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Allgemeine Zeitung. Nr. 98. Augsburg, 7. April 1840.

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Pfarrer, welche das Unchristliche in der Geistesrichtung des Seminars schwer empfanden. Viele unserer ältern Geistlichen sind noch in der Schule des Rationalismus aufgewachsen, und waren von daher so ziemlich vorbereitet für die neue Verstandeslehre des Seminars. Dagegen gerade die thätigsten, für das Schulwesen eifrigen, auf deutschen, zumal preußischen Universitäten gebildeten jüngern Geistlichen forderten Besseres. Seitdem nun aber eine Umwälzung erfolgt ist, da konnte das Begehren: die Volksschule muß auf christlicher Basis ruhen, nicht mehr zurückgewiesen werden. Das Seminar bedurfte daher einer Umgestaltung in diesem Sinn, auf daß Schule und Kirche nicht feindlich einander gegenüber stehen, sondern, jede in ihrer Weise, harmonisch zusammen wirken. Das neue Gesetz hat die Verstandesbildung in keiner Weise beschränkt oder verkümmert, aber es hat zugleich auch der Gemüths- und Charakterbildung den gebührenden Einfluß auf das Ganze einräumen wollen. In diesem Sinne soll namentlich ein Convict eingeführt werden, welches früher nicht bestand. Gerade da kommt nun aber Alles auf die Personen des Directors und der Lehrer an. Wer den Bock zum Gärtner bestellt, hilft nicht aus mit den besten Vorschriften und Regeln, die er dem Bock zur Beachtung empfiehlt. Und da der große Rath allerdings die Ansicht nicht theilte, daß das Seminar um des Directors willen, sondern vielmehr annahm, daß der Director um des Seminars willen da sey, und auch unserm Staate das Recht zusteht, Anstalten aufzuheben und in anderer Form wieder zu schaffen - ein Recht, das schon sehr oft ausgeübt worden ist, so faßte er allerdings einmüthig den Beschluß, das neue Seminar nicht bloß mit Worten, sondern auch dem Geiste nach neu zu constituiren. Daß dabei persönliche Interessen verletzt werden können, leidet keinen Zweifel. Aber auch hier hat der große Rath bereits das Princip anerkannt, daß mit denjenigen Lehrern, welche nicht wieder gewählt werden, wegen Entschädigung unterhandelt und ihm die erforderlichen Anträge darüber gestellt werden sollen. Wenn daher von Hrn. Scherr oder im Namen des Hrn. Scherr jetzt schon über Härte geklagt wird, so sind diese Klagen zum wenigsten zu frühzeitig, indem über das Maaß der Entschädigung noch nicht verfügt ist.

Erklärung.

Aufmerksam gemacht von einem Freunde fand ich in dem Brockhaus'schen Conversationslexikon der Neuzeit sub voce Lessing meiner auf eine sonderbare Weise Erwähnung gethan. Es scheint dem Verfasser des Artikels sehr darum zu thun gewesen seyn, meinen Namen in den Artikel zu bringen, wiewohl es ihm nicht besonders geglückt ist, die Erwähnung zu motiviren. Nach langen kritischen Untersuchungen über die verschiedenen Lessing'schen Gerüchte kommt folgende Stelle: "Aber als sollte ein Geheimniß durch das andere offenbar, ein schauderhaftes Verbrechen durch ein zweites entdeckt werden, so schien der Verlauf der Untersuchung auf nicht unwichtige Spuren zur Aufhellung der rähselhaften Geschichte des unglücklichen Findlings K. Hauser zu führen." Die ganze "Aufhellung" ist in folgenden Worten gegeben: "Aus weitern Nachforschungen ergab sich, daß Sailer mit einem deutschen Flüchtling in Straßburg, Garnier, dem Herausgeber der Broschüre über die Geschichte Kaspar Hausers, in Verbindung getreten war, um für Verbreitung dieser Broschüre thätig zu seyn." Dieß die Aufhellung. Darauf wird über mich bemerkt, daß besagter Sailer ein Spion gewesen, und in der Schweiz auch noch einen andern Freund gehabt, einen Apotheker, dessen Namen ich vergessen habe, welcher gleichfalls ein Spion geworden, und dazu ist eine Note angehängt, worin gesagt wird: "Auch von dem besagten Garnier verlautete, daß er später die Rolle eines excentrischen Liberalen mit der eines Spions vertauscht habe. Wäre dieß der Fall, so würde sich daraus die Nichterscheinung einer zweiten bereits angefangenen Broschüre über die Geschichte K. Hausers erklären lassen." Es ist immer schön, wenn man seine Anklage mit Beweisen unterstützt. Das Hauptargument, daß ich "mit Sailer in Verbindung getreten, welcher für Verbreitung dieser Broschüre thätig war," ist freilich sehr bedeutend, und ließe mir kaum eine Antwort übrig, wenn zum großen Glück für mich die ganze Angabe nicht falsch wäre. Ich lebte in Straßburg im Verborgenen und bloß meinem Freunde Dieffenbach war meine Wohnung bekannt. Ich hatte, als er mich einmal besuchte, eine Rolle ächten Varinas auf dem Tische liegen, von dem er sich ein Stück abschnitt, und in das Manuscript der Vorrede einwickelte, welche bereits abgedruckt war. Dieses Einwickelpapier gab Dr. Dieffenbach besagtem Sailer auf sein Verlangen. Das ist das ganze Geheimniß meiner Verbindung mit Sailer, welche im Uebrigen bloß einseitiger Natur von seiner Seite war. Ich gebe die Details auch deßwegen, damit der wahre historische Verlauf dieser wichtigen Angelegenheit unter dem Artikel "Sailer" angegeben

Pfarrer, welche das Unchristliche in der Geistesrichtung des Seminars schwer empfanden. Viele unserer ältern Geistlichen sind noch in der Schule des Rationalismus aufgewachsen, und waren von daher so ziemlich vorbereitet für die neue Verstandeslehre des Seminars. Dagegen gerade die thätigsten, für das Schulwesen eifrigen, auf deutschen, zumal preußischen Universitäten gebildeten jüngern Geistlichen forderten Besseres. Seitdem nun aber eine Umwälzung erfolgt ist, da konnte das Begehren: die Volksschule muß auf christlicher Basis ruhen, nicht mehr zurückgewiesen werden. Das Seminar bedurfte daher einer Umgestaltung in diesem Sinn, auf daß Schule und Kirche nicht feindlich einander gegenüber stehen, sondern, jede in ihrer Weise, harmonisch zusammen wirken. Das neue Gesetz hat die Verstandesbildung in keiner Weise beschränkt oder verkümmert, aber es hat zugleich auch der Gemüths- und Charakterbildung den gebührenden Einfluß auf das Ganze einräumen wollen. In diesem Sinne soll namentlich ein Convict eingeführt werden, welches früher nicht bestand. Gerade da kommt nun aber Alles auf die Personen des Directors und der Lehrer an. Wer den Bock zum Gärtner bestellt, hilft nicht aus mit den besten Vorschriften und Regeln, die er dem Bock zur Beachtung empfiehlt. Und da der große Rath allerdings die Ansicht nicht theilte, daß das Seminar um des Directors willen, sondern vielmehr annahm, daß der Director um des Seminars willen da sey, und auch unserm Staate das Recht zusteht, Anstalten aufzuheben und in anderer Form wieder zu schaffen – ein Recht, das schon sehr oft ausgeübt worden ist, so faßte er allerdings einmüthig den Beschluß, das neue Seminar nicht bloß mit Worten, sondern auch dem Geiste nach neu zu constituiren. Daß dabei persönliche Interessen verletzt werden können, leidet keinen Zweifel. Aber auch hier hat der große Rath bereits das Princip anerkannt, daß mit denjenigen Lehrern, welche nicht wieder gewählt werden, wegen Entschädigung unterhandelt und ihm die erforderlichen Anträge darüber gestellt werden sollen. Wenn daher von Hrn. Scherr oder im Namen des Hrn. Scherr jetzt schon über Härte geklagt wird, so sind diese Klagen zum wenigsten zu frühzeitig, indem über das Maaß der Entschädigung noch nicht verfügt ist.

Erklärung.

Aufmerksam gemacht von einem Freunde fand ich in dem Brockhaus'schen Conversationslexikon der Neuzeit sub voce Lessing meiner auf eine sonderbare Weise Erwähnung gethan. Es scheint dem Verfasser des Artikels sehr darum zu thun gewesen seyn, meinen Namen in den Artikel zu bringen, wiewohl es ihm nicht besonders geglückt ist, die Erwähnung zu motiviren. Nach langen kritischen Untersuchungen über die verschiedenen Lessing'schen Gerüchte kommt folgende Stelle: „Aber als sollte ein Geheimniß durch das andere offenbar, ein schauderhaftes Verbrechen durch ein zweites entdeckt werden, so schien der Verlauf der Untersuchung auf nicht unwichtige Spuren zur Aufhellung der rähselhaften Geschichte des unglücklichen Findlings K. Hauser zu führen.“ Die ganze „Aufhellung“ ist in folgenden Worten gegeben: „Aus weitern Nachforschungen ergab sich, daß Sailer mit einem deutschen Flüchtling in Straßburg, Garnier, dem Herausgeber der Broschüre über die Geschichte Kaspar Hausers, in Verbindung getreten war, um für Verbreitung dieser Broschüre thätig zu seyn.“ Dieß die Aufhellung. Darauf wird über mich bemerkt, daß besagter Sailer ein Spion gewesen, und in der Schweiz auch noch einen andern Freund gehabt, einen Apotheker, dessen Namen ich vergessen habe, welcher gleichfalls ein Spion geworden, und dazu ist eine Note angehängt, worin gesagt wird: „Auch von dem besagten Garnier verlautete, daß er später die Rolle eines excentrischen Liberalen mit der eines Spions vertauscht habe. Wäre dieß der Fall, so würde sich daraus die Nichterscheinung einer zweiten bereits angefangenen Broschüre über die Geschichte K. Hausers erklären lassen.“ Es ist immer schön, wenn man seine Anklage mit Beweisen unterstützt. Das Hauptargument, daß ich „mit Sailer in Verbindung getreten, welcher für Verbreitung dieser Broschüre thätig war,“ ist freilich sehr bedeutend, und ließe mir kaum eine Antwort übrig, wenn zum großen Glück für mich die ganze Angabe nicht falsch wäre. Ich lebte in Straßburg im Verborgenen und bloß meinem Freunde Dieffenbach war meine Wohnung bekannt. Ich hatte, als er mich einmal besuchte, eine Rolle ächten Varinas auf dem Tische liegen, von dem er sich ein Stück abschnitt, und in das Manuscript der Vorrede einwickelte, welche bereits abgedruckt war. Dieses Einwickelpapier gab Dr. Dieffenbach besagtem Sailer auf sein Verlangen. Das ist das ganze Geheimniß meiner Verbindung mit Sailer, welche im Uebrigen bloß einseitiger Natur von seiner Seite war. Ich gebe die Details auch deßwegen, damit der wahre historische Verlauf dieser wichtigen Angelegenheit unter dem Artikel „Sailer“ angegeben

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Pfarrer, welche das Unchristliche in der Geistesrichtung des Seminars schwer empfanden. Viele unserer ältern Geistlichen sind noch in der Schule des Rationalismus aufgewachsen, und waren von daher so ziemlich vorbereitet für die neue Verstandeslehre des Seminars. Dagegen gerade die thätigsten, für das Schulwesen eifrigen, auf deutschen, zumal preußischen Universitäten gebildeten jüngern Geistlichen forderten Besseres. Seitdem nun aber eine Umwälzung erfolgt ist, da konnte das Begehren: die Volksschule muß auf christlicher Basis ruhen, nicht mehr zurückgewiesen werden. Das Seminar bedurfte daher einer Umgestaltung in diesem Sinn, auf daß Schule und Kirche nicht feindlich einander gegenüber stehen, sondern, jede in ihrer Weise, harmonisch zusammen wirken. Das neue Gesetz hat die Verstandesbildung in keiner Weise beschränkt oder verkümmert, aber es hat zugleich auch der Gemüths- und Charakterbildung den gebührenden Einfluß auf das Ganze einräumen wollen. In diesem Sinne soll namentlich ein Convict eingeführt werden, welches früher nicht bestand. Gerade da kommt nun aber Alles auf die Personen des Directors und der Lehrer an. Wer den Bock zum Gärtner bestellt, hilft nicht aus mit den besten Vorschriften und Regeln, die er dem Bock zur Beachtung empfiehlt. Und da der große Rath allerdings die Ansicht nicht theilte, daß das Seminar um des Directors willen, sondern vielmehr annahm, daß der Director um des Seminars willen da sey, und auch unserm Staate das Recht zusteht, Anstalten aufzuheben und in anderer Form wieder zu schaffen &#x2013; ein Recht, das schon sehr oft ausgeübt worden ist, so faßte er allerdings einmüthig den Beschluß, das neue Seminar nicht bloß mit Worten, sondern auch dem Geiste nach neu zu constituiren. Daß dabei persönliche Interessen verletzt werden können, leidet keinen Zweifel. Aber auch hier hat der große Rath bereits das Princip anerkannt, daß mit denjenigen Lehrern, welche nicht wieder gewählt werden, wegen Entschädigung unterhandelt und ihm die erforderlichen Anträge darüber gestellt werden sollen. Wenn daher von Hrn. Scherr oder im Namen des Hrn. Scherr jetzt schon über Härte geklagt wird, so sind diese Klagen zum wenigsten zu frühzeitig, indem über das Maaß der Entschädigung noch nicht verfügt ist.</p>
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[0779/0011] Pfarrer, welche das Unchristliche in der Geistesrichtung des Seminars schwer empfanden. Viele unserer ältern Geistlichen sind noch in der Schule des Rationalismus aufgewachsen, und waren von daher so ziemlich vorbereitet für die neue Verstandeslehre des Seminars. Dagegen gerade die thätigsten, für das Schulwesen eifrigen, auf deutschen, zumal preußischen Universitäten gebildeten jüngern Geistlichen forderten Besseres. Seitdem nun aber eine Umwälzung erfolgt ist, da konnte das Begehren: die Volksschule muß auf christlicher Basis ruhen, nicht mehr zurückgewiesen werden. Das Seminar bedurfte daher einer Umgestaltung in diesem Sinn, auf daß Schule und Kirche nicht feindlich einander gegenüber stehen, sondern, jede in ihrer Weise, harmonisch zusammen wirken. Das neue Gesetz hat die Verstandesbildung in keiner Weise beschränkt oder verkümmert, aber es hat zugleich auch der Gemüths- und Charakterbildung den gebührenden Einfluß auf das Ganze einräumen wollen. In diesem Sinne soll namentlich ein Convict eingeführt werden, welches früher nicht bestand. Gerade da kommt nun aber Alles auf die Personen des Directors und der Lehrer an. Wer den Bock zum Gärtner bestellt, hilft nicht aus mit den besten Vorschriften und Regeln, die er dem Bock zur Beachtung empfiehlt. Und da der große Rath allerdings die Ansicht nicht theilte, daß das Seminar um des Directors willen, sondern vielmehr annahm, daß der Director um des Seminars willen da sey, und auch unserm Staate das Recht zusteht, Anstalten aufzuheben und in anderer Form wieder zu schaffen – ein Recht, das schon sehr oft ausgeübt worden ist, so faßte er allerdings einmüthig den Beschluß, das neue Seminar nicht bloß mit Worten, sondern auch dem Geiste nach neu zu constituiren. Daß dabei persönliche Interessen verletzt werden können, leidet keinen Zweifel. Aber auch hier hat der große Rath bereits das Princip anerkannt, daß mit denjenigen Lehrern, welche nicht wieder gewählt werden, wegen Entschädigung unterhandelt und ihm die erforderlichen Anträge darüber gestellt werden sollen. Wenn daher von Hrn. Scherr oder im Namen des Hrn. Scherr jetzt schon über Härte geklagt wird, so sind diese Klagen zum wenigsten zu frühzeitig, indem über das Maaß der Entschädigung noch nicht verfügt ist. Erklärung. Aufmerksam gemacht von einem Freunde fand ich in dem Brockhaus'schen Conversationslexikon der Neuzeit sub voce Lessing meiner auf eine sonderbare Weise Erwähnung gethan. Es scheint dem Verfasser des Artikels sehr darum zu thun gewesen seyn, meinen Namen in den Artikel zu bringen, wiewohl es ihm nicht besonders geglückt ist, die Erwähnung zu motiviren. Nach langen kritischen Untersuchungen über die verschiedenen Lessing'schen Gerüchte kommt folgende Stelle: „Aber als sollte ein Geheimniß durch das andere offenbar, ein schauderhaftes Verbrechen durch ein zweites entdeckt werden, so schien der Verlauf der Untersuchung auf nicht unwichtige Spuren zur Aufhellung der rähselhaften Geschichte des unglücklichen Findlings K. Hauser zu führen.“ Die ganze „Aufhellung“ ist in folgenden Worten gegeben: „Aus weitern Nachforschungen ergab sich, daß Sailer mit einem deutschen Flüchtling in Straßburg, Garnier, dem Herausgeber der Broschüre über die Geschichte Kaspar Hausers, in Verbindung getreten war, um für Verbreitung dieser Broschüre thätig zu seyn.“ Dieß die Aufhellung. Darauf wird über mich bemerkt, daß besagter Sailer ein Spion gewesen, und in der Schweiz auch noch einen andern Freund gehabt, einen Apotheker, dessen Namen ich vergessen habe, welcher gleichfalls ein Spion geworden, und dazu ist eine Note angehängt, worin gesagt wird: „Auch von dem besagten Garnier verlautete, daß er später die Rolle eines excentrischen Liberalen mit der eines Spions vertauscht habe. Wäre dieß der Fall, so würde sich daraus die Nichterscheinung einer zweiten bereits angefangenen Broschüre über die Geschichte K. Hausers erklären lassen.“ Es ist immer schön, wenn man seine Anklage mit Beweisen unterstützt. Das Hauptargument, daß ich „mit Sailer in Verbindung getreten, welcher für Verbreitung dieser Broschüre thätig war,“ ist freilich sehr bedeutend, und ließe mir kaum eine Antwort übrig, wenn zum großen Glück für mich die ganze Angabe nicht falsch wäre. Ich lebte in Straßburg im Verborgenen und bloß meinem Freunde Dieffenbach war meine Wohnung bekannt. Ich hatte, als er mich einmal besuchte, eine Rolle ächten Varinas auf dem Tische liegen, von dem er sich ein Stück abschnitt, und in das Manuscript der Vorrede einwickelte, welche bereits abgedruckt war. Dieses Einwickelpapier gab Dr. Dieffenbach besagtem Sailer auf sein Verlangen. Das ist das ganze Geheimniß meiner Verbindung mit Sailer, welche im Uebrigen bloß einseitiger Natur von seiner Seite war. Ich gebe die Details auch deßwegen, damit der wahre historische Verlauf dieser wichtigen Angelegenheit unter dem Artikel „Sailer“ angegeben

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 98. Augsburg, 7. April 1840, S. 0779. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_098_18400407/11>, abgerufen am 02.05.2024.