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Allgemeine Zeitung. Nr. 102. Augsburg, 11. April 1840.

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ein von der Regierung gewählter Erzbischof von ihr ernannt und bestätigt werden; zu allen Zeiten konnte man Gewalt gegen die Priester und die Bischöfe gebrauchen, und in solchen Fällen bleibt nichts zu sagen übrig, aber was die orthodoxe Religion anlangt, so ist der Patriarch ihr Oberhaupt."

Die Commission. "Durch das, was Sie hier eben sagen, räumen Sie ein, daß die Ernennung der Erzbischöfe zu den Attributen der Administrativgewalt gehört; der Unterschied ist, daß eintretenden Falls die Regierung einen Bischof absetzen, aber keinen andern ernennen kann, ohne daß Sie bezeugen, daß er dazu würdig ist. Die Absetzung eines Bischofs und das Recht einen andern zu ernennen, dürften wohl, wie die Action der Hand und die Action des Schlüssels in einem Schlosse, von einander unzertrennlich seyn."

Der Patriarch. "Den Bischöfen ist die Autorität über die Priester beigelegt, und erstern, wenn sie von dem Patriarchat sanctionirt sind, steht es allein zu, diesen ihre Grade zu verleihen."

Die Commission. "Wenn sich die von den Bischöfen ernannten Priester erlauben, die öffentliche Ruhe zu stören, kann die Regierung sie absetzen?"

Der Patriarch. "Ja, ohne Zweifel."

Die Commission. "Also; obwohl zur Besetzung der Bisthümer das Zeugniß des Patriarchen nothwendig ist, so kann nichtsdestoweniger, da dieß die Administration berührt, die Ernennung nicht ohne vorgängige Erlaubniß stattfinden."

Der Patriarch. "Sehr gut; so ist es."

Die Commission. "Wir haben in der Uebersetzung des Schreibens einige Stellen über den öffentlichen Unterricht bemerkt. Gehören die Leitung der Schulen und die Aufsicht über die Professoren nicht zu den Attributen der Regierung?"

Der Patriarch. "Die Erziehung unserer Kinder kann nicht jedem Professor anvertraut werden. Die Professoren und die Priester der Orthodoxen dürfen nie mit den andern vermengt werden. Menschen, die sich in jenen Ländern befinden, bemühen sich, unsere Religion zu verfälschen. Wie soll ich mich dem nicht widersetzen? Ich habe geschrieben: "Wenn man Dinge von euch begehrt, die unsern Gesetzen zuwider sind; wenn man euch einsperrt, wenn man euch schlägt, wenn man euch endlich Alle umbringt, so ziehet den Tod der Uebertretung eurer Vorschriften vor; duldet mit Ergebung die von der weltlichen Macht über euch verhängten Qualen und entfernt euch nicht von den Gesetzen unserer heiligen Religion." Dieß habe ich gesagt, und ich werde eine meiner heiligsten Pflichten erfüllen, wenn ich abermals in diesem Sinne schreibe." Der Patriarch fügte hinzu: "wenn man mich über die Ernennungen nicht zu Rathe zieht, wie kann ich meine geistliche Autorität ausüben? Unsere Religion kann diesen Zustand der Dinge nicht gestatten."

"Dieß gehört nicht zur Sache, haben wir ihm erwiedert; Niemand verpflichtet Sie, ihnen zu schreiben, daß sie Ihre Erlaubniß nicht begehren sollen."

"Dieß waren die Erläuterungen, welche der Patriarch gegeben hat. Die Commission glaubt, indem sie dieselben zur Kenntniß der hohen Pforte bringt, einige Betrachtungen beifügen zu müssen."

"In einer Frage, welche die Pflichten, die Rechte und die Vorschriften einer fremden Religion betrifft, halten wir uns für incompetent, über das Benehmen des Patriarchen in dem, was seine geistliche Autorität berührt, zu urtheilen. Da sich die hohe Pforte übrigens jederzeit zur Richtschnur genommen hat, Allen Gewissensfreiheit zu lassen, und sich keine Einmischung in dieser Hinsicht zu erlauben, so müssen wir uns, aus dem selben Grund auch enthalten, irgend eine Meinung über das Wesen der religiösen Beziehungen auszusprechen, welche zwischen dem Patriarchat von Konstantinopel und den Bewohnern der ionischen Inseln bestehen dürften. Unsere Pflicht schreibt uns bloß vor, hier gewisse Stellen des Schreibens zu bezeichnen, welches der Patriarch an die Erzbischöfe jener Inseln erlassen hat, und welches wir ganz haben übersetzen lassen, so wie einige gleichfalls übersetzte Stellen der hier gedruckten Schrift, die uns in einem Sinn abgefaßt zu seyn schienen, der ganz geeignet ist, jeder befreundeten Regierung zu mißfallen."

Erste Stelle des Schreibens. "An die Stelle orthodoxer Priester werden befördert neue Priester, stolze und wankelmüthige Leute, von einem zweifelhaften Glauben, um nicht zu sagen, daß sie die Religionsübungen, die wir von unsern Vätern ererbt haben, ganz und gar verachten, da sie in übelberüchtigten Schulen und von Lehrern unterrichtet worden sind, die nicht bloß wegen ihrer Denkweise verdächtig, sondern stets Feinde unserer gesunden Lehre sind."

Zweite Stelle. "Die getreuen Bischöfe müssen, um ihre göttlichen Rechte zu vertheidigen, nicht nur allein die Kämpfe und Leiden für nichts achten, sondern nöthigenfalls auch Verfolgungen, Gefängniß und Verbannung erdulden und sich auch noch größere Uebel gefallen lassen, nach dem Beispiele so vieler unserer Märtyrer, welche es vorgezogen haben, lieber die göttlichen Gebote rein zu erhalten und muthig zu vertheidigen, als menschlichem Willen zu gehorchen, indem es heißt, daß man Gott mehr als den Menschen gehorchen müsse."

Dritte Stelle. "Sämmtliche aus den verdächtigen Schulen hervorgegangene neue Priester haben schlechte Lehren im Kopfe, da ihnen heterodoxe Ideen beigebracht worden sind."

Erste Stelle aus der Druckschrift. "Es war der ionischen Regierung vorbehalten, in dieser bedrängnißvollen Zeit jene Eingriffe zu begehen, und unsere Kirche zum Zeugen davon zu machen. Es scheint, daß jene Regierung ihre Pflichten nicht kennend oder vergessend, und deßhalb die Gränzen, die unsere Väter aufgestellt, und welche der göttliche Bräutigam gezogen hat, überschreitend, und Religion und Kirche verspottend und angreifend, mit List und Verstellung in das constitutionelle Regime der ionischen Inseln, die Neuerungen Luthers und Calvins einführen wollte."

Zweite Stelle. "Welch schöne und bewundernswürdige Unabhängigkeit! Welch glückliche Legislation, die zu Grundlage ihrer Gesetze den Umsturz alles dessen, was sich auf Kirche und Religion bezieht, nimmt, und mit Willkür und Rechtswidrigkeit alles dasjenige einführt, was den Leidenschaften, den Absichten und dem Willen der Regierenden genehm ist."

Dritte Stelle. "Sie haben einen Gesetzesentwurf verfaßt, wie ihn die Interessen, die Absichten und die Launen der Regierenden verlangten."

Vierte Stelle. "Alle geistliche Autorität ist in dem Senat, und folglich in dem Obercommissär concentrirt, welchen der Senat ganz nach seinen Absichten und nach seinen Interessen hinter sich herzieht."

"Dieß sind die Stellen, welche uns aufgefallen sind, und die wir der hohen Pforte pflichtgemäßig vorlegen zu müssen glauben."

Die türkische Staatszeitung schließt diese Mittheilung folgendermaßen: "In Folge des oben mitgetheilten kaiserlichen Rescripts, welches den griechischen Patriarchen seiner Functionen entkleidet, haben sich die Primaten jener Nation, auf die von dem Großwessier an die Synode erlassene Einladung, im

ein von der Regierung gewählter Erzbischof von ihr ernannt und bestätigt werden; zu allen Zeiten konnte man Gewalt gegen die Priester und die Bischöfe gebrauchen, und in solchen Fällen bleibt nichts zu sagen übrig, aber was die orthodoxe Religion anlangt, so ist der Patriarch ihr Oberhaupt.“

Die Commission. „Durch das, was Sie hier eben sagen, räumen Sie ein, daß die Ernennung der Erzbischöfe zu den Attributen der Administrativgewalt gehört; der Unterschied ist, daß eintretenden Falls die Regierung einen Bischof absetzen, aber keinen andern ernennen kann, ohne daß Sie bezeugen, daß er dazu würdig ist. Die Absetzung eines Bischofs und das Recht einen andern zu ernennen, dürften wohl, wie die Action der Hand und die Action des Schlüssels in einem Schlosse, von einander unzertrennlich seyn.“

Der Patriarch. „Den Bischöfen ist die Autorität über die Priester beigelegt, und erstern, wenn sie von dem Patriarchat sanctionirt sind, steht es allein zu, diesen ihre Grade zu verleihen.“

Die Commission. „Wenn sich die von den Bischöfen ernannten Priester erlauben, die öffentliche Ruhe zu stören, kann die Regierung sie absetzen?“

Der Patriarch. „Ja, ohne Zweifel.“

Die Commission. „Also; obwohl zur Besetzung der Bisthümer das Zeugniß des Patriarchen nothwendig ist, so kann nichtsdestoweniger, da dieß die Administration berührt, die Ernennung nicht ohne vorgängige Erlaubniß stattfinden.“

Der Patriarch. „Sehr gut; so ist es.“

Die Commission. „Wir haben in der Uebersetzung des Schreibens einige Stellen über den öffentlichen Unterricht bemerkt. Gehören die Leitung der Schulen und die Aufsicht über die Professoren nicht zu den Attributen der Regierung?“

Der Patriarch. „Die Erziehung unserer Kinder kann nicht jedem Professor anvertraut werden. Die Professoren und die Priester der Orthodoxen dürfen nie mit den andern vermengt werden. Menschen, die sich in jenen Ländern befinden, bemühen sich, unsere Religion zu verfälschen. Wie soll ich mich dem nicht widersetzen? Ich habe geschrieben: „Wenn man Dinge von euch begehrt, die unsern Gesetzen zuwider sind; wenn man euch einsperrt, wenn man euch schlägt, wenn man euch endlich Alle umbringt, so ziehet den Tod der Uebertretung eurer Vorschriften vor; duldet mit Ergebung die von der weltlichen Macht über euch verhängten Qualen und entfernt euch nicht von den Gesetzen unserer heiligen Religion.“ Dieß habe ich gesagt, und ich werde eine meiner heiligsten Pflichten erfüllen, wenn ich abermals in diesem Sinne schreibe.“ Der Patriarch fügte hinzu: „wenn man mich über die Ernennungen nicht zu Rathe zieht, wie kann ich meine geistliche Autorität ausüben? Unsere Religion kann diesen Zustand der Dinge nicht gestatten.“

„Dieß gehört nicht zur Sache, haben wir ihm erwiedert; Niemand verpflichtet Sie, ihnen zu schreiben, daß sie Ihre Erlaubniß nicht begehren sollen.“

„Dieß waren die Erläuterungen, welche der Patriarch gegeben hat. Die Commission glaubt, indem sie dieselben zur Kenntniß der hohen Pforte bringt, einige Betrachtungen beifügen zu müssen.“

„In einer Frage, welche die Pflichten, die Rechte und die Vorschriften einer fremden Religion betrifft, halten wir uns für incompetent, über das Benehmen des Patriarchen in dem, was seine geistliche Autorität berührt, zu urtheilen. Da sich die hohe Pforte übrigens jederzeit zur Richtschnur genommen hat, Allen Gewissensfreiheit zu lassen, und sich keine Einmischung in dieser Hinsicht zu erlauben, so müssen wir uns, aus dem selben Grund auch enthalten, irgend eine Meinung über das Wesen der religiösen Beziehungen auszusprechen, welche zwischen dem Patriarchat von Konstantinopel und den Bewohnern der ionischen Inseln bestehen dürften. Unsere Pflicht schreibt uns bloß vor, hier gewisse Stellen des Schreibens zu bezeichnen, welches der Patriarch an die Erzbischöfe jener Inseln erlassen hat, und welches wir ganz haben übersetzen lassen, so wie einige gleichfalls übersetzte Stellen der hier gedruckten Schrift, die uns in einem Sinn abgefaßt zu seyn schienen, der ganz geeignet ist, jeder befreundeten Regierung zu mißfallen.“

Erste Stelle des Schreibens. „An die Stelle orthodoxer Priester werden befördert neue Priester, stolze und wankelmüthige Leute, von einem zweifelhaften Glauben, um nicht zu sagen, daß sie die Religionsübungen, die wir von unsern Vätern ererbt haben, ganz und gar verachten, da sie in übelberüchtigten Schulen und von Lehrern unterrichtet worden sind, die nicht bloß wegen ihrer Denkweise verdächtig, sondern stets Feinde unserer gesunden Lehre sind.“

Zweite Stelle. „Die getreuen Bischöfe müssen, um ihre göttlichen Rechte zu vertheidigen, nicht nur allein die Kämpfe und Leiden für nichts achten, sondern nöthigenfalls auch Verfolgungen, Gefängniß und Verbannung erdulden und sich auch noch größere Uebel gefallen lassen, nach dem Beispiele so vieler unserer Märtyrer, welche es vorgezogen haben, lieber die göttlichen Gebote rein zu erhalten und muthig zu vertheidigen, als menschlichem Willen zu gehorchen, indem es heißt, daß man Gott mehr als den Menschen gehorchen müsse.“

Dritte Stelle. „Sämmtliche aus den verdächtigen Schulen hervorgegangene neue Priester haben schlechte Lehren im Kopfe, da ihnen heterodoxe Ideen beigebracht worden sind.“

Erste Stelle aus der Druckschrift. „Es war der ionischen Regierung vorbehalten, in dieser bedrängnißvollen Zeit jene Eingriffe zu begehen, und unsere Kirche zum Zeugen davon zu machen. Es scheint, daß jene Regierung ihre Pflichten nicht kennend oder vergessend, und deßhalb die Gränzen, die unsere Väter aufgestellt, und welche der göttliche Bräutigam gezogen hat, überschreitend, und Religion und Kirche verspottend und angreifend, mit List und Verstellung in das constitutionelle Regime der ionischen Inseln, die Neuerungen Luthers und Calvins einführen wollte.“

Zweite Stelle. „Welch schöne und bewundernswürdige Unabhängigkeit! Welch glückliche Legislation, die zu Grundlage ihrer Gesetze den Umsturz alles dessen, was sich auf Kirche und Religion bezieht, nimmt, und mit Willkür und Rechtswidrigkeit alles dasjenige einführt, was den Leidenschaften, den Absichten und dem Willen der Regierenden genehm ist.“

Dritte Stelle. „Sie haben einen Gesetzesentwurf verfaßt, wie ihn die Interessen, die Absichten und die Launen der Regierenden verlangten.“

Vierte Stelle. „Alle geistliche Autorität ist in dem Senat, und folglich in dem Obercommissär concentrirt, welchen der Senat ganz nach seinen Absichten und nach seinen Interessen hinter sich herzieht.“

„Dieß sind die Stellen, welche uns aufgefallen sind, und die wir der hohen Pforte pflichtgemäßig vorlegen zu müssen glauben.“

Die türkische Staatszeitung schließt diese Mittheilung folgendermaßen: „In Folge des oben mitgetheilten kaiserlichen Rescripts, welches den griechischen Patriarchen seiner Functionen entkleidet, haben sich die Primaten jener Nation, auf die von dem Großwessier an die Synode erlassene Einladung, im

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[0813/0013] ein von der Regierung gewählter Erzbischof von ihr ernannt und bestätigt werden; zu allen Zeiten konnte man Gewalt gegen die Priester und die Bischöfe gebrauchen, und in solchen Fällen bleibt nichts zu sagen übrig, aber was die orthodoxe Religion anlangt, so ist der Patriarch ihr Oberhaupt.“ Die Commission. „Durch das, was Sie hier eben sagen, räumen Sie ein, daß die Ernennung der Erzbischöfe zu den Attributen der Administrativgewalt gehört; der Unterschied ist, daß eintretenden Falls die Regierung einen Bischof absetzen, aber keinen andern ernennen kann, ohne daß Sie bezeugen, daß er dazu würdig ist. 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Gehören die Leitung der Schulen und die Aufsicht über die Professoren nicht zu den Attributen der Regierung?“ Der Patriarch. „Die Erziehung unserer Kinder kann nicht jedem Professor anvertraut werden. Die Professoren und die Priester der Orthodoxen dürfen nie mit den andern vermengt werden. Menschen, die sich in jenen Ländern befinden, bemühen sich, unsere Religion zu verfälschen. Wie soll ich mich dem nicht widersetzen? 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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 102. Augsburg, 11. April 1840, S. 0813. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_102_18400411/13>, abgerufen am 03.05.2024.