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Allgemeine Zeitung. Nr. 26. Augsburg, 26. Januar 1840.

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ist im Durchschnitt eine Zunahme von mehr als 20 Millionen im Jahr. Man könnte glauben, die Regierung, wenn sie auf solche Art die Voraussetzungen des Budgets erhöht, vermindere die Summe der von ihr jährlich verlangten Zuschußcredite. Dem ist nicht so. Man mag die Rahmen noch so sehr erweitern, so sind sie doch nie groß genug, um die Ausgaben zu fassen, und höchst bedauernswerth ist, daß die Zuschußcredite, weit entfernt sich zu vermindern, vielmehr zunehmen. So betrugen die Zuschußcredite, ohne die Credite des außerordentlichen Budgets der öffentlichen Arbeiten zu begreifen, im Jahr 1837 45 Millionen, im Jahr 1838 68, und im Jahr 1839 57 Millionen. Wir haben oben erwähnt, daß die Schätzungen der Ausgaben für das Rechnungsjahr 1841 sich auf mehr als eine Milliarde und 114 Millionen belaufen; die Schätzungen der Einnahmen belaufen sich auf eine Milliarde 128 Millionen, was einen Einnahmeüberschuß von 14 Millionen ausmachte. Dieß ist nach den angeführten Beispielen nicht genug, und Hr. Passy kam zu diesem Resultate nur durch Ueberschätzung der Erträgnisse. Auch hat er selbst die Nothwendigkeit anerkannt, sich neue Hülfsquellen für die Zukunft vorzubehalten. Erstens schlägt Hr. Passy in Betreff des außerordentlichen Budgets vor, die Reserve der Tilgung dafür vorzubehalten, sodann rechnete er, in Bezug auf das ordentliche Budget, auf eine neue Gesetzgebung der Zucker und auf die Conversion der 5proc. Rente, um die Bedürfnisse zu bestreiten, die sich unfehlbar außerhalb des Budgets ergeben würden. Den Gesetzesentwurf über die Zucker kennen wir noch nicht, und wünschen nur, daß er bei Begünstigung der Interessen des Schatzes auch die Interessen unseres See- und Colonialhandels begünstigen möge. Was den Gesetzesentwurf über die Rentenconversion betrifft, so hat ihn der Minister unmittelbar nach dem Budget vorgelegt. Dieser Gesetzesentwurf ermächtigt den Finanzminister, die Renten, welche das Pari überschritten haben, unter gewissen Bedingungen heimzuzahlen. Die Operation soll als definitives Resultat eine effective Verminderung von wenigstens 50 Cent. auf 5 Fr. für die ausgewechselten Renten liefern, und das Nominalcapital der substituirten oder negociirten Renten darf keine höhere Vermehrung als 20 für Hundert darbieten. Die Heimzahlung kann durch Serien bewerkstelligt werden. Der den alten Renten zugewiesene Antheil der Tilgung soll auf die neuen ihnen substituirten Renten übertragen werden. Wir fürchten sehr, daß die Kammer auch dieses Jahr darin eine erfolglose Arbeit vornimmt. Hr. Passy konnte sich von dem geringen Vertrauen, das er in dieser Hinsicht einflößt, dadurch überzeugen, daß die Börse seinem eingereichten Conversionsentwurfe durch ein Steigen von 20 Cent. antwortete.

(National.) Die englische Thronrede ist eine der leersten und kürzesten, deren wir uns erinnern können. Sie ist wo möglich noch unbedeutender als die französische. ... Dießmal ward der Name Frankreich nicht ausgesprochen. Es ist wahrscheinlich, daß in der Hoffnung, dieses charakteristische Vergessen zu verhüten, Hr. Thiers, Organ eines Willens, dem er sich nie völlig widersetzt hat, vor einigen Tagen seine prunkhafte Lobrede auf die englische Allianz gehalten hat. Seine Bemühungen waren verloren. Die Erkältung zwischen dem Londoner und dem Pariser Cabinet ist officiell constatirt. Wir beklagen uns nicht darüber: die Allianz Englands, so wie man sie in London versteht und wie man sie in den Tuilerien annimmt, steht in einem viel zu hohen Preise. ... Das englische Ministerium hofft in der orientalischen Sache eine endliche Ausgleichung, kündigt sie aber nicht an, und man sucht vergeblich in dem betreffenden Paragraphen die Anzeige jener Annäherung zwischen den Höfen von St. Petersburg, Wien und London, die gegenwärtig den leichtgläubigen Theil der europäischen politischen Welt beschäftigt. .. Das Vertrauen zwischen England und uns ist nicht mehr dasselbe; es ist indeß noch weit von dieser zurückhaltenden Stellung bis zu einem Bruch. Die Verlegenheiten, die England auf allen Punkten seiner großen asiatischen Besitzungen erwachsen, die Stöße, welche es im Innern bedrohen, gestatten ihm nicht, jetzt mit uns zu brechen. Unser Beistand ist ihm, wie es wohl weiß, überall nöthig, während wir seiner gewissermaßen nirgends bedürfen.

(Courrier francais.) Die englische Thronrede ist von einer bemerkenswerthen Mäßigung, ohne Stolz und Emphase in den Anspielungen, die sie in Betreff des Erfolgs Großbritanniens nach außen macht, ohne Bitterkeit und Zorn da, wo sie sich über die Unordnungen im Innern ausdrückt. ... Das Stillschweigen übrigens, welches die Königin von England zum zweitenmal über die französische Allianz beobachtet, beweist, daß das Ministerium vom 12 Mai in den diplomatischen Beziehungen kein höheres Gewicht hat, als das Ministerium vom 12 April.

Der Pairshof hat gestern den Vortrag der anklagenden Behörde vernommen; letztere war durch den Generalprocurator Franck-Carre und zwei seiner Generaladvocaten vertreten. Die Vertheidigungen werden heute vorgetragen werden. Der allgemeine Eindruck, der auf den Gesichtern der Pairs sichtlich war, läßt sich in dem einzigen Ausdruck: Ermüdung zusammen fassen. Es ist schwer, in Paris einem politischen Processe große Aufmerksamkeit zu widmen, wenn das öffentliche Interesse sich bereits davon abgewendet hat, zudem sind in der Verhandlung so ekelhafte Einzelheiten zur Last der untern Polizeiagenten enthüllt worden, daß die Pairs, die im Allgemeinen für die Regierung gestimmt sind, sich mit Unwillen über diese schmutzigen Handlanger der öffentlichen Ordnung und Gerechtigkeit aussprechen. Wird Blanqui zum Tode, zur Deportation oder zu lebenslänglicher Zwangsarbeit verurtheilt werden? Unsre früher geäußerte Ansicht, daß er die nämliche Verurtheilung wie Barbes erleiden werde, wird nicht von allen Personen getheilt, die der Verhandlung beigewohnt haben. Barbes ward mit den Waffen in der Hand ergriffen, und hatte namentlich den Angriff auf den Wachposten des Justizhauses angeführt; Blanqui, wiewohl seiner Theilnahme an der Leitung des Complotts geständig, ist keiner directen Handlung überführt, die man als Tödtung darstellen könnte, und so möchten sich vielleicht die Pairs bewogen finden, ihn nicht zum Tod zu verurtheilen, um so mehr als seine Begnadigung, nach dem Vorgange von Barbes, jedenfalls unvermeidlich wäre. Von den den beiden andern alsdann möglich bleibenden Verurtheilungen zieht die öffentliche Meinung die Deportation als diejenige vor, welche bei politischen Verbrechen die gewöhnlichere und nicht so entehrend ist, als die Zwangsarbeit inmitten des Auswurfs der ganzen Gesellschaft. - Wenn Sie der etwas trägen Beschäftigung der Deputirtenkammer folgen wollen, so werden Sie bemerken, daß die Commission der Eisenbahnen wahre wichtige Vorschläge zu berathen hat. Es handelt sich darin sowohl von Beendigung angefangener Bahnen, und zu dem Ende von der schicklichsten Unterstützung, die den Unternehmern gereicht werden könnte, als auch von neuen Richtungen, die ehestens beginnen sollen; unter andern wird in dem Publicum viel von einer englischen Gesellschaft gesprochen, die seit lange schon und mit ungeheuern Kosten den Plan einer Eisenbahn von Paris ans Meer vorbereite. Herrlich wäre in der That, wenn das gallische Element von der brittischen Speculation ereilt und überflügelt würde. Gewiß ist, daß der öffentliche und anschauende


ist im Durchschnitt eine Zunahme von mehr als 20 Millionen im Jahr. Man könnte glauben, die Regierung, wenn sie auf solche Art die Voraussetzungen des Budgets erhöht, vermindere die Summe der von ihr jährlich verlangten Zuschußcredite. Dem ist nicht so. Man mag die Rahmen noch so sehr erweitern, so sind sie doch nie groß genug, um die Ausgaben zu fassen, und höchst bedauernswerth ist, daß die Zuschußcredite, weit entfernt sich zu vermindern, vielmehr zunehmen. So betrugen die Zuschußcredite, ohne die Credite des außerordentlichen Budgets der öffentlichen Arbeiten zu begreifen, im Jahr 1837 45 Millionen, im Jahr 1838 68, und im Jahr 1839 57 Millionen. Wir haben oben erwähnt, daß die Schätzungen der Ausgaben für das Rechnungsjahr 1841 sich auf mehr als eine Milliarde und 114 Millionen belaufen; die Schätzungen der Einnahmen belaufen sich auf eine Milliarde 128 Millionen, was einen Einnahmeüberschuß von 14 Millionen ausmachte. Dieß ist nach den angeführten Beispielen nicht genug, und Hr. Passy kam zu diesem Resultate nur durch Ueberschätzung der Erträgnisse. Auch hat er selbst die Nothwendigkeit anerkannt, sich neue Hülfsquellen für die Zukunft vorzubehalten. Erstens schlägt Hr. Passy in Betreff des außerordentlichen Budgets vor, die Reserve der Tilgung dafür vorzubehalten, sodann rechnete er, in Bezug auf das ordentliche Budget, auf eine neue Gesetzgebung der Zucker und auf die Conversion der 5proc. Rente, um die Bedürfnisse zu bestreiten, die sich unfehlbar außerhalb des Budgets ergeben würden. Den Gesetzesentwurf über die Zucker kennen wir noch nicht, und wünschen nur, daß er bei Begünstigung der Interessen des Schatzes auch die Interessen unseres See- und Colonialhandels begünstigen möge. Was den Gesetzesentwurf über die Rentenconversion betrifft, so hat ihn der Minister unmittelbar nach dem Budget vorgelegt. Dieser Gesetzesentwurf ermächtigt den Finanzminister, die Renten, welche das Pari überschritten haben, unter gewissen Bedingungen heimzuzahlen. Die Operation soll als definitives Resultat eine effective Verminderung von wenigstens 50 Cent. auf 5 Fr. für die ausgewechselten Renten liefern, und das Nominalcapital der substituirten oder negociirten Renten darf keine höhere Vermehrung als 20 für Hundert darbieten. Die Heimzahlung kann durch Serien bewerkstelligt werden. Der den alten Renten zugewiesene Antheil der Tilgung soll auf die neuen ihnen substituirten Renten übertragen werden. Wir fürchten sehr, daß die Kammer auch dieses Jahr darin eine erfolglose Arbeit vornimmt. Hr. Passy konnte sich von dem geringen Vertrauen, das er in dieser Hinsicht einflößt, dadurch überzeugen, daß die Börse seinem eingereichten Conversionsentwurfe durch ein Steigen von 20 Cent. antwortete.

(National.) Die englische Thronrede ist eine der leersten und kürzesten, deren wir uns erinnern können. Sie ist wo möglich noch unbedeutender als die französische. ... Dießmal ward der Name Frankreich nicht ausgesprochen. Es ist wahrscheinlich, daß in der Hoffnung, dieses charakteristische Vergessen zu verhüten, Hr. Thiers, Organ eines Willens, dem er sich nie völlig widersetzt hat, vor einigen Tagen seine prunkhafte Lobrede auf die englische Allianz gehalten hat. Seine Bemühungen waren verloren. Die Erkältung zwischen dem Londoner und dem Pariser Cabinet ist officiell constatirt. Wir beklagen uns nicht darüber: die Allianz Englands, so wie man sie in London versteht und wie man sie in den Tuilerien annimmt, steht in einem viel zu hohen Preise. ... Das englische Ministerium hofft in der orientalischen Sache eine endliche Ausgleichung, kündigt sie aber nicht an, und man sucht vergeblich in dem betreffenden Paragraphen die Anzeige jener Annäherung zwischen den Höfen von St. Petersburg, Wien und London, die gegenwärtig den leichtgläubigen Theil der europäischen politischen Welt beschäftigt. .. Das Vertrauen zwischen England und uns ist nicht mehr dasselbe; es ist indeß noch weit von dieser zurückhaltenden Stellung bis zu einem Bruch. Die Verlegenheiten, die England auf allen Punkten seiner großen asiatischen Besitzungen erwachsen, die Stöße, welche es im Innern bedrohen, gestatten ihm nicht, jetzt mit uns zu brechen. Unser Beistand ist ihm, wie es wohl weiß, überall nöthig, während wir seiner gewissermaßen nirgends bedürfen.

(Courrier français.) Die englische Thronrede ist von einer bemerkenswerthen Mäßigung, ohne Stolz und Emphase in den Anspielungen, die sie in Betreff des Erfolgs Großbritanniens nach außen macht, ohne Bitterkeit und Zorn da, wo sie sich über die Unordnungen im Innern ausdrückt. ... Das Stillschweigen übrigens, welches die Königin von England zum zweitenmal über die französische Allianz beobachtet, beweist, daß das Ministerium vom 12 Mai in den diplomatischen Beziehungen kein höheres Gewicht hat, als das Ministerium vom 12 April.

Der Pairshof hat gestern den Vortrag der anklagenden Behörde vernommen; letztere war durch den Generalprocurator Franck-Carré und zwei seiner Generaladvocaten vertreten. Die Vertheidigungen werden heute vorgetragen werden. Der allgemeine Eindruck, der auf den Gesichtern der Pairs sichtlich war, läßt sich in dem einzigen Ausdruck: Ermüdung zusammen fassen. Es ist schwer, in Paris einem politischen Processe große Aufmerksamkeit zu widmen, wenn das öffentliche Interesse sich bereits davon abgewendet hat, zudem sind in der Verhandlung so ekelhafte Einzelheiten zur Last der untern Polizeiagenten enthüllt worden, daß die Pairs, die im Allgemeinen für die Regierung gestimmt sind, sich mit Unwillen über diese schmutzigen Handlanger der öffentlichen Ordnung und Gerechtigkeit aussprechen. Wird Blanqui zum Tode, zur Deportation oder zu lebenslänglicher Zwangsarbeit verurtheilt werden? Unsre früher geäußerte Ansicht, daß er die nämliche Verurtheilung wie Barbes erleiden werde, wird nicht von allen Personen getheilt, die der Verhandlung beigewohnt haben. Barbes ward mit den Waffen in der Hand ergriffen, und hatte namentlich den Angriff auf den Wachposten des Justizhauses angeführt; Blanqui, wiewohl seiner Theilnahme an der Leitung des Complotts geständig, ist keiner directen Handlung überführt, die man als Tödtung darstellen könnte, und so möchten sich vielleicht die Pairs bewogen finden, ihn nicht zum Tod zu verurtheilen, um so mehr als seine Begnadigung, nach dem Vorgange von Barbes, jedenfalls unvermeidlich wäre. Von den den beiden andern alsdann möglich bleibenden Verurtheilungen zieht die öffentliche Meinung die Deportation als diejenige vor, welche bei politischen Verbrechen die gewöhnlichere und nicht so entehrend ist, als die Zwangsarbeit inmitten des Auswurfs der ganzen Gesellschaft. – Wenn Sie der etwas trägen Beschäftigung der Deputirtenkammer folgen wollen, so werden Sie bemerken, daß die Commission der Eisenbahnen wahre wichtige Vorschläge zu berathen hat. Es handelt sich darin sowohl von Beendigung angefangener Bahnen, und zu dem Ende von der schicklichsten Unterstützung, die den Unternehmern gereicht werden könnte, als auch von neuen Richtungen, die ehestens beginnen sollen; unter andern wird in dem Publicum viel von einer englischen Gesellschaft gesprochen, die seit lange schon und mit ungeheuern Kosten den Plan einer Eisenbahn von Paris ans Meer vorbereite. Herrlich wäre in der That, wenn das gallische Element von der brittischen Speculation ereilt und überflügelt würde. Gewiß ist, daß der öffentliche und anschauende

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ist im Durchschnitt eine Zunahme von mehr als 20 Millionen im Jahr. Man könnte glauben, die Regierung, wenn sie auf solche Art die Voraussetzungen des Budgets erhöht, vermindere die Summe der von ihr jährlich verlangten Zuschußcredite. Dem ist nicht so. Man mag die Rahmen noch so sehr erweitern, so sind sie doch nie groß genug, um die Ausgaben zu fassen, und höchst bedauernswerth ist, daß die Zuschußcredite, weit entfernt sich zu vermindern, vielmehr zunehmen. So betrugen die Zuschußcredite, ohne die Credite des außerordentlichen Budgets der öffentlichen Arbeiten zu begreifen, im Jahr 1837 45 Millionen, im Jahr 1838 68, und im Jahr 1839 57 Millionen. Wir haben oben erwähnt, daß die Schätzungen der Ausgaben für das Rechnungsjahr 1841 sich auf mehr als eine Milliarde und 114 Millionen belaufen; die Schätzungen der Einnahmen belaufen sich auf eine Milliarde 128 Millionen, was einen Einnahmeüberschuß von 14 Millionen ausmachte. Dieß ist nach den angeführten Beispielen nicht genug, und Hr. Passy kam zu diesem Resultate nur durch Ueberschätzung der Erträgnisse. Auch hat er selbst die Nothwendigkeit anerkannt, sich neue Hülfsquellen für die Zukunft vorzubehalten. Erstens schlägt Hr. Passy in Betreff des außerordentlichen Budgets vor, die Reserve der Tilgung dafür vorzubehalten, sodann rechnete er, in Bezug auf das ordentliche Budget, auf eine neue Gesetzgebung der Zucker und auf die Conversion der 5proc. Rente, um die Bedürfnisse zu bestreiten, die sich unfehlbar außerhalb des Budgets ergeben würden. Den Gesetzesentwurf über die Zucker kennen wir noch nicht, und wünschen nur, daß er bei Begünstigung der Interessen des Schatzes auch die Interessen unseres See- und Colonialhandels begünstigen möge. Was den Gesetzesentwurf über die Rentenconversion betrifft, so hat ihn der Minister unmittelbar nach dem Budget vorgelegt. Dieser Gesetzesentwurf ermächtigt den Finanzminister, die Renten, welche das Pari überschritten haben, unter gewissen Bedingungen heimzuzahlen. Die Operation soll als definitives Resultat eine effective Verminderung von wenigstens 50 Cent. auf 5 Fr. für die ausgewechselten Renten liefern, und das Nominalcapital der substituirten oder negociirten Renten darf keine höhere Vermehrung als 20 für Hundert darbieten. Die Heimzahlung kann durch Serien bewerkstelligt werden. Der den alten Renten zugewiesene Antheil der Tilgung soll auf die neuen ihnen substituirten Renten übertragen werden. Wir fürchten sehr, daß die Kammer auch dieses Jahr darin eine erfolglose Arbeit vornimmt. Hr. Passy konnte sich von dem geringen Vertrauen, das er in dieser Hinsicht einflößt, dadurch überzeugen, daß die Börse seinem eingereichten Conversionsentwurfe durch ein Steigen von 20 Cent. antwortete.</p><lb/>
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[0204/0004] ist im Durchschnitt eine Zunahme von mehr als 20 Millionen im Jahr. Man könnte glauben, die Regierung, wenn sie auf solche Art die Voraussetzungen des Budgets erhöht, vermindere die Summe der von ihr jährlich verlangten Zuschußcredite. Dem ist nicht so. Man mag die Rahmen noch so sehr erweitern, so sind sie doch nie groß genug, um die Ausgaben zu fassen, und höchst bedauernswerth ist, daß die Zuschußcredite, weit entfernt sich zu vermindern, vielmehr zunehmen. So betrugen die Zuschußcredite, ohne die Credite des außerordentlichen Budgets der öffentlichen Arbeiten zu begreifen, im Jahr 1837 45 Millionen, im Jahr 1838 68, und im Jahr 1839 57 Millionen. Wir haben oben erwähnt, daß die Schätzungen der Ausgaben für das Rechnungsjahr 1841 sich auf mehr als eine Milliarde und 114 Millionen belaufen; die Schätzungen der Einnahmen belaufen sich auf eine Milliarde 128 Millionen, was einen Einnahmeüberschuß von 14 Millionen ausmachte. Dieß ist nach den angeführten Beispielen nicht genug, und Hr. Passy kam zu diesem Resultate nur durch Ueberschätzung der Erträgnisse. Auch hat er selbst die Nothwendigkeit anerkannt, sich neue Hülfsquellen für die Zukunft vorzubehalten. Erstens schlägt Hr. Passy in Betreff des außerordentlichen Budgets vor, die Reserve der Tilgung dafür vorzubehalten, sodann rechnete er, in Bezug auf das ordentliche Budget, auf eine neue Gesetzgebung der Zucker und auf die Conversion der 5proc. Rente, um die Bedürfnisse zu bestreiten, die sich unfehlbar außerhalb des Budgets ergeben würden. Den Gesetzesentwurf über die Zucker kennen wir noch nicht, und wünschen nur, daß er bei Begünstigung der Interessen des Schatzes auch die Interessen unseres See- und Colonialhandels begünstigen möge. Was den Gesetzesentwurf über die Rentenconversion betrifft, so hat ihn der Minister unmittelbar nach dem Budget vorgelegt. Dieser Gesetzesentwurf ermächtigt den Finanzminister, die Renten, welche das Pari überschritten haben, unter gewissen Bedingungen heimzuzahlen. Die Operation soll als definitives Resultat eine effective Verminderung von wenigstens 50 Cent. auf 5 Fr. für die ausgewechselten Renten liefern, und das Nominalcapital der substituirten oder negociirten Renten darf keine höhere Vermehrung als 20 für Hundert darbieten. Die Heimzahlung kann durch Serien bewerkstelligt werden. Der den alten Renten zugewiesene Antheil der Tilgung soll auf die neuen ihnen substituirten Renten übertragen werden. Wir fürchten sehr, daß die Kammer auch dieses Jahr darin eine erfolglose Arbeit vornimmt. Hr. Passy konnte sich von dem geringen Vertrauen, das er in dieser Hinsicht einflößt, dadurch überzeugen, daß die Börse seinem eingereichten Conversionsentwurfe durch ein Steigen von 20 Cent. antwortete. (National.) Die englische Thronrede ist eine der leersten und kürzesten, deren wir uns erinnern können. Sie ist wo möglich noch unbedeutender als die französische. ... Dießmal ward der Name Frankreich nicht ausgesprochen. Es ist wahrscheinlich, daß in der Hoffnung, dieses charakteristische Vergessen zu verhüten, Hr. Thiers, Organ eines Willens, dem er sich nie völlig widersetzt hat, vor einigen Tagen seine prunkhafte Lobrede auf die englische Allianz gehalten hat. Seine Bemühungen waren verloren. Die Erkältung zwischen dem Londoner und dem Pariser Cabinet ist officiell constatirt. Wir beklagen uns nicht darüber: die Allianz Englands, so wie man sie in London versteht und wie man sie in den Tuilerien annimmt, steht in einem viel zu hohen Preise. ... Das englische Ministerium hofft in der orientalischen Sache eine endliche Ausgleichung, kündigt sie aber nicht an, und man sucht vergeblich in dem betreffenden Paragraphen die Anzeige jener Annäherung zwischen den Höfen von St. Petersburg, Wien und London, die gegenwärtig den leichtgläubigen Theil der europäischen politischen Welt beschäftigt. .. Das Vertrauen zwischen England und uns ist nicht mehr dasselbe; es ist indeß noch weit von dieser zurückhaltenden Stellung bis zu einem Bruch. Die Verlegenheiten, die England auf allen Punkten seiner großen asiatischen Besitzungen erwachsen, die Stöße, welche es im Innern bedrohen, gestatten ihm nicht, jetzt mit uns zu brechen. Unser Beistand ist ihm, wie es wohl weiß, überall nöthig, während wir seiner gewissermaßen nirgends bedürfen. (Courrier français.) Die englische Thronrede ist von einer bemerkenswerthen Mäßigung, ohne Stolz und Emphase in den Anspielungen, die sie in Betreff des Erfolgs Großbritanniens nach außen macht, ohne Bitterkeit und Zorn da, wo sie sich über die Unordnungen im Innern ausdrückt. ... Das Stillschweigen übrigens, welches die Königin von England zum zweitenmal über die französische Allianz beobachtet, beweist, daß das Ministerium vom 12 Mai in den diplomatischen Beziehungen kein höheres Gewicht hat, als das Ministerium vom 12 April. = Paris, 21 Jan. Der Pairshof hat gestern den Vortrag der anklagenden Behörde vernommen; letztere war durch den Generalprocurator Franck-Carré und zwei seiner Generaladvocaten vertreten. Die Vertheidigungen werden heute vorgetragen werden. Der allgemeine Eindruck, der auf den Gesichtern der Pairs sichtlich war, läßt sich in dem einzigen Ausdruck: Ermüdung zusammen fassen. Es ist schwer, in Paris einem politischen Processe große Aufmerksamkeit zu widmen, wenn das öffentliche Interesse sich bereits davon abgewendet hat, zudem sind in der Verhandlung so ekelhafte Einzelheiten zur Last der untern Polizeiagenten enthüllt worden, daß die Pairs, die im Allgemeinen für die Regierung gestimmt sind, sich mit Unwillen über diese schmutzigen Handlanger der öffentlichen Ordnung und Gerechtigkeit aussprechen. Wird Blanqui zum Tode, zur Deportation oder zu lebenslänglicher Zwangsarbeit verurtheilt werden? Unsre früher geäußerte Ansicht, daß er die nämliche Verurtheilung wie Barbes erleiden werde, wird nicht von allen Personen getheilt, die der Verhandlung beigewohnt haben. Barbes ward mit den Waffen in der Hand ergriffen, und hatte namentlich den Angriff auf den Wachposten des Justizhauses angeführt; Blanqui, wiewohl seiner Theilnahme an der Leitung des Complotts geständig, ist keiner directen Handlung überführt, die man als Tödtung darstellen könnte, und so möchten sich vielleicht die Pairs bewogen finden, ihn nicht zum Tod zu verurtheilen, um so mehr als seine Begnadigung, nach dem Vorgange von Barbes, jedenfalls unvermeidlich wäre. Von den den beiden andern alsdann möglich bleibenden Verurtheilungen zieht die öffentliche Meinung die Deportation als diejenige vor, welche bei politischen Verbrechen die gewöhnlichere und nicht so entehrend ist, als die Zwangsarbeit inmitten des Auswurfs der ganzen Gesellschaft. – Wenn Sie der etwas trägen Beschäftigung der Deputirtenkammer folgen wollen, so werden Sie bemerken, daß die Commission der Eisenbahnen wahre wichtige Vorschläge zu berathen hat. Es handelt sich darin sowohl von Beendigung angefangener Bahnen, und zu dem Ende von der schicklichsten Unterstützung, die den Unternehmern gereicht werden könnte, als auch von neuen Richtungen, die ehestens beginnen sollen; unter andern wird in dem Publicum viel von einer englischen Gesellschaft gesprochen, die seit lange schon und mit ungeheuern Kosten den Plan einer Eisenbahn von Paris ans Meer vorbereite. Herrlich wäre in der That, wenn das gallische Element von der brittischen Speculation ereilt und überflügelt würde. Gewiß ist, daß der öffentliche und anschauende

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 26. Augsburg, 26. Januar 1840, S. 0204. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_026_18400126/4>, abgerufen am 29.03.2024.