Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Aston, Louise: Aus dem Leben einer Frau. Hamburg, 1847.

Bild:
<< vorherige Seite

weich gestimmt, lehnte sie ihr Haupt an seine breite Brust, und flüsterte: "Du hättest mich nicht so lange allein hier lassen sollen, lieber Oburn! Ich sehnte mich fort von hier; nun laß' uns aber auch schnell abreisen -- heute noch; oder lieber gleich in dieser Stunde." Herr Oburn, geschmeichelt, durch diese Sehnsucht seiner Frau, nach Hause zurückzukehren, strahlte vor Glückseligkeit, nahm sie jubelnd in seine Arme, tanzte mit ihr im Zimmer umher, und erdrückte sie fast vor lauter Zärtlichkeit.

All' die vielen unangenehmen Vorbereitungen, die eine Abreise immer mit sich bringt, waren beseitigt, Rechnungen und Trinkgelder bezahlt, die Reisekoffer gepackt. Madame Oburn ging noch einmal in den Garten, nahm wehmüthig von jeder Lieblingsstelle Abschied, pflückte hier und da eine Blüthe und band sie zum Strauß, den sie vor den wallenden Busen befestigte. Als sie eben den Reisewagen besteigen wollte, kam ihr Brunnenarzt, um für das reichlich übersandte Honorar seinen pflichtschuldigen Dank abzustatten. Die unermüdliche Zunge dieses

weich gestimmt, lehnte sie ihr Haupt an seine breite Brust, und flüsterte: „Du hättest mich nicht so lange allein hier lassen sollen, lieber Oburn! Ich sehnte mich fort von hier; nun laß' uns aber auch schnell abreisen — heute noch; oder lieber gleich in dieser Stunde.“ Herr Oburn, geschmeichelt, durch diese Sehnsucht seiner Frau, nach Hause zurückzukehren, strahlte vor Glückseligkeit, nahm sie jubelnd in seine Arme, tanzte mit ihr im Zimmer umher, und erdrückte sie fast vor lauter Zärtlichkeit.

All' die vielen unangenehmen Vorbereitungen, die eine Abreise immer mit sich bringt, waren beseitigt, Rechnungen und Trinkgelder bezahlt, die Reisekoffer gepackt. Madame Oburn ging noch einmal in den Garten, nahm wehmüthig von jeder Lieblingsstelle Abschied, pflückte hier und da eine Blüthe und band sie zum Strauß, den sie vor den wallenden Busen befestigte. Als sie eben den Reisewagen besteigen wollte, kam ihr Brunnenarzt, um für das reichlich übersandte Honorar seinen pflichtschuldigen Dank abzustatten. Die unermüdliche Zunge dieses

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0110" n="98"/>
weich gestimmt, lehnte sie ihr Haupt an seine breite                     Brust, und flüsterte: &#x201E;Du hättest mich nicht so lange allein hier lassen sollen,                     lieber Oburn! Ich sehnte mich fort von hier; nun laß' uns aber auch schnell                     abreisen &#x2014; heute noch; oder lieber gleich in dieser Stunde.&#x201C; Herr Oburn,                     geschmeichelt, durch diese Sehnsucht seiner Frau, nach Hause zurückzukehren,                     strahlte vor Glückseligkeit, nahm sie jubelnd in seine Arme, tanzte mit ihr im                     Zimmer umher, und erdrückte sie fast vor lauter Zärtlichkeit.</p>
        <p> All' die vielen unangenehmen Vorbereitungen, die eine Abreise immer mit sich                     bringt, waren beseitigt, Rechnungen und Trinkgelder bezahlt, die Reisekoffer                     gepackt. Madame Oburn ging noch einmal in den Garten, nahm wehmüthig von jeder                     Lieblingsstelle Abschied, pflückte hier und da eine Blüthe und band sie zum                     Strauß, den sie vor den wallenden Busen befestigte. Als sie eben den Reisewagen                     besteigen wollte, kam ihr Brunnenarzt, um für das reichlich übersandte Honorar                     seinen pflichtschuldigen Dank abzustatten. Die unermüdliche Zunge dieses
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[98/0110] weich gestimmt, lehnte sie ihr Haupt an seine breite Brust, und flüsterte: „Du hättest mich nicht so lange allein hier lassen sollen, lieber Oburn! Ich sehnte mich fort von hier; nun laß' uns aber auch schnell abreisen — heute noch; oder lieber gleich in dieser Stunde.“ Herr Oburn, geschmeichelt, durch diese Sehnsucht seiner Frau, nach Hause zurückzukehren, strahlte vor Glückseligkeit, nahm sie jubelnd in seine Arme, tanzte mit ihr im Zimmer umher, und erdrückte sie fast vor lauter Zärtlichkeit. All' die vielen unangenehmen Vorbereitungen, die eine Abreise immer mit sich bringt, waren beseitigt, Rechnungen und Trinkgelder bezahlt, die Reisekoffer gepackt. Madame Oburn ging noch einmal in den Garten, nahm wehmüthig von jeder Lieblingsstelle Abschied, pflückte hier und da eine Blüthe und band sie zum Strauß, den sie vor den wallenden Busen befestigte. Als sie eben den Reisewagen besteigen wollte, kam ihr Brunnenarzt, um für das reichlich übersandte Honorar seinen pflichtschuldigen Dank abzustatten. Die unermüdliche Zunge dieses

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Sophie - A Digital Library of Works by German-Speaking Women: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in der Syntax von "Sophie". (2013-03-13T15:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme entsprechen muss.
Heinrich Heine Universität Düsseldorf: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-03-13T15:54:31Z)
Frederike Neuber: Konvertierung nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2013-03-13T15:54:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Wird ein Wort durch einen Seitenumbruch getrennt, so wird es vollständig auf der vorhergehenden Seite übernommen.
  • Silbentrennungen über Zeilengrenzen hinweg werden aufgelöst.
  • Der Zeilenfall wurde aufgehoben, die Absätze beibehalten.
  • Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als „ä“, „ö“, „ü“ transkribiert.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/aston_leben_1847
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/aston_leben_1847/110
Zitationshilfe: Aston, Louise: Aus dem Leben einer Frau. Hamburg, 1847, S. 98. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/aston_leben_1847/110>, abgerufen am 25.11.2024.