das eine Ziel verfolgen, das ihnen ja doch gleich sehr am Herzen liegt. Wenn die Stände und die Regierung am Ende doch Eines wollen, warum gehen sie nicht Hand in Hand neben einander, warum ein schroffes Entgegentreten, warum ein Verkümmern der Rechte, die gemeinsam geübt gewiß Niemanden beeinträchtigen? Gedenkt man aber auch der praktischen Folgen jener Theorie, so ist unausbleiblich, daß alles Vertrauen in die Richtigkeit des Budgets zu Grunde geht, daß man überall künstliche Erübrigungen wie Gespenster sieht, und daß man keiner Einnahms- und Ausgabsposition mehr ein Vertrauen schenken zu können glaubt. Eine weitere Folge ist, daß wenn der Anhaltspunkt fehlt, auch die wahre Basis verrückt und kein Gebäude mehr auf diesem wankenden Grundsystem aufgeführt werden kann; denn wo kein wohlbemessenes, durch gemeinsame Verständigung herbeigeführtes Budget vorangeht, kann unmöglich eine Steuerbewilligung darauf begründet werden. &#x2013; Im engsten Verbande stehen die beiden §§. 3 und 4 des VIIten Titels unsers Grundgesetzes über die Steuerbewilligung; nicht ohne Grund sagt die Verfassung in diesem §. 3: &#x201E;Der König erholt die Zustimmung der Stände zur Erhebung aller directen Steuern, so wie zur Erhebung neuer indirecten Auflagen, oder zur Erhöhung oder Veränderung der bestehenden,&#x201C; dann im §. 4: &#x201E;Den Ständen wird <hi rendition="#g">daher</hi> nach ihrer Eröffnung die genaue Uebersicht des Staatsbedürfnisses, so wie der gesammten Staatseinnahmen (Budget) vorgelegt werden, welche dieselbe durch einen Ausschuß prüfen, und sodann über die zu erhebenden Steuern in Berathung treten.&#x201C; Dieses <hi rendition="#g">daher</hi> ist ein kleines Wörtchen, aber nicht ohne Bedeutung, es bildet die Basis, die Grundlage, auf der fortgebaut werden muß. &#x2013; Eine andere traurige Folge jener Theorie ist, daß am Ende zu dem Rechte der Stände, die Steurn zu bewilligen oder <hi rendition="#g">nicht</hi>, geschritten wird, woraus wieder folgt, daß die Erübrigungen verschwinden, und die Interessen des Landes verkümmert werden; den Ständen kann aber wahrlich nicht darum zu thun seyn, der Regierung die Steuern vorzuenthalten, und die materiellen und geistigen Interessen des Landes verwahrlost zu sehen: eben so wenig liegt dieß im Interesse und Wunsche der Regierung. 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Ich stimme daher für den Antrag des Ausschusses, daß diese Verwahrung mit Entschiedenheit in das Protokoll niedergelegt werde; ich stimme dafür, und schließe mit der Hoffnung, daß die hohe Regierung den Ständen freundlich entgegenkomme, daß sie von jener Theorie abgehe, die nimmermehr zum Guten führt, und daß sie nicht die Ständeversammlung von 1843 in die unangenehme Nothwendigkeit versetzen möge, dieser Verwahrung eine praktische Bedeutung zu geben&#x201C;</p><lb/>
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Unser Haushalt ist ein geordneter; er möge es bleiben, nicht erschüttert werden durch gewaltsam herbeigeführte Vorenthaltung der für dessen Erhaltung unausweichlichen Bedürfnisse. – Die Anträge selbst anbelangend, wünscht der Ausschuß, daß eine Verwahrung in das Protokoll niedergelegt werde, der Hr. Abgeordnete der Stadt Nürnberg dagegen hält dafür, daß diese Verwahrung nicht genüge, sondern er will, daß der Rechnung pro 1837/38 die Anerkennung zu versagen sey. Ich gestehe dabei offen, daß ich mich der letztern Modification nicht anschließe. Ich glaube nicht, daß man auf dem gesetzlichen Boden bleibt, wenn man einer Rechnung die Anerkennung versagt, gegen deren formellen und materiellen Inhalt sich nichts erinnern läßt; ich glaube, man würde hiebei die allein richtige Basis der Gesetzlichkeit verlassen, um so mehr, als gerade jene Position, welche eine Verwahrung oder ein rechnungsmäßiges Reservat rechtfertigen würde, ein solches Recht nicht implicirt. Die Stände sind nicht der oberste Rechnungshof, sie haben nur über die Rechnungen ihre Erinnerungen abzugeben, und das Recht, darauf zu dringen, daß die dadurch provocirten Beschwerden gehoben, und die veranlassenden Beamten zur Verantwortung gezogen werden. Wenn aber ein Fall zu solchem Einschreiten nicht vorliegt, so ist auch kein Grund gegeben, den Rechnungsresultaten die Zustimmung zu versagen. Noch weniger scheint mir aber rechnungsmäßig richtig der Antrag, daß man die Anerkennung der Rechnungen vertagen soll. Was soll dieser Antrag? Die Kammer vom Jahre 1837 hat die Principienfrage ohnehin auf die gegenwärtige Kammer vertagt, soll nun diese sie wieder auf 3 Jahre vertagen, und auf die Ständeversammlung von 1843 hinüberwälzen? Nein, entschieden müssen wir uns aussprechen, entschieden unsere Verwahrung niederlegen, und unsere Ansicht erklären, wir müssen das Terrain wahren, das uns gegeben, bis die Zeit kommt, wo es praktische Bedeutung gewinnt. Ich stimme daher für den Antrag des Ausschusses, daß diese Verwahrung mit Entschiedenheit in das Protokoll niedergelegt werde; ich stimme dafür, und schließe mit der Hoffnung, daß die hohe Regierung den Ständen freundlich entgegenkomme, daß sie von jener Theorie abgehe, die nimmermehr zum Guten führt, und daß sie nicht die Ständeversammlung von 1843 in die unangenehme Nothwendigkeit versetzen möge, dieser Verwahrung eine praktische Bedeutung zu geben“ Hr. Enke schloß sich der Ansicht der HH. Schwindl und Bestelmeyer nicht an. Bei dem Gesetzesentwurf, die Vollendung des Bibliothek- und Archivgebäudes dahier betreffend, seyen die Staatsminister des Innern und der Finanzen ganz loyal und ächt constitutionell den Ständen gegenüber getreten, und haben nachgewiesen, wie dringend nothwendig die Vollendung dieses Gebäudes gewesen sey, und daß nur dieses sie bewogen, die Verantwortlichkeit deßhalb den Ständen gegenüber zu übernehmen. Dieses sey gewiß eine erfreuliche Erscheinung, wenn gleich der Nation darin das bedeutende Opfer von 650,000 fl. angemuthet worden – eine erfreuliche Erscheinung darum, weil daraus zu ersehen, daß die Grundsätze der Staatsregierung jetzt andere seyen, als sie im Jahr 1837 gewesen. Diese 650,000 fl. seyen aus den Erübrigungen zu dem Baue verwendet worden; indem nun die Minister kommen, und von den Ständen des Reichs deren Zustimmung verlangen, so gestehen sie ja eo ipso zu, daß den Ständen ein Zustimmungsrecht zu der Verwendung der Erübrigungen zukomme. Deßhalb ziehe er den Antrag des Ausschusses auf Einlegung der Verwahrung der ständischen Rechte vor. Zur Rechtfertigung gegen die Aeußerungen des Freiherrn v. Thon-Dittmer resumirte Frhr. v. Freiberg sein früheres Votum. Dr. Schwindl erklärte sich in einem ausführlichen Vortrage unbedingt für das vorgelegte Amendement des Hrn. Bestelmeyer. (Fortsetzung folgt.) _ Karlsruhe, 6 April. In der heutigen Sitzung der zweiten Kammer wurde der Titel XX des Strafgesetzes von falscher Beschuldigung, Verleumdung und Ehrenkränkung zur Berathung ausgesetzt. Bei diesem Titel zeigen sich viele Schwierigkeiten. Kein anderer Titel erlitt in der Commission so viele Veränderungen, und es scheint, daß auch die Kammer hier mehr, als bei andern Titeln, Neues beschließen werde. Wenigstens die heutige Sitzung hat damit angefangen. Und doch scheint wahrlich kein anderer Titel weniger dazu geeignet, solche Improvisationen einer Ständekammer zu ertragen, wenn nicht die Einheit des Systems des Titels Noth leiden soll. Der Titel behandelt zuerst die falschen Beschuldigungen vor der Obrigkeit. Der §. 259 bedroht sie mit Geldstrafe, Gefängniß oder Arbeitshaus bis zu zwei Jahren, sobald der Beschuldiger die bei der Obrigkeit angezeigte strafbare That nicht erweisen, noch auch glaubhaft machen darf, daß er sie für wahr gehalten habe. Welcker schlug vor, die eigentlich falsche Beschuldigung, wie sie hier bedroht sey, nur da anzunehmen, wo sich ergebe, daß der Beschuldiger die behauptete Thatsache selbst erdichtet, oder überhaupt die Anzeige wissentlich falsch gemacht habe, die bloß unerweislichen Beschuldigungen aber geringer zu bestrafen. Aschbach hielt die im Entwurf gedrohte Strafe für die letztern Fälle, die er muthwillige Beschuldigungen nannte, passend, und schlug für die wissentlich falschen Beschuldigungen eine Erhöhung des Strafmaaßes vor. Nach langen Debatten wurde aber auf den Antrag des Vicekanzlers Bekk beschlossen, daß die unerwiesene Beschuldigung, wenn der Beschuldiger nicht glaubhaft mache, daß er sie für wahr gehalten, mit Geld oder Gefängniß, dagegen wenn sie wissentlich falsch geschah, mit Gefängniß oder Arbeitshaus bis zu zwei Jahren bestraft werde. Der Abg. Christ zog sodann gegen den ganzen Titel zu Felde, er sey zu doctrinell gefaßt und enthalte eine wahre Casuistik. Das Gesetz soll überall nur wenig bestimmen und die Entwicklung der Doctrin überlassen. Es sey nicht möglich, Ehrenkränkungen zu definiren, oder gar Abstufungen und Unterscheidungen zu machen. Das Leben habe keine Begriffe; Begriffsbestimmungen passen daher auf die Fälle in der Anwendung nicht. Geheimrath Duttlinger nennt diese Ausführungen Gemeinplätze, die wahr oder nicht wahr seyen, je nachdem man einen Sinn damit verbinde. Mördes: mit solchen allgemeinen Kritiken sey nichts gesagt, Christ hätte angeben und nachweisen sollen, bei welchen einzelnen Bestimmungen

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 106. Augsburg, 15. April 1840, S. 0845. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_106_18400415/13>, abgerufen am 22.11.2024.