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Allgemeine Zeitung. Nr. 59. Augsburg, 28. Februar 1840.

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(Journal des Debats.) Hr. Guizot reist morgen (23) nach London ab.

In der Sitzung der Deputirtenkammer am 22 Febr. bestieg Hr. Teste nach dem, gestern erwähnten, von Hrn. Carl erstatteten Bericht über die Petitionen, die Officen betreffend, die Tribune, und wies mit Nachdruck die gegen sein Ministerium gemachten Vorwürfe in Betreff der Maaßregeln zurück, die von ihm zur Verhinderung der skandalösen Mißbräuche von Seite ministerieller Beamten auf mehreren Punkten Frankreichs getroffen worden seyen. Er erklärte, daß seine Absicht bei Einsetzung einer Commission der Officen gewesen sey, die Gesetzgebung in Rücksicht auf die Uebertragung der Officen an andere, so wie sie als Princip in dem Gesetze von 1816 festgesetzt sey, zu vervollständigen. Er erhielt großen Beifall.

(Revue de Paris.) Das Ministerium hat sich in der Dotationsfrage nicht die Mühe gegeben, die öffentliche Meinung aufzuklären; es gab bloß einige Nachweisungen ohne Publicität, hinter den verschlossenen Thüren der Commission, und hielt dieß für hinreichend, um gegen die Ausschweifungen der verbündeten Presse zu kämpfen. In der Kammer zeigte es sich weder voraussichtiger noch energischer. Es mußte doch wissen, daß in Gemäßheit einer Neuerung im Reglement die Kammer befragt werden würde, ob sie zur Erörterung der Artikel übergehen wolle, oder nicht. Es mußte voraussehen, daß alle Oppositionen für dieses erste Votum ihre Kraft zusammen nehmen würden. Die Linke hatte mit Affectation angekündigt, daß sie keinen Skandal wolle, und daß sie, um ihn desto besser zu vermeiden, wünschte, alle Debatten kurz abzuschneiden. Im Fall die Kammer durch ihr erstes Votum entschieden haben würde, daß sie zur Erörterung der Artikel übergehen wolle, sollte Hr. Odilon-Barrot die Tribune besteigen, um die Summe von 300,000 Fr. vorzuschlagen, wobei er sich jeder weiteren Entwickelung enthalten haben würde; die eingeschriebenen Redner der Linken hätten dann, wie sie auch thaten, auf das Wort verzichtet. Der Zweck der Opposition war sehr klar: sie wollte vermeiden, daß die Tribune der Presse antworte, welche die Thatsachen entstellt, die Leidenschaften irre geleitet, vergiftet, die Gemüther eingeschüchtert hatte; die Opposition hatte sonach ein großes Interesse, ihren Sieg in einem stillschweigenden Votum zu suchen. Das Ministerium nahm diese ihm bereitete demüthigende Lage an; es sah den Fallstrick nicht, es ließ sich in ihn hineinziehen. Und doch hat jeder Minister das Recht, das Wort, so wie er es verlangt, zu nehmen. Warum ist kein Mitglied des Cabinets auf der Tribune erschienen, um die Kammer durch eine vollständige Auseinandersetzung der Frage in allen ihren Gestaltungen und Folgen zu belehren, und sie nöthigenfalls durch irgend eine geschickte Concession zu gewinnen? Diese traurige Vernachlässigung der dringendsten Pflichten findet zwar nicht ihre Entschuldigung, aber doch ihre Erklärung in den besondern Neigungen, welche mehrere Minister beseelten. Es gibt Cabinetsmitglieder, die, nachdem sie der Krone gegenüber die Verpflichtung auf sich genommen hatten, den Entwurf vorzulegen, vor der Kammer die Verantwortlichkeit dafür, so zu sagen, abzulehnen schienen; sie schienen vielmehr einen Befehl zu vollziehen, als einer Ueberzeugung zu gehorchen. Alle ihre Aeußerungen, alle ihre Handlungen bezeichneten die vollkommenste Gleichgültigkeit. Man konnte in einem Journal, das dafür galt, Eingebungen von den HH. Passy, Teste und Dufaure zu empfangen, die spöttischsten Einflüsterungen über den dem Entwurfe bevorstehenden Erfolg zu lesen. Auf solche Art verstanden diese in so ausgezeichnetem Grade parlamentarischen Minister ihre Pflichten! Man hatte sie muthlos dem Königthum gegenüber gesehen, und fand sie wieder muthlos vor den Kammern. So deckten die HH. Passy, Teste und Dufaure den König, so stellten sie sich zwischen ihn und die Kammer! Die HH. Duchatel und Villemain verstanden allein den Ernst der Lage und waren entschlossen, ihr mit Energie und Hingebung die Stirne zu bieten. Sie billigten aufrichtig das Princip der Dotation, das nichts Anderes ist, als eine Form politischer Adoption eines der Kinder des Königs durch das Land; was die Ziffer betrifft, so betrachteten sie den Betrag derselben nicht als eine Hauptfrage. Sie zählten auf die Erörterung zur Belehrung der Gemüther, und um der Kammer die ganze Bedeutung des von ihr zu fassenden Entschlusses zu zeigen. Man war aber auf den Bänken des Ministeriums überzeugt, daß sich eine Majorität von dreißig Stimmen für die Eröffnung der Debatten und die Discussion der Artikel aussprechen würde! Die Bestürzung des Cabinets, als ihm das Resultat des Scrutins den Mund verschlossen hatte, läßt sich kaum ausdrücken. - Unter den 226 Votanten, welche das Gesetz ohne Weiteres verworfen haben, scheint die alte Majorität nahe an 40 Stimmen zu zählen. Die Erbitterung, welche den 221 ein Theil des Cabinets einflößte, muß sehr stark gewesen seyn, da es vermochte, so viele Deputirte des Centrums bis zur Nachahmung des Verfahrens der Coalition zu bestimmen. .. Das Cabinet ward von einem zu unvorhergesehenen und zu entscheidenden Schlage getroffen, als daß es versuchen könnte, sich von einer solchen Ungunst wieder zu erholen. Es ist nicht dieser oder jener Minister, der getroffen wurde, sondern das ganze Miuisterium. ... Welches sind nun die Männer, die am meisten berufen scheinen, so viele begangene Fehler wieder gut zu machen und uns von jener moralischen Erniedrigung, die für Jedermann so verhängnißvoll ist, wieder zu erheben? Man hat mehrere Namen genannt; man hat von dem Herzog von Broglie gesprochen; man hat sich gefragt, ob Hr. Guizot nach London gehen würde; die öffentliche Meinung hat sich auf Hrn. Mole und Hrn. Thiers gerichtet und scheint nachzuforschen, ob ihre Verbindung möglich wäre. Man erkennt an, daß Hr. v. Mole im ersten Rang der Männer stehe, welche die Staatsgewalt mit versöhnender und würdiger Festigkeit zu handhaben wissen. Man bemerkt, daß seine Ernennung den Vortheil gewähren würde, in die diplomatischen Schwierigkeiten die Hand eines Staatsmannes wieder einzuführen, der in der orientalischen Frage ganz Herr seines Betragens seyn würde, weil er es bisher vermieden hat, sich darüber auszusprechen. An den Namen des Hrn. v. Mole knüpft sich der des Hrn. Thiers, der vielleicht von allen Mitgliedern der Deputirtenkammer der geeignetste wäre, Mittelpunkt und Haupt einer neuen Majorität zu bilden. Die Kammer bedarf einer so beredten, unermüdlichen Stimme, einer so gewandten Hand, die sie zu zügeln und zu leiten verstände. Jedenfalls müssen die Nachfolger des Ministeriums so schnell als möglich das erschütterte öffentliche Vertrauen wieder herstellen. Es ist nicht wahr, daß das Votum vom 20 Febr. ein ausschließlicher Sieg der radicalen Meinung sey, ein Sieg, der für die nahe Zukunft neue Triumphe über das Königthum und unsere Institutionen verkünde. Dieses Votum ist nur das unglückliche Resultat der falschen Lage, in die wir uns seit neun Monaten versetzt haben, der Verwirrung, in der sich seit jener Zeit Männer und Parteien umtreiben, der unaussprechlichen Schwäche des Cabinets, die man bei einigen seiner Mitglieder fast Verrath nennen könnte, der Spaltung der gouvernementalen Partei. Es muß rasch eine Verwaltung kommen, welche den Augen Frankreichs und Europa's die Dinge wieder unter ihrem wahren Gesichtspunkt darstellt. Weder das Königthum noch unsere Institutionen sind durch die Verwerfung der Dotation von 500,000 Fr. bedroht. Es ist nichts

(Journal des Débats.) Hr. Guizot reist morgen (23) nach London ab.

In der Sitzung der Deputirtenkammer am 22 Febr. bestieg Hr. Teste nach dem, gestern erwähnten, von Hrn. Carl erstatteten Bericht über die Petitionen, die Officen betreffend, die Tribune, und wies mit Nachdruck die gegen sein Ministerium gemachten Vorwürfe in Betreff der Maaßregeln zurück, die von ihm zur Verhinderung der skandalösen Mißbräuche von Seite ministerieller Beamten auf mehreren Punkten Frankreichs getroffen worden seyen. Er erklärte, daß seine Absicht bei Einsetzung einer Commission der Officen gewesen sey, die Gesetzgebung in Rücksicht auf die Uebertragung der Officen an andere, so wie sie als Princip in dem Gesetze von 1816 festgesetzt sey, zu vervollständigen. Er erhielt großen Beifall.

(Revue de Paris.) Das Ministerium hat sich in der Dotationsfrage nicht die Mühe gegeben, die öffentliche Meinung aufzuklären; es gab bloß einige Nachweisungen ohne Publicität, hinter den verschlossenen Thüren der Commission, und hielt dieß für hinreichend, um gegen die Ausschweifungen der verbündeten Presse zu kämpfen. In der Kammer zeigte es sich weder voraussichtiger noch energischer. Es mußte doch wissen, daß in Gemäßheit einer Neuerung im Reglement die Kammer befragt werden würde, ob sie zur Erörterung der Artikel übergehen wolle, oder nicht. Es mußte voraussehen, daß alle Oppositionen für dieses erste Votum ihre Kraft zusammen nehmen würden. Die Linke hatte mit Affectation angekündigt, daß sie keinen Skandal wolle, und daß sie, um ihn desto besser zu vermeiden, wünschte, alle Debatten kurz abzuschneiden. Im Fall die Kammer durch ihr erstes Votum entschieden haben würde, daß sie zur Erörterung der Artikel übergehen wolle, sollte Hr. Odilon-Barrot die Tribune besteigen, um die Summe von 300,000 Fr. vorzuschlagen, wobei er sich jeder weiteren Entwickelung enthalten haben würde; die eingeschriebenen Redner der Linken hätten dann, wie sie auch thaten, auf das Wort verzichtet. Der Zweck der Opposition war sehr klar: sie wollte vermeiden, daß die Tribune der Presse antworte, welche die Thatsachen entstellt, die Leidenschaften irre geleitet, vergiftet, die Gemüther eingeschüchtert hatte; die Opposition hatte sonach ein großes Interesse, ihren Sieg in einem stillschweigenden Votum zu suchen. Das Ministerium nahm diese ihm bereitete demüthigende Lage an; es sah den Fallstrick nicht, es ließ sich in ihn hineinziehen. Und doch hat jeder Minister das Recht, das Wort, so wie er es verlangt, zu nehmen. Warum ist kein Mitglied des Cabinets auf der Tribune erschienen, um die Kammer durch eine vollständige Auseinandersetzung der Frage in allen ihren Gestaltungen und Folgen zu belehren, und sie nöthigenfalls durch irgend eine geschickte Concession zu gewinnen? Diese traurige Vernachlässigung der dringendsten Pflichten findet zwar nicht ihre Entschuldigung, aber doch ihre Erklärung in den besondern Neigungen, welche mehrere Minister beseelten. Es gibt Cabinetsmitglieder, die, nachdem sie der Krone gegenüber die Verpflichtung auf sich genommen hatten, den Entwurf vorzulegen, vor der Kammer die Verantwortlichkeit dafür, so zu sagen, abzulehnen schienen; sie schienen vielmehr einen Befehl zu vollziehen, als einer Ueberzeugung zu gehorchen. Alle ihre Aeußerungen, alle ihre Handlungen bezeichneten die vollkommenste Gleichgültigkeit. Man konnte in einem Journal, das dafür galt, Eingebungen von den HH. Passy, Teste und Dufaure zu empfangen, die spöttischsten Einflüsterungen über den dem Entwurfe bevorstehenden Erfolg zu lesen. Auf solche Art verstanden diese in so ausgezeichnetem Grade parlamentarischen Minister ihre Pflichten! Man hatte sie muthlos dem Königthum gegenüber gesehen, und fand sie wieder muthlos vor den Kammern. So deckten die HH. Passy, Teste und Dufaure den König, so stellten sie sich zwischen ihn und die Kammer! Die HH. Duchatel und Villemain verstanden allein den Ernst der Lage und waren entschlossen, ihr mit Energie und Hingebung die Stirne zu bieten. Sie billigten aufrichtig das Princip der Dotation, das nichts Anderes ist, als eine Form politischer Adoption eines der Kinder des Königs durch das Land; was die Ziffer betrifft, so betrachteten sie den Betrag derselben nicht als eine Hauptfrage. Sie zählten auf die Erörterung zur Belehrung der Gemüther, und um der Kammer die ganze Bedeutung des von ihr zu fassenden Entschlusses zu zeigen. Man war aber auf den Bänken des Ministeriums überzeugt, daß sich eine Majorität von dreißig Stimmen für die Eröffnung der Debatten und die Discussion der Artikel aussprechen würde! Die Bestürzung des Cabinets, als ihm das Resultat des Scrutins den Mund verschlossen hatte, läßt sich kaum ausdrücken. – Unter den 226 Votanten, welche das Gesetz ohne Weiteres verworfen haben, scheint die alte Majorität nahe an 40 Stimmen zu zählen. Die Erbitterung, welche den 221 ein Theil des Cabinets einflößte, muß sehr stark gewesen seyn, da es vermochte, so viele Deputirte des Centrums bis zur Nachahmung des Verfahrens der Coalition zu bestimmen. .. Das Cabinet ward von einem zu unvorhergesehenen und zu entscheidenden Schlage getroffen, als daß es versuchen könnte, sich von einer solchen Ungunst wieder zu erholen. Es ist nicht dieser oder jener Minister, der getroffen wurde, sondern das ganze Miuisterium. … Welches sind nun die Männer, die am meisten berufen scheinen, so viele begangene Fehler wieder gut zu machen und uns von jener moralischen Erniedrigung, die für Jedermann so verhängnißvoll ist, wieder zu erheben? Man hat mehrere Namen genannt; man hat von dem Herzog von Broglie gesprochen; man hat sich gefragt, ob Hr. Guizot nach London gehen würde; die öffentliche Meinung hat sich auf Hrn. Molé und Hrn. Thiers gerichtet und scheint nachzuforschen, ob ihre Verbindung möglich wäre. Man erkennt an, daß Hr. v. Molé im ersten Rang der Männer stehe, welche die Staatsgewalt mit versöhnender und würdiger Festigkeit zu handhaben wissen. Man bemerkt, daß seine Ernennung den Vortheil gewähren würde, in die diplomatischen Schwierigkeiten die Hand eines Staatsmannes wieder einzuführen, der in der orientalischen Frage ganz Herr seines Betragens seyn würde, weil er es bisher vermieden hat, sich darüber auszusprechen. An den Namen des Hrn. v. Molé knüpft sich der des Hrn. Thiers, der vielleicht von allen Mitgliedern der Deputirtenkammer der geeignetste wäre, Mittelpunkt und Haupt einer neuen Majorität zu bilden. Die Kammer bedarf einer so beredten, unermüdlichen Stimme, einer so gewandten Hand, die sie zu zügeln und zu leiten verstände. Jedenfalls müssen die Nachfolger des Ministeriums so schnell als möglich das erschütterte öffentliche Vertrauen wieder herstellen. Es ist nicht wahr, daß das Votum vom 20 Febr. ein ausschließlicher Sieg der radicalen Meinung sey, ein Sieg, der für die nahe Zukunft neue Triumphe über das Königthum und unsere Institutionen verkünde. Dieses Votum ist nur das unglückliche Resultat der falschen Lage, in die wir uns seit neun Monaten versetzt haben, der Verwirrung, in der sich seit jener Zeit Männer und Parteien umtreiben, der unaussprechlichen Schwäche des Cabinets, die man bei einigen seiner Mitglieder fast Verrath nennen könnte, der Spaltung der gouvernementalen Partei. Es muß rasch eine Verwaltung kommen, welche den Augen Frankreichs und Europa's die Dinge wieder unter ihrem wahren Gesichtspunkt darstellt. Weder das Königthum noch unsere Institutionen sind durch die Verwerfung der Dotation von 500,000 Fr. bedroht. Es ist nichts

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Odilon-Barrot die Tribune besteigen, um die Summe von 300,000 Fr. vorzuschlagen, wobei er sich jeder weiteren Entwickelung enthalten haben würde; die eingeschriebenen Redner der Linken hätten dann, wie sie auch thaten, auf das Wort verzichtet. Der Zweck der Opposition war sehr klar: sie wollte vermeiden, daß die Tribune der Presse antworte, welche die Thatsachen entstellt, die Leidenschaften irre geleitet, vergiftet, die Gemüther eingeschüchtert hatte; die Opposition hatte sonach ein großes Interesse, ihren Sieg in einem stillschweigenden Votum zu suchen. Das Ministerium nahm diese ihm bereitete demüthigende Lage an; es sah den Fallstrick nicht, es ließ sich in ihn hineinziehen. Und doch hat jeder Minister das Recht, das Wort, so wie er es verlangt, zu nehmen. Warum ist kein Mitglied des Cabinets auf der Tribune erschienen, um die Kammer durch eine vollständige Auseinandersetzung der Frage in allen ihren Gestaltungen und Folgen zu belehren, und sie nöthigenfalls durch irgend eine geschickte Concession zu gewinnen? Diese traurige Vernachlässigung der dringendsten Pflichten findet zwar nicht ihre Entschuldigung, aber doch ihre Erklärung in den besondern Neigungen, welche mehrere Minister beseelten. Es gibt Cabinetsmitglieder, die, nachdem sie der Krone gegenüber die Verpflichtung auf sich genommen hatten, den Entwurf vorzulegen, vor der Kammer die Verantwortlichkeit dafür, so zu sagen, abzulehnen schienen; sie schienen vielmehr einen Befehl zu vollziehen, als einer Ueberzeugung zu gehorchen. Alle ihre Aeußerungen, alle ihre Handlungen bezeichneten die vollkommenste Gleichgültigkeit. Man konnte in einem Journal, das dafür galt, Eingebungen von den HH. Passy, Teste und Dufaure zu empfangen, die spöttischsten Einflüsterungen über den dem Entwurfe bevorstehenden Erfolg zu lesen. Auf solche Art verstanden diese in so ausgezeichnetem Grade parlamentarischen Minister ihre Pflichten! Man hatte sie muthlos dem Königthum gegenüber gesehen, und fand sie wieder muthlos vor den Kammern. So deckten die HH. Passy, Teste und Dufaure den König, so stellten sie sich zwischen ihn und die Kammer! Die HH. Duchatel und Villemain verstanden allein den Ernst der Lage und waren entschlossen, ihr mit Energie und Hingebung die Stirne zu bieten. Sie billigten aufrichtig das Princip der Dotation, das nichts Anderes ist, als eine Form politischer Adoption eines der Kinder des Königs durch das Land; was die Ziffer betrifft, so betrachteten sie den Betrag derselben nicht als eine Hauptfrage. Sie zählten auf die Erörterung zur Belehrung der Gemüther, und um der Kammer die ganze Bedeutung des von ihr zu fassenden Entschlusses zu zeigen. Man war aber auf den Bänken des Ministeriums überzeugt, daß sich eine Majorität von dreißig Stimmen für die Eröffnung der Debatten und die Discussion der Artikel aussprechen würde! Die Bestürzung des Cabinets, als ihm das Resultat des Scrutins den Mund verschlossen hatte, läßt sich kaum ausdrücken. &#x2013; Unter den 226 Votanten, welche das Gesetz ohne Weiteres verworfen haben, scheint die alte Majorität nahe an 40 Stimmen zu zählen. Die Erbitterung, welche den 221 ein Theil des Cabinets einflößte, muß sehr stark gewesen seyn, da es vermochte, so viele Deputirte des Centrums bis zur Nachahmung des Verfahrens der Coalition zu bestimmen. .. Das Cabinet ward von einem zu unvorhergesehenen und zu entscheidenden Schlage getroffen, als daß es versuchen könnte, sich von einer solchen Ungunst wieder zu erholen. Es ist nicht dieser oder jener Minister, der getroffen wurde, sondern das ganze Miuisterium. &#x2026; Welches sind nun die Männer, die am meisten berufen scheinen, so viele begangene Fehler wieder gut zu machen und uns von jener moralischen Erniedrigung, die für Jedermann so verhängnißvoll ist, wieder zu erheben? Man hat mehrere Namen genannt; man hat von dem Herzog von Broglie gesprochen; man hat sich gefragt, ob Hr. Guizot nach London gehen würde; die öffentliche Meinung hat sich auf Hrn. Molé und Hrn. Thiers gerichtet und scheint nachzuforschen, ob ihre Verbindung möglich wäre. Man erkennt an, daß Hr. v. Molé im ersten Rang der Männer stehe, welche die Staatsgewalt mit versöhnender und würdiger Festigkeit zu handhaben wissen. Man bemerkt, daß seine Ernennung den Vortheil gewähren würde, in die diplomatischen Schwierigkeiten die Hand eines Staatsmannes wieder einzuführen, der in der orientalischen Frage ganz Herr seines Betragens seyn würde, weil er es bisher vermieden hat, sich darüber auszusprechen. An den Namen des Hrn. v. Molé knüpft sich der des Hrn. Thiers, der vielleicht von allen Mitgliedern der Deputirtenkammer der geeignetste wäre, Mittelpunkt und Haupt einer neuen Majorität zu bilden. Die Kammer bedarf einer so beredten, unermüdlichen Stimme, einer so gewandten Hand, die sie zu zügeln und zu leiten verstände. Jedenfalls müssen die Nachfolger des Ministeriums so schnell als möglich das erschütterte öffentliche Vertrauen wieder herstellen. Es ist nicht wahr, daß das Votum vom 20 Febr. ein ausschließlicher Sieg der radicalen Meinung sey, ein Sieg, der für die nahe Zukunft neue Triumphe über das Königthum und unsere Institutionen verkünde. Dieses Votum ist nur das unglückliche Resultat der falschen Lage, in die wir uns seit neun Monaten versetzt haben, der Verwirrung, in der sich seit jener Zeit Männer und Parteien umtreiben, der unaussprechlichen Schwäche des Cabinets, die man bei einigen seiner Mitglieder fast Verrath nennen könnte, der Spaltung der gouvernementalen Partei. Es muß rasch eine Verwaltung kommen, welche den Augen Frankreichs und Europa's die Dinge wieder unter ihrem wahren Gesichtspunkt darstellt. Weder das Königthum noch unsere Institutionen sind durch die Verwerfung der Dotation von 500,000 Fr. bedroht. Es ist nichts<lb/></p>
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[0467/0003] (Journal des Débats.) Hr. Guizot reist morgen (23) nach London ab. In der Sitzung der Deputirtenkammer am 22 Febr. bestieg Hr. Teste nach dem, gestern erwähnten, von Hrn. Carl erstatteten Bericht über die Petitionen, die Officen betreffend, die Tribune, und wies mit Nachdruck die gegen sein Ministerium gemachten Vorwürfe in Betreff der Maaßregeln zurück, die von ihm zur Verhinderung der skandalösen Mißbräuche von Seite ministerieller Beamten auf mehreren Punkten Frankreichs getroffen worden seyen. Er erklärte, daß seine Absicht bei Einsetzung einer Commission der Officen gewesen sey, die Gesetzgebung in Rücksicht auf die Uebertragung der Officen an andere, so wie sie als Princip in dem Gesetze von 1816 festgesetzt sey, zu vervollständigen. Er erhielt großen Beifall. (Revue de Paris.) Das Ministerium hat sich in der Dotationsfrage nicht die Mühe gegeben, die öffentliche Meinung aufzuklären; es gab bloß einige Nachweisungen ohne Publicität, hinter den verschlossenen Thüren der Commission, und hielt dieß für hinreichend, um gegen die Ausschweifungen der verbündeten Presse zu kämpfen. In der Kammer zeigte es sich weder voraussichtiger noch energischer. Es mußte doch wissen, daß in Gemäßheit einer Neuerung im Reglement die Kammer befragt werden würde, ob sie zur Erörterung der Artikel übergehen wolle, oder nicht. Es mußte voraussehen, daß alle Oppositionen für dieses erste Votum ihre Kraft zusammen nehmen würden. Die Linke hatte mit Affectation angekündigt, daß sie keinen Skandal wolle, und daß sie, um ihn desto besser zu vermeiden, wünschte, alle Debatten kurz abzuschneiden. Im Fall die Kammer durch ihr erstes Votum entschieden haben würde, daß sie zur Erörterung der Artikel übergehen wolle, sollte Hr. Odilon-Barrot die Tribune besteigen, um die Summe von 300,000 Fr. vorzuschlagen, wobei er sich jeder weiteren Entwickelung enthalten haben würde; die eingeschriebenen Redner der Linken hätten dann, wie sie auch thaten, auf das Wort verzichtet. Der Zweck der Opposition war sehr klar: sie wollte vermeiden, daß die Tribune der Presse antworte, welche die Thatsachen entstellt, die Leidenschaften irre geleitet, vergiftet, die Gemüther eingeschüchtert hatte; die Opposition hatte sonach ein großes Interesse, ihren Sieg in einem stillschweigenden Votum zu suchen. Das Ministerium nahm diese ihm bereitete demüthigende Lage an; es sah den Fallstrick nicht, es ließ sich in ihn hineinziehen. Und doch hat jeder Minister das Recht, das Wort, so wie er es verlangt, zu nehmen. Warum ist kein Mitglied des Cabinets auf der Tribune erschienen, um die Kammer durch eine vollständige Auseinandersetzung der Frage in allen ihren Gestaltungen und Folgen zu belehren, und sie nöthigenfalls durch irgend eine geschickte Concession zu gewinnen? Diese traurige Vernachlässigung der dringendsten Pflichten findet zwar nicht ihre Entschuldigung, aber doch ihre Erklärung in den besondern Neigungen, welche mehrere Minister beseelten. Es gibt Cabinetsmitglieder, die, nachdem sie der Krone gegenüber die Verpflichtung auf sich genommen hatten, den Entwurf vorzulegen, vor der Kammer die Verantwortlichkeit dafür, so zu sagen, abzulehnen schienen; sie schienen vielmehr einen Befehl zu vollziehen, als einer Ueberzeugung zu gehorchen. Alle ihre Aeußerungen, alle ihre Handlungen bezeichneten die vollkommenste Gleichgültigkeit. Man konnte in einem Journal, das dafür galt, Eingebungen von den HH. Passy, Teste und Dufaure zu empfangen, die spöttischsten Einflüsterungen über den dem Entwurfe bevorstehenden Erfolg zu lesen. Auf solche Art verstanden diese in so ausgezeichnetem Grade parlamentarischen Minister ihre Pflichten! Man hatte sie muthlos dem Königthum gegenüber gesehen, und fand sie wieder muthlos vor den Kammern. So deckten die HH. Passy, Teste und Dufaure den König, so stellten sie sich zwischen ihn und die Kammer! Die HH. Duchatel und Villemain verstanden allein den Ernst der Lage und waren entschlossen, ihr mit Energie und Hingebung die Stirne zu bieten. Sie billigten aufrichtig das Princip der Dotation, das nichts Anderes ist, als eine Form politischer Adoption eines der Kinder des Königs durch das Land; was die Ziffer betrifft, so betrachteten sie den Betrag derselben nicht als eine Hauptfrage. Sie zählten auf die Erörterung zur Belehrung der Gemüther, und um der Kammer die ganze Bedeutung des von ihr zu fassenden Entschlusses zu zeigen. Man war aber auf den Bänken des Ministeriums überzeugt, daß sich eine Majorität von dreißig Stimmen für die Eröffnung der Debatten und die Discussion der Artikel aussprechen würde! Die Bestürzung des Cabinets, als ihm das Resultat des Scrutins den Mund verschlossen hatte, läßt sich kaum ausdrücken. – Unter den 226 Votanten, welche das Gesetz ohne Weiteres verworfen haben, scheint die alte Majorität nahe an 40 Stimmen zu zählen. Die Erbitterung, welche den 221 ein Theil des Cabinets einflößte, muß sehr stark gewesen seyn, da es vermochte, so viele Deputirte des Centrums bis zur Nachahmung des Verfahrens der Coalition zu bestimmen. .. Das Cabinet ward von einem zu unvorhergesehenen und zu entscheidenden Schlage getroffen, als daß es versuchen könnte, sich von einer solchen Ungunst wieder zu erholen. Es ist nicht dieser oder jener Minister, der getroffen wurde, sondern das ganze Miuisterium. … Welches sind nun die Männer, die am meisten berufen scheinen, so viele begangene Fehler wieder gut zu machen und uns von jener moralischen Erniedrigung, die für Jedermann so verhängnißvoll ist, wieder zu erheben? Man hat mehrere Namen genannt; man hat von dem Herzog von Broglie gesprochen; man hat sich gefragt, ob Hr. Guizot nach London gehen würde; die öffentliche Meinung hat sich auf Hrn. Molé und Hrn. Thiers gerichtet und scheint nachzuforschen, ob ihre Verbindung möglich wäre. Man erkennt an, daß Hr. v. Molé im ersten Rang der Männer stehe, welche die Staatsgewalt mit versöhnender und würdiger Festigkeit zu handhaben wissen. Man bemerkt, daß seine Ernennung den Vortheil gewähren würde, in die diplomatischen Schwierigkeiten die Hand eines Staatsmannes wieder einzuführen, der in der orientalischen Frage ganz Herr seines Betragens seyn würde, weil er es bisher vermieden hat, sich darüber auszusprechen. An den Namen des Hrn. v. Molé knüpft sich der des Hrn. Thiers, der vielleicht von allen Mitgliedern der Deputirtenkammer der geeignetste wäre, Mittelpunkt und Haupt einer neuen Majorität zu bilden. Die Kammer bedarf einer so beredten, unermüdlichen Stimme, einer so gewandten Hand, die sie zu zügeln und zu leiten verstände. Jedenfalls müssen die Nachfolger des Ministeriums so schnell als möglich das erschütterte öffentliche Vertrauen wieder herstellen. Es ist nicht wahr, daß das Votum vom 20 Febr. ein ausschließlicher Sieg der radicalen Meinung sey, ein Sieg, der für die nahe Zukunft neue Triumphe über das Königthum und unsere Institutionen verkünde. Dieses Votum ist nur das unglückliche Resultat der falschen Lage, in die wir uns seit neun Monaten versetzt haben, der Verwirrung, in der sich seit jener Zeit Männer und Parteien umtreiben, der unaussprechlichen Schwäche des Cabinets, die man bei einigen seiner Mitglieder fast Verrath nennen könnte, der Spaltung der gouvernementalen Partei. Es muß rasch eine Verwaltung kommen, welche den Augen Frankreichs und Europa's die Dinge wieder unter ihrem wahren Gesichtspunkt darstellt. Weder das Königthum noch unsere Institutionen sind durch die Verwerfung der Dotation von 500,000 Fr. bedroht. Es ist nichts

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Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-06-28T11:37:15Z)

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 59. Augsburg, 28. Februar 1840, S. 0467. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_059_18400228/3>, abgerufen am 28.11.2024.