Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Allgemeine Zeitung. Nr. 106. Augsburg, 15. April 1840.

Bild:
<< vorherige Seite

gefehlt sey und wie. Staatsrath Jolly: tadeln ist leicht, besser machen schwer.

Der §. 161 handelt nun von den Verleumdungen, die §§. 263 und 265 von einfachen Ehrenkränkungen, und zwar §. 263 von solchen, welche in der Form, §. 265 aber von jenen, die im Inhalt einer Aeußerung liegen. Merkwürdig ist, daß sich die letztern, wie die Verleumdungen, nur auf Angriffe gegen den sittlichen Werth des Menschen beziehen, daß dagegen Aeußerungen über andere Eigenschaften, über Kenntnisse und Fähigkeiten, selbst wenn sie unwahre Thatsachen enthalten, mit keiner Strafe bedroht werden. Der Unterschied zwischen den materiellen Ehrenkränkungen des §. 265 und den Verleumdungen des §. 261 besteht, wie der Vicekanzler Bekk gegen Sander und Christ nachwies, darin, daß die letztern die Aussage bestimmter Thatsachen voraussetzten, während allgemeine Beschuldigungen, welche nicht circumstanzirt sind, nur in das Gebiet einfacher Ehrenkränkungen fallen. Aber auch nicht jede Aussage bestimmter, strafbarer oder unsittlicher Handlungen soll zum Gebiet der Verleumdungen gehören, sondern nur die grassesten, jene nämlich, welche, wenn die Aussage wahr wäre, den Andern "der öffentlichen Verachtung preisgeben würden." Die von Geheimrath Duttlinger, Staatsrath Jolly und Schaaff bekämpfte Ansicht Christs, daß zwischen Ehrenkränkungen und Verleumdungen kein Unterschied zu machen sey, blieb ohne Unterstützung, ebenso Sanders Vorschlag, bei jeder Verleumdung das "wissentlich falsch" zu fordern. Dagegen wurde beim §. 261 auf Rottecks Vorschlag beschlossen, daß die Aussage öffentlich, oder vor Personen, oder unter Umständen, deren Verhältnisse sie dem Andern ehrenkränkend oder schädlich machen, geschehen seyn müsse. Nach §. 265 a bleibt der Urheber einer beleidigenden Aeußerung oder Handlung straffrei, wenn er darzuthun oder doch glaubhaft zu machen vermag, daß er keine Absicht, zu beleidigen, gehabt habe. Auf Sanders Vorschlag wurde nun beschlossen, daß eine Aeußerung, welche die Merkmale der Verleumdung an sich trüge, auch da, wo die beleidigende Absicht vorhanden ist, doch nur als einfache Ehrenkränkung zu bestrafen sey, wenn der Thäter glaubhaft machen kann, daß er die ausgesagte Thatsache für wahr gehalten habe. Endlich wurde, wie bei der falschen Beschuldigung, je nachdem die Aussag wissentlich falsch gemacht wurde, oder nur nicht erwiesen werden kann, eine Abstufung in der Strafe gemacht, so daß der §. 261 jetzt so lautet: "Wer von Jemandem widerrechtlicherweise bestimmte strafbare oder unsittliche Handlungen, welche, wenn sie wahr wären, den Andern der öffentlichen Verachtung preisgeben würden, öffentlich aussagt, oder von Personen oder unter Umständen, deren Verhältnisse sie, wie er weiß, dem Andern ehrenkränkend oder schädlich machen, soll, wenn er die ausgesagten Handlungen nicht erweisen kann, mit Gefängniß nicht unter 14 Tagen, und wenn die Aussage wissentlich falsch geschah, mit Gefängniß nicht unter vier Wochen oder Arbeitshaus bis zu zwei Jahren bestraft werden. Vermag er glaubhaft zu machen, daß er die ausgesagten Handlungen für wahr gehalten habe, so trifft ihn nur die Strafe der Ehrenkränkung (§. 263)."

Der §. 263 (von den formellen Ehrenkränkungen) lautet: "Wer einen Andern widerrechtlicherweise verächtlich behandelt, oder sich widerrechtlicherweise Scheltworte oder Schimpfreden, oder überhaupt Reden oder Handlungen gegen denselben erlaubt, welche nach herrschender Sitte Volks- oder Standesmeinung als Beschimpfung gelten, soll wegen Ehrenkränkung mit Verweis oder Gefängniß bis zu vier Monaten bestraft werden." v. Rotteck schlug vor: das "widerrechtlicherweise" wegzulassen, da die Verletzung der Ehre des Andern allemal widerrechtlich sey, und dafür die Absicht, zu beleidigen, als ein Erforderniß aufzunehmen. In Bezug auf das letztere bemerkte Geheimrath Duttlinger, daß schon aus der Natur der Handlung die beleidigende Absicht hervorgehe, und für Fälle, wo die Umstände das Gegentheil nachweisen, der §. 265 a schon sorge. Welcker sprach für Beibehaltung der Worte "widerrechtlicherweise", da Jemand auch zu Handlungen berechtigt seyn könne, welche die Ehre des Andern kränken, z. B. der Vater, der seinen Sohn vor Andern beschämen wolle, um ihn zu züchtigen. v. Rotteck fand in solchen Fällen den Mangel einer beleidigenden Absicht. v. Rottecks Vorschlag ward angenommen. Dagegen wurde Sanders Vorschlag, den Ausdruck "Standesmeinung" im Artikel wegzulassen, verworfen, indem bei Gleichheit der Stimmen der Präsident entschied.

[1333]

Todes-Anzeige.

Zu Wertingen starb am 8 April früh 6 Uhr an organischen Herzleiden, mit allen heil. Sterbsacramenten versehen, der hochwürdige wohlgeborne Hr. Jos. Ant. Kirchhofer, Philos. Dr., in einem Alter von 64 Jahren. Der Selige war früher Studienrector in Kempten, dann Stadtpfarrer und Dekan in Immenstadt, und seit 10 Jahren Schloßbeneficiat dahier, zugleich librorum Censor des Bisthums Augsburg. Dieß zur traurigen Kunde allen denjenigen, die den Dahingeschiedenen gekannt und geliebt haben.

Wertingen, den 8 April 1840

Häußler, Stadtpfarrer.

[1099-1102]

Neuer Großhandlungs-Markt.

Der in der k. Freistadt Kaschau in Ober-Ungarn an Ladislai, d. i. den 27 Junius, abzuhaltende Markt wurde mittelst dd. 27 December 1839, Nr. 17,279 dieser k. Freistadt allergnädigst verliehenen Markt-Privilegiums für den Großhandel in Schafwolle (welche unter dem Namen der oberungarischen Wolle im Handel vortheilhaft bekannt ist) und anderen Natur-, Kunst-, Manufactur und Fabrik-Erzeugnissen en gros aller Art auf acht Tage vor und acht Tage nach Ladislai ausgedehnt, und wird schon dieses Jahr und alle folgenden abgehalten werden, der kleine Markt, a la minuta, aber in der bis jetzt bestandenen Weise belassen. Es werden demnach die Tit. Käufer und Verkäufer zu diesem auch im Auslande verlautbarten Markte höflichst geladen.

Kaschau, den 13 März 1840

gefehlt sey und wie. Staatsrath Jolly: tadeln ist leicht, besser machen schwer.

Der §. 161 handelt nun von den Verleumdungen, die §§. 263 und 265 von einfachen Ehrenkränkungen, und zwar §. 263 von solchen, welche in der Form, §. 265 aber von jenen, die im Inhalt einer Aeußerung liegen. Merkwürdig ist, daß sich die letztern, wie die Verleumdungen, nur auf Angriffe gegen den sittlichen Werth des Menschen beziehen, daß dagegen Aeußerungen über andere Eigenschaften, über Kenntnisse und Fähigkeiten, selbst wenn sie unwahre Thatsachen enthalten, mit keiner Strafe bedroht werden. Der Unterschied zwischen den materiellen Ehrenkränkungen des §. 265 und den Verleumdungen des §. 261 besteht, wie der Vicekanzler Bekk gegen Sander und Christ nachwies, darin, daß die letztern die Aussage bestimmter Thatsachen voraussetzten, während allgemeine Beschuldigungen, welche nicht circumstanzirt sind, nur in das Gebiet einfacher Ehrenkränkungen fallen. Aber auch nicht jede Aussage bestimmter, strafbarer oder unsittlicher Handlungen soll zum Gebiet der Verleumdungen gehören, sondern nur die grassesten, jene nämlich, welche, wenn die Aussage wahr wäre, den Andern „der öffentlichen Verachtung preisgeben würden.“ Die von Geheimrath Duttlinger, Staatsrath Jolly und Schaaff bekämpfte Ansicht Christs, daß zwischen Ehrenkränkungen und Verleumdungen kein Unterschied zu machen sey, blieb ohne Unterstützung, ebenso Sanders Vorschlag, bei jeder Verleumdung das „wissentlich falsch“ zu fordern. Dagegen wurde beim §. 261 auf Rottecks Vorschlag beschlossen, daß die Aussage öffentlich, oder vor Personen, oder unter Umständen, deren Verhältnisse sie dem Andern ehrenkränkend oder schädlich machen, geschehen seyn müsse. Nach §. 265 a bleibt der Urheber einer beleidigenden Aeußerung oder Handlung straffrei, wenn er darzuthun oder doch glaubhaft zu machen vermag, daß er keine Absicht, zu beleidigen, gehabt habe. Auf Sanders Vorschlag wurde nun beschlossen, daß eine Aeußerung, welche die Merkmale der Verleumdung an sich trüge, auch da, wo die beleidigende Absicht vorhanden ist, doch nur als einfache Ehrenkränkung zu bestrafen sey, wenn der Thäter glaubhaft machen kann, daß er die ausgesagte Thatsache für wahr gehalten habe. Endlich wurde, wie bei der falschen Beschuldigung, je nachdem die Aussag wissentlich falsch gemacht wurde, oder nur nicht erwiesen werden kann, eine Abstufung in der Strafe gemacht, so daß der §. 261 jetzt so lautet: „Wer von Jemandem widerrechtlicherweise bestimmte strafbare oder unsittliche Handlungen, welche, wenn sie wahr wären, den Andern der öffentlichen Verachtung preisgeben würden, öffentlich aussagt, oder von Personen oder unter Umständen, deren Verhältnisse sie, wie er weiß, dem Andern ehrenkränkend oder schädlich machen, soll, wenn er die ausgesagten Handlungen nicht erweisen kann, mit Gefängniß nicht unter 14 Tagen, und wenn die Aussage wissentlich falsch geschah, mit Gefängniß nicht unter vier Wochen oder Arbeitshaus bis zu zwei Jahren bestraft werden. Vermag er glaubhaft zu machen, daß er die ausgesagten Handlungen für wahr gehalten habe, so trifft ihn nur die Strafe der Ehrenkränkung (§. 263).“

Der §. 263 (von den formellen Ehrenkränkungen) lautet: „Wer einen Andern widerrechtlicherweise verächtlich behandelt, oder sich widerrechtlicherweise Scheltworte oder Schimpfreden, oder überhaupt Reden oder Handlungen gegen denselben erlaubt, welche nach herrschender Sitte Volks- oder Standesmeinung als Beschimpfung gelten, soll wegen Ehrenkränkung mit Verweis oder Gefängniß bis zu vier Monaten bestraft werden.“ v. Rotteck schlug vor: das „widerrechtlicherweise“ wegzulassen, da die Verletzung der Ehre des Andern allemal widerrechtlich sey, und dafür die Absicht, zu beleidigen, als ein Erforderniß aufzunehmen. In Bezug auf das letztere bemerkte Geheimrath Duttlinger, daß schon aus der Natur der Handlung die beleidigende Absicht hervorgehe, und für Fälle, wo die Umstände das Gegentheil nachweisen, der §. 265 a schon sorge. Welcker sprach für Beibehaltung der Worte „widerrechtlicherweise“, da Jemand auch zu Handlungen berechtigt seyn könne, welche die Ehre des Andern kränken, z. B. der Vater, der seinen Sohn vor Andern beschämen wolle, um ihn zu züchtigen. v. Rotteck fand in solchen Fällen den Mangel einer beleidigenden Absicht. v. Rottecks Vorschlag ward angenommen. Dagegen wurde Sanders Vorschlag, den Ausdruck „Standesmeinung“ im Artikel wegzulassen, verworfen, indem bei Gleichheit der Stimmen der Präsident entschied.

[1333]

Todes-Anzeige.

Zu Wertingen starb am 8 April früh 6 Uhr an organischen Herzleiden, mit allen heil. Sterbsacramenten versehen, der hochwürdige wohlgeborne Hr. Jos. Ant. Kirchhofer, Philos. Dr., in einem Alter von 64 Jahren. Der Selige war früher Studienrector in Kempten, dann Stadtpfarrer und Dekan in Immenstadt, und seit 10 Jahren Schloßbeneficiat dahier, zugleich librorum Censor des Bisthums Augsburg. Dieß zur traurigen Kunde allen denjenigen, die den Dahingeschiedenen gekannt und geliebt haben.

Wertingen, den 8 April 1840

Häußler, Stadtpfarrer.

[1099-1102]

Neuer Großhandlungs-Markt.

Der in der k. Freistadt Kaschau in Ober-Ungarn an Ladislai, d. i. den 27 Junius, abzuhaltende Markt wurde mittelst dd. 27 December 1839, Nr. 17,279 dieser k. Freistadt allergnädigst verliehenen Markt-Privilegiums für den Großhandel in Schafwolle (welche unter dem Namen der oberungarischen Wolle im Handel vortheilhaft bekannt ist) und anderen Natur-, Kunst-, Manufactur und Fabrik-Erzeugnissen en gros aller Art auf acht Tage vor und acht Tage nach Ladislai ausgedehnt, und wird schon dieses Jahr und alle folgenden abgehalten werden, der kleine Markt, a la minuta, aber in der bis jetzt bestandenen Weise belassen. Es werden demnach die Tit. Käufer und Verkäufer zu diesem auch im Auslande verlautbarten Markte höflichst geladen.

Kaschau, den 13 März 1840

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0014" n="0846"/>
gefehlt sey und wie. Staatsrath <hi rendition="#g">Jolly</hi>: tadeln ist leicht, besser machen schwer.</p><lb/>
          <p>Der §. 161 handelt nun von den <hi rendition="#g">Verleumdungen</hi>, die §§. 263 und 265 von einfachen Ehrenkränkungen, und zwar §. 263 von solchen, welche in der <hi rendition="#g">Form</hi>, §. 265 aber von jenen, die im <hi rendition="#g">Inhalt</hi> einer Aeußerung liegen. Merkwürdig ist, daß sich die letztern, wie die Verleumdungen, nur auf Angriffe gegen den <hi rendition="#g">sittlichen</hi> Werth des Menschen beziehen, daß dagegen Aeußerungen über andere Eigenschaften, über Kenntnisse und Fähigkeiten, selbst wenn sie unwahre <hi rendition="#g">Thatsachen</hi> enthalten, mit keiner Strafe bedroht werden. Der Unterschied zwischen den materiellen Ehrenkränkungen des §. 265 und den Verleumdungen des §. 261 besteht, wie der Vicekanzler <hi rendition="#g">Bekk</hi> gegen <hi rendition="#g">Sander</hi> und <hi rendition="#g">Christ</hi> nachwies, darin, daß die letztern die Aussage <hi rendition="#g">bestimmter</hi> Thatsachen voraussetzten, während <hi rendition="#g">allgemeine</hi> Beschuldigungen, welche nicht circumstanzirt sind, nur in das Gebiet einfacher Ehrenkränkungen fallen. Aber auch nicht jede Aussage <hi rendition="#g">bestimmter</hi>, strafbarer oder unsittlicher Handlungen soll zum Gebiet der <hi rendition="#g">Verleumdungen</hi> gehören, sondern nur die <hi rendition="#g">grassesten</hi>, jene nämlich, welche, wenn die Aussage wahr wäre, den Andern &#x201E;der öffentlichen Verachtung preisgeben würden.&#x201C; Die von Geheimrath <hi rendition="#g">Duttlinger</hi>, Staatsrath <hi rendition="#g">Jolly</hi> und <hi rendition="#g">Schaaff</hi> bekämpfte Ansicht <hi rendition="#g">Christs</hi>, daß zwischen Ehrenkränkungen und Verleumdungen kein Unterschied zu machen sey, blieb ohne Unterstützung, ebenso <hi rendition="#g">Sanders</hi> Vorschlag, bei jeder Verleumdung das &#x201E;wissentlich falsch&#x201C; zu fordern. Dagegen wurde beim §. 261 auf <hi rendition="#g">Rottecks</hi> Vorschlag beschlossen, daß die Aussage <hi rendition="#g">öffentlich</hi>, oder vor <hi rendition="#g">Personen</hi>, oder unter <hi rendition="#g">Umständen</hi>, deren Verhältnisse sie dem Andern ehrenkränkend oder schädlich machen, geschehen seyn müsse. Nach §. 265 a bleibt der Urheber einer beleidigenden Aeußerung oder Handlung straffrei, wenn er darzuthun oder doch glaubhaft zu machen vermag, daß er keine Absicht, zu beleidigen, gehabt habe. Auf <hi rendition="#g">Sanders</hi> Vorschlag wurde nun beschlossen, daß eine Aeußerung, welche die Merkmale der Verleumdung an sich trüge, auch da, wo die beleidigende Absicht vorhanden ist, doch nur als einfache Ehrenkränkung zu bestrafen sey, wenn der Thäter glaubhaft machen kann, daß <hi rendition="#g">er</hi> die ausgesagte Thatsache für <hi rendition="#g">wahr gehalten</hi> habe. Endlich wurde, wie bei der falschen Beschuldigung, je nachdem die Aussag <hi rendition="#g">wissentlich falsch</hi> gemacht wurde, oder nur <hi rendition="#g">nicht erwiesen</hi> werden kann, eine Abstufung in der Strafe gemacht, so daß der §. 261 jetzt so lautet: &#x201E;Wer von Jemandem widerrechtlicherweise bestimmte strafbare oder unsittliche Handlungen, welche, wenn sie wahr wären, den Andern der öffentlichen Verachtung preisgeben würden, <hi rendition="#g">öffentlich</hi> aussagt, oder von Personen oder unter Umständen, deren Verhältnisse sie, wie er weiß, dem Andern ehrenkränkend oder schädlich machen, soll, wenn er die ausgesagten Handlungen nicht erweisen kann, mit Gefängniß nicht unter 14 Tagen, und wenn die Aussage <hi rendition="#g">wissentlich falsch</hi> geschah, mit Gefängniß nicht unter vier Wochen oder Arbeitshaus bis zu zwei Jahren bestraft werden. Vermag er glaubhaft zu machen, daß er die ausgesagten Handlungen für wahr gehalten habe, so trifft ihn nur die Strafe der Ehrenkränkung (§. 263).&#x201C;</p><lb/>
          <p>Der §. 263 (von den <hi rendition="#g">formellen</hi> Ehrenkränkungen) lautet: &#x201E;Wer einen Andern widerrechtlicherweise verächtlich behandelt, oder sich widerrechtlicherweise Scheltworte oder Schimpfreden, oder überhaupt Reden oder Handlungen gegen denselben erlaubt, welche nach herrschender Sitte Volks- oder Standesmeinung als Beschimpfung gelten, soll wegen <hi rendition="#g">Ehrenkränkung</hi> mit <hi rendition="#g">Verweis</hi> oder Gefängniß bis zu vier Monaten bestraft werden.&#x201C; v. <hi rendition="#g">Rotteck</hi> schlug vor: das &#x201E;widerrechtlicherweise&#x201C; wegzulassen, da die Verletzung der Ehre des Andern <hi rendition="#g">allemal</hi> widerrechtlich sey, und dafür die Absicht, zu beleidigen, als ein Erforderniß aufzunehmen. In Bezug auf das letztere bemerkte Geheimrath <hi rendition="#g">Duttlinger</hi>, daß schon aus der Natur der Handlung die beleidigende Absicht hervorgehe, und für Fälle, wo die Umstände das Gegentheil nachweisen, der §. 265 a schon sorge. <hi rendition="#g">Welcker</hi> sprach für Beibehaltung der Worte &#x201E;widerrechtlicherweise&#x201C;, da Jemand auch zu Handlungen berechtigt seyn könne, welche die Ehre des Andern kränken, z. B. der Vater, der seinen Sohn vor Andern beschämen wolle, um ihn zu züchtigen. v. <hi rendition="#g">Rotteck</hi> fand in solchen Fällen den Mangel einer beleidigenden Absicht. v. <hi rendition="#g">Rottecks</hi> Vorschlag ward angenommen. Dagegen wurde <hi rendition="#g">Sanders</hi> Vorschlag, den Ausdruck &#x201E;Standesmeinung&#x201C; im Artikel wegzulassen, verworfen, indem bei Gleichheit der Stimmen der Präsident entschied.</p>
        </div>
      </div><lb/>
      <div type="jAnnouncements">
        <div xml:id="jAn1333" type="jAn" n="2">
          <head>[1333]</head><lb/>
          <p>Todes-Anzeige.</p><lb/>
          <p>Zu Wertingen starb am 8 April früh 6 Uhr an organischen Herzleiden, mit allen heil. Sterbsacramenten versehen, der hochwürdige wohlgeborne Hr. Jos. Ant. Kirchhofer, Philos. Dr., in einem Alter von 64 Jahren. Der Selige war früher Studienrector in Kempten, dann Stadtpfarrer und Dekan in Immenstadt, und seit 10 Jahren Schloßbeneficiat dahier, zugleich librorum Censor des Bisthums Augsburg. Dieß zur traurigen Kunde allen denjenigen, die den Dahingeschiedenen gekannt und geliebt haben.</p><lb/>
          <p>Wertingen, den 8 April 1840</p><lb/>
          <p>Häußler, Stadtpfarrer.</p>
        </div><lb/>
        <div xml:id="jAn1099-1102" type="jAn" n="2">
          <head>[1099-1102]</head><lb/>
          <p>Neuer Großhandlungs-Markt.</p><lb/>
          <p>Der in der k. Freistadt Kaschau in Ober-Ungarn an Ladislai, d. i. den 27 Junius, abzuhaltende Markt wurde mittelst dd. 27 December 1839, Nr. 17,279 dieser k. Freistadt allergnädigst verliehenen Markt-Privilegiums für den Großhandel in Schafwolle (welche unter dem Namen der oberungarischen Wolle im Handel vortheilhaft bekannt ist) und anderen Natur-, Kunst-, Manufactur und Fabrik-Erzeugnissen en gros aller Art auf acht Tage vor und acht Tage nach Ladislai ausgedehnt, und wird schon dieses Jahr und alle folgenden abgehalten werden, der kleine Markt, a la minuta, aber in der bis jetzt bestandenen Weise belassen. Es werden demnach die Tit. Käufer und Verkäufer zu diesem auch im Auslande verlautbarten Markte höflichst geladen.</p><lb/>
          <p>Kaschau, den 13 März 1840</p>
        </div><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0846/0014] gefehlt sey und wie. Staatsrath Jolly: tadeln ist leicht, besser machen schwer. Der §. 161 handelt nun von den Verleumdungen, die §§. 263 und 265 von einfachen Ehrenkränkungen, und zwar §. 263 von solchen, welche in der Form, §. 265 aber von jenen, die im Inhalt einer Aeußerung liegen. Merkwürdig ist, daß sich die letztern, wie die Verleumdungen, nur auf Angriffe gegen den sittlichen Werth des Menschen beziehen, daß dagegen Aeußerungen über andere Eigenschaften, über Kenntnisse und Fähigkeiten, selbst wenn sie unwahre Thatsachen enthalten, mit keiner Strafe bedroht werden. Der Unterschied zwischen den materiellen Ehrenkränkungen des §. 265 und den Verleumdungen des §. 261 besteht, wie der Vicekanzler Bekk gegen Sander und Christ nachwies, darin, daß die letztern die Aussage bestimmter Thatsachen voraussetzten, während allgemeine Beschuldigungen, welche nicht circumstanzirt sind, nur in das Gebiet einfacher Ehrenkränkungen fallen. Aber auch nicht jede Aussage bestimmter, strafbarer oder unsittlicher Handlungen soll zum Gebiet der Verleumdungen gehören, sondern nur die grassesten, jene nämlich, welche, wenn die Aussage wahr wäre, den Andern „der öffentlichen Verachtung preisgeben würden.“ Die von Geheimrath Duttlinger, Staatsrath Jolly und Schaaff bekämpfte Ansicht Christs, daß zwischen Ehrenkränkungen und Verleumdungen kein Unterschied zu machen sey, blieb ohne Unterstützung, ebenso Sanders Vorschlag, bei jeder Verleumdung das „wissentlich falsch“ zu fordern. Dagegen wurde beim §. 261 auf Rottecks Vorschlag beschlossen, daß die Aussage öffentlich, oder vor Personen, oder unter Umständen, deren Verhältnisse sie dem Andern ehrenkränkend oder schädlich machen, geschehen seyn müsse. Nach §. 265 a bleibt der Urheber einer beleidigenden Aeußerung oder Handlung straffrei, wenn er darzuthun oder doch glaubhaft zu machen vermag, daß er keine Absicht, zu beleidigen, gehabt habe. Auf Sanders Vorschlag wurde nun beschlossen, daß eine Aeußerung, welche die Merkmale der Verleumdung an sich trüge, auch da, wo die beleidigende Absicht vorhanden ist, doch nur als einfache Ehrenkränkung zu bestrafen sey, wenn der Thäter glaubhaft machen kann, daß er die ausgesagte Thatsache für wahr gehalten habe. Endlich wurde, wie bei der falschen Beschuldigung, je nachdem die Aussag wissentlich falsch gemacht wurde, oder nur nicht erwiesen werden kann, eine Abstufung in der Strafe gemacht, so daß der §. 261 jetzt so lautet: „Wer von Jemandem widerrechtlicherweise bestimmte strafbare oder unsittliche Handlungen, welche, wenn sie wahr wären, den Andern der öffentlichen Verachtung preisgeben würden, öffentlich aussagt, oder von Personen oder unter Umständen, deren Verhältnisse sie, wie er weiß, dem Andern ehrenkränkend oder schädlich machen, soll, wenn er die ausgesagten Handlungen nicht erweisen kann, mit Gefängniß nicht unter 14 Tagen, und wenn die Aussage wissentlich falsch geschah, mit Gefängniß nicht unter vier Wochen oder Arbeitshaus bis zu zwei Jahren bestraft werden. Vermag er glaubhaft zu machen, daß er die ausgesagten Handlungen für wahr gehalten habe, so trifft ihn nur die Strafe der Ehrenkränkung (§. 263).“ Der §. 263 (von den formellen Ehrenkränkungen) lautet: „Wer einen Andern widerrechtlicherweise verächtlich behandelt, oder sich widerrechtlicherweise Scheltworte oder Schimpfreden, oder überhaupt Reden oder Handlungen gegen denselben erlaubt, welche nach herrschender Sitte Volks- oder Standesmeinung als Beschimpfung gelten, soll wegen Ehrenkränkung mit Verweis oder Gefängniß bis zu vier Monaten bestraft werden.“ v. Rotteck schlug vor: das „widerrechtlicherweise“ wegzulassen, da die Verletzung der Ehre des Andern allemal widerrechtlich sey, und dafür die Absicht, zu beleidigen, als ein Erforderniß aufzunehmen. In Bezug auf das letztere bemerkte Geheimrath Duttlinger, daß schon aus der Natur der Handlung die beleidigende Absicht hervorgehe, und für Fälle, wo die Umstände das Gegentheil nachweisen, der §. 265 a schon sorge. Welcker sprach für Beibehaltung der Worte „widerrechtlicherweise“, da Jemand auch zu Handlungen berechtigt seyn könne, welche die Ehre des Andern kränken, z. B. der Vater, der seinen Sohn vor Andern beschämen wolle, um ihn zu züchtigen. v. Rotteck fand in solchen Fällen den Mangel einer beleidigenden Absicht. v. Rottecks Vorschlag ward angenommen. Dagegen wurde Sanders Vorschlag, den Ausdruck „Standesmeinung“ im Artikel wegzulassen, verworfen, indem bei Gleichheit der Stimmen der Präsident entschied. [1333] Todes-Anzeige. Zu Wertingen starb am 8 April früh 6 Uhr an organischen Herzleiden, mit allen heil. Sterbsacramenten versehen, der hochwürdige wohlgeborne Hr. Jos. Ant. Kirchhofer, Philos. Dr., in einem Alter von 64 Jahren. Der Selige war früher Studienrector in Kempten, dann Stadtpfarrer und Dekan in Immenstadt, und seit 10 Jahren Schloßbeneficiat dahier, zugleich librorum Censor des Bisthums Augsburg. Dieß zur traurigen Kunde allen denjenigen, die den Dahingeschiedenen gekannt und geliebt haben. Wertingen, den 8 April 1840 Häußler, Stadtpfarrer. [1099-1102] Neuer Großhandlungs-Markt. Der in der k. Freistadt Kaschau in Ober-Ungarn an Ladislai, d. i. den 27 Junius, abzuhaltende Markt wurde mittelst dd. 27 December 1839, Nr. 17,279 dieser k. Freistadt allergnädigst verliehenen Markt-Privilegiums für den Großhandel in Schafwolle (welche unter dem Namen der oberungarischen Wolle im Handel vortheilhaft bekannt ist) und anderen Natur-, Kunst-, Manufactur und Fabrik-Erzeugnissen en gros aller Art auf acht Tage vor und acht Tage nach Ladislai ausgedehnt, und wird schon dieses Jahr und alle folgenden abgehalten werden, der kleine Markt, a la minuta, aber in der bis jetzt bestandenen Weise belassen. Es werden demnach die Tit. Käufer und Verkäufer zu diesem auch im Auslande verlautbarten Markte höflichst geladen. Kaschau, den 13 März 1840

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Deutsches Textarchiv: Bereitstellung der Texttranskription. (2016-06-28T11:37:15Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-06-28T11:37:15Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: gekennzeichnet; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: gekennzeichnet; Kustoden: gekennzeichnet; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: teilweise erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_106_18400415
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_106_18400415/14
Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 106. Augsburg, 15. April 1840, S. 0846. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_106_18400415/14>, abgerufen am 01.05.2024.