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Allgemeine Zeitung. Nr. 27. Augsburg, 27. Januar 1840.

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Errichtung eines magnetischen Observatoriums in München.

Bekanntlich hat das brittische Gouvernement im verflossenen Herbste zur Erforschung des Erdmagnetismus eine Expedition von zwei Schiffen in den südlichen Ocean abgesendet; und gleichzeitig wurde mit großem Kostenaufwande die Herstellung permanenter magnetischer Observatorien in St. Helena, Montreal, am Cap, in Vandiemensland, dann in Madras, Bombay, und mehreren andern Punkten Ostindiens begonnen. Sämmtliche Anstalten bilden eigentlich nur Ein Ganzes, und führen eine Reihe correspondirender Beobachtungen durch, die sich auf Declination, Inclination und Intensität des Erdmagnetismus zugleich erstrecken. Ihr Bestehen ist vorläufig auf drei Jahre festgesetzt.

Aehnliche Anstalten, obwohl minder vollständig eingerichtet, besaß Rußland schon seit längerer Zeit; und Alexander v. Humboldt, dessen gewichtvoller Anregung jene großartige wissenschaftliche Unternehmung zum Theil ihr Entstehen verdankt, hatte nicht unbemerkt gelassen, wie wichtig es sey, das neu zu Errichtende mit dem Bestehenden zu verbinden. Die Verbindung ist nun auch, gepflogener Verabredung zufolge, in der Art zu Stande gekommen, daß sowohl die vorhandenen Observatorien mit erweiterter Einrichtung, als auch eine neu zu erbauende Haupt- und Centralanstalt in St. Petersburg an einem gemeinschaftlichen Beobachtungssystem Theil nehmen werden.

So umfassende Vorbereitungen zur systematischen Ergründung einer Naturkraft weiset die Geschichte der Wissenschaften aus früherer Zeit nicht auf: es ist eine unserer Zeit angehörende Idee, durch die Gewalt vereinter Hülfsmittel und Intelligenz die Natur zu bezwingen, und was sonst die Frucht vieljähriger vereinzelter Forschung gewesen wäre, durch zusammenwirkende Kräfte in kürzerem Zeitraum zu erobern.

Natürlich sollte die Forschung auf die Gebiete Großbritanniens und Rußlands nicht beschränkt werden. Von beiden Seiten ist denn auch nicht unberücksichtigt gelassen worden, wie sehr die Unternehmung durch die Mitwirkung der übrigen Länder gewinnen würde; und während die königliche Societät in London durch Circulare die Astronomen und Physiker des Continents zur Theilnahme aufforderte, unternahm der berühmte Akademiker Kupffer von St. Petersburg eine Reise durch Deutschland und Frankreich, um persönlich sich deßhalb mit den Gelehrten zu besprechen. Es muß indessen bemerkt werden, daß die Mitwirkung in der gewünschten Ausdehnung neben wissenschaftlicher Thätigkeit und Ausdauer auch bedeutenden Kostenaufwand erfordert; und somit darf es kaum befremden, wenn bisher von einem günstigen Erfolge jener Anregungen nichts Erhebliches bekannt geworden ist. Mit um so größerm Vergnügen können wir nun melden, daß Se. Majestät der König von Bayern, die Vortheile berücksichtigend, welche der Wissenschaft aus einer mitten in Deutschland gelegenen, für Erdmagnetismus thätigen Anstalt erwachsen müssen, die Errichtung eines vollständigen magnetischen Observatoriums neben der k. Sternwarte dahier genehmigt und zur Ausführung einer Beobachtungsreihe in der auswärts angenommenen Ausdehnung die nöthigen Hülfsmittel angewiesen hat. Die Herstellung des Observatoriums so wie die Leitung der Beobachtungen ist dem Akademiker und Conservator Lamont übertragen.

Das neue Beobachtungssystem umfaßt zugleich die Beobachtungen des magnetischen Vereins, die einzigen, welche bisher correspondirend in verschiedenen Städten Deutschlands gemacht wurden, und die übrigens, da sie bloß magnetische Declinationen, und zwar nur an vier Tagen des Jahres, berücksichtigten, weder ein isolirtes Observatorium noch ein eigens angestelltes Personal nothwendig machten. Ueber den Fortgang der Beobachtungen werden wir später Einiges mittheilen, um so mehr, als nicht nur der Gegenstand, sondern auch die außergewöhnliche Art der Untersuchung auf allgemeines Interesse Anspruch machen darf.

Die Adressediscussion in der französischen Pairskammer.

Die Verhandlungen in der französischen Pairskammer über die Adresse nöthigen zu Betrachtungen, die man sich im Grund am liebsten ersparte, aber sie drängen sich auf, wie diejenigen über Erscheinungen an einem krankhaften Organismus. Man macht sie, weil man Augen hat und im eignen Nachdenken die Erscheinungen auf ihre Quelle zurückzuführen gewohnt ist.

Die Redner für und gegen liefern durch das, was sie wollen und sagen, das treue Bild des heutigen Frankreichs. In der Behandlung theoretischer Punkte und untergeordneter Fragen haben sie nicht selten Recht; aus ihrem individuellen Stande betrachtet, in Rücksicht auf das Ziel, das sie erstreben wollen, sind sie geregelt im Unrecht. Die Legitimisten glauben die Revolution für Heinrich V in Sold nehmen zu müssen; die Juliusregierung baut auf die Grundsätze, aus denen sie geboren, auf den Codex des Umsturzes, ihre Erhaltung. Beide Theile greifen eben nach den Mitteln, die ihnen vor den Händen liegen.

Betrachten wir in der Discussion des Paragraphen, der die türkisch-ägyptische Frage betrifft, die Koryphäen der einen und der andern Partei. Diejenigen, welche die weiße Fahne führen, sorgen dafür, daß sie dreifarbig schillere; sie äußern auch nicht eine Ansicht, sprechen nicht eine Hoffnung aus, wozu sich ihre Gegner sonst nicht offen bekannten. Der baldige Fall des türkischen Reichs, die Verwendung Mehemed Ali's als französisches Werkzeug für französische Zwecke, das Zerreißen der Verträge vom Jahr 1815, die Umwälzung Europa's durch neuen Krieg: wozu? um aus dem Mittelmeer einen französischen See und den Rhein zur Gränze zu machen. Dieses Programm trägt der Herzog v. Noailles vor Heinrich V einher, und gesteht dadurch, daß er ein hoffnungsloses Geschäft triebe, führte er dem heutigen Frankreich diesen Prinzen im Kleide des Friedens und Rechtes, als Versöhner und Bürgen gegen die Revolution vor. Er muß ihm die Fackel in die Hand geben, das Princip der Revolution, wie es in Bonaparte verkörpert war, nun als in Heinrich V menschgeworden darstellen, durch ihn den Franzosen die Aussicht öffnen, die Dämme niederreißen zu können, welche Europa Frankreich (nicht dem bourbonischen, sondern dem revolutionären) im Jahr 1815 entgegenstellte, und jenem legitimen Thron an deutschem Gebiete so viel zu unterwerfen, als schon einmal die Revolution übernommen hatte. Um diesen Triumph zu erringen, gehören nach dem Herzog v. Noailles nur zwei Dinge dazu: ein Plan, "im Schweigen

Errichtung eines magnetischen Observatoriums in München.

Bekanntlich hat das brittische Gouvernement im verflossenen Herbste zur Erforschung des Erdmagnetismus eine Expedition von zwei Schiffen in den südlichen Ocean abgesendet; und gleichzeitig wurde mit großem Kostenaufwande die Herstellung permanenter magnetischer Observatorien in St. Helena, Montreal, am Cap, in Vandiemensland, dann in Madras, Bombay, und mehreren andern Punkten Ostindiens begonnen. Sämmtliche Anstalten bilden eigentlich nur Ein Ganzes, und führen eine Reihe correspondirender Beobachtungen durch, die sich auf Declination, Inclination und Intensität des Erdmagnetismus zugleich erstrecken. Ihr Bestehen ist vorläufig auf drei Jahre festgesetzt.

Aehnliche Anstalten, obwohl minder vollständig eingerichtet, besaß Rußland schon seit längerer Zeit; und Alexander v. Humboldt, dessen gewichtvoller Anregung jene großartige wissenschaftliche Unternehmung zum Theil ihr Entstehen verdankt, hatte nicht unbemerkt gelassen, wie wichtig es sey, das neu zu Errichtende mit dem Bestehenden zu verbinden. Die Verbindung ist nun auch, gepflogener Verabredung zufolge, in der Art zu Stande gekommen, daß sowohl die vorhandenen Observatorien mit erweiterter Einrichtung, als auch eine neu zu erbauende Haupt- und Centralanstalt in St. Petersburg an einem gemeinschaftlichen Beobachtungssystem Theil nehmen werden.

So umfassende Vorbereitungen zur systematischen Ergründung einer Naturkraft weiset die Geschichte der Wissenschaften aus früherer Zeit nicht auf: es ist eine unserer Zeit angehörende Idee, durch die Gewalt vereinter Hülfsmittel und Intelligenz die Natur zu bezwingen, und was sonst die Frucht vieljähriger vereinzelter Forschung gewesen wäre, durch zusammenwirkende Kräfte in kürzerem Zeitraum zu erobern.

Natürlich sollte die Forschung auf die Gebiete Großbritanniens und Rußlands nicht beschränkt werden. Von beiden Seiten ist denn auch nicht unberücksichtigt gelassen worden, wie sehr die Unternehmung durch die Mitwirkung der übrigen Länder gewinnen würde; und während die königliche Societät in London durch Circulare die Astronomen und Physiker des Continents zur Theilnahme aufforderte, unternahm der berühmte Akademiker Kupffer von St. Petersburg eine Reise durch Deutschland und Frankreich, um persönlich sich deßhalb mit den Gelehrten zu besprechen. Es muß indessen bemerkt werden, daß die Mitwirkung in der gewünschten Ausdehnung neben wissenschaftlicher Thätigkeit und Ausdauer auch bedeutenden Kostenaufwand erfordert; und somit darf es kaum befremden, wenn bisher von einem günstigen Erfolge jener Anregungen nichts Erhebliches bekannt geworden ist. Mit um so größerm Vergnügen können wir nun melden, daß Se. Majestät der König von Bayern, die Vortheile berücksichtigend, welche der Wissenschaft aus einer mitten in Deutschland gelegenen, für Erdmagnetismus thätigen Anstalt erwachsen müssen, die Errichtung eines vollständigen magnetischen Observatoriums neben der k. Sternwarte dahier genehmigt und zur Ausführung einer Beobachtungsreihe in der auswärts angenommenen Ausdehnung die nöthigen Hülfsmittel angewiesen hat. Die Herstellung des Observatoriums so wie die Leitung der Beobachtungen ist dem Akademiker und Conservator Lamont übertragen.

Das neue Beobachtungssystem umfaßt zugleich die Beobachtungen des magnetischen Vereins, die einzigen, welche bisher correspondirend in verschiedenen Städten Deutschlands gemacht wurden, und die übrigens, da sie bloß magnetische Declinationen, und zwar nur an vier Tagen des Jahres, berücksichtigten, weder ein isolirtes Observatorium noch ein eigens angestelltes Personal nothwendig machten. Ueber den Fortgang der Beobachtungen werden wir später Einiges mittheilen, um so mehr, als nicht nur der Gegenstand, sondern auch die außergewöhnliche Art der Untersuchung auf allgemeines Interesse Anspruch machen darf.

Die Adressediscussion in der französischen Pairskammer.

Die Verhandlungen in der französischen Pairskammer über die Adresse nöthigen zu Betrachtungen, die man sich im Grund am liebsten ersparte, aber sie drängen sich auf, wie diejenigen über Erscheinungen an einem krankhaften Organismus. Man macht sie, weil man Augen hat und im eignen Nachdenken die Erscheinungen auf ihre Quelle zurückzuführen gewohnt ist.

Die Redner für und gegen liefern durch das, was sie wollen und sagen, das treue Bild des heutigen Frankreichs. In der Behandlung theoretischer Punkte und untergeordneter Fragen haben sie nicht selten Recht; aus ihrem individuellen Stande betrachtet, in Rücksicht auf das Ziel, das sie erstreben wollen, sind sie geregelt im Unrecht. Die Legitimisten glauben die Revolution für Heinrich V in Sold nehmen zu müssen; die Juliusregierung baut auf die Grundsätze, aus denen sie geboren, auf den Codex des Umsturzes, ihre Erhaltung. Beide Theile greifen eben nach den Mitteln, die ihnen vor den Händen liegen.

Betrachten wir in der Discussion des Paragraphen, der die türkisch-ägyptische Frage betrifft, die Koryphäen der einen und der andern Partei. Diejenigen, welche die weiße Fahne führen, sorgen dafür, daß sie dreifarbig schillere; sie äußern auch nicht eine Ansicht, sprechen nicht eine Hoffnung aus, wozu sich ihre Gegner sonst nicht offen bekannten. Der baldige Fall des türkischen Reichs, die Verwendung Mehemed Ali's als französisches Werkzeug für französische Zwecke, das Zerreißen der Verträge vom Jahr 1815, die Umwälzung Europa's durch neuen Krieg: wozu? um aus dem Mittelmeer einen französischen See und den Rhein zur Gränze zu machen. Dieses Programm trägt der Herzog v. Noailles vor Heinrich V einher, und gesteht dadurch, daß er ein hoffnungsloses Geschäft triebe, führte er dem heutigen Frankreich diesen Prinzen im Kleide des Friedens und Rechtes, als Versöhner und Bürgen gegen die Revolution vor. Er muß ihm die Fackel in die Hand geben, das Princip der Revolution, wie es in Bonaparte verkörpert war, nun als in Heinrich V menschgeworden darstellen, durch ihn den Franzosen die Aussicht öffnen, die Dämme niederreißen zu können, welche Europa Frankreich (nicht dem bourbonischen, sondern dem revolutionären) im Jahr 1815 entgegenstellte, und jenem legitimen Thron an deutschem Gebiete so viel zu unterwerfen, als schon einmal die Revolution übernommen hatte. Um diesen Triumph zu erringen, gehören nach dem Herzog v. Noailles nur zwei Dinge dazu: ein Plan, „im Schweigen

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[0209/0009] Errichtung eines magnetischen Observatoriums in München. _ München, 20 Januar. Bekanntlich hat das brittische Gouvernement im verflossenen Herbste zur Erforschung des Erdmagnetismus eine Expedition von zwei Schiffen in den südlichen Ocean abgesendet; und gleichzeitig wurde mit großem Kostenaufwande die Herstellung permanenter magnetischer Observatorien in St. Helena, Montreal, am Cap, in Vandiemensland, dann in Madras, Bombay, und mehreren andern Punkten Ostindiens begonnen. Sämmtliche Anstalten bilden eigentlich nur Ein Ganzes, und führen eine Reihe correspondirender Beobachtungen durch, die sich auf Declination, Inclination und Intensität des Erdmagnetismus zugleich erstrecken. Ihr Bestehen ist vorläufig auf drei Jahre festgesetzt. Aehnliche Anstalten, obwohl minder vollständig eingerichtet, besaß Rußland schon seit längerer Zeit; und Alexander v. Humboldt, dessen gewichtvoller Anregung jene großartige wissenschaftliche Unternehmung zum Theil ihr Entstehen verdankt, hatte nicht unbemerkt gelassen, wie wichtig es sey, das neu zu Errichtende mit dem Bestehenden zu verbinden. Die Verbindung ist nun auch, gepflogener Verabredung zufolge, in der Art zu Stande gekommen, daß sowohl die vorhandenen Observatorien mit erweiterter Einrichtung, als auch eine neu zu erbauende Haupt- und Centralanstalt in St. Petersburg an einem gemeinschaftlichen Beobachtungssystem Theil nehmen werden. So umfassende Vorbereitungen zur systematischen Ergründung einer Naturkraft weiset die Geschichte der Wissenschaften aus früherer Zeit nicht auf: es ist eine unserer Zeit angehörende Idee, durch die Gewalt vereinter Hülfsmittel und Intelligenz die Natur zu bezwingen, und was sonst die Frucht vieljähriger vereinzelter Forschung gewesen wäre, durch zusammenwirkende Kräfte in kürzerem Zeitraum zu erobern. Natürlich sollte die Forschung auf die Gebiete Großbritanniens und Rußlands nicht beschränkt werden. Von beiden Seiten ist denn auch nicht unberücksichtigt gelassen worden, wie sehr die Unternehmung durch die Mitwirkung der übrigen Länder gewinnen würde; und während die königliche Societät in London durch Circulare die Astronomen und Physiker des Continents zur Theilnahme aufforderte, unternahm der berühmte Akademiker Kupffer von St. Petersburg eine Reise durch Deutschland und Frankreich, um persönlich sich deßhalb mit den Gelehrten zu besprechen. Es muß indessen bemerkt werden, daß die Mitwirkung in der gewünschten Ausdehnung neben wissenschaftlicher Thätigkeit und Ausdauer auch bedeutenden Kostenaufwand erfordert; und somit darf es kaum befremden, wenn bisher von einem günstigen Erfolge jener Anregungen nichts Erhebliches bekannt geworden ist. Mit um so größerm Vergnügen können wir nun melden, daß Se. Majestät der König von Bayern, die Vortheile berücksichtigend, welche der Wissenschaft aus einer mitten in Deutschland gelegenen, für Erdmagnetismus thätigen Anstalt erwachsen müssen, die Errichtung eines vollständigen magnetischen Observatoriums neben der k. Sternwarte dahier genehmigt und zur Ausführung einer Beobachtungsreihe in der auswärts angenommenen Ausdehnung die nöthigen Hülfsmittel angewiesen hat. Die Herstellung des Observatoriums so wie die Leitung der Beobachtungen ist dem Akademiker und Conservator Lamont übertragen. Das neue Beobachtungssystem umfaßt zugleich die Beobachtungen des magnetischen Vereins, die einzigen, welche bisher correspondirend in verschiedenen Städten Deutschlands gemacht wurden, und die übrigens, da sie bloß magnetische Declinationen, und zwar nur an vier Tagen des Jahres, berücksichtigten, weder ein isolirtes Observatorium noch ein eigens angestelltes Personal nothwendig machten. Ueber den Fortgang der Beobachtungen werden wir später Einiges mittheilen, um so mehr, als nicht nur der Gegenstand, sondern auch die außergewöhnliche Art der Untersuchung auf allgemeines Interesse Anspruch machen darf. Die Adressediscussion in der französischen Pairskammer. _ Vom Main, 18 Jan. Die Verhandlungen in der französischen Pairskammer über die Adresse nöthigen zu Betrachtungen, die man sich im Grund am liebsten ersparte, aber sie drängen sich auf, wie diejenigen über Erscheinungen an einem krankhaften Organismus. Man macht sie, weil man Augen hat und im eignen Nachdenken die Erscheinungen auf ihre Quelle zurückzuführen gewohnt ist. Die Redner für und gegen liefern durch das, was sie wollen und sagen, das treue Bild des heutigen Frankreichs. In der Behandlung theoretischer Punkte und untergeordneter Fragen haben sie nicht selten Recht; aus ihrem individuellen Stande betrachtet, in Rücksicht auf das Ziel, das sie erstreben wollen, sind sie geregelt im Unrecht. Die Legitimisten glauben die Revolution für Heinrich V in Sold nehmen zu müssen; die Juliusregierung baut auf die Grundsätze, aus denen sie geboren, auf den Codex des Umsturzes, ihre Erhaltung. Beide Theile greifen eben nach den Mitteln, die ihnen vor den Händen liegen. Betrachten wir in der Discussion des Paragraphen, der die türkisch-ägyptische Frage betrifft, die Koryphäen der einen und der andern Partei. Diejenigen, welche die weiße Fahne führen, sorgen dafür, daß sie dreifarbig schillere; sie äußern auch nicht eine Ansicht, sprechen nicht eine Hoffnung aus, wozu sich ihre Gegner sonst nicht offen bekannten. Der baldige Fall des türkischen Reichs, die Verwendung Mehemed Ali's als französisches Werkzeug für französische Zwecke, das Zerreißen der Verträge vom Jahr 1815, die Umwälzung Europa's durch neuen Krieg: wozu? um aus dem Mittelmeer einen französischen See und den Rhein zur Gränze zu machen. Dieses Programm trägt der Herzog v. Noailles vor Heinrich V einher, und gesteht dadurch, daß er ein hoffnungsloses Geschäft triebe, führte er dem heutigen Frankreich diesen Prinzen im Kleide des Friedens und Rechtes, als Versöhner und Bürgen gegen die Revolution vor. Er muß ihm die Fackel in die Hand geben, das Princip der Revolution, wie es in Bonaparte verkörpert war, nun als in Heinrich V menschgeworden darstellen, durch ihn den Franzosen die Aussicht öffnen, die Dämme niederreißen zu können, welche Europa Frankreich (nicht dem bourbonischen, sondern dem revolutionären) im Jahr 1815 entgegenstellte, und jenem legitimen Thron an deutschem Gebiete so viel zu unterwerfen, als schon einmal die Revolution übernommen hatte. Um diesen Triumph zu erringen, gehören nach dem Herzog v. Noailles nur zwei Dinge dazu: ein Plan, „im Schweigen

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 27. Augsburg, 27. Januar 1840, S. 0209. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_027_18400127/9>, abgerufen am 19.04.2024.