Aston, Louise: Aus dem Leben einer Frau. Hamburg, 1847."O Egoismus der Männer! Auch die besten denken nur an sich selbst!" entgegnete die Oburn scherzend. Der Abend war drückend schwül geworden; ein schweres Gewitter war am Horizont heraufgezogen, einzelne Blitze zuckten durch grauschwarze Wolken, denen kein kühlendes Naß enttropfte. Es ging ein stummer, drückender Schmerz durch die Natur, und das Auge des Himmels schien fast krampfhaft seine Thränen zurückzuhalten. Die Blitze fuhren hin und her, angstvoll, wie prophetische Boten eines nahen Unheils, und unheimlich dumpfe Ahnungen bemächtigten sich der Gemüther der Menschen. Schweigend ritt Madame Oburn mit ihrem Begleiter wieder dem imposanten Carlsbad zu. Sie war sehr ernst geworden. Ihre Brust hob sich unter tiefen Seufzern, und ihr Auge folgte den kreuzenden Blitzen in stiller Melancholie. Stein sah nichts außer ihr. Fast verzückt, mit der Inbrunst des Sünders, der die verklärte Himmelsköniginn um Gnade fleht, hingen seine Blicke an ihrem Antlitz, an der jugendlich idealen Gestalt, und nahmen dies Bild in sich auf, unvergeßlich, unverlöschbar! Er suchte ihre Gedanken zu enträthseln „O Egoismus der Männer! Auch die besten denken nur an sich selbst!“ entgegnete die Oburn scherzend. Der Abend war drückend schwül geworden; ein schweres Gewitter war am Horizont heraufgezogen, einzelne Blitze zuckten durch grauschwarze Wolken, denen kein kühlendes Naß enttropfte. Es ging ein stummer, drückender Schmerz durch die Natur, und das Auge des Himmels schien fast krampfhaft seine Thränen zurückzuhalten. Die Blitze fuhren hin und her, angstvoll, wie prophetische Boten eines nahen Unheils, und unheimlich dumpfe Ahnungen bemächtigten sich der Gemüther der Menschen. Schweigend ritt Madame Oburn mit ihrem Begleiter wieder dem imposanten Carlsbad zu. Sie war sehr ernst geworden. Ihre Brust hob sich unter tiefen Seufzern, und ihr Auge folgte den kreuzenden Blitzen in stiller Melancholie. Stein sah nichts außer ihr. Fast verzückt, mit der Inbrunst des Sünders, der die verklärte Himmelsköniginn um Gnade fleht, hingen seine Blicke an ihrem Antlitz, an der jugendlich idealen Gestalt, und nahmen dies Bild in sich auf, unvergeßlich, unverlöschbar! Er suchte ihre Gedanken zu enträthseln <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0094" n="82"/> <p>„O Egoismus der Männer! Auch die besten denken nur an sich selbst!“ entgegnete die Oburn scherzend.</p> <p> Der Abend war drückend schwül geworden; ein schweres Gewitter war am Horizont heraufgezogen, einzelne Blitze zuckten durch grauschwarze Wolken, denen kein kühlendes Naß enttropfte. Es ging ein stummer, drückender Schmerz durch die Natur, und das Auge des Himmels schien fast krampfhaft seine Thränen zurückzuhalten. Die Blitze fuhren hin und her, angstvoll, wie prophetische Boten eines nahen Unheils, und unheimlich dumpfe Ahnungen bemächtigten sich der Gemüther der Menschen. Schweigend ritt Madame Oburn mit ihrem Begleiter wieder dem imposanten Carlsbad zu. Sie war sehr ernst geworden. Ihre Brust hob sich unter tiefen Seufzern, und ihr Auge folgte den kreuzenden Blitzen in stiller Melancholie. Stein sah nichts außer ihr. Fast verzückt, mit der Inbrunst des Sünders, der die verklärte Himmelsköniginn um Gnade fleht, hingen seine Blicke an ihrem Antlitz, an der jugendlich idealen Gestalt, und nahmen dies Bild in sich auf, unvergeßlich, unverlöschbar! Er suchte ihre Gedanken zu enträthseln </p> </div> </body> </text> </TEI> [82/0094]
„O Egoismus der Männer! Auch die besten denken nur an sich selbst!“ entgegnete die Oburn scherzend.
Der Abend war drückend schwül geworden; ein schweres Gewitter war am Horizont heraufgezogen, einzelne Blitze zuckten durch grauschwarze Wolken, denen kein kühlendes Naß enttropfte. Es ging ein stummer, drückender Schmerz durch die Natur, und das Auge des Himmels schien fast krampfhaft seine Thränen zurückzuhalten. Die Blitze fuhren hin und her, angstvoll, wie prophetische Boten eines nahen Unheils, und unheimlich dumpfe Ahnungen bemächtigten sich der Gemüther der Menschen. Schweigend ritt Madame Oburn mit ihrem Begleiter wieder dem imposanten Carlsbad zu. Sie war sehr ernst geworden. Ihre Brust hob sich unter tiefen Seufzern, und ihr Auge folgte den kreuzenden Blitzen in stiller Melancholie. Stein sah nichts außer ihr. Fast verzückt, mit der Inbrunst des Sünders, der die verklärte Himmelsköniginn um Gnade fleht, hingen seine Blicke an ihrem Antlitz, an der jugendlich idealen Gestalt, und nahmen dies Bild in sich auf, unvergeßlich, unverlöschbar! Er suchte ihre Gedanken zu enträthseln
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/aston_leben_1847 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/aston_leben_1847/94 |
Zitationshilfe: | Aston, Louise: Aus dem Leben einer Frau. Hamburg, 1847, S. 82. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/aston_leben_1847/94>, abgerufen am 23.07.2024. |