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Allgemeine Zeitung. Nr. 98. Augsburg, 7. April 1840.

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werden könne, wo die Freunde der Zeitgeschichte vielleicht der Hoffnung leben dürfen, auch noch Näheres über das geheimnißvolle Verhältniß des Apothekergehülfen, Baffa denke ich, zu erfahren. Das zweite Argument ist, daß ich einen zweiten Theil der Broschüre nicht geschrieben. Sehr wichtig, wenn ich mir nicht selber das Privilegium gegeben hätte, denselben zu schreiben oder nicht zu schreiben, wie es mir behagt, oder vielmehr wahrscheinlich nicht behagen wird, da ich mich jetzt lieber an Positives und klar Erkennbares halte, als an Problematisches und Abenteuerliches, wobei man mit der Stange im Nebel herumfahren muß. Das wären also die Beweise, und nun bleibt nichts als die nackte Anklage welche ganz den Charakter einer Injurie hat, da der animus unverkennbar ist in der Art, wie ich in den Artikel Lessing hineingezwängt wurde. Der Verfasser nennt sich Nummer 39, und mir bleibt also zuerst nur der genannte verantwortliche Redacteur, welcher in diesem Falle Hr. Buchhändler Brockhaus ist. Aus dem Ehrentempel, welchen sich sein Vater im Conversationslexikon aufgerichtet, ist in meinem Fall eine Schandsäule gemacht worden, an die man mich angebunden hat. Der Hr. Brockhaus kann mit seinem Eigenthum machen, was ihm behagt, aber nachdem er sich in einem Briefe, datirt den 5 October 1839 große Mühe gegeben, mich für die Leipziger Allg. Zeitung zu gewinnen, so hätte er mir nach den Elogen, welche mir in jenem Briefe gemacht wurden, doch ein besseres Plätzchen anweisen können als das obige. Im Interesse der Zeitgeschichte will ich gelegentlich hier bemerken, daß er in einem eigenhändig unterzeichneten Brief vom 29 Nov. seinem neugeworbenen Correspondenten Abrechnung "nach Neujahr" zusagte; da ich aber bis jetzt noch keine erhalten, so könnte vielleicht unter dem Buchstaben N ausgeführt werden, welchem Datum Nachneujahr in dem Brockhaus'schen Kalender entspricht. Nach einigen frühern Erfahrungen kommt es mir jedoch fast so vor, als ob das Bezahlen der Correspondenten überhaupt bei den deutschen Zeitungen aus der Mode kommen sollte; und es läßt sich nicht läugnen, daß wenn alle deutschen Zeitungen aus Freibeiträgen bestünden völlige Preßfreiheit wenigstens für den Verleger erworben wäre, besonders wenn auch die Drucker und Setzer sämmtlich nach Neujahr bezahlt würden. Da ich gegen dieses Verfahren übrigens bis jetzt nicht gemurrt habe, so kann ich nicht glauben, daß ich durch mein Stillschweigen darüber ihm Gelegenheit gegeben ungehalten zu seyn. Oder sollte er ungehalten seyn über mein Stillschweigen überhaupt? Ich habe ihm schon im Monat Januar geschrieben, daß ich keinen weitern Theil an der Zeitung nehmen könne, und auch das konnte ihm nicht unerwartet seyn. In meinem ersten Briefe, welchen ich anonym durch einen Freund an die Leipziger Allg. Zeitung beförderte, bemerkte ich ausdrücklich in der Nachschrift, warum ich diese Mittheilung machte und daß ich vor der Hand entschlossen sey, für keine deutsche Zeitung zu schreiben. Dessenungeachtet erhielt ich einen Antrag. Ich gehöre zur katholischen Seite und bin für allgemeine Glaubensfreiheit zugleich, aber das Magistergezänk nach unten, wodurch nur Massen gereizt werden, ist nicht meine Sache, sondern Sache der Leipziger Allg. Zeitung. Indessen fand ich keinen Anstand versuchsweise zu zeigen, wie der Streit mit Erfolg geführt werden könnte und so, daß auch ein Katholik in der Leip. Allg. Zeitung daran Theil nehmen könnte, nämlich als höhere politische Frage und nicht als religiöse. Wenn Hr. Brockhaus meine Mittheilungen von wenigen Wochen lesen will, welche nicht gedruckt werden konnten, so möchte sich aus denselben ergeben, daß sich die Leip. Allg. Zeitung eine unmögliche Aufgabe gestellt, wenn sie nicht wie die Katzen im Faust immer im Cirkel herumspringen will, um sich in den Schwanz zu beißen. Höflicher und zarter konnte die Belehrung schwerlich gegeben werden. Und Hr. Brockhaus hat keine Ursache sich über mich zu beklagen. Allerdings hatte ich bei jenen schriftlichen undruckbaren Mittheilungen meine besondern Absichten, aber in Geschäftsverhältnissen darf wohl jeder Theil seinen Vortheil suchen. Ueber diese Absichten hätte ich ganz geschwiegen, so wie über alle berührten Dinge, und nie Hrn. Brockhaus weiter belästigt, wenn ich es mir selber nicht schuldig wäre, ihn darauf aufmerksam zu machen, daß man ihn es fühlen lassen könne, wenn sein Conversationslexikon der Neuzeit aus dem unschädlichern Gebiete politischer Fraubasereien sich bis zur Verbreitung von Injurien versteigt. - Der Verfasser des Artikels ist mir von zweien der achtbarsten Deutschen namentlich bezeichnet worden, aber ich glaube es meinen Grundsätzen angemessener, ihn bloß mit seiner eigenen Nummer 39 zu bezeichnen, und mich an das, was gedruckt vorliegt, zu halten. Nummer 39 liefert am Ende seines Artikels eine erschütternde Tirade gegen die Spionen, so weit ist er nicht gekommen, zu wissen, wozu die Spionen gut sind - es sind Lehrer wie andere auch, welche die Kunst des Maulhaltens zu lehren haben. Nummer 39 spricht übrigens mit so wahrer Empfindung, daß ich gerne glauben will, die Spionen haben ihm ein wirkliches Leid gethan. Die zwei Söhne aus dem Samen Abrahams, welche nach dem Artikel das junge Deutschland in der Schweiz angeführt haben, werden beide als unbedeutende Subjecte dargestellt, und damit würde Nummer 39 sich selber ein schlechtes Compliment machen, wenn dieselben ihm wirklichen Grund für seine gewaltige Entrüstung geliefert haben. Das ist übrigens seine Sache, nicht meine. Mir liegt bloß daran, zu wissen, was er mit seiner Beschuldigung meint, und welche Zeit dieselbe betrifft. Die angezogene Broschüre erschien zu Anfang 1834. Im September desselben Jahres gab ich ein deutsches Blatt hier in London heraus, in dessen zweiter Nummer ein Aufsatz über Kaspar Hauser stand, wozu eine Fortsetzung versprochen war, welche aber nicht erschien, da das Blatt selbst zu erscheinen aufhörte. Ungeachtet Nummer 39 nur auf das Jahr 1834 anzuspielen scheint, so will ich zu seiner Satisfaction noch einen weitern Zeitraum nehmen und selber erzählen, was es mit meiner Spionirgeschichte für eine Bewandtniß habe. Im Jahre 1833 hatte ich eine Untersuchung zu Karlsruhe zu bestehen, wobei man so sehr auf Beweise ging, daß ich ungeachtet dringenden Verdachtes ab instantia freigesprochen wurde. Nach neuern Ideen, welchen der Spionenfeind des Conversationslexikons zu huldigen den Anschein hat, fordert die wahre Gerechtigkeit, daß man mit dem Wichtigsten anfängt und die Leute erst aufknüpft, ehe man ihren Proceß instruirt. Nach meiner Befreiung lebte ich mehrere Monate im Elsaß, ungewiß wohin ich mich wenden sollte, und darauf einige Monate in Straßburg, wo ich wegen Polizeinachstellungen genöthigt war, im Verborgenen dem Drucke meiner Broschüre obzuwarten. Nach deren Druck reiste ich nach Paris, wo ich von Garnier-Pages hören mußte, daß mich meine deutschen politischen Freunde während meiner Abwesenheit als Spionen angegeben hätten - das Nämliche war bei General Lafayette geschehen, und ich wurde so genöthigt, höchst schätzbare Freundschaftsverhältnisse abzubrechen. In London wurde durch einen renommirten jungen Deutschen das nämliche Gerücht in Umlauf gesetzt, und ist seither in einem gewissen Kreise immer erneuert worden. Worauf das Gerücht sich begründete, müssen die jungen Deutschen wissen, welche es so eifrig überall verbreitet haben. Die Zeit der Rache kam: als im Jahr 1836 eine Anzahl junger Deutschen, welche aus der Schweiz vertrieben worden waren, sich hieher wandten, nahm ich mich ihrer an und rettete sie von Elend und Hungertod, vertheidigte sie in der englischen Presse gegen Anschuldigungen, welche besonders von dem Morde Lessings entnommen wurden, und so publik waren meine Bemühungen, daß man an mich aus Amerika Gelder schickte, wodurch die meisten ein Unterkommen dort fanden. Wollte ich anklagen, ich könnte Thatsachen anführen, aber ich schweige. Was man sagt, kann man schreiben, und was einer schreibt, kann auch gedruckt werden, wenn sich ein Verleger dafür findet. Daß es mir die Ehre verbot, den General Lafayette, welcher früher immer innigen Antheil an mir genommen, wiederzusehen und ihm noch einmal die Hand zu drücken, welcher auf dem Sterbebette lag, schmerzte mich, das Andere behandelte ich mit stummer Verachtung. Ich habe den Ernst des Lebens schätzen gelernt, und habe keinen Groll gegen die, welche mir zuerst den schwarzen Mantel umhingen; er trägt sich besser auf die Dauer als der weiße, welcher leichter schmutzt, - ich danke ihnen vielmehr aus Herzensgrunde. Meine Feder ist noch ganz, und meine englischen Freunde wird man mir nicht rauben, wie meine Pariser, sie kennen mich seit Jahren, und eine Note im Conversationslexikon legt mir bei ihnen nichts in den Weg. Weiter weiß ich nichts zu bemerken, als daß ich für die Zukunft auf ähnliche Anschuldigungen nichts erwiedern werde. Ich b n allein, und gehe allein meines Weges, und wer sich um mich kümmern will, mag es thun, nur muß er keine Erwiederung erwarten. Für Nummer 39 habe ich noch einen guten Rath vorzubringen. Ich schreibe gegenwärtig nur englisch, und wenn mir Nummer 39 wahrhaft schaden will, so sollte er seine ganze Aufmerksamkeit auf meine englischen Freunde richten. Dabei müßte er freilich auch einen andern Gegenstand wählen, denn unglücklicher Weise für ihn kennen die Engländer nicht einmal das Wort Spion in dem Sinne des jungen Deutschlands, wie sich Nummer 39 selber überzeugen kann, welcher, wie man mir sagt, englisch versteht, wenn er das dreizehnte Capitel vierten Buchs Mosis nachschlagen will, welches in der englischen Bibel überschrieben ist: "the names, instructions and acts of the spies." Das ist nun freilich schlimm für ihn, denn wenn

werden könne, wo die Freunde der Zeitgeschichte vielleicht der Hoffnung leben dürfen, auch noch Näheres über das geheimnißvolle Verhältniß des Apothekergehülfen, Baffa denke ich, zu erfahren. Das zweite Argument ist, daß ich einen zweiten Theil der Broschüre nicht geschrieben. Sehr wichtig, wenn ich mir nicht selber das Privilegium gegeben hätte, denselben zu schreiben oder nicht zu schreiben, wie es mir behagt, oder vielmehr wahrscheinlich nicht behagen wird, da ich mich jetzt lieber an Positives und klar Erkennbares halte, als an Problematisches und Abenteuerliches, wobei man mit der Stange im Nebel herumfahren muß. Das wären also die Beweise, und nun bleibt nichts als die nackte Anklage welche ganz den Charakter einer Injurie hat, da der animus unverkennbar ist in der Art, wie ich in den Artikel Lessing hineingezwängt wurde. Der Verfasser nennt sich Nummer 39, und mir bleibt also zuerst nur der genannte verantwortliche Redacteur, welcher in diesem Falle Hr. Buchhändler Brockhaus ist. Aus dem Ehrentempel, welchen sich sein Vater im Conversationslexikon aufgerichtet, ist in meinem Fall eine Schandsäule gemacht worden, an die man mich angebunden hat. Der Hr. Brockhaus kann mit seinem Eigenthum machen, was ihm behagt, aber nachdem er sich in einem Briefe, datirt den 5 October 1839 große Mühe gegeben, mich für die Leipziger Allg. Zeitung zu gewinnen, so hätte er mir nach den Elogen, welche mir in jenem Briefe gemacht wurden, doch ein besseres Plätzchen anweisen können als das obige. Im Interesse der Zeitgeschichte will ich gelegentlich hier bemerken, daß er in einem eigenhändig unterzeichneten Brief vom 29 Nov. seinem neugeworbenen Correspondenten Abrechnung „nach Neujahr“ zusagte; da ich aber bis jetzt noch keine erhalten, so könnte vielleicht unter dem Buchstaben N ausgeführt werden, welchem Datum Nachneujahr in dem Brockhaus'schen Kalender entspricht. Nach einigen frühern Erfahrungen kommt es mir jedoch fast so vor, als ob das Bezahlen der Correspondenten überhaupt bei den deutschen Zeitungen aus der Mode kommen sollte; und es läßt sich nicht läugnen, daß wenn alle deutschen Zeitungen aus Freibeiträgen bestünden völlige Preßfreiheit wenigstens für den Verleger erworben wäre, besonders wenn auch die Drucker und Setzer sämmtlich nach Neujahr bezahlt würden. Da ich gegen dieses Verfahren übrigens bis jetzt nicht gemurrt habe, so kann ich nicht glauben, daß ich durch mein Stillschweigen darüber ihm Gelegenheit gegeben ungehalten zu seyn. Oder sollte er ungehalten seyn über mein Stillschweigen überhaupt? Ich habe ihm schon im Monat Januar geschrieben, daß ich keinen weitern Theil an der Zeitung nehmen könne, und auch das konnte ihm nicht unerwartet seyn. In meinem ersten Briefe, welchen ich anonym durch einen Freund an die Leipziger Allg. Zeitung beförderte, bemerkte ich ausdrücklich in der Nachschrift, warum ich diese Mittheilung machte und daß ich vor der Hand entschlossen sey, für keine deutsche Zeitung zu schreiben. Dessenungeachtet erhielt ich einen Antrag. Ich gehöre zur katholischen Seite und bin für allgemeine Glaubensfreiheit zugleich, aber das Magistergezänk nach unten, wodurch nur Massen gereizt werden, ist nicht meine Sache, sondern Sache der Leipziger Allg. Zeitung. Indessen fand ich keinen Anstand versuchsweise zu zeigen, wie der Streit mit Erfolg geführt werden könnte und so, daß auch ein Katholik in der Leip. Allg. Zeitung daran Theil nehmen könnte, nämlich als höhere politische Frage und nicht als religiöse. Wenn Hr. Brockhaus meine Mittheilungen von wenigen Wochen lesen will, welche nicht gedruckt werden konnten, so möchte sich aus denselben ergeben, daß sich die Leip. Allg. Zeitung eine unmögliche Aufgabe gestellt, wenn sie nicht wie die Katzen im Faust immer im Cirkel herumspringen will, um sich in den Schwanz zu beißen. Höflicher und zarter konnte die Belehrung schwerlich gegeben werden. Und Hr. Brockhaus hat keine Ursache sich über mich zu beklagen. Allerdings hatte ich bei jenen schriftlichen undruckbaren Mittheilungen meine besondern Absichten, aber in Geschäftsverhältnissen darf wohl jeder Theil seinen Vortheil suchen. Ueber diese Absichten hätte ich ganz geschwiegen, so wie über alle berührten Dinge, und nie Hrn. Brockhaus weiter belästigt, wenn ich es mir selber nicht schuldig wäre, ihn darauf aufmerksam zu machen, daß man ihn es fühlen lassen könne, wenn sein Conversationslexikon der Neuzeit aus dem unschädlichern Gebiete politischer Fraubasereien sich bis zur Verbreitung von Injurien versteigt. – Der Verfasser des Artikels ist mir von zweien der achtbarsten Deutschen namentlich bezeichnet worden, aber ich glaube es meinen Grundsätzen angemessener, ihn bloß mit seiner eigenen Nummer 39 zu bezeichnen, und mich an das, was gedruckt vorliegt, zu halten. Nummer 39 liefert am Ende seines Artikels eine erschütternde Tirade gegen die Spionen, so weit ist er nicht gekommen, zu wissen, wozu die Spionen gut sind – es sind Lehrer wie andere auch, welche die Kunst des Maulhaltens zu lehren haben. Nummer 39 spricht übrigens mit so wahrer Empfindung, daß ich gerne glauben will, die Spionen haben ihm ein wirkliches Leid gethan. Die zwei Söhne aus dem Samen Abrahams, welche nach dem Artikel das junge Deutschland in der Schweiz angeführt haben, werden beide als unbedeutende Subjecte dargestellt, und damit würde Nummer 39 sich selber ein schlechtes Compliment machen, wenn dieselben ihm wirklichen Grund für seine gewaltige Entrüstung geliefert haben. Das ist übrigens seine Sache, nicht meine. Mir liegt bloß daran, zu wissen, was er mit seiner Beschuldigung meint, und welche Zeit dieselbe betrifft. Die angezogene Broschüre erschien zu Anfang 1834. Im September desselben Jahres gab ich ein deutsches Blatt hier in London heraus, in dessen zweiter Nummer ein Aufsatz über Kaspar Hauser stand, wozu eine Fortsetzung versprochen war, welche aber nicht erschien, da das Blatt selbst zu erscheinen aufhörte. Ungeachtet Nummer 39 nur auf das Jahr 1834 anzuspielen scheint, so will ich zu seiner Satisfaction noch einen weitern Zeitraum nehmen und selber erzählen, was es mit meiner Spionirgeschichte für eine Bewandtniß habe. Im Jahre 1833 hatte ich eine Untersuchung zu Karlsruhe zu bestehen, wobei man so sehr auf Beweise ging, daß ich ungeachtet dringenden Verdachtes ab instantia freigesprochen wurde. Nach neuern Ideen, welchen der Spionenfeind des Conversationslexikons zu huldigen den Anschein hat, fordert die wahre Gerechtigkeit, daß man mit dem Wichtigsten anfängt und die Leute erst aufknüpft, ehe man ihren Proceß instruirt. Nach meiner Befreiung lebte ich mehrere Monate im Elsaß, ungewiß wohin ich mich wenden sollte, und darauf einige Monate in Straßburg, wo ich wegen Polizeinachstellungen genöthigt war, im Verborgenen dem Drucke meiner Broschüre obzuwarten. Nach deren Druck reiste ich nach Paris, wo ich von Garnier-Pagès hören mußte, daß mich meine deutschen politischen Freunde während meiner Abwesenheit als Spionen angegeben hätten – das Nämliche war bei General Lafayette geschehen, und ich wurde so genöthigt, höchst schätzbare Freundschaftsverhältnisse abzubrechen. In London wurde durch einen renommirten jungen Deutschen das nämliche Gerücht in Umlauf gesetzt, und ist seither in einem gewissen Kreise immer erneuert worden. Worauf das Gerücht sich begründete, müssen die jungen Deutschen wissen, welche es so eifrig überall verbreitet haben. Die Zeit der Rache kam: als im Jahr 1836 eine Anzahl junger Deutschen, welche aus der Schweiz vertrieben worden waren, sich hieher wandten, nahm ich mich ihrer an und rettete sie von Elend und Hungertod, vertheidigte sie in der englischen Presse gegen Anschuldigungen, welche besonders von dem Morde Lessings entnommen wurden, und so publik waren meine Bemühungen, daß man an mich aus Amerika Gelder schickte, wodurch die meisten ein Unterkommen dort fanden. Wollte ich anklagen, ich könnte Thatsachen anführen, aber ich schweige. Was man sagt, kann man schreiben, und was einer schreibt, kann auch gedruckt werden, wenn sich ein Verleger dafür findet. Daß es mir die Ehre verbot, den General Lafayette, welcher früher immer innigen Antheil an mir genommen, wiederzusehen und ihm noch einmal die Hand zu drücken, welcher auf dem Sterbebette lag, schmerzte mich, das Andere behandelte ich mit stummer Verachtung. Ich habe den Ernst des Lebens schätzen gelernt, und habe keinen Groll gegen die, welche mir zuerst den schwarzen Mantel umhingen; er trägt sich besser auf die Dauer als der weiße, welcher leichter schmutzt, – ich danke ihnen vielmehr aus Herzensgrunde. Meine Feder ist noch ganz, und meine englischen Freunde wird man mir nicht rauben, wie meine Pariser, sie kennen mich seit Jahren, und eine Note im Conversationslexikon legt mir bei ihnen nichts in den Weg. Weiter weiß ich nichts zu bemerken, als daß ich für die Zukunft auf ähnliche Anschuldigungen nichts erwiedern werde. Ich b n allein, und gehe allein meines Weges, und wer sich um mich kümmern will, mag es thun, nur muß er keine Erwiederung erwarten. Für Nummer 39 habe ich noch einen guten Rath vorzubringen. Ich schreibe gegenwärtig nur englisch, und wenn mir Nummer 39 wahrhaft schaden will, so sollte er seine ganze Aufmerksamkeit auf meine englischen Freunde richten. Dabei müßte er freilich auch einen andern Gegenstand wählen, denn unglücklicher Weise für ihn kennen die Engländer nicht einmal das Wort Spion in dem Sinne des jungen Deutschlands, wie sich Nummer 39 selber überzeugen kann, welcher, wie man mir sagt, englisch versteht, wenn er das dreizehnte Capitel vierten Buchs Mosis nachschlagen will, welches in der englischen Bibel überschrieben ist: „the names, instructions and acts of the spies.“ Das ist nun freilich schlimm für ihn, denn wenn

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Buchhändler Brockhaus ist. Aus dem Ehrentempel, welchen sich sein Vater im Conversationslexikon aufgerichtet, ist in meinem Fall eine Schandsäule gemacht worden, an die man mich angebunden hat. Der Hr. Brockhaus kann mit seinem Eigenthum machen, was <hi rendition="#g">ihm</hi> behagt, aber nachdem er sich in einem Briefe, datirt den 5 October 1839 große Mühe gegeben, mich für die Leipziger Allg. Zeitung zu gewinnen, so hätte er mir nach den Elogen, welche mir in jenem Briefe gemacht wurden, doch ein besseres Plätzchen anweisen können als das obige. Im Interesse der Zeitgeschichte will ich gelegentlich hier bemerken, daß er in einem eigenhändig unterzeichneten Brief vom 29 Nov. seinem neugeworbenen Correspondenten Abrechnung &#x201E;nach Neujahr&#x201C; zusagte; da ich aber bis jetzt noch keine erhalten, so könnte vielleicht unter dem Buchstaben N ausgeführt werden, welchem Datum <hi rendition="#g">Nachneujahr</hi> in dem Brockhaus'schen Kalender entspricht. Nach einigen frühern Erfahrungen kommt es mir jedoch fast so vor, als ob das Bezahlen der Correspondenten überhaupt bei den deutschen Zeitungen aus der Mode kommen sollte; und es läßt sich nicht läugnen, daß wenn alle deutschen Zeitungen aus Freibeiträgen bestünden völlige Preßfreiheit wenigstens für den Verleger erworben wäre, besonders wenn auch die Drucker und Setzer sämmtlich nach Neujahr bezahlt würden. Da ich gegen dieses Verfahren übrigens bis jetzt nicht gemurrt habe, so kann ich nicht glauben, daß ich durch mein Stillschweigen darüber ihm Gelegenheit gegeben ungehalten zu seyn. Oder sollte er ungehalten seyn über mein Stillschweigen überhaupt? Ich habe ihm schon im Monat Januar geschrieben, daß ich keinen weitern Theil an der Zeitung nehmen könne, und auch das konnte ihm nicht unerwartet seyn. In meinem ersten Briefe, welchen ich anonym durch einen Freund an die Leipziger Allg. Zeitung beförderte, bemerkte ich ausdrücklich in der Nachschrift, warum ich diese Mittheilung machte und daß ich vor der Hand entschlossen sey, für keine deutsche Zeitung zu schreiben. Dessenungeachtet erhielt ich einen Antrag. Ich gehöre zur katholischen Seite und bin für allgemeine Glaubensfreiheit zugleich, aber das Magistergezänk nach unten, wodurch nur Massen gereizt werden, ist nicht meine Sache, sondern Sache der Leipziger Allg. Zeitung. Indessen fand ich keinen Anstand versuchsweise zu zeigen, wie der Streit mit Erfolg geführt werden könnte und so, daß auch ein Katholik in der Leip. Allg. Zeitung daran Theil nehmen könnte, nämlich als höhere politische Frage und nicht als religiöse. Wenn Hr. Brockhaus meine Mittheilungen von wenigen Wochen lesen will, welche nicht gedruckt werden konnten, so möchte sich aus denselben ergeben, daß sich die Leip. Allg. Zeitung eine unmögliche Aufgabe gestellt, wenn sie nicht wie die Katzen im Faust immer im Cirkel herumspringen will, um sich in den Schwanz zu beißen. Höflicher und zarter konnte die Belehrung schwerlich gegeben werden. Und Hr. Brockhaus hat keine Ursache sich über mich zu beklagen. Allerdings hatte ich bei jenen schriftlichen undruckbaren Mittheilungen meine besondern Absichten, aber in Geschäftsverhältnissen darf wohl jeder Theil seinen Vortheil suchen. Ueber diese Absichten hätte ich ganz geschwiegen, so wie über alle berührten Dinge, und nie Hrn. Brockhaus weiter belästigt, wenn ich es mir selber nicht schuldig wäre, ihn darauf aufmerksam zu machen, daß man ihn es fühlen lassen könne, wenn sein Conversationslexikon der Neuzeit aus dem unschädlichern Gebiete politischer Fraubasereien sich bis zur Verbreitung von Injurien versteigt. &#x2013; Der Verfasser des Artikels ist mir von zweien der achtbarsten Deutschen namentlich bezeichnet worden, aber ich glaube es meinen Grundsätzen angemessener, ihn bloß mit seiner eigenen Nummer 39 zu bezeichnen, und mich an das, was gedruckt vorliegt, zu halten. Nummer 39 liefert am Ende seines Artikels eine erschütternde Tirade gegen die Spionen, so weit ist er nicht gekommen, zu wissen, wozu die Spionen gut sind &#x2013; es sind Lehrer wie andere auch, welche die Kunst des Maulhaltens zu lehren haben. Nummer 39 spricht übrigens mit so wahrer Empfindung, daß ich gerne glauben will, die Spionen haben ihm ein wirkliches Leid gethan. Die zwei Söhne aus dem Samen Abrahams, welche nach dem Artikel das junge Deutschland in der Schweiz angeführt haben, werden beide als unbedeutende Subjecte dargestellt, und damit würde Nummer 39 sich selber ein schlechtes Compliment machen, wenn dieselben ihm wirklichen Grund für seine gewaltige Entrüstung geliefert haben. Das ist übrigens seine Sache, nicht meine. Mir liegt bloß daran, zu wissen, was er mit seiner Beschuldigung meint, und welche Zeit dieselbe betrifft. Die angezogene Broschüre erschien zu Anfang 1834. Im September desselben Jahres gab ich ein deutsches Blatt hier in London heraus, in dessen zweiter Nummer ein Aufsatz über Kaspar Hauser stand, wozu eine Fortsetzung versprochen war, welche aber nicht erschien, da das Blatt selbst zu erscheinen aufhörte. Ungeachtet Nummer 39 nur auf das Jahr 1834 anzuspielen scheint, so will ich zu seiner Satisfaction noch einen weitern Zeitraum nehmen und selber erzählen, was es mit meiner Spionirgeschichte für eine Bewandtniß habe. Im Jahre 1833 hatte ich eine Untersuchung zu Karlsruhe zu bestehen, wobei man so sehr auf Beweise ging, daß ich ungeachtet dringenden Verdachtes ab instantia freigesprochen wurde. Nach neuern Ideen, welchen der Spionenfeind des Conversationslexikons zu huldigen den Anschein hat, fordert die wahre Gerechtigkeit, daß man mit dem Wichtigsten anfängt und die Leute erst aufknüpft, ehe man ihren Proceß instruirt. Nach meiner Befreiung lebte ich mehrere Monate im Elsaß, ungewiß wohin ich mich wenden sollte, und darauf einige Monate in Straßburg, wo ich wegen Polizeinachstellungen genöthigt war, im Verborgenen dem Drucke meiner Broschüre obzuwarten. Nach deren Druck reiste ich nach Paris, wo ich von Garnier-Pagès hören mußte, daß mich meine deutschen politischen Freunde während meiner Abwesenheit als Spionen angegeben hätten &#x2013; das Nämliche war bei General Lafayette geschehen, und ich wurde so genöthigt, höchst schätzbare Freundschaftsverhältnisse abzubrechen. In London wurde durch einen renommirten jungen Deutschen das nämliche Gerücht in Umlauf gesetzt, und ist seither in einem gewissen Kreise immer erneuert worden. Worauf das Gerücht sich begründete, müssen die jungen Deutschen wissen, welche es so eifrig überall verbreitet haben. Die Zeit der Rache kam: als im Jahr 1836 eine Anzahl junger Deutschen, welche aus der Schweiz vertrieben worden waren, sich hieher wandten, nahm ich mich ihrer an und rettete sie von Elend und Hungertod, vertheidigte sie in der englischen Presse gegen Anschuldigungen, welche besonders von dem Morde Lessings entnommen wurden, und so publik waren meine Bemühungen, daß man an mich aus Amerika Gelder schickte, wodurch die meisten ein Unterkommen dort fanden. Wollte ich anklagen, ich könnte Thatsachen anführen, aber ich schweige. Was man sagt, kann man schreiben, und was einer schreibt, kann auch gedruckt werden, wenn sich ein Verleger dafür findet. Daß es mir die Ehre verbot, den General Lafayette, welcher früher immer innigen Antheil an mir genommen, wiederzusehen und ihm noch einmal die Hand zu drücken, welcher auf dem Sterbebette lag, schmerzte mich, das Andere behandelte ich mit stummer Verachtung. Ich habe den Ernst des Lebens schätzen gelernt, und habe keinen Groll gegen die, welche mir zuerst den schwarzen Mantel umhingen; er trägt sich besser auf die Dauer als der weiße, welcher leichter schmutzt, &#x2013; ich danke ihnen vielmehr aus Herzensgrunde. Meine Feder ist noch ganz, und meine englischen Freunde wird man mir nicht rauben, wie meine Pariser, sie kennen mich seit Jahren, und eine Note im Conversationslexikon legt mir bei ihnen nichts in den Weg. Weiter weiß ich nichts zu bemerken, als daß ich für die Zukunft auf ähnliche Anschuldigungen nichts erwiedern werde. Ich b n allein, und gehe allein meines Weges, und wer sich um mich kümmern will, mag es thun, nur muß er keine Erwiederung erwarten. Für Nummer 39 habe ich noch einen guten Rath vorzubringen. Ich schreibe gegenwärtig <hi rendition="#g">nur</hi> englisch, und wenn mir Nummer 39 wahrhaft schaden will, so sollte er seine ganze Aufmerksamkeit auf meine englischen Freunde richten. Dabei müßte er freilich auch einen andern Gegenstand wählen, denn unglücklicher Weise für ihn kennen die Engländer nicht einmal das Wort Spion in dem Sinne des jungen Deutschlands, wie sich Nummer 39 selber überzeugen kann, welcher, wie man mir sagt, englisch versteht, wenn er das dreizehnte Capitel vierten Buchs Mosis nachschlagen will, welches in der englischen Bibel überschrieben ist: &#x201E;the names, instructions and acts of the spies.&#x201C; Das ist nun freilich schlimm für ihn, denn wenn<lb/></p>
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[0780/0012] werden könne, wo die Freunde der Zeitgeschichte vielleicht der Hoffnung leben dürfen, auch noch Näheres über das geheimnißvolle Verhältniß des Apothekergehülfen, Baffa denke ich, zu erfahren. Das zweite Argument ist, daß ich einen zweiten Theil der Broschüre nicht geschrieben. Sehr wichtig, wenn ich mir nicht selber das Privilegium gegeben hätte, denselben zu schreiben oder nicht zu schreiben, wie es mir behagt, oder vielmehr wahrscheinlich nicht behagen wird, da ich mich jetzt lieber an Positives und klar Erkennbares halte, als an Problematisches und Abenteuerliches, wobei man mit der Stange im Nebel herumfahren muß. Das wären also die Beweise, und nun bleibt nichts als die nackte Anklage welche ganz den Charakter einer Injurie hat, da der animus unverkennbar ist in der Art, wie ich in den Artikel Lessing hineingezwängt wurde. Der Verfasser nennt sich Nummer 39, und mir bleibt also zuerst nur der genannte verantwortliche Redacteur, welcher in diesem Falle Hr. Buchhändler Brockhaus ist. Aus dem Ehrentempel, welchen sich sein Vater im Conversationslexikon aufgerichtet, ist in meinem Fall eine Schandsäule gemacht worden, an die man mich angebunden hat. Der Hr. Brockhaus kann mit seinem Eigenthum machen, was ihm behagt, aber nachdem er sich in einem Briefe, datirt den 5 October 1839 große Mühe gegeben, mich für die Leipziger Allg. Zeitung zu gewinnen, so hätte er mir nach den Elogen, welche mir in jenem Briefe gemacht wurden, doch ein besseres Plätzchen anweisen können als das obige. Im Interesse der Zeitgeschichte will ich gelegentlich hier bemerken, daß er in einem eigenhändig unterzeichneten Brief vom 29 Nov. seinem neugeworbenen Correspondenten Abrechnung „nach Neujahr“ zusagte; da ich aber bis jetzt noch keine erhalten, so könnte vielleicht unter dem Buchstaben N ausgeführt werden, welchem Datum Nachneujahr in dem Brockhaus'schen Kalender entspricht. Nach einigen frühern Erfahrungen kommt es mir jedoch fast so vor, als ob das Bezahlen der Correspondenten überhaupt bei den deutschen Zeitungen aus der Mode kommen sollte; und es läßt sich nicht läugnen, daß wenn alle deutschen Zeitungen aus Freibeiträgen bestünden völlige Preßfreiheit wenigstens für den Verleger erworben wäre, besonders wenn auch die Drucker und Setzer sämmtlich nach Neujahr bezahlt würden. Da ich gegen dieses Verfahren übrigens bis jetzt nicht gemurrt habe, so kann ich nicht glauben, daß ich durch mein Stillschweigen darüber ihm Gelegenheit gegeben ungehalten zu seyn. Oder sollte er ungehalten seyn über mein Stillschweigen überhaupt? Ich habe ihm schon im Monat Januar geschrieben, daß ich keinen weitern Theil an der Zeitung nehmen könne, und auch das konnte ihm nicht unerwartet seyn. In meinem ersten Briefe, welchen ich anonym durch einen Freund an die Leipziger Allg. Zeitung beförderte, bemerkte ich ausdrücklich in der Nachschrift, warum ich diese Mittheilung machte und daß ich vor der Hand entschlossen sey, für keine deutsche Zeitung zu schreiben. Dessenungeachtet erhielt ich einen Antrag. Ich gehöre zur katholischen Seite und bin für allgemeine Glaubensfreiheit zugleich, aber das Magistergezänk nach unten, wodurch nur Massen gereizt werden, ist nicht meine Sache, sondern Sache der Leipziger Allg. Zeitung. Indessen fand ich keinen Anstand versuchsweise zu zeigen, wie der Streit mit Erfolg geführt werden könnte und so, daß auch ein Katholik in der Leip. Allg. Zeitung daran Theil nehmen könnte, nämlich als höhere politische Frage und nicht als religiöse. Wenn Hr. Brockhaus meine Mittheilungen von wenigen Wochen lesen will, welche nicht gedruckt werden konnten, so möchte sich aus denselben ergeben, daß sich die Leip. Allg. Zeitung eine unmögliche Aufgabe gestellt, wenn sie nicht wie die Katzen im Faust immer im Cirkel herumspringen will, um sich in den Schwanz zu beißen. Höflicher und zarter konnte die Belehrung schwerlich gegeben werden. Und Hr. Brockhaus hat keine Ursache sich über mich zu beklagen. Allerdings hatte ich bei jenen schriftlichen undruckbaren Mittheilungen meine besondern Absichten, aber in Geschäftsverhältnissen darf wohl jeder Theil seinen Vortheil suchen. Ueber diese Absichten hätte ich ganz geschwiegen, so wie über alle berührten Dinge, und nie Hrn. Brockhaus weiter belästigt, wenn ich es mir selber nicht schuldig wäre, ihn darauf aufmerksam zu machen, daß man ihn es fühlen lassen könne, wenn sein Conversationslexikon der Neuzeit aus dem unschädlichern Gebiete politischer Fraubasereien sich bis zur Verbreitung von Injurien versteigt. – Der Verfasser des Artikels ist mir von zweien der achtbarsten Deutschen namentlich bezeichnet worden, aber ich glaube es meinen Grundsätzen angemessener, ihn bloß mit seiner eigenen Nummer 39 zu bezeichnen, und mich an das, was gedruckt vorliegt, zu halten. Nummer 39 liefert am Ende seines Artikels eine erschütternde Tirade gegen die Spionen, so weit ist er nicht gekommen, zu wissen, wozu die Spionen gut sind – es sind Lehrer wie andere auch, welche die Kunst des Maulhaltens zu lehren haben. Nummer 39 spricht übrigens mit so wahrer Empfindung, daß ich gerne glauben will, die Spionen haben ihm ein wirkliches Leid gethan. Die zwei Söhne aus dem Samen Abrahams, welche nach dem Artikel das junge Deutschland in der Schweiz angeführt haben, werden beide als unbedeutende Subjecte dargestellt, und damit würde Nummer 39 sich selber ein schlechtes Compliment machen, wenn dieselben ihm wirklichen Grund für seine gewaltige Entrüstung geliefert haben. Das ist übrigens seine Sache, nicht meine. Mir liegt bloß daran, zu wissen, was er mit seiner Beschuldigung meint, und welche Zeit dieselbe betrifft. Die angezogene Broschüre erschien zu Anfang 1834. Im September desselben Jahres gab ich ein deutsches Blatt hier in London heraus, in dessen zweiter Nummer ein Aufsatz über Kaspar Hauser stand, wozu eine Fortsetzung versprochen war, welche aber nicht erschien, da das Blatt selbst zu erscheinen aufhörte. Ungeachtet Nummer 39 nur auf das Jahr 1834 anzuspielen scheint, so will ich zu seiner Satisfaction noch einen weitern Zeitraum nehmen und selber erzählen, was es mit meiner Spionirgeschichte für eine Bewandtniß habe. Im Jahre 1833 hatte ich eine Untersuchung zu Karlsruhe zu bestehen, wobei man so sehr auf Beweise ging, daß ich ungeachtet dringenden Verdachtes ab instantia freigesprochen wurde. Nach neuern Ideen, welchen der Spionenfeind des Conversationslexikons zu huldigen den Anschein hat, fordert die wahre Gerechtigkeit, daß man mit dem Wichtigsten anfängt und die Leute erst aufknüpft, ehe man ihren Proceß instruirt. Nach meiner Befreiung lebte ich mehrere Monate im Elsaß, ungewiß wohin ich mich wenden sollte, und darauf einige Monate in Straßburg, wo ich wegen Polizeinachstellungen genöthigt war, im Verborgenen dem Drucke meiner Broschüre obzuwarten. Nach deren Druck reiste ich nach Paris, wo ich von Garnier-Pagès hören mußte, daß mich meine deutschen politischen Freunde während meiner Abwesenheit als Spionen angegeben hätten – das Nämliche war bei General Lafayette geschehen, und ich wurde so genöthigt, höchst schätzbare Freundschaftsverhältnisse abzubrechen. In London wurde durch einen renommirten jungen Deutschen das nämliche Gerücht in Umlauf gesetzt, und ist seither in einem gewissen Kreise immer erneuert worden. Worauf das Gerücht sich begründete, müssen die jungen Deutschen wissen, welche es so eifrig überall verbreitet haben. Die Zeit der Rache kam: als im Jahr 1836 eine Anzahl junger Deutschen, welche aus der Schweiz vertrieben worden waren, sich hieher wandten, nahm ich mich ihrer an und rettete sie von Elend und Hungertod, vertheidigte sie in der englischen Presse gegen Anschuldigungen, welche besonders von dem Morde Lessings entnommen wurden, und so publik waren meine Bemühungen, daß man an mich aus Amerika Gelder schickte, wodurch die meisten ein Unterkommen dort fanden. Wollte ich anklagen, ich könnte Thatsachen anführen, aber ich schweige. Was man sagt, kann man schreiben, und was einer schreibt, kann auch gedruckt werden, wenn sich ein Verleger dafür findet. Daß es mir die Ehre verbot, den General Lafayette, welcher früher immer innigen Antheil an mir genommen, wiederzusehen und ihm noch einmal die Hand zu drücken, welcher auf dem Sterbebette lag, schmerzte mich, das Andere behandelte ich mit stummer Verachtung. Ich habe den Ernst des Lebens schätzen gelernt, und habe keinen Groll gegen die, welche mir zuerst den schwarzen Mantel umhingen; er trägt sich besser auf die Dauer als der weiße, welcher leichter schmutzt, – ich danke ihnen vielmehr aus Herzensgrunde. Meine Feder ist noch ganz, und meine englischen Freunde wird man mir nicht rauben, wie meine Pariser, sie kennen mich seit Jahren, und eine Note im Conversationslexikon legt mir bei ihnen nichts in den Weg. Weiter weiß ich nichts zu bemerken, als daß ich für die Zukunft auf ähnliche Anschuldigungen nichts erwiedern werde. Ich b n allein, und gehe allein meines Weges, und wer sich um mich kümmern will, mag es thun, nur muß er keine Erwiederung erwarten. Für Nummer 39 habe ich noch einen guten Rath vorzubringen. Ich schreibe gegenwärtig nur englisch, und wenn mir Nummer 39 wahrhaft schaden will, so sollte er seine ganze Aufmerksamkeit auf meine englischen Freunde richten. Dabei müßte er freilich auch einen andern Gegenstand wählen, denn unglücklicher Weise für ihn kennen die Engländer nicht einmal das Wort Spion in dem Sinne des jungen Deutschlands, wie sich Nummer 39 selber überzeugen kann, welcher, wie man mir sagt, englisch versteht, wenn er das dreizehnte Capitel vierten Buchs Mosis nachschlagen will, welches in der englischen Bibel überschrieben ist: „the names, instructions and acts of the spies.“ Das ist nun freilich schlimm für ihn, denn wenn

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 98. Augsburg, 7. April 1840, S. 0780. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_098_18400407/12>, abgerufen am 02.05.2024.