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Allgemeine Zeitung. Nr. 102. Augsburg, 11. April 1840.

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Erklärung.

Die Redaction der Allg. Zeitung sah sich neulich veranlaßt, über einen im Pariser Commerce erschienenen Artikel sich auszusprechen, welcher der österreichischen Regierung Schuld gab, die gesammte Pariser Correspondenz der Allg. Zeitung diene ihr, theils mittel-, theils unmittelbar, zu dem von ihr seit 50 Jahren verfolgten Zweck, in Frankreich weder Frieden noch Ruhe aufkommen zu lassen, eine Politik, welche die französischen Könige in die Verbannung oder aufs Blutgerüst führe. Wir haben diese Anschuldigung, die bis zu persönlichen Denunciationen gegangen war, eine eben so infame als unsinnige genannt. Wir haben zugleich angedeutet, sie rühre von einem Manne her, der seit Jahren nicht müde geworden, der Allg. Zeitung seine Dienste anzubieten, und den sie als Sammler von Börsen- und Journalbureaux-Neuigkeiten - wie deren in Paris jedes Journal ein paar hat - von Zeit zu Zeit gebraucht, zuletzt aber, als er sich immer unnützer gemacht, wiederholt und definitiv verabschiedet habe. Da habe er (fügten wir bei) sich zu unserm Feind erklärt und mit Angriffen gedroht, eine Drohung, die durch den erwähnten Artikel im Commerce zur Wirklichkeit geworden. Aus Schonung verschwiegen wir den Namen dessen, der so zu handeln fähig war. Er nennt sich nun aber in der Leipziger Allg. Zeitung selbst: es ist Hr. R. O. Spazier.

Er vermag, so sehr er sich auch in entstellenden Uebertreibungen und eitlen Selbstüberschätzungen herumtreibt, das obige einfache Sachverhältniß nicht zu läugnen, gesteht vielmehr, schon seit langer Zeit habe die Redaction von seinen vielen Briefen und Raisonnements fast nichts mehr gegeben, als "einige Zeilen unbedeutender Notizen." "Wenn ich unter solchen Umständen (fährt der Verfasser fort) meine Correspondenz nach Augsburg nicht selbst aufgab, so geschah es nur, um so viel Erfahrungen über dieses Blatt wie möglich einzuziehen, ehe ich die auf dieselben gestützten ausführlichen Polemiken im Commerce begann." Gewiß ein aufrichtiges Selbstbekenntniß rücksichtlich der Ehre der Verfassers, so aufrichtig als das spätere Geständniß es in Bezug auf seinen Verstand ist: "er habe Jahre bedurft, ehe er erkannt habe, an welchem Werke er mitgeholfen," - mitgeholfen, wie man sieht auf bescheidene Weise: durch "unbedeutende Notizen." Die Verlagshandlung war sehr artig, daß sie ihm dafür einige höfliche Briefe schrieb, deren sich Hr. Spazier jetzt berühmt. Die Verlagshandlung stellt die äußern Bedingungen mit den Correspondenten fest, und geht, da sie keine Kosten scheut, von dem löblichen Grundsatz aus, daß man in Engagirung von Mitarbeitern eher zu viel als zu wenig thun müsse. Die Redaction, deren sämmtlichen Mitgliedern Hr. Spazier persönlich durchaus fremd ist, richtete, außer folgenden zwei Briefen, nie eine Zeile an ihn.

"Augsburg, 20 Februar 1840. Euer Wohlgeboren haben der J. G. Cotta'schen Verlagshandlung angekündigt, daß Sie von nun an der Allgemeinen Zeitung offen feindselig gegenüber stehen. Diese rückhaltlose Erklärung fordert mich zu gleicher Freimüthigkeit auf. Als Sie vor einigen Monaten der J. G. Cotta'schen Buchhandlung wieder Correspondenzen anboten, beriefen Sie sich auf bedeutsame Quellen - den .....schen Gesandten etc. - wodurch es Ihnen möglich werde, uns die wichtigsten Dinge über den Orient auf schnellstem Wege zu senden. Ich rieth einen Versuch zu machen. Seit etwa drei Monaten correspondiren Sie, und während dieser langen Zeit schickten Sie uns zwei Correspondenzen über türkische Angelegenheiten, und diese zwei Briefe enthielten nichts, als was wir auf directem Wege schon acht Tage vorher gewußt hatten. Ihr Hauptversprechen also blieb auf eine Weise unerfüllt, die nicht auffallender hätte seyn können. Dagegen sandten Sie sehr viele Briefe über Pariser Tagsgerüchte. Es ist wahr, von diesen Briefen blieben viele unbenützt. Die Allgemeine Zeitung hat etwa zehn Correspondenten in Paris; einige dieser Correspondenten - die eigentlich politischen - sind sehr gut unterrichtet, was Sie aus dem bemerkt haben werden, was dieselben uns über (hier waren einige der interessantesten Fragen des Tages aufgeführt) schrieben. Ich frage Sie, was haben Sie über alle diese Verhältnisse uns gesagt? Legen Sie die Hand aufs Herz, haben Sie uns auch nur Eine Thatsache berichtet, die wir nicht zu gleicher Zeit in den Londoner oder Pariser Journalen gefunden hätten? Oefters freilich meldeten Sie Dinge, die als originale gelten konnten. (Hier zählte das Schreiben dem Hrn. Spazier eine kleine Auswahl der zahllosen von ihm begangenen Mißgriffe auf welche wir hier übergehen wollen, ihm aber als Beitrag zu den von ihm angekündigten Memoiren empfehlen. Dann schloß das Schreiben mit den Worten:) Sehen Sie, alle diese Dinge nahm die Allg. Zeitung nicht auf. Ich mache Ihnen Irrthümer nicht zum Vorwurf; aber es wundert mich, daß Sie, die Sie recht gut wußten, daß Sie uns nur zu häufig solche mehr als gewagte Mittheilungen machten,

Erklärung.

Die Redaction der Allg. Zeitung sah sich neulich veranlaßt, über einen im Pariser Commerce erschienenen Artikel sich auszusprechen, welcher der österreichischen Regierung Schuld gab, die gesammte Pariser Correspondenz der Allg. Zeitung diene ihr, theils mittel-, theils unmittelbar, zu dem von ihr seit 50 Jahren verfolgten Zweck, in Frankreich weder Frieden noch Ruhe aufkommen zu lassen, eine Politik, welche die französischen Könige in die Verbannung oder aufs Blutgerüst führe. Wir haben diese Anschuldigung, die bis zu persönlichen Denunciationen gegangen war, eine eben so infame als unsinnige genannt. Wir haben zugleich angedeutet, sie rühre von einem Manne her, der seit Jahren nicht müde geworden, der Allg. Zeitung seine Dienste anzubieten, und den sie als Sammler von Börsen- und Journalbureaux-Neuigkeiten – wie deren in Paris jedes Journal ein paar hat – von Zeit zu Zeit gebraucht, zuletzt aber, als er sich immer unnützer gemacht, wiederholt und definitiv verabschiedet habe. Da habe er (fügten wir bei) sich zu unserm Feind erklärt und mit Angriffen gedroht, eine Drohung, die durch den erwähnten Artikel im Commerce zur Wirklichkeit geworden. Aus Schonung verschwiegen wir den Namen dessen, der so zu handeln fähig war. Er nennt sich nun aber in der Leipziger Allg. Zeitung selbst: es ist Hr. R. O. Spazier.

Er vermag, so sehr er sich auch in entstellenden Uebertreibungen und eitlen Selbstüberschätzungen herumtreibt, das obige einfache Sachverhältniß nicht zu läugnen, gesteht vielmehr, schon seit langer Zeit habe die Redaction von seinen vielen Briefen und Raisonnements fast nichts mehr gegeben, als „einige Zeilen unbedeutender Notizen.“ „Wenn ich unter solchen Umständen (fährt der Verfasser fort) meine Correspondenz nach Augsburg nicht selbst aufgab, so geschah es nur, um so viel Erfahrungen über dieses Blatt wie möglich einzuziehen, ehe ich die auf dieselben gestützten ausführlichen Polemiken im Commerce begann.“ Gewiß ein aufrichtiges Selbstbekenntniß rücksichtlich der Ehre der Verfassers, so aufrichtig als das spätere Geständniß es in Bezug auf seinen Verstand ist: „er habe Jahre bedurft, ehe er erkannt habe, an welchem Werke er mitgeholfen,“ – mitgeholfen, wie man sieht auf bescheidene Weise: durch „unbedeutende Notizen.“ Die Verlagshandlung war sehr artig, daß sie ihm dafür einige höfliche Briefe schrieb, deren sich Hr. Spazier jetzt berühmt. Die Verlagshandlung stellt die äußern Bedingungen mit den Correspondenten fest, und geht, da sie keine Kosten scheut, von dem löblichen Grundsatz aus, daß man in Engagirung von Mitarbeitern eher zu viel als zu wenig thun müsse. Die Redaction, deren sämmtlichen Mitgliedern Hr. Spazier persönlich durchaus fremd ist, richtete, außer folgenden zwei Briefen, nie eine Zeile an ihn.

„Augsburg, 20 Februar 1840. Euer Wohlgeboren haben der J. G. Cotta'schen Verlagshandlung angekündigt, daß Sie von nun an der Allgemeinen Zeitung offen feindselig gegenüber stehen. Diese rückhaltlose Erklärung fordert mich zu gleicher Freimüthigkeit auf. Als Sie vor einigen Monaten der J. G. Cotta'schen Buchhandlung wieder Correspondenzen anboten, beriefen Sie sich auf bedeutsame Quellen – den .....schen Gesandten etc. – wodurch es Ihnen möglich werde, uns die wichtigsten Dinge über den Orient auf schnellstem Wege zu senden. Ich rieth einen Versuch zu machen. Seit etwa drei Monaten correspondiren Sie, und während dieser langen Zeit schickten Sie uns zwei Correspondenzen über türkische Angelegenheiten, und diese zwei Briefe enthielten nichts, als was wir auf directem Wege schon acht Tage vorher gewußt hatten. Ihr Hauptversprechen also blieb auf eine Weise unerfüllt, die nicht auffallender hätte seyn können. Dagegen sandten Sie sehr viele Briefe über Pariser Tagsgerüchte. Es ist wahr, von diesen Briefen blieben viele unbenützt. Die Allgemeine Zeitung hat etwa zehn Correspondenten in Paris; einige dieser Correspondenten – die eigentlich politischen – sind sehr gut unterrichtet, was Sie aus dem bemerkt haben werden, was dieselben uns über (hier waren einige der interessantesten Fragen des Tages aufgeführt) schrieben. Ich frage Sie, was haben Sie über alle diese Verhältnisse uns gesagt? Legen Sie die Hand aufs Herz, haben Sie uns auch nur Eine Thatsache berichtet, die wir nicht zu gleicher Zeit in den Londoner oder Pariser Journalen gefunden hätten? Oefters freilich meldeten Sie Dinge, die als originale gelten konnten. (Hier zählte das Schreiben dem Hrn. Spazier eine kleine Auswahl der zahllosen von ihm begangenen Mißgriffe auf welche wir hier übergehen wollen, ihm aber als Beitrag zu den von ihm angekündigten Memoiren empfehlen. Dann schloß das Schreiben mit den Worten:) Sehen Sie, alle diese Dinge nahm die Allg. Zeitung nicht auf. Ich mache Ihnen Irrthümer nicht zum Vorwurf; aber es wundert mich, daß Sie, die Sie recht gut wußten, daß Sie uns nur zu häufig solche mehr als gewagte Mittheilungen machten,

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[0815/0015] Erklärung. Die Redaction der Allg. Zeitung sah sich neulich veranlaßt, über einen im Pariser Commerce erschienenen Artikel sich auszusprechen, welcher der österreichischen Regierung Schuld gab, die gesammte Pariser Correspondenz der Allg. Zeitung diene ihr, theils mittel-, theils unmittelbar, zu dem von ihr seit 50 Jahren verfolgten Zweck, in Frankreich weder Frieden noch Ruhe aufkommen zu lassen, eine Politik, welche die französischen Könige in die Verbannung oder aufs Blutgerüst führe. Wir haben diese Anschuldigung, die bis zu persönlichen Denunciationen gegangen war, eine eben so infame als unsinnige genannt. Wir haben zugleich angedeutet, sie rühre von einem Manne her, der seit Jahren nicht müde geworden, der Allg. Zeitung seine Dienste anzubieten, und den sie als Sammler von Börsen- und Journalbureaux-Neuigkeiten – wie deren in Paris jedes Journal ein paar hat – von Zeit zu Zeit gebraucht, zuletzt aber, als er sich immer unnützer gemacht, wiederholt und definitiv verabschiedet habe. Da habe er (fügten wir bei) sich zu unserm Feind erklärt und mit Angriffen gedroht, eine Drohung, die durch den erwähnten Artikel im Commerce zur Wirklichkeit geworden. Aus Schonung verschwiegen wir den Namen dessen, der so zu handeln fähig war. Er nennt sich nun aber in der Leipziger Allg. Zeitung selbst: es ist Hr. R. O. Spazier. Er vermag, so sehr er sich auch in entstellenden Uebertreibungen und eitlen Selbstüberschätzungen herumtreibt, das obige einfache Sachverhältniß nicht zu läugnen, gesteht vielmehr, schon seit langer Zeit habe die Redaction von seinen vielen Briefen und Raisonnements fast nichts mehr gegeben, als „einige Zeilen unbedeutender Notizen.“ „Wenn ich unter solchen Umständen (fährt der Verfasser fort) meine Correspondenz nach Augsburg nicht selbst aufgab, so geschah es nur, um so viel Erfahrungen über dieses Blatt wie möglich einzuziehen, ehe ich die auf dieselben gestützten ausführlichen Polemiken im Commerce begann.“ Gewiß ein aufrichtiges Selbstbekenntniß rücksichtlich der Ehre der Verfassers, so aufrichtig als das spätere Geständniß es in Bezug auf seinen Verstand ist: „er habe Jahre bedurft, ehe er erkannt habe, an welchem Werke er mitgeholfen,“ – mitgeholfen, wie man sieht auf bescheidene Weise: durch „unbedeutende Notizen.“ Die Verlagshandlung war sehr artig, daß sie ihm dafür einige höfliche Briefe schrieb, deren sich Hr. Spazier jetzt berühmt. Die Verlagshandlung stellt die äußern Bedingungen mit den Correspondenten fest, und geht, da sie keine Kosten scheut, von dem löblichen Grundsatz aus, daß man in Engagirung von Mitarbeitern eher zu viel als zu wenig thun müsse. Die Redaction, deren sämmtlichen Mitgliedern Hr. Spazier persönlich durchaus fremd ist, richtete, außer folgenden zwei Briefen, nie eine Zeile an ihn. „Augsburg, 20 Februar 1840. Euer Wohlgeboren haben der J. G. Cotta'schen Verlagshandlung angekündigt, daß Sie von nun an der Allgemeinen Zeitung offen feindselig gegenüber stehen. Diese rückhaltlose Erklärung fordert mich zu gleicher Freimüthigkeit auf. Als Sie vor einigen Monaten der J. G. Cotta'schen Buchhandlung wieder Correspondenzen anboten, beriefen Sie sich auf bedeutsame Quellen – den .....schen Gesandten etc. – wodurch es Ihnen möglich werde, uns die wichtigsten Dinge über den Orient auf schnellstem Wege zu senden. Ich rieth einen Versuch zu machen. Seit etwa drei Monaten correspondiren Sie, und während dieser langen Zeit schickten Sie uns zwei Correspondenzen über türkische Angelegenheiten, und diese zwei Briefe enthielten nichts, als was wir auf directem Wege schon acht Tage vorher gewußt hatten. Ihr Hauptversprechen also blieb auf eine Weise unerfüllt, die nicht auffallender hätte seyn können. Dagegen sandten Sie sehr viele Briefe über Pariser Tagsgerüchte. Es ist wahr, von diesen Briefen blieben viele unbenützt. Die Allgemeine Zeitung hat etwa zehn Correspondenten in Paris; einige dieser Correspondenten – die eigentlich politischen – sind sehr gut unterrichtet, was Sie aus dem bemerkt haben werden, was dieselben uns über (hier waren einige der interessantesten Fragen des Tages aufgeführt) schrieben. Ich frage Sie, was haben Sie über alle diese Verhältnisse uns gesagt? Legen Sie die Hand aufs Herz, haben Sie uns auch nur Eine Thatsache berichtet, die wir nicht zu gleicher Zeit in den Londoner oder Pariser Journalen gefunden hätten? Oefters freilich meldeten Sie Dinge, die als originale gelten konnten. (Hier zählte das Schreiben dem Hrn. Spazier eine kleine Auswahl der zahllosen von ihm begangenen Mißgriffe auf welche wir hier übergehen wollen, ihm aber als Beitrag zu den von ihm angekündigten Memoiren empfehlen. Dann schloß das Schreiben mit den Worten:) Sehen Sie, alle diese Dinge nahm die Allg. Zeitung nicht auf. Ich mache Ihnen Irrthümer nicht zum Vorwurf; aber es wundert mich, daß Sie, die Sie recht gut wußten, daß Sie uns nur zu häufig solche mehr als gewagte Mittheilungen machten,

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 102. Augsburg, 11. April 1840, S. 0815. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_102_18400411/15>, abgerufen am 03.05.2024.