Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Allgemeine Zeitung. Nr. 26. Augsburg, 26. Januar 1840.

Bild:
<< vorherige Seite


Sinn in dieser großen Frage der Eisenbahnen in Frankreich dermalen noch nicht gehörig erschlossen ist; vielleicht thut die nationale Eitelkeit und Eifersucht mehr, als alle Schilderungen der großartigen Wirkungen der zu unternehmenden Eisenwege nach den Hauptrichtungen des Königreichs.

Gestern Abend ist das Dampfboot Ramier, direct von Oran kommend, auf unserer Rhede eingetroffen. Es brachte uns Briefe aus Oran vom 12 Jan. folgenden wesentlichen Inhalts. Buchanedi, der bekannte Kabylenhäuptling und Khalifa von Tlemsan, hat mit seiner 5 bis 6000 Mann starken Armee den Rio Salado überschritten, und steht bei Lameria, während Hadschi-Mustapha, Abd-El-Kaders Schwager, zu Keberdscha, zwei Lieues vom Lager des Feigenbaums, gleichfalls mit 5000 Mann steht. Die Besatzung von Oran und den Umgebungen erwartete jeden Augenblick einen Angriff, fürchtete aber nichts, denn alle Posten waren gut bewacht und verproviantirt. General Guehenneuc ist mit einer Colonne von 1500 Mann aufgebrochen, um die Stellung der Feinde zu recognosciren. Nach der Aussage eines Arabers vom Stamme der Duairs, der zu uns übergegangen ist, befindet sich Abd-El-Kader gegenwärtig zu Tekedemt. - Aus Mostaganem gehen die Nachrichten bis zum 11 Januar. Diese Stadt war von 5 bis 6000 Mann eingeschlossen und die Besatzung zu schwach, um Ausfälle zu machen. Die Keckheit der arabischen Maraudeurs ging dort so weit, daß sie in das Magazin der Marine Löcher machten, hineindrangen und alles Tragbare fortschleppten. Auch ein Theil der Heerde der Garnison wurde geraubt und ihr Hüter getödtet. Es hieß, ein französisches Truppencorps von 4 bis 5000 Mann würde in Mostaganem versammelt, um gegen Mascara und die Stämme am Schelif zu operiren. Man sah aber dort bei Abgang der letzten Nachrichten weder Schiffe noch Soldaten.

Belgien.

Das Ministerium hat in der so kitzlichen Sache des Canals von l'Espierre gesiegt. 44 Deputirte gegen 27 haben für die von dem Minister der öffentlichen Arbeiten beantragte vorläufige Frage, das heißt dafür, daß der Gegenstand nicht berathschlagt werden soll, votirt. Dadurch fällt der ganze Vorwurf des vormaligen Abschlusses eines Tractats mit Frankreich über diesen Canal, ohne von der gesetzgebenden Gewalt dazu ermächtigt gewesen zu seyn. Denn die Frage ward, auf diese Art gestellt, im Sinne des Geschehenen, das heißt, daß die Regierung zum Tractate berechtigt gewesen sey, entschieden. - In Utrecht befindet sich nun kein Mitglied mehr von der gemischten Liquidationscommission. Der Wiederzusammentritt dieser Commission scheint noch nicht sehr nahe zu seyn. Man konnte sich unmöglich verständigen, bevor man nicht über die ersten Grundsätze einig war. Diese Frage der Grundsätze soll auf diplomatischem Wege verhandelt werden. - Es heißt, daß die neueste Reise des Baron James v. Rothschild sich auf eine von diesem Bankier für die Liquidation jener Schuld vorgeschlagene Combination bezog. - Die Finanzen unseres Landes waren nie in einem blühendern Zustande, nie die Cassen mehr angefüllt. Dieß geht so weit, daß man für den Bedarf der Eisenbahn Schatzscheine auf drei Monate mit jährlich 2 1/2 Proc. emittirt, ein Tarif, worauf man sie reduciren mußte, um den Zufluß der Capitalien, die sich millionenweise und auf eine außerordentliche Art darboten, zu vermeiden. In den Schätzungen der Einnahmen und Ausgaben wird ein Ueberschuß von wenigstens 600,000 Fr. in den Einnahmen angegeben werden, eine Summe, die aber leicht größer ausfallen dürfte, da sie nach den Erträgnissen eines Jahrs der Krise geschätzt wurden. Man wird für den Augenblick nicht zu einem Anleihen schreiten dürfen, und doch betreibt man sehr thätig die Arbeiten der Eisenbahn, welche nach ihrer gänzlichen Vollendung uns mit Deutschland verbindet, mit England über Ostende, mit Frankreich über Mons und Courtray. Diese Arbeiten werden dann eine Ausgabe von 110 Millionen veranlaßt haben. - Zu der Ernennung eines sechsten Ministers, nämlich für die auswärtigen Angelegenheiten, scheint man erst nach dem Votum aller Budgets schreiten zu wollen. Es sind noch drei Budgets anzunehmen, nämlich das der öffentlichen Arbeiten, das man gegenwärtig erörtert, das des Innern und das des Kriegs. Das letztere dürfte die lebhafteste Opposition veranlassen. Man spricht von starken Reductionen, die Kammer wird aber noch zu untersuchen haben, ob es nicht trotz aller Ersparungen, welche der Friedensstand fordert, zweckmäßig sey, eine gute Militärorganisation aufrecht zu erhalten, die für den politischen Zustand, welchen man Belgien bereitet hat, und für seine geographische Lage nöthig seyn dürfte.

Niederlande.

Ihre k. Hoh. die Prinzessin von Oranien ist heute ins 46ste Lebensjahr getreten; der hohe Geburtstag wurde auf gebräuchliche Weise gefeiert. - Wie man hört, haben bereits viele Officiere unserer Landmacht von dem ihnen dargebotenen Urlaub Gebrauch gemacht, und gehen zum Theil ins Ausland. Bei dem Kriegsministerium herrscht fortdauernd große Thätigkeit. - Noch immer hat die Regierung keinen definitiven Beschluß in Bezug auf die Verlängerung der Amsterdam-Haarlemer Eisenbahn nach Rotterdam genommen. Wohl steht aber zu erwarten, daß ein solcher nun bald erfolgt. - Die Actien der Amsterdam-Haarlemer Eisenbahn können sich übrigens nicht auf Pari heben, woran der allgemein niedrige Stand unserer Fonds mit Schuld ist.

Die Angelegenheiten in Holland nehmen trotz der ruhigen Außenseite eine immer ernstere Wendung. Die Vorschläge, welche die Regierung am Ende des vorigen Jahrs gemacht hat, haben eine ziemlich allgemeine Unzufriedenheit, ja man kann sagen, Entrüstung hervorgebracht, die sich gleich darin zeigte, daß man trotz des Widerspruchs des Präsidenten die Wiederversammlung der Generalstaaten gleich auf 14 Tage anberaumte. Sie kamen am 13 wieder zusammen, aber was sollten sie thun? Ueber Vorschläge berathen, die nach der Ansicht von neun Zehntheilen der Kammer gar nicht der Berathung werth waren, da sie nur Formsachen betrafen? Schon war das Mißtrauen geschäftig und man legte der Regierung die Absicht unter, sie habe die Generalstaaten in Verlegenheit setzen wollen, indem anzunehmen war, daß alsbald eine Menge neuer Vorschläge an die Kammer einlaufen, daß einer den andern verdrängen werde, und wenn man sich darüber erhitzt und müde gesprochen, so könne die Regierung dann um so leichter ihre Vorschläge durchsetzen, oder im Fall einige ihr nicht angenehme Vorschläge in der zweiten Kammer durchgingen, diese durch die erste Kammer, die bis jetzt noch immer im Sinne der Regierung handelte, verwerfen lassen. Diesem Plane trat der Vorschlag der fünf Mitglieder: Luzac, Corver Hooft, Van Dam van Ysselt, Schimmelpenninck und Rappard entgegen. Diesen Antrag hat die Kammer vorerst abgelehnt, wohl hauptsächlich darum, weil sie auf diese Weise sich mit Einemmal zur constituirenden erklärt hätte, und sie in gewissem Sinne gegen das Grundgesetz anstieße, indem sie die Gesetzesvorschläge der Regierung ganz unbeachtet ließ, während doch die Kammer sich mit den Regierungsvorschlägen vor allem Andern beschäftigen soll. Dieß hätte der ersten Kammer Grund und Veranlassung gegeben, alle Vorschläge der zweiten zur Veränderung des Grundgesetzes zurückzuweisen, und man zog es daher vor,


Sinn in dieser großen Frage der Eisenbahnen in Frankreich dermalen noch nicht gehörig erschlossen ist; vielleicht thut die nationale Eitelkeit und Eifersucht mehr, als alle Schilderungen der großartigen Wirkungen der zu unternehmenden Eisenwege nach den Hauptrichtungen des Königreichs.

Gestern Abend ist das Dampfboot Ramier, direct von Oran kommend, auf unserer Rhede eingetroffen. Es brachte uns Briefe aus Oran vom 12 Jan. folgenden wesentlichen Inhalts. Buchanedi, der bekannte Kabylenhäuptling und Khalifa von Tlemsan, hat mit seiner 5 bis 6000 Mann starken Armee den Rio Salado überschritten, und steht bei Lameria, während Hadschi-Mustapha, Abd-El-Kaders Schwager, zu Keberdscha, zwei Lieues vom Lager des Feigenbaums, gleichfalls mit 5000 Mann steht. Die Besatzung von Oran und den Umgebungen erwartete jeden Augenblick einen Angriff, fürchtete aber nichts, denn alle Posten waren gut bewacht und verproviantirt. General Guehenneuc ist mit einer Colonne von 1500 Mann aufgebrochen, um die Stellung der Feinde zu recognosciren. Nach der Aussage eines Arabers vom Stamme der Duairs, der zu uns übergegangen ist, befindet sich Abd-El-Kader gegenwärtig zu Tekedemt. – Aus Mostaganem gehen die Nachrichten bis zum 11 Januar. Diese Stadt war von 5 bis 6000 Mann eingeschlossen und die Besatzung zu schwach, um Ausfälle zu machen. Die Keckheit der arabischen Maraudeurs ging dort so weit, daß sie in das Magazin der Marine Löcher machten, hineindrangen und alles Tragbare fortschleppten. Auch ein Theil der Heerde der Garnison wurde geraubt und ihr Hüter getödtet. Es hieß, ein französisches Truppencorps von 4 bis 5000 Mann würde in Mostaganem versammelt, um gegen Mascara und die Stämme am Schelif zu operiren. Man sah aber dort bei Abgang der letzten Nachrichten weder Schiffe noch Soldaten.

Belgien.

Das Ministerium hat in der so kitzlichen Sache des Canals von l'Espierre gesiegt. 44 Deputirte gegen 27 haben für die von dem Minister der öffentlichen Arbeiten beantragte vorläufige Frage, das heißt dafür, daß der Gegenstand nicht berathschlagt werden soll, votirt. Dadurch fällt der ganze Vorwurf des vormaligen Abschlusses eines Tractats mit Frankreich über diesen Canal, ohne von der gesetzgebenden Gewalt dazu ermächtigt gewesen zu seyn. Denn die Frage ward, auf diese Art gestellt, im Sinne des Geschehenen, das heißt, daß die Regierung zum Tractate berechtigt gewesen sey, entschieden. – In Utrecht befindet sich nun kein Mitglied mehr von der gemischten Liquidationscommission. Der Wiederzusammentritt dieser Commission scheint noch nicht sehr nahe zu seyn. Man konnte sich unmöglich verständigen, bevor man nicht über die ersten Grundsätze einig war. Diese Frage der Grundsätze soll auf diplomatischem Wege verhandelt werden. – Es heißt, daß die neueste Reise des Baron James v. Rothschild sich auf eine von diesem Bankier für die Liquidation jener Schuld vorgeschlagene Combination bezog. – Die Finanzen unseres Landes waren nie in einem blühendern Zustande, nie die Cassen mehr angefüllt. Dieß geht so weit, daß man für den Bedarf der Eisenbahn Schatzscheine auf drei Monate mit jährlich 2 1/2 Proc. emittirt, ein Tarif, worauf man sie reduciren mußte, um den Zufluß der Capitalien, die sich millionenweise und auf eine außerordentliche Art darboten, zu vermeiden. In den Schätzungen der Einnahmen und Ausgaben wird ein Ueberschuß von wenigstens 600,000 Fr. in den Einnahmen angegeben werden, eine Summe, die aber leicht größer ausfallen dürfte, da sie nach den Erträgnissen eines Jahrs der Krise geschätzt wurden. Man wird für den Augenblick nicht zu einem Anleihen schreiten dürfen, und doch betreibt man sehr thätig die Arbeiten der Eisenbahn, welche nach ihrer gänzlichen Vollendung uns mit Deutschland verbindet, mit England über Ostende, mit Frankreich über Mons und Courtray. Diese Arbeiten werden dann eine Ausgabe von 110 Millionen veranlaßt haben. – Zu der Ernennung eines sechsten Ministers, nämlich für die auswärtigen Angelegenheiten, scheint man erst nach dem Votum aller Budgets schreiten zu wollen. Es sind noch drei Budgets anzunehmen, nämlich das der öffentlichen Arbeiten, das man gegenwärtig erörtert, das des Innern und das des Kriegs. Das letztere dürfte die lebhafteste Opposition veranlassen. Man spricht von starken Reductionen, die Kammer wird aber noch zu untersuchen haben, ob es nicht trotz aller Ersparungen, welche der Friedensstand fordert, zweckmäßig sey, eine gute Militärorganisation aufrecht zu erhalten, die für den politischen Zustand, welchen man Belgien bereitet hat, und für seine geographische Lage nöthig seyn dürfte.

Niederlande.

Ihre k. Hoh. die Prinzessin von Oranien ist heute ins 46ste Lebensjahr getreten; der hohe Geburtstag wurde auf gebräuchliche Weise gefeiert. – Wie man hört, haben bereits viele Officiere unserer Landmacht von dem ihnen dargebotenen Urlaub Gebrauch gemacht, und gehen zum Theil ins Ausland. Bei dem Kriegsministerium herrscht fortdauernd große Thätigkeit. – Noch immer hat die Regierung keinen definitiven Beschluß in Bezug auf die Verlängerung der Amsterdam-Haarlemer Eisenbahn nach Rotterdam genommen. Wohl steht aber zu erwarten, daß ein solcher nun bald erfolgt. – Die Actien der Amsterdam-Haarlemer Eisenbahn können sich übrigens nicht auf Pari heben, woran der allgemein niedrige Stand unserer Fonds mit Schuld ist.

Die Angelegenheiten in Holland nehmen trotz der ruhigen Außenseite eine immer ernstere Wendung. Die Vorschläge, welche die Regierung am Ende des vorigen Jahrs gemacht hat, haben eine ziemlich allgemeine Unzufriedenheit, ja man kann sagen, Entrüstung hervorgebracht, die sich gleich darin zeigte, daß man trotz des Widerspruchs des Präsidenten die Wiederversammlung der Generalstaaten gleich auf 14 Tage anberaumte. Sie kamen am 13 wieder zusammen, aber was sollten sie thun? Ueber Vorschläge berathen, die nach der Ansicht von neun Zehntheilen der Kammer gar nicht der Berathung werth waren, da sie nur Formsachen betrafen? Schon war das Mißtrauen geschäftig und man legte der Regierung die Absicht unter, sie habe die Generalstaaten in Verlegenheit setzen wollen, indem anzunehmen war, daß alsbald eine Menge neuer Vorschläge an die Kammer einlaufen, daß einer den andern verdrängen werde, und wenn man sich darüber erhitzt und müde gesprochen, so könne die Regierung dann um so leichter ihre Vorschläge durchsetzen, oder im Fall einige ihr nicht angenehme Vorschläge in der zweiten Kammer durchgingen, diese durch die erste Kammer, die bis jetzt noch immer im Sinne der Regierung handelte, verwerfen lassen. Diesem Plane trat der Vorschlag der fünf Mitglieder: Luzac, Corver Hooft, Van Dam van Ysselt, Schimmelpenninck und Rappard entgegen. Diesen Antrag hat die Kammer vorerst abgelehnt, wohl hauptsächlich darum, weil sie auf diese Weise sich mit Einemmal zur constituirenden erklärt hätte, und sie in gewissem Sinne gegen das Grundgesetz anstieße, indem sie die Gesetzesvorschläge der Regierung ganz unbeachtet ließ, während doch die Kammer sich mit den Regierungsvorschlägen vor allem Andern beschäftigen soll. Dieß hätte der ersten Kammer Grund und Veranlassung gegeben, alle Vorschläge der zweiten zur Veränderung des Grundgesetzes zurückzuweisen, und man zog es daher vor,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div type="jArticle" n="2">
          <p><pb facs="#f0005" n="0205"/><lb/>
Sinn in dieser großen Frage der Eisenbahnen in Frankreich dermalen noch nicht gehörig erschlossen ist; vielleicht thut die nationale Eitelkeit und Eifersucht mehr, als alle Schilderungen der großartigen Wirkungen der zu unternehmenden Eisenwege nach den Hauptrichtungen des Königreichs.</p>
        </div><lb/>
        <div type="jArticle" n="2">
          <byline>*</byline>
          <dateline><hi rendition="#b">Toulon,</hi> 17 Jan.</dateline>
          <p> Gestern Abend ist das Dampfboot Ramier, direct von Oran kommend, auf unserer Rhede eingetroffen. Es brachte uns Briefe aus Oran vom 12 Jan. folgenden wesentlichen Inhalts. Buchanedi, der bekannte Kabylenhäuptling und Khalifa von Tlemsan, hat mit seiner 5 bis 6000 Mann starken Armee den Rio Salado überschritten, und steht bei Lameria, während Hadschi-Mustapha, Abd-El-Kaders Schwager, zu Keberdscha, zwei Lieues vom Lager des Feigenbaums, gleichfalls mit 5000 Mann steht. Die Besatzung von Oran und den Umgebungen erwartete jeden Augenblick einen Angriff, fürchtete aber nichts, denn alle Posten waren gut bewacht und verproviantirt. General Guehenneuc ist mit einer Colonne von 1500 Mann aufgebrochen, um die Stellung der Feinde zu recognosciren. Nach der Aussage eines Arabers vom Stamme der Duairs, der zu uns übergegangen ist, befindet sich Abd-El-Kader gegenwärtig zu Tekedemt. &#x2013; Aus Mostaganem gehen die Nachrichten bis zum 11 Januar. Diese Stadt war von 5 bis 6000 Mann eingeschlossen und die Besatzung zu schwach, um Ausfälle zu machen. Die Keckheit der arabischen Maraudeurs ging dort so weit, daß sie in das Magazin der Marine Löcher machten, hineindrangen und alles Tragbare fortschleppten. Auch ein Theil der Heerde der Garnison wurde geraubt und ihr Hüter getödtet. Es hieß, ein französisches Truppencorps von 4 bis 5000 Mann würde in Mostaganem versammelt, um gegen Mascara und die Stämme am Schelif zu operiren. Man sah aber dort bei Abgang der letzten Nachrichten weder Schiffe noch Soldaten.</p><lb/>
        </div>
      </div>
      <div n="1">
        <head> <hi rendition="#b">Belgien.</hi> </head><lb/>
        <div type="jArticle" n="2">
          <byline>***</byline>
          <dateline><hi rendition="#b">Brüssel,</hi> 18 Jan.</dateline>
          <p> Das Ministerium hat in der so kitzlichen Sache des Canals von l'Espierre gesiegt. 44 Deputirte gegen 27 haben für die von dem Minister der öffentlichen Arbeiten beantragte vorläufige Frage, das heißt dafür, daß der Gegenstand nicht berathschlagt werden soll, votirt. Dadurch fällt der ganze Vorwurf des vormaligen Abschlusses eines Tractats mit Frankreich über diesen Canal, ohne von der gesetzgebenden Gewalt dazu ermächtigt gewesen zu seyn. Denn die Frage ward, auf diese Art gestellt, im Sinne des Geschehenen, das heißt, daß die Regierung zum Tractate berechtigt gewesen sey, entschieden. &#x2013; In Utrecht befindet sich nun kein Mitglied mehr von der gemischten Liquidationscommission. Der Wiederzusammentritt dieser Commission scheint noch nicht sehr nahe zu seyn. Man konnte sich unmöglich verständigen, bevor man nicht über die ersten Grundsätze einig war. Diese Frage der Grundsätze soll auf diplomatischem Wege verhandelt werden. &#x2013; Es heißt, daß die neueste Reise des Baron James v. Rothschild sich auf eine von diesem Bankier für die Liquidation jener Schuld vorgeschlagene Combination bezog. &#x2013; Die Finanzen unseres Landes waren nie in einem blühendern Zustande, nie die Cassen mehr angefüllt. Dieß geht so weit, daß man für den Bedarf der Eisenbahn Schatzscheine auf drei Monate mit jährlich 2 1/2 Proc. emittirt, ein Tarif, worauf man sie reduciren mußte, um den Zufluß der Capitalien, die sich millionenweise und auf eine außerordentliche Art darboten, zu vermeiden. In den Schätzungen der Einnahmen und Ausgaben wird ein Ueberschuß von wenigstens 600,000 Fr. in den Einnahmen angegeben werden, eine Summe, die aber leicht größer ausfallen dürfte, da sie nach den Erträgnissen eines Jahrs der Krise geschätzt wurden. Man wird für den Augenblick nicht zu einem Anleihen schreiten dürfen, und doch betreibt man sehr thätig die Arbeiten der Eisenbahn, welche nach ihrer gänzlichen Vollendung uns mit Deutschland verbindet, mit England über Ostende, mit Frankreich über Mons und Courtray. Diese Arbeiten werden dann eine Ausgabe von 110 Millionen veranlaßt haben. &#x2013; Zu der Ernennung eines sechsten Ministers, nämlich für die auswärtigen Angelegenheiten, scheint man erst nach dem Votum aller Budgets schreiten zu wollen. Es sind noch drei Budgets anzunehmen, nämlich das der öffentlichen Arbeiten, das man gegenwärtig erörtert, das des Innern und das des Kriegs. Das letztere dürfte die lebhafteste Opposition veranlassen. Man spricht von starken Reductionen, die Kammer wird aber noch zu untersuchen haben, ob es nicht trotz aller Ersparungen, welche der Friedensstand fordert, zweckmäßig sey, eine gute Militärorganisation aufrecht zu erhalten, die für den politischen Zustand, welchen man Belgien bereitet hat, und für seine geographische Lage nöthig seyn dürfte.</p><lb/>
        </div>
      </div>
      <div n="1">
        <head> <hi rendition="#b">Niederlande.</hi> </head><lb/>
        <div type="jArticle" n="2">
          <byline>*&#x271D;</byline>
          <dateline><hi rendition="#b">Aus dem Haag,</hi> 19 Jan.</dateline>
          <p> Ihre k. Hoh. die Prinzessin von Oranien ist heute ins 46ste Lebensjahr getreten; der hohe Geburtstag wurde auf gebräuchliche Weise gefeiert. &#x2013; Wie man hört, haben bereits viele Officiere unserer Landmacht von dem ihnen dargebotenen Urlaub Gebrauch gemacht, und gehen zum Theil ins Ausland. Bei dem Kriegsministerium herrscht fortdauernd große Thätigkeit. &#x2013; Noch immer hat die Regierung keinen definitiven Beschluß in Bezug auf die Verlängerung der Amsterdam-Haarlemer Eisenbahn nach Rotterdam genommen. Wohl steht aber zu erwarten, daß ein solcher nun bald erfolgt. &#x2013; Die Actien der Amsterdam-Haarlemer Eisenbahn können sich übrigens nicht auf Pari heben, woran der allgemein niedrige Stand unserer Fonds mit Schuld ist.</p>
        </div><lb/>
        <div type="jArticle" n="2">
          <byline>*</byline>
          <dateline><hi rendition="#b">Vom Niederrhein,</hi> 20 Jan.</dateline>
          <p> Die Angelegenheiten in Holland nehmen trotz der ruhigen Außenseite eine immer ernstere Wendung. Die Vorschläge, welche die Regierung am Ende des vorigen Jahrs gemacht hat, haben eine ziemlich allgemeine Unzufriedenheit, ja man kann sagen, Entrüstung hervorgebracht, die sich gleich darin zeigte, daß man trotz des Widerspruchs des Präsidenten die Wiederversammlung der Generalstaaten gleich auf 14 Tage anberaumte. Sie kamen am 13 wieder zusammen, aber was sollten sie thun? Ueber Vorschläge berathen, die nach der Ansicht von neun Zehntheilen der Kammer gar nicht der Berathung werth waren, da sie nur Formsachen betrafen? Schon war das Mißtrauen geschäftig und man legte der Regierung die Absicht unter, sie habe die Generalstaaten in Verlegenheit setzen <hi rendition="#g">wollen</hi>, indem anzunehmen war, daß alsbald eine Menge neuer Vorschläge an die Kammer einlaufen, daß einer den andern verdrängen werde, und wenn man sich darüber erhitzt und müde gesprochen, so könne die Regierung dann um so leichter ihre Vorschläge durchsetzen, oder im Fall einige ihr nicht angenehme Vorschläge in der zweiten Kammer durchgingen, diese durch die erste Kammer, die bis jetzt noch immer im Sinne der Regierung handelte, verwerfen lassen. Diesem Plane trat der Vorschlag der fünf Mitglieder: Luzac, Corver Hooft, Van Dam van Ysselt, Schimmelpenninck und Rappard entgegen. Diesen Antrag hat die Kammer vorerst abgelehnt, wohl hauptsächlich darum, weil sie auf diese Weise sich mit Einemmal zur <hi rendition="#g">constituirenden</hi> erklärt hätte, und sie in gewissem Sinne gegen das Grundgesetz anstieße, indem sie die Gesetzesvorschläge der Regierung ganz unbeachtet ließ, während doch die Kammer sich mit den Regierungsvorschlägen vor allem Andern beschäftigen soll. Dieß hätte der ersten Kammer Grund und Veranlassung gegeben, alle Vorschläge der zweiten zur Veränderung des Grundgesetzes zurückzuweisen, und man zog es daher vor,<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0205/0005] Sinn in dieser großen Frage der Eisenbahnen in Frankreich dermalen noch nicht gehörig erschlossen ist; vielleicht thut die nationale Eitelkeit und Eifersucht mehr, als alle Schilderungen der großartigen Wirkungen der zu unternehmenden Eisenwege nach den Hauptrichtungen des Königreichs. * Toulon, 17 Jan. Gestern Abend ist das Dampfboot Ramier, direct von Oran kommend, auf unserer Rhede eingetroffen. Es brachte uns Briefe aus Oran vom 12 Jan. folgenden wesentlichen Inhalts. Buchanedi, der bekannte Kabylenhäuptling und Khalifa von Tlemsan, hat mit seiner 5 bis 6000 Mann starken Armee den Rio Salado überschritten, und steht bei Lameria, während Hadschi-Mustapha, Abd-El-Kaders Schwager, zu Keberdscha, zwei Lieues vom Lager des Feigenbaums, gleichfalls mit 5000 Mann steht. Die Besatzung von Oran und den Umgebungen erwartete jeden Augenblick einen Angriff, fürchtete aber nichts, denn alle Posten waren gut bewacht und verproviantirt. General Guehenneuc ist mit einer Colonne von 1500 Mann aufgebrochen, um die Stellung der Feinde zu recognosciren. Nach der Aussage eines Arabers vom Stamme der Duairs, der zu uns übergegangen ist, befindet sich Abd-El-Kader gegenwärtig zu Tekedemt. – Aus Mostaganem gehen die Nachrichten bis zum 11 Januar. Diese Stadt war von 5 bis 6000 Mann eingeschlossen und die Besatzung zu schwach, um Ausfälle zu machen. Die Keckheit der arabischen Maraudeurs ging dort so weit, daß sie in das Magazin der Marine Löcher machten, hineindrangen und alles Tragbare fortschleppten. Auch ein Theil der Heerde der Garnison wurde geraubt und ihr Hüter getödtet. Es hieß, ein französisches Truppencorps von 4 bis 5000 Mann würde in Mostaganem versammelt, um gegen Mascara und die Stämme am Schelif zu operiren. Man sah aber dort bei Abgang der letzten Nachrichten weder Schiffe noch Soldaten. Belgien. ***Brüssel, 18 Jan. Das Ministerium hat in der so kitzlichen Sache des Canals von l'Espierre gesiegt. 44 Deputirte gegen 27 haben für die von dem Minister der öffentlichen Arbeiten beantragte vorläufige Frage, das heißt dafür, daß der Gegenstand nicht berathschlagt werden soll, votirt. Dadurch fällt der ganze Vorwurf des vormaligen Abschlusses eines Tractats mit Frankreich über diesen Canal, ohne von der gesetzgebenden Gewalt dazu ermächtigt gewesen zu seyn. Denn die Frage ward, auf diese Art gestellt, im Sinne des Geschehenen, das heißt, daß die Regierung zum Tractate berechtigt gewesen sey, entschieden. – In Utrecht befindet sich nun kein Mitglied mehr von der gemischten Liquidationscommission. Der Wiederzusammentritt dieser Commission scheint noch nicht sehr nahe zu seyn. Man konnte sich unmöglich verständigen, bevor man nicht über die ersten Grundsätze einig war. Diese Frage der Grundsätze soll auf diplomatischem Wege verhandelt werden. – Es heißt, daß die neueste Reise des Baron James v. Rothschild sich auf eine von diesem Bankier für die Liquidation jener Schuld vorgeschlagene Combination bezog. – Die Finanzen unseres Landes waren nie in einem blühendern Zustande, nie die Cassen mehr angefüllt. Dieß geht so weit, daß man für den Bedarf der Eisenbahn Schatzscheine auf drei Monate mit jährlich 2 1/2 Proc. emittirt, ein Tarif, worauf man sie reduciren mußte, um den Zufluß der Capitalien, die sich millionenweise und auf eine außerordentliche Art darboten, zu vermeiden. In den Schätzungen der Einnahmen und Ausgaben wird ein Ueberschuß von wenigstens 600,000 Fr. in den Einnahmen angegeben werden, eine Summe, die aber leicht größer ausfallen dürfte, da sie nach den Erträgnissen eines Jahrs der Krise geschätzt wurden. Man wird für den Augenblick nicht zu einem Anleihen schreiten dürfen, und doch betreibt man sehr thätig die Arbeiten der Eisenbahn, welche nach ihrer gänzlichen Vollendung uns mit Deutschland verbindet, mit England über Ostende, mit Frankreich über Mons und Courtray. Diese Arbeiten werden dann eine Ausgabe von 110 Millionen veranlaßt haben. – Zu der Ernennung eines sechsten Ministers, nämlich für die auswärtigen Angelegenheiten, scheint man erst nach dem Votum aller Budgets schreiten zu wollen. Es sind noch drei Budgets anzunehmen, nämlich das der öffentlichen Arbeiten, das man gegenwärtig erörtert, das des Innern und das des Kriegs. Das letztere dürfte die lebhafteste Opposition veranlassen. Man spricht von starken Reductionen, die Kammer wird aber noch zu untersuchen haben, ob es nicht trotz aller Ersparungen, welche der Friedensstand fordert, zweckmäßig sey, eine gute Militärorganisation aufrecht zu erhalten, die für den politischen Zustand, welchen man Belgien bereitet hat, und für seine geographische Lage nöthig seyn dürfte. Niederlande. *✝Aus dem Haag, 19 Jan. Ihre k. Hoh. die Prinzessin von Oranien ist heute ins 46ste Lebensjahr getreten; der hohe Geburtstag wurde auf gebräuchliche Weise gefeiert. – Wie man hört, haben bereits viele Officiere unserer Landmacht von dem ihnen dargebotenen Urlaub Gebrauch gemacht, und gehen zum Theil ins Ausland. Bei dem Kriegsministerium herrscht fortdauernd große Thätigkeit. – Noch immer hat die Regierung keinen definitiven Beschluß in Bezug auf die Verlängerung der Amsterdam-Haarlemer Eisenbahn nach Rotterdam genommen. Wohl steht aber zu erwarten, daß ein solcher nun bald erfolgt. – Die Actien der Amsterdam-Haarlemer Eisenbahn können sich übrigens nicht auf Pari heben, woran der allgemein niedrige Stand unserer Fonds mit Schuld ist. * Vom Niederrhein, 20 Jan. Die Angelegenheiten in Holland nehmen trotz der ruhigen Außenseite eine immer ernstere Wendung. Die Vorschläge, welche die Regierung am Ende des vorigen Jahrs gemacht hat, haben eine ziemlich allgemeine Unzufriedenheit, ja man kann sagen, Entrüstung hervorgebracht, die sich gleich darin zeigte, daß man trotz des Widerspruchs des Präsidenten die Wiederversammlung der Generalstaaten gleich auf 14 Tage anberaumte. Sie kamen am 13 wieder zusammen, aber was sollten sie thun? Ueber Vorschläge berathen, die nach der Ansicht von neun Zehntheilen der Kammer gar nicht der Berathung werth waren, da sie nur Formsachen betrafen? Schon war das Mißtrauen geschäftig und man legte der Regierung die Absicht unter, sie habe die Generalstaaten in Verlegenheit setzen wollen, indem anzunehmen war, daß alsbald eine Menge neuer Vorschläge an die Kammer einlaufen, daß einer den andern verdrängen werde, und wenn man sich darüber erhitzt und müde gesprochen, so könne die Regierung dann um so leichter ihre Vorschläge durchsetzen, oder im Fall einige ihr nicht angenehme Vorschläge in der zweiten Kammer durchgingen, diese durch die erste Kammer, die bis jetzt noch immer im Sinne der Regierung handelte, verwerfen lassen. Diesem Plane trat der Vorschlag der fünf Mitglieder: Luzac, Corver Hooft, Van Dam van Ysselt, Schimmelpenninck und Rappard entgegen. Diesen Antrag hat die Kammer vorerst abgelehnt, wohl hauptsächlich darum, weil sie auf diese Weise sich mit Einemmal zur constituirenden erklärt hätte, und sie in gewissem Sinne gegen das Grundgesetz anstieße, indem sie die Gesetzesvorschläge der Regierung ganz unbeachtet ließ, während doch die Kammer sich mit den Regierungsvorschlägen vor allem Andern beschäftigen soll. Dieß hätte der ersten Kammer Grund und Veranlassung gegeben, alle Vorschläge der zweiten zur Veränderung des Grundgesetzes zurückzuweisen, und man zog es daher vor,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Deutsches Textarchiv: Bereitstellung der Texttranskription. (2016-06-28T11:37:15Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-06-28T11:37:15Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: gekennzeichnet; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: gekennzeichnet; Kustoden: gekennzeichnet; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: teilweise erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_026_18400126
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_026_18400126/5
Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 26. Augsburg, 26. Januar 1840, S. 0205. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_026_18400126/5>, abgerufen am 27.11.2024.