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Allgemeine Zeitung. Nr. 59. Augsburg, 28. Februar 1840.

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wesentliche Inhalt seines Vortrags war: im Jahre 1839 zählte die brittische Kriegsflotte im Ganzen 224 größere und kleinere Schiffe. Jetzt hat sich diese Zahl auf 239 vergrößert, und die Regierung verlangt von dem Hause für den laufenden Seedienst einen Credit von 6,461,000 Pf. St. und eine Vermehrung von 1000 Mann. Der Zweck der Regierung bei diesem Begehren ist, ihre ganz besondere Aufmerksamkeit auf den Bau und die Ausrüstung von Schiffen ersten Rangs zu wenden, um durch diese verstärkten Kriegsmittel den Frieden desto sicherer zu wahren. Die fortdauernde Verstärkung der französischen Seemacht ist einer von den Gründen, die diesen außerordentlichen Credit nöthig machen. Die Geldbewilligung dieses Jahrs soll zur Completirung des nöthigen Materials dienen, damit, wenn plötzliche und unvorgesehene Fälle eintreten sollten (in case of any sudden emergency), die englische Marine im Stande sey, das Meer zu behaupten. Der ministerielle Redner schloß mit dem Antrag auf Bewilligung der angegebenen Summe und von 35,000 Mann für den Seedienst. Sir J. G. Clerk: "Die Erörterung des Hrn. Admiralitätssecretärs läßt viel zu wünschen übrig. Sie erklärt, meines Erachtens, nicht hinlänglich die Ursachen dieser Forderung eines außerordentlichen Credits und einer beträchtlichen Vermehrung an Schiffen und Mannschaft; wohl aber erklärt sich diese Vermehrung, wenn man den jetzigen Stand unserer Marine mit dem vergleicht, welcher er unter der Administration des Herzogs v. Wellington war. Ich füge bei, unsere Seemacht im Mittelmeer ist nicht groß genug; die Franzosen haben die Zahl ihrer großen Schiffe in jenen Gewässern von 8 auf 15 vermehrt. Unsere Schiffe sind schlecht vertheilt, von 21 Linienschiffen schwimmen zwölf im Mittelmeer, drei stationiren daheim als Küstenwache, drei sind nach China beordert, drei liegen im Tajo. Ich glaube, wenn der edle Lord (Palmerston), der so eben gestanden hat, wie wenig Einfluß unsere Regierung in Lissabon genießt (es war nämlich eine kurze Conversation über die unbefriedigten Forderungen der brittischen Staatsgläubiger an Portugal vorausgegangen) - ich glaube, wenn er mit der Zurückberufung unserer Schiffe aus dem Tajo gedroht hätte, so hätte diese Drohung im Interesse der hingehaltenen englischen Gläubiger mehr gefruchtet, als alle seine Vorstellungen. (Hört!) Hätten wir mehr Schiffe verfügbar, so würden die Händel mit China schneller beendigt seyn. Ich vernehme mit Vergnügen, daß die Regierung den Bau großer Linienschiffe anordnen will, muß sie aber darum tadeln, daß sie diese Nothwendigkeit selbst herbeigeführt hat durch ihre dem Ausland gegenüber beobachtete Politik. Diese Politik ähnelt jener des Herzogs v. Choiseul: sie erschöpft die Hülfsquellen des Staats, den sie in beständiger fieberhafter Aufregung erhält." Hr. O'Ferrall entgegnet, so sehr man auf der Gegenseite den jetzigen Stand der brittischen Seemacht herabzusetzen suche, so sey es nichtsdestoweniger wahr, daß der Stand der Cadres seiner Marine England gestatten würde, in der Zeit von wenigen Monaten jeder andern Seemacht eine doppelt starke Kriegsflotte gegenüber zu stellen. Hr. Hume kann diese Vermehrung der Flotte, ihre Versetzung auf den Kriegsfuß nicht zusammenreimen mit der Versicherung der Thronrede von Friede und Freundschaft mit allen auswärtigen Mächten. Joseph Hume nennt die Art, wie die brittische Regierung in die orientalische Frage eingreife und darin interveniren wolle, unklug und unzeitig - eine Intervention, die noch beklagenswerther ausfallen werde, als das "untoward event" von Navarin. Wenn Frankreich gegen England erkaltet sey, so sey es kein Wunder; Frankreich sehe den russischen Einfluß in England vorherrschen. Ein Amendement, schließt er, wolle er nicht stellen, aber all' dieses Schwanken, all' diese Halbheiten, die dem Lande kostspieliger kommen, als wirklicher Krieg, seyen kläglich. Der torystische Lord Ingestrie lobt den Entschluß der Regierung, die Flotte zu vermehren, als einen solchen, der durch die französischen Rüstungen dringend nöthig geworden. Die Discussion dauerte noch beim Abgange der Post.

(Sun.) Mit Vergnügen erfahren wir, wie das Publicum, aus den Toryzeitungen, daß der Herzog von Wellington täglich in der Genesung fortschreitet; noch mehr würde es uns freuen, wenn die Torypresse nicht so sehr der üblen Gewohnheit nachhinge, Parteizwecken zulieb falsche Angaben zu machen, so daß man fast alles, was sie sagt, rückwärts lesen muß, wie die Hexen ihre Gebete. Unsern Erkundigungen zufolge hat der Herzog von seinem schweren Anfall sich zwar etwas erholt, dieser aber war so ernster Art, daß er allen seinen Freunden und Dienern die größte Besorgniß erregte. Auch jetzt ist der Zustand des Kranken noch so, daß man den Ausgang als sehr zweifelhaft betrachtet. Der Herzog erlitt, wie wir hören, einen Schlagfluß, der ihm fast die ganze eine Seite lähmte, und in seinem Alter (Wellington ist am 1 Mai 1769 geboren) und nach so vielen in verschiedenen Klimaten bestandenen Kriegsstrapazen ist hinsichtlich der Folgen eines solchen Anfalls weit mehr zu fürchten, als zu hoffen. (Am 20 Febr. ließ sich Prinz Albert durch seinen Secretär, Hrn. Seymour, in Apsley-House erkundigen, und der Herzog von Coburg fuhr selbst vor.)

Der Contreadmiral Elliot, jüngerer Bruder des ersten Lords der Admiralität Grafen v. Minto, dessen gestriger Erklärung im Oberhaus zufolge er an Sir F. Maitlands Stelle das Commando der Station in den indischen Gewässern übernehmen soll, commandirt zur Zeit die Station am Cap der guten Hoffnung. Der Sun, welcher gegen die Person Elliots selbst nichts einzuwenden hat, tadelt gleichwohl dessen Ernennung insofern, als nothwendig zu viel Zeit verloren gehen müsse, bis demselben die Ordre von England zukommen, und er vom Cap bis nach Calcutta gelangen könne. Das nehme gegen fünf Monate hin. Solle, meint der Sun, gegen China mit Nachdruck eingeschritten werden, wie es doch wohl von Seite der Regierung beschlossen sey, so wäre es rathsamer gewesen, einen der vielen unbeschäftigt in England befindlichen wackern Admirale auf dem kürzern Landwege, d. h. über Aegypten, nach Indien abzusenden.

Der in Verbindung mit Lord Durhams kurzer Generalstatthalterschaft in Canada so oft genannte Hr. Turton, ein ausgezeichneter Rechtsgelehrter, ist von dem indischen Generalgouvernement zum Advocate-General beim Obertribunal in Calcutta, an des zurückgetretenen Hrn. Pearson Stelle, ernannt worden. Hr. Turton war schon früher in Indien angestellt.

Frankreich.

(Sonntag.)

In den Tuilerien wurden gleich nach Verwerfung des Dotationsgesetzes alle Bälle und Concerte abbestellt.

(Messager.) Die Entlassung der Minister vom 12 Mai scheint entschieden angenommen zu seyn. Man versichert, Se. Maj. habe den Grafen Mole mit Bildung eines neuen Cabinets beauftragt.

(Commerce.) In der Kammer hatten die Gerüchte einer Allianz zwischen Hrn. Mole und Hrn. Thiers einigen Glauben gefunden.

(Journal des Debats.) Wir glauben gewiß zu wissen, daß die Angabe des Messager, daß Graf Mole mit Bildung eines neuen Cabinets beauftragt sey, grundlos ist, und daß der Graf die Mission zur Bildung eines Cabinets weder empfangen noch angenommen hat.

wesentliche Inhalt seines Vortrags war: im Jahre 1839 zählte die brittische Kriegsflotte im Ganzen 224 größere und kleinere Schiffe. Jetzt hat sich diese Zahl auf 239 vergrößert, und die Regierung verlangt von dem Hause für den laufenden Seedienst einen Credit von 6,461,000 Pf. St. und eine Vermehrung von 1000 Mann. Der Zweck der Regierung bei diesem Begehren ist, ihre ganz besondere Aufmerksamkeit auf den Bau und die Ausrüstung von Schiffen ersten Rangs zu wenden, um durch diese verstärkten Kriegsmittel den Frieden desto sicherer zu wahren. Die fortdauernde Verstärkung der französischen Seemacht ist einer von den Gründen, die diesen außerordentlichen Credit nöthig machen. Die Geldbewilligung dieses Jahrs soll zur Completirung des nöthigen Materials dienen, damit, wenn plötzliche und unvorgesehene Fälle eintreten sollten (in case of any sudden emergency), die englische Marine im Stande sey, das Meer zu behaupten. Der ministerielle Redner schloß mit dem Antrag auf Bewilligung der angegebenen Summe und von 35,000 Mann für den Seedienst. Sir J. G. Clerk: „Die Erörterung des Hrn. Admiralitätssecretärs läßt viel zu wünschen übrig. Sie erklärt, meines Erachtens, nicht hinlänglich die Ursachen dieser Forderung eines außerordentlichen Credits und einer beträchtlichen Vermehrung an Schiffen und Mannschaft; wohl aber erklärt sich diese Vermehrung, wenn man den jetzigen Stand unserer Marine mit dem vergleicht, welcher er unter der Administration des Herzogs v. Wellington war. Ich füge bei, unsere Seemacht im Mittelmeer ist nicht groß genug; die Franzosen haben die Zahl ihrer großen Schiffe in jenen Gewässern von 8 auf 15 vermehrt. Unsere Schiffe sind schlecht vertheilt, von 21 Linienschiffen schwimmen zwölf im Mittelmeer, drei stationiren daheim als Küstenwache, drei sind nach China beordert, drei liegen im Tajo. Ich glaube, wenn der edle Lord (Palmerston), der so eben gestanden hat, wie wenig Einfluß unsere Regierung in Lissabon genießt (es war nämlich eine kurze Conversation über die unbefriedigten Forderungen der brittischen Staatsgläubiger an Portugal vorausgegangen) – ich glaube, wenn er mit der Zurückberufung unserer Schiffe aus dem Tajo gedroht hätte, so hätte diese Drohung im Interesse der hingehaltenen englischen Gläubiger mehr gefruchtet, als alle seine Vorstellungen. (Hört!) Hätten wir mehr Schiffe verfügbar, so würden die Händel mit China schneller beendigt seyn. Ich vernehme mit Vergnügen, daß die Regierung den Bau großer Linienschiffe anordnen will, muß sie aber darum tadeln, daß sie diese Nothwendigkeit selbst herbeigeführt hat durch ihre dem Ausland gegenüber beobachtete Politik. Diese Politik ähnelt jener des Herzogs v. Choiseul: sie erschöpft die Hülfsquellen des Staats, den sie in beständiger fieberhafter Aufregung erhält.“ Hr. O'Ferrall entgegnet, so sehr man auf der Gegenseite den jetzigen Stand der brittischen Seemacht herabzusetzen suche, so sey es nichtsdestoweniger wahr, daß der Stand der Cadres seiner Marine England gestatten würde, in der Zeit von wenigen Monaten jeder andern Seemacht eine doppelt starke Kriegsflotte gegenüber zu stellen. Hr. Hume kann diese Vermehrung der Flotte, ihre Versetzung auf den Kriegsfuß nicht zusammenreimen mit der Versicherung der Thronrede von Friede und Freundschaft mit allen auswärtigen Mächten. Joseph Hume nennt die Art, wie die brittische Regierung in die orientalische Frage eingreife und darin interveniren wolle, unklug und unzeitig – eine Intervention, die noch beklagenswerther ausfallen werde, als das „untoward event“ von Navarin. Wenn Frankreich gegen England erkaltet sey, so sey es kein Wunder; Frankreich sehe den russischen Einfluß in England vorherrschen. Ein Amendement, schließt er, wolle er nicht stellen, aber all' dieses Schwanken, all' diese Halbheiten, die dem Lande kostspieliger kommen, als wirklicher Krieg, seyen kläglich. Der torystische Lord Ingestrie lobt den Entschluß der Regierung, die Flotte zu vermehren, als einen solchen, der durch die französischen Rüstungen dringend nöthig geworden. Die Discussion dauerte noch beim Abgange der Post.

(Sun.) Mit Vergnügen erfahren wir, wie das Publicum, aus den Toryzeitungen, daß der Herzog von Wellington täglich in der Genesung fortschreitet; noch mehr würde es uns freuen, wenn die Torypresse nicht so sehr der üblen Gewohnheit nachhinge, Parteizwecken zulieb falsche Angaben zu machen, so daß man fast alles, was sie sagt, rückwärts lesen muß, wie die Hexen ihre Gebete. Unsern Erkundigungen zufolge hat der Herzog von seinem schweren Anfall sich zwar etwas erholt, dieser aber war so ernster Art, daß er allen seinen Freunden und Dienern die größte Besorgniß erregte. Auch jetzt ist der Zustand des Kranken noch so, daß man den Ausgang als sehr zweifelhaft betrachtet. Der Herzog erlitt, wie wir hören, einen Schlagfluß, der ihm fast die ganze eine Seite lähmte, und in seinem Alter (Wellington ist am 1 Mai 1769 geboren) und nach so vielen in verschiedenen Klimaten bestandenen Kriegsstrapazen ist hinsichtlich der Folgen eines solchen Anfalls weit mehr zu fürchten, als zu hoffen. (Am 20 Febr. ließ sich Prinz Albert durch seinen Secretär, Hrn. Seymour, in Apsley-House erkundigen, und der Herzog von Coburg fuhr selbst vor.)

Der Contreadmiral Elliot, jüngerer Bruder des ersten Lords der Admiralität Grafen v. Minto, dessen gestriger Erklärung im Oberhaus zufolge er an Sir F. Maitlands Stelle das Commando der Station in den indischen Gewässern übernehmen soll, commandirt zur Zeit die Station am Cap der guten Hoffnung. Der Sun, welcher gegen die Person Elliots selbst nichts einzuwenden hat, tadelt gleichwohl dessen Ernennung insofern, als nothwendig zu viel Zeit verloren gehen müsse, bis demselben die Ordre von England zukommen, und er vom Cap bis nach Calcutta gelangen könne. Das nehme gegen fünf Monate hin. Solle, meint der Sun, gegen China mit Nachdruck eingeschritten werden, wie es doch wohl von Seite der Regierung beschlossen sey, so wäre es rathsamer gewesen, einen der vielen unbeschäftigt in England befindlichen wackern Admirale auf dem kürzern Landwege, d. h. über Aegypten, nach Indien abzusenden.

Der in Verbindung mit Lord Durhams kurzer Generalstatthalterschaft in Canada so oft genannte Hr. Turton, ein ausgezeichneter Rechtsgelehrter, ist von dem indischen Generalgouvernement zum Advocate-General beim Obertribunal in Calcutta, an des zurückgetretenen Hrn. Pearson Stelle, ernannt worden. Hr. Turton war schon früher in Indien angestellt.

Frankreich.

(Sonntag.)

In den Tuilerien wurden gleich nach Verwerfung des Dotationsgesetzes alle Bälle und Concerte abbestellt.

(Messager.) Die Entlassung der Minister vom 12 Mai scheint entschieden angenommen zu seyn. Man versichert, Se. Maj. habe den Grafen Molé mit Bildung eines neuen Cabinets beauftragt.

(Commerce.) In der Kammer hatten die Gerüchte einer Allianz zwischen Hrn. Molé und Hrn. Thiers einigen Glauben gefunden.

(Journal des Débats.) Wir glauben gewiß zu wissen, daß die Angabe des Messager, daß Graf Molé mit Bildung eines neuen Cabinets beauftragt sey, grundlos ist, und daß der Graf die Mission zur Bildung eines Cabinets weder empfangen noch angenommen hat.

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[0466/0002] wesentliche Inhalt seines Vortrags war: im Jahre 1839 zählte die brittische Kriegsflotte im Ganzen 224 größere und kleinere Schiffe. Jetzt hat sich diese Zahl auf 239 vergrößert, und die Regierung verlangt von dem Hause für den laufenden Seedienst einen Credit von 6,461,000 Pf. St. und eine Vermehrung von 1000 Mann. Der Zweck der Regierung bei diesem Begehren ist, ihre ganz besondere Aufmerksamkeit auf den Bau und die Ausrüstung von Schiffen ersten Rangs zu wenden, um durch diese verstärkten Kriegsmittel den Frieden desto sicherer zu wahren. Die fortdauernde Verstärkung der französischen Seemacht ist einer von den Gründen, die diesen außerordentlichen Credit nöthig machen. Die Geldbewilligung dieses Jahrs soll zur Completirung des nöthigen Materials dienen, damit, wenn plötzliche und unvorgesehene Fälle eintreten sollten (in case of any sudden emergency), die englische Marine im Stande sey, das Meer zu behaupten. Der ministerielle Redner schloß mit dem Antrag auf Bewilligung der angegebenen Summe und von 35,000 Mann für den Seedienst. Sir J. G. Clerk: „Die Erörterung des Hrn. Admiralitätssecretärs läßt viel zu wünschen übrig. Sie erklärt, meines Erachtens, nicht hinlänglich die Ursachen dieser Forderung eines außerordentlichen Credits und einer beträchtlichen Vermehrung an Schiffen und Mannschaft; wohl aber erklärt sich diese Vermehrung, wenn man den jetzigen Stand unserer Marine mit dem vergleicht, welcher er unter der Administration des Herzogs v. Wellington war. Ich füge bei, unsere Seemacht im Mittelmeer ist nicht groß genug; die Franzosen haben die Zahl ihrer großen Schiffe in jenen Gewässern von 8 auf 15 vermehrt. Unsere Schiffe sind schlecht vertheilt, von 21 Linienschiffen schwimmen zwölf im Mittelmeer, drei stationiren daheim als Küstenwache, drei sind nach China beordert, drei liegen im Tajo. Ich glaube, wenn der edle Lord (Palmerston), der so eben gestanden hat, wie wenig Einfluß unsere Regierung in Lissabon genießt (es war nämlich eine kurze Conversation über die unbefriedigten Forderungen der brittischen Staatsgläubiger an Portugal vorausgegangen) – ich glaube, wenn er mit der Zurückberufung unserer Schiffe aus dem Tajo gedroht hätte, so hätte diese Drohung im Interesse der hingehaltenen englischen Gläubiger mehr gefruchtet, als alle seine Vorstellungen. (Hört!) Hätten wir mehr Schiffe verfügbar, so würden die Händel mit China schneller beendigt seyn. Ich vernehme mit Vergnügen, daß die Regierung den Bau großer Linienschiffe anordnen will, muß sie aber darum tadeln, daß sie diese Nothwendigkeit selbst herbeigeführt hat durch ihre dem Ausland gegenüber beobachtete Politik. Diese Politik ähnelt jener des Herzogs v. Choiseul: sie erschöpft die Hülfsquellen des Staats, den sie in beständiger fieberhafter Aufregung erhält.“ Hr. 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Auch jetzt ist der Zustand des Kranken noch so, daß man den Ausgang als sehr zweifelhaft betrachtet. Der Herzog erlitt, wie wir hören, einen Schlagfluß, der ihm fast die ganze eine Seite lähmte, und in seinem Alter (Wellington ist am 1 Mai 1769 geboren) und nach so vielen in verschiedenen Klimaten bestandenen Kriegsstrapazen ist hinsichtlich der Folgen eines solchen Anfalls weit mehr zu fürchten, als zu hoffen. (Am 20 Febr. ließ sich Prinz Albert durch seinen Secretär, Hrn. Seymour, in Apsley-House erkundigen, und der Herzog von Coburg fuhr selbst vor.) Der Contreadmiral Elliot, jüngerer Bruder des ersten Lords der Admiralität Grafen v. Minto, dessen gestriger Erklärung im Oberhaus zufolge er an Sir F. Maitlands Stelle das Commando der Station in den indischen Gewässern übernehmen soll, commandirt zur Zeit die Station am Cap der guten Hoffnung. Der Sun, welcher gegen die Person Elliots selbst nichts einzuwenden hat, tadelt gleichwohl dessen Ernennung insofern, als nothwendig zu viel Zeit verloren gehen müsse, bis demselben die Ordre von England zukommen, und er vom Cap bis nach Calcutta gelangen könne. Das nehme gegen fünf Monate hin. Solle, meint der Sun, gegen China mit Nachdruck eingeschritten werden, wie es doch wohl von Seite der Regierung beschlossen sey, so wäre es rathsamer gewesen, einen der vielen unbeschäftigt in England befindlichen wackern Admirale auf dem kürzern Landwege, d. h. über Aegypten, nach Indien abzusenden. Der in Verbindung mit Lord Durhams kurzer Generalstatthalterschaft in Canada so oft genannte Hr. Turton, ein ausgezeichneter Rechtsgelehrter, ist von dem indischen Generalgouvernement zum Advocate-General beim Obertribunal in Calcutta, an des zurückgetretenen Hrn. Pearson Stelle, ernannt worden. Hr. Turton war schon früher in Indien angestellt. Frankreich. _ Paris, 23 Febr. (Sonntag.) In den Tuilerien wurden gleich nach Verwerfung des Dotationsgesetzes alle Bälle und Concerte abbestellt. (Messager.) Die Entlassung der Minister vom 12 Mai scheint entschieden angenommen zu seyn. Man versichert, Se. Maj. habe den Grafen Molé mit Bildung eines neuen Cabinets beauftragt. (Commerce.) In der Kammer hatten die Gerüchte einer Allianz zwischen Hrn. Molé und Hrn. Thiers einigen Glauben gefunden. (Journal des Débats.) Wir glauben gewiß zu wissen, daß die Angabe des Messager, daß Graf Molé mit Bildung eines neuen Cabinets beauftragt sey, grundlos ist, und daß der Graf die Mission zur Bildung eines Cabinets weder empfangen noch angenommen hat.

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Deutsches Textarchiv: Bereitstellung der Texttranskription. (2016-06-28T11:37:15Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-06-28T11:37:15Z)

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 59. Augsburg, 28. Februar 1840, S. 0466. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_059_18400228/2>, abgerufen am 27.04.2024.