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Allgemeine Zeitung. Nr. 92. Augsburg, 1. April 1840.

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der Conservativen) in Einem Bündel vereinigt sey. Die Presse schweigt. Das Capitole spottet über den Hof, das Charivari über Alles.

[irrelevantes Material] In der Sitzung der Deputirtenkammer am 27 März wurden zuerst einige Petitionen verhandelt. Dann kam die Tagesordnung an den Gesetzesentwurf für die Forderung eines Zuschußcredits von 650,000 Fr. für die Einschreibung der Militärpensionen von 1840. Derselbe ward nach einer allgemeinen und besondern Erörterung der Artikel mit großer Mehrheit angenommen.

[irrelevantes Material] Bei dem Assisenhofe der Seine ward am 27 März der Proceß des Gendarmen Ameslan wegen Entweichung des Hrn. Crouy Chanel verhandelt. Die nähern Umstände des Hergangs der Entweichung des Hrn. Crouy Chanel sind größtentheils durch frühere Angaben bekannt. Der Gendarme Ameslan erschien in bürgerlicher Kleidung. Er gab sein Alter zu 39 Jahren an. Er sagt aus, er sey nach dem Verhöre des Hrn. Crouy Chanel beauftragt worden, ihn nach der Conciergerie zurückzuführen. Er habe Hrn. Crouy Chanel einige Augenblicke verlassen, um auf dessen Bitte eine am Bureau eines öffentlichen Schreibers sitzende Dame, Namens Coralie Dacosta, herbeizurufen. Diese habe sogleich Hrn. Crouy-Chanel den Arm gegeben, und beide seyen mit einander aus dem großen Saale des pas perdus die Treppe hinuntergegangen, welche nach der Straße de la Barillerie führt. Sie hätten, von ihm gefolgt, die Richtung nach dem pont au change eingeschlagen, am Ende der Brücke sey aber Hr. Crouy Chanel plötzlich entschlüpft, und habe ihm nur die Dame Dacosta zurückgelassen. Zwölf Tage später habe sich Crouy Chanel wieder selbst als Gefangener gestellt. Ameslan wurde Abends in der Caserne, wohin er betrunken gekommen war, verhaftet, und die Instruction gegen ihn eingeleitet. Er erscheint nun vor den Assisen unter der Anschuldigung, im Einverständniß mit Crouy Chanel, der eines Verbrechens angeklagt sey, das die Todesstrafe, oder lebenslängliches Gefängniß nach sich ziehe, und dessen Bewachung ihm übertragen gewesen, dessen Entweichung eingeleitet und befördert zu haben. Ameslan läugnete jedes Einverständniß von seiner Seite mit Hrn. Crouy Chanel, und jede Absicht einer Förderung der Entweichung. Nach der Zeugenvernehmung, die günstig für ihn ausfiel, trug sein Advocat, Hr. Pinede, seine Vertheidigung vor, nachdem der Generaladvocat auf der Anklage beharrt hatte. Die Jury sprach nach halbstündiger Berathschlagung die Freisprechung Ameslans aus.

Hr. Thiers hat die Discussion mit einer den eigentlichen Kampfpunkt umgehenden Rede eröffnet, um mit Allgemeinheiten das Ganze zu umschreiben, damit der wahre Zwist nicht öffentlich verhandelt werde; aber Hr. Berryer hat in einer kühnen Rede den Schleier gehoben, und mit allgemeinem Applaus die gerade Wahrheit aufgepflanzt, nämlich daß es sich um einen Kampf handle eines freidastehenden Königthums und einer Parlamentsregierung. Im erstern Falle sind die Kammern nichts Anderes als die Formen der königlichen Regierung; vom Könige direct emanirt das Ministerium, unter der Bedingung, daß dieses obsiege in den Kammern, und da diese Bedingung schwer zu erhalten ist, so bemüht man sich durch unter die Deputirten vertheilte Aemter und Gnaden, so wie durch Willfährigkeit gegen die Wähler, sich eine ministerielle oder eigentlich königliche Majorität in den Kammern zu verschaffen. Hauptorgane dieses Systems waren Montalivet, Mole, Soult. Im zweiten Falle, der Parlamentsregierung, sind die Kammern, mit dem König innig verbunden in der Person verschwisterter Minister, eigentlich souverän, nur daß der König dann den bleibenden, das Ministerium und die Kammern den mobilen Theil der Souveränetät abgeben, von denen der erste in einer gewissen Unthätigkeit gehalten wird, um den andern nicht zu verschlingen. In verschiedenen Nuancen waren dieß die Systeme Casimir Perriers, der Doctrinärs, Thiers` und Odilon-Barrots, die, unter sich höchst uneins, in diesem Punkte übereinkommen, denn alle wollen oder wollten durch die Kammern regieren und sich vergrößern. Nun aber kam es, daß gegenüber den Legitimisten und Republicanern die Parlamentsparteien seit der Juliusrevolution mehr oder weniger des Königthums als einer Stütze gegen die Factionen bedurften, und dieses Bedürfniß benützte eine allerhöchste Person, um der Situation Herr zu werden. So ertrug man oben mit Ungeduld alle Parlamentsmänner, Casimir Perrier, Guizot, Thiers, Broglie, ganz besonders jenes ihres Grundgedankens wegen; man hatte größere Zuneigung nur zum Grafen Mole. Mit Ausnahme des festen und charakterstarken Casimir Perrier haben die andern Minister lange um die allerhöchste Gunst gebuhlt, Guizot gegen Thiers, Thiers gegen Guizot, und so schwächten sie sich durch gegenseitige Intriguen, bereiteten ihren Sturz. Thiers, gewitzigt und nach seiner keckern Natur, trat nun entschiedener auf, obgleich er sich bemüht, die Situation, wie man sagt, zu verdecken; sie ist aber offenkundig. Die Ministeriellen des Vergangenen wirren geflissentlich zwei Dinge untereinander: dieses Grundverhältniß und die partikulare Stellung Casimir Perriers, sodann die Guizots und Thiers' zu Odilon-Barrot, was gar nichts gemein hat mit der Grundsituation, sondern nur auf die Ansicht hinaus läuft, welches politische System nach außen, und welches administrative System nach innen zu befolgen sey oder nicht. Lamartine, der große rhetorische Kraft, edeln Anstand und Schwung besitzt, gibt sich nicht Zeit genug, diese Elemente zu sondern. Was hat er im Grunde mit der persönlichen Regierung zu thun? Zwischen dieser und der Parlamentsregierung kann keine Transaction statt finden, denn es handelt sich um verschiedene Formen des Staats. Die radicale Opposition steckt zwischen den Tendenzen der HH. Casimir Perrier und Mole wie zwischen Thür und Angel; ersterer ist Chef der Parlamentsregierung, letzterer ein reiner Monarchist, freilich mit den bestehenden constitutionellen Forderungen und Formen, weil dieß die Bedingung der Zeit ist. Hätte Hr. v. Lamartine streng gesondert, sein Angriff auf Thiers hätte eine große Kraft gehabt, indem er die innere und äußere Politik zur Sprache gebracht, die sich in steter Opposition gehalten zwischen den Systemen Casimir Perrier und Odilon-Barrot, während Thiers dieselbe zu vermitteln droht. Diese ganze Politik in ein Nichts aufzulösen, als jetzt vollkommen ungehaltig, das ist Hrn. Thiers Rede bemüht gewesen, als ob (wenn er noch lebte) Casimir Perrier und Odilon-Barrot in der Politik gewissermaßen dieselbe Linie verfolgen würden. Dieß ist die Frage. Wird man sie stellen? Schwerlich; Berryer wäre vielleicht allein scharfgeistig genug dazu, aber als Legitimist hat er kein Interesse sie zu stellen.

Mein heutiger Bericht reiht sich an den gestrigen wie ein Schluß an seine Vordersätze, und dient ihm zur Bestätigung und Ergänzung: das Ministerium besteht, die Kammer hat mit der sehr bedeutenden Majorität von 86 Stimmen das vorgelegte Gesetz der geheimen Gelder bewilligt, nachdem sie vorher das dem Ministerium feindliche Amendement der sogenannten 221, die es in Wirklichkeit nicht mehr sind, mit der noch größern von 106 Stimmen verworfen hatte. In der Hauptsache selbst nichts weiter. Die officiellen Berichte liegen vor und Sie mögen aus den Journalen die äußern Umrisse des interessanten und entscheidenden Auftritts

der Conservativen) in Einem Bündel vereinigt sey. Die Presse schweigt. Das Capitole spottet über den Hof, das Charivari über Alles.

[irrelevantes Material] In der Sitzung der Deputirtenkammer am 27 März wurden zuerst einige Petitionen verhandelt. Dann kam die Tagesordnung an den Gesetzesentwurf für die Forderung eines Zuschußcredits von 650,000 Fr. für die Einschreibung der Militärpensionen von 1840. Derselbe ward nach einer allgemeinen und besondern Erörterung der Artikel mit großer Mehrheit angenommen.

[irrelevantes Material] Bei dem Assisenhofe der Seine ward am 27 März der Proceß des Gendarmen Ameslan wegen Entweichung des Hrn. Crouy Chanel verhandelt. Die nähern Umstände des Hergangs der Entweichung des Hrn. Crouy Chanel sind größtentheils durch frühere Angaben bekannt. Der Gendarme Ameslan erschien in bürgerlicher Kleidung. Er gab sein Alter zu 39 Jahren an. Er sagt aus, er sey nach dem Verhöre des Hrn. Crouy Chanel beauftragt worden, ihn nach der Conciergerie zurückzuführen. Er habe Hrn. Crouy Chanel einige Augenblicke verlassen, um auf dessen Bitte eine am Bureau eines öffentlichen Schreibers sitzende Dame, Namens Coralie Dacosta, herbeizurufen. Diese habe sogleich Hrn. Crouy-Chanel den Arm gegeben, und beide seyen mit einander aus dem großen Saale des pas perdus die Treppe hinuntergegangen, welche nach der Straße de la Barillerie führt. Sie hätten, von ihm gefolgt, die Richtung nach dem pont au change eingeschlagen, am Ende der Brücke sey aber Hr. Crouy Chanel plötzlich entschlüpft, und habe ihm nur die Dame Dacosta zurückgelassen. Zwölf Tage später habe sich Crouy Chanel wieder selbst als Gefangener gestellt. Ameslan wurde Abends in der Caserne, wohin er betrunken gekommen war, verhaftet, und die Instruction gegen ihn eingeleitet. Er erscheint nun vor den Assisen unter der Anschuldigung, im Einverständniß mit Crouy Chanel, der eines Verbrechens angeklagt sey, das die Todesstrafe, oder lebenslängliches Gefängniß nach sich ziehe, und dessen Bewachung ihm übertragen gewesen, dessen Entweichung eingeleitet und befördert zu haben. Ameslan läugnete jedes Einverständniß von seiner Seite mit Hrn. Crouy Chanel, und jede Absicht einer Förderung der Entweichung. Nach der Zeugenvernehmung, die günstig für ihn ausfiel, trug sein Advocat, Hr. Pinede, seine Vertheidigung vor, nachdem der Generaladvocat auf der Anklage beharrt hatte. Die Jury sprach nach halbstündiger Berathschlagung die Freisprechung Ameslans aus.

Hr. Thiers hat die Discussion mit einer den eigentlichen Kampfpunkt umgehenden Rede eröffnet, um mit Allgemeinheiten das Ganze zu umschreiben, damit der wahre Zwist nicht öffentlich verhandelt werde; aber Hr. Berryer hat in einer kühnen Rede den Schleier gehoben, und mit allgemeinem Applaus die gerade Wahrheit aufgepflanzt, nämlich daß es sich um einen Kampf handle eines freidastehenden Königthums und einer Parlamentsregierung. Im erstern Falle sind die Kammern nichts Anderes als die Formen der königlichen Regierung; vom Könige direct emanirt das Ministerium, unter der Bedingung, daß dieses obsiege in den Kammern, und da diese Bedingung schwer zu erhalten ist, so bemüht man sich durch unter die Deputirten vertheilte Aemter und Gnaden, so wie durch Willfährigkeit gegen die Wähler, sich eine ministerielle oder eigentlich königliche Majorität in den Kammern zu verschaffen. Hauptorgane dieses Systems waren Montalivet, Molé, Soult. Im zweiten Falle, der Parlamentsregierung, sind die Kammern, mit dem König innig verbunden in der Person verschwisterter Minister, eigentlich souverän, nur daß der König dann den bleibenden, das Ministerium und die Kammern den mobilen Theil der Souveränetät abgeben, von denen der erste in einer gewissen Unthätigkeit gehalten wird, um den andern nicht zu verschlingen. In verschiedenen Nuancen waren dieß die Systeme Casimir Perriers, der Doctrinärs, Thiers` und Odilon-Barrots, die, unter sich höchst uneins, in diesem Punkte übereinkommen, denn alle wollen oder wollten durch die Kammern regieren und sich vergrößern. Nun aber kam es, daß gegenüber den Legitimisten und Republicanern die Parlamentsparteien seit der Juliusrevolution mehr oder weniger des Königthums als einer Stütze gegen die Factionen bedurften, und dieses Bedürfniß benützte eine allerhöchste Person, um der Situation Herr zu werden. So ertrug man oben mit Ungeduld alle Parlamentsmänner, Casimir Perrier, Guizot, Thiers, Broglie, ganz besonders jenes ihres Grundgedankens wegen; man hatte größere Zuneigung nur zum Grafen Molé. Mit Ausnahme des festen und charakterstarken Casimir Perrier haben die andern Minister lange um die allerhöchste Gunst gebuhlt, Guizot gegen Thiers, Thiers gegen Guizot, und so schwächten sie sich durch gegenseitige Intriguen, bereiteten ihren Sturz. Thiers, gewitzigt und nach seiner keckern Natur, trat nun entschiedener auf, obgleich er sich bemüht, die Situation, wie man sagt, zu verdecken; sie ist aber offenkundig. Die Ministeriellen des Vergangenen wirren geflissentlich zwei Dinge untereinander: dieses Grundverhältniß und die partikulare Stellung Casimir Perriers, sodann die Guizots und Thiers' zu Odilon-Barrot, was gar nichts gemein hat mit der Grundsituation, sondern nur auf die Ansicht hinaus läuft, welches politische System nach außen, und welches administrative System nach innen zu befolgen sey oder nicht. Lamartine, der große rhetorische Kraft, edeln Anstand und Schwung besitzt, gibt sich nicht Zeit genug, diese Elemente zu sondern. Was hat er im Grunde mit der persönlichen Regierung zu thun? Zwischen dieser und der Parlamentsregierung kann keine Transaction statt finden, denn es handelt sich um verschiedene Formen des Staats. Die radicale Opposition steckt zwischen den Tendenzen der HH. Casimir Perrier und Molé wie zwischen Thür und Angel; ersterer ist Chef der Parlamentsregierung, letzterer ein reiner Monarchist, freilich mit den bestehenden constitutionellen Forderungen und Formen, weil dieß die Bedingung der Zeit ist. Hätte Hr. v. Lamartine streng gesondert, sein Angriff auf Thiers hätte eine große Kraft gehabt, indem er die innere und äußere Politik zur Sprache gebracht, die sich in steter Opposition gehalten zwischen den Systemen Casimir Perrier und Odilon-Barrot, während Thiers dieselbe zu vermitteln droht. Diese ganze Politik in ein Nichts aufzulösen, als jetzt vollkommen ungehaltig, das ist Hrn. Thiers Rede bemüht gewesen, als ob (wenn er noch lebte) Casimir Perrier und Odilon-Barrot in der Politik gewissermaßen dieselbe Linie verfolgen würden. Dieß ist die Frage. Wird man sie stellen? Schwerlich; Berryer wäre vielleicht allein scharfgeistig genug dazu, aber als Legitimist hat er kein Interesse sie zu stellen.

Mein heutiger Bericht reiht sich an den gestrigen wie ein Schluß an seine Vordersätze, und dient ihm zur Bestätigung und Ergänzung: das Ministerium besteht, die Kammer hat mit der sehr bedeutenden Majorität von 86 Stimmen das vorgelegte Gesetz der geheimen Gelder bewilligt, nachdem sie vorher das dem Ministerium feindliche Amendement der sogenannten 221, die es in Wirklichkeit nicht mehr sind, mit der noch größern von 106 Stimmen verworfen hatte. In der Hauptsache selbst nichts weiter. Die officiellen Berichte liegen vor und Sie mögen aus den Journalen die äußern Umrisse des interessanten und entscheidenden Auftritts

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[0731/0003] der Conservativen) in Einem Bündel vereinigt sey. Die Presse schweigt. Das Capitole spottet über den Hof, das Charivari über Alles. _ In der Sitzung der Deputirtenkammer am 27 März wurden zuerst einige Petitionen verhandelt. Dann kam die Tagesordnung an den Gesetzesentwurf für die Forderung eines Zuschußcredits von 650,000 Fr. für die Einschreibung der Militärpensionen von 1840. Derselbe ward nach einer allgemeinen und besondern Erörterung der Artikel mit großer Mehrheit angenommen. _ Bei dem Assisenhofe der Seine ward am 27 März der Proceß des Gendarmen Ameslan wegen Entweichung des Hrn. Crouy Chanel verhandelt. Die nähern Umstände des Hergangs der Entweichung des Hrn. Crouy Chanel sind größtentheils durch frühere Angaben bekannt. Der Gendarme Ameslan erschien in bürgerlicher Kleidung. Er gab sein Alter zu 39 Jahren an. Er sagt aus, er sey nach dem Verhöre des Hrn. Crouy Chanel beauftragt worden, ihn nach der Conciergerie zurückzuführen. Er habe Hrn. Crouy Chanel einige Augenblicke verlassen, um auf dessen Bitte eine am Bureau eines öffentlichen Schreibers sitzende Dame, Namens Coralie Dacosta, herbeizurufen. Diese habe sogleich Hrn. Crouy-Chanel den Arm gegeben, und beide seyen mit einander aus dem großen Saale des pas perdus die Treppe hinuntergegangen, welche nach der Straße de la Barillerie führt. Sie hätten, von ihm gefolgt, die Richtung nach dem pont au change eingeschlagen, am Ende der Brücke sey aber Hr. Crouy Chanel plötzlich entschlüpft, und habe ihm nur die Dame Dacosta zurückgelassen. Zwölf Tage später habe sich Crouy Chanel wieder selbst als Gefangener gestellt. Ameslan wurde Abends in der Caserne, wohin er betrunken gekommen war, verhaftet, und die Instruction gegen ihn eingeleitet. Er erscheint nun vor den Assisen unter der Anschuldigung, im Einverständniß mit Crouy Chanel, der eines Verbrechens angeklagt sey, das die Todesstrafe, oder lebenslängliches Gefängniß nach sich ziehe, und dessen Bewachung ihm übertragen gewesen, dessen Entweichung eingeleitet und befördert zu haben. Ameslan läugnete jedes Einverständniß von seiner Seite mit Hrn. Crouy Chanel, und jede Absicht einer Förderung der Entweichung. Nach der Zeugenvernehmung, die günstig für ihn ausfiel, trug sein Advocat, Hr. Pinede, seine Vertheidigung vor, nachdem der Generaladvocat auf der Anklage beharrt hatte. Die Jury sprach nach halbstündiger Berathschlagung die Freisprechung Ameslans aus. _ Paris, 26 März. Hr. Thiers hat die Discussion mit einer den eigentlichen Kampfpunkt umgehenden Rede eröffnet, um mit Allgemeinheiten das Ganze zu umschreiben, damit der wahre Zwist nicht öffentlich verhandelt werde; aber Hr. Berryer hat in einer kühnen Rede den Schleier gehoben, und mit allgemeinem Applaus die gerade Wahrheit aufgepflanzt, nämlich daß es sich um einen Kampf handle eines freidastehenden Königthums und einer Parlamentsregierung. Im erstern Falle sind die Kammern nichts Anderes als die Formen der königlichen Regierung; vom Könige direct emanirt das Ministerium, unter der Bedingung, daß dieses obsiege in den Kammern, und da diese Bedingung schwer zu erhalten ist, so bemüht man sich durch unter die Deputirten vertheilte Aemter und Gnaden, so wie durch Willfährigkeit gegen die Wähler, sich eine ministerielle oder eigentlich königliche Majorität in den Kammern zu verschaffen. Hauptorgane dieses Systems waren Montalivet, Molé, Soult. Im zweiten Falle, der Parlamentsregierung, sind die Kammern, mit dem König innig verbunden in der Person verschwisterter Minister, eigentlich souverän, nur daß der König dann den bleibenden, das Ministerium und die Kammern den mobilen Theil der Souveränetät abgeben, von denen der erste in einer gewissen Unthätigkeit gehalten wird, um den andern nicht zu verschlingen. In verschiedenen Nuancen waren dieß die Systeme Casimir Perriers, der Doctrinärs, Thiers` und Odilon-Barrots, die, unter sich höchst uneins, in diesem Punkte übereinkommen, denn alle wollen oder wollten durch die Kammern regieren und sich vergrößern. Nun aber kam es, daß gegenüber den Legitimisten und Republicanern die Parlamentsparteien seit der Juliusrevolution mehr oder weniger des Königthums als einer Stütze gegen die Factionen bedurften, und dieses Bedürfniß benützte eine allerhöchste Person, um der Situation Herr zu werden. So ertrug man oben mit Ungeduld alle Parlamentsmänner, Casimir Perrier, Guizot, Thiers, Broglie, ganz besonders jenes ihres Grundgedankens wegen; man hatte größere Zuneigung nur zum Grafen Molé. Mit Ausnahme des festen und charakterstarken Casimir Perrier haben die andern Minister lange um die allerhöchste Gunst gebuhlt, Guizot gegen Thiers, Thiers gegen Guizot, und so schwächten sie sich durch gegenseitige Intriguen, bereiteten ihren Sturz. Thiers, gewitzigt und nach seiner keckern Natur, trat nun entschiedener auf, obgleich er sich bemüht, die Situation, wie man sagt, zu verdecken; sie ist aber offenkundig. Die Ministeriellen des Vergangenen wirren geflissentlich zwei Dinge untereinander: dieses Grundverhältniß und die partikulare Stellung Casimir Perriers, sodann die Guizots und Thiers' zu Odilon-Barrot, was gar nichts gemein hat mit der Grundsituation, sondern nur auf die Ansicht hinaus läuft, welches politische System nach außen, und welches administrative System nach innen zu befolgen sey oder nicht. Lamartine, der große rhetorische Kraft, edeln Anstand und Schwung besitzt, gibt sich nicht Zeit genug, diese Elemente zu sondern. Was hat er im Grunde mit der persönlichen Regierung zu thun? Zwischen dieser und der Parlamentsregierung kann keine Transaction statt finden, denn es handelt sich um verschiedene Formen des Staats. Die radicale Opposition steckt zwischen den Tendenzen der HH. Casimir Perrier und Molé wie zwischen Thür und Angel; ersterer ist Chef der Parlamentsregierung, letzterer ein reiner Monarchist, freilich mit den bestehenden constitutionellen Forderungen und Formen, weil dieß die Bedingung der Zeit ist. Hätte Hr. v. Lamartine streng gesondert, sein Angriff auf Thiers hätte eine große Kraft gehabt, indem er die innere und äußere Politik zur Sprache gebracht, die sich in steter Opposition gehalten zwischen den Systemen Casimir Perrier und Odilon-Barrot, während Thiers dieselbe zu vermitteln droht. Diese ganze Politik in ein Nichts aufzulösen, als jetzt vollkommen ungehaltig, das ist Hrn. Thiers Rede bemüht gewesen, als ob (wenn er noch lebte) Casimir Perrier und Odilon-Barrot in der Politik gewissermaßen dieselbe Linie verfolgen würden. Dieß ist die Frage. Wird man sie stellen? Schwerlich; Berryer wäre vielleicht allein scharfgeistig genug dazu, aber als Legitimist hat er kein Interesse sie zu stellen. _ Paris, 27 März. Mein heutiger Bericht reiht sich an den gestrigen wie ein Schluß an seine Vordersätze, und dient ihm zur Bestätigung und Ergänzung: das Ministerium besteht, die Kammer hat mit der sehr bedeutenden Majorität von 86 Stimmen das vorgelegte Gesetz der geheimen Gelder bewilligt, nachdem sie vorher das dem Ministerium feindliche Amendement der sogenannten 221, die es in Wirklichkeit nicht mehr sind, mit der noch größern von 106 Stimmen verworfen hatte. In der Hauptsache selbst nichts weiter. Die officiellen Berichte liegen vor und Sie mögen aus den Journalen die äußern Umrisse des interessanten und entscheidenden Auftritts

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Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-06-28T11:37:15Z)

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 92. Augsburg, 1. April 1840, S. 0731. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_092_18400401/3>, abgerufen am 24.11.2024.