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Arnold, Gottfried: Unpartheyische Kirchen- und Ketzer-Historie. Bd. 2 (T. 3/4). Frankfurt (Main), 1700.

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Th. IV. Sect. II. Num. XLVII. Dav. Joris Lebens-Beschreibung.
[Spaltenumbruch] mancherley weise versucht/ und muste sich öff-
ters (wenn sie überfallen wurden) bey den leu-
ten gantz still/ als wann er hinter einem vor-
hang stünde/ halten oder verbergen/ und aller-
hand pillen verschlucken/ was ihm mannichmal
begegnete. Worüber (und was der dinge
mehr seyn mochten) er sich aber in seinem Gotte
freuete und dachte: Wolan HErr/ das bistu
und weist/ daß es um deinet willen geschicht/
und war ihm also eine freude/ wenn er das so
bedachte. Hier empfieng er viel verstand aus
der schrifft und herrliche träume mehr denn sei-
ne mitgenossen/ die sehr wunderlich zu erzeh-
len waren/ ihm wurde die schrifft in seinem
traum ausgelegt und die sprüche so erkläret/
daß er alle dinge dagegen gantz gering achtete.

Jhrer waren 2. junge männer und 2. junge
frauen/ die eine war verheyrathet/ aber die
andere nicht/ miteinander im hause/ und zuwei-
len ein alt-vatter/ welcher aus-und eingieng/
daß also der teuffel und sathan diesen männern
je zuweilen grosse quaal anthät/ aber sie baten
allezeit tag und nacht zu dem HErrn/ daß der
sathan seinen willen nicht haben möchte/ denn
der HErr war mit ihnen/ und es geschaht/ daß
D. J. die eine sonderlich aus diesem grunde lieb
gewann/ und dieselbe hinwieder auch ihn um
seines H. Geistes/ weißheit/ erkänntnüß und
verstandes willen/ die sie in ihm sahe. Denn da
gieng nichts vor/ noch aus ihren munde noch
in ihres hertzens-grund/ als göttliche furcht/
ihres glaubens bekändtnüß und heilige dinge;
Kam einem oder dem andern ein böser gedan-
cke oder gesichte vor/ so beteten sie hertzlich/ und
überwandten durch die gnade Gottes ihren
peiniger/ so |daß sie unbefleckt von einander
scheideten in grosser wahrer brüder-liebe. Sie/
die liebe frau wuste GOtt nicht gnugsam über
des mannes gaben zu preisen/ und war von ih-
rem manne wol in die 2. jahr. Derselbe/ wie
er nun roh und wüst im leben war/ kam eins-
mals unvermuthet nach hause/ sie nun von sol-
chen sinn (welches mir damals unbewust) wol-
te bey ihm nicht seyn/ sintemal sie von seinem
abfälligen wesen gehöret hatte/ und gieng ohne
rath und willen der andern aus dem hause/
und wolte sein ruchloses leben durchaus nicht
leiden und nicht mit ihm reden/ was sie auch
nur dazu sagten. Als das geschach/ wären sie
auch lieber davon gewest/ als dargeblieben/ weil
sie hörten/ daß er einen solchen tollen kopff hat-
te und böses dencken möchte/ daß/ so er sie und
die männer nicht zu hause fünde/ er ihnen einig
leid oder schaden zufügen möchte/ summa/ sie
mustens auff ihren Gott wagen; Er kam und
redete noch mit ihnen/ war wüste und wild von
ansehen/ wie man leicht dencken kan/ er thät
endlich den leuten nichts/ sondern klagte über
seine frau/ daß sie eigensinnig und ihm nicht
unterthan seyn wolte nach seinem willen. Sie
entschuldigten sich aber/ wie sie sie gerne gehal-
ten hätten/ sie hätte aber nicht gewolt. Nach
6. oder 8. tagen fuhr er wieder ohne zanck nach
Engeland zu/ aber er hatte leyder! gar übel von
dem manne Dav. Jar. geredet/ als wenn er ihm
sein weib enthalten und bey ihr geschlaffen hät-
te. Aber GOtt ist zeuge/ daß er als das klein-
ste kind auff erden rein von ihr und sie von ihm
geblieben/ dennoch gieng der ruff aus von ihm
[Spaltenumbruch] unter den brüdern/ doch aber ingeheim/ davon
aber David noch sie was wusten.

Nach diesen kamen 2. oder 3. brüder aus En-
geland zu ihm/ welche vieles mit ihm in demsel-
ben hause/ dahin er wieder kommen war/ rede-
ten von dieser sache/ denen er gar gütlichen be-
scheid gab/ und beteten miteinandet zum HErrn
und scheideten also davon. Nach etlichen ta-
gen wars zeit/ daß diese 2. männer (vermuth-
lich durch einen beruff) weg musten/ assen also
denselben abend noch miteinander und darauff
nahmen sie abschied in aller freundlichkeit und
fuhren also mit D. J. des nachts über/ und als
sie ungefähr des nachts um 2. Uhr ans land ka-
men/ dingeten sie einen wagen/ der sie nach der
stadtführte und vor 4. uhren vor die pforte brin-
gen solte/ aber es war wol fünffe/ also daß jeder-
man auff war und stunden vor den pforten und
thüren mit vielen wagen und kannten ihn. A-
ber er rieff seinen GOtt an und bat ihn/ daß er
ihm da durch helffen wolte. Darauff stieg er
gutes muths von dem wagen und gieng vor al-
ler augen vorbey und wurden von der stadt-wa-
che mit den handschuhen an den halß geschla-
gen/ und wagten also (weils so seyn muste) ih-
rer beyder leben/ aber niemand merckte sonderlich
drauff/ als ein einiger mann/ ders aber verborgen
hielt/ darum ihm nichts böses wiederfuhr vom
HErrn/ also giengen sie eine gute weile inwen-
dig an der maure vor vielen leuten vorbey und
kamen in das hauß/ da sie seyn wolten. Als
sie nun lange in demselben gewest/ giengen sie
in ein anders; Unterweilen war erim gemüth
recht getrost und im glauben recht hertzhafft/
weil er allezeit sein angesicht und vertrauen zu
dem HErrn wendete/ daß endlich des man-
nes gemüth so feurig ward/ daß er selbst nacht
und tag damit bekümmert sich selbst über sein
wesen verwunderte und wuste gantz nicht wie
oder was er betete/ weder um diß noch das/ wie
doch viele zu seiner zeit gethan/ diß und jenes
zu bekommen oder zu seyn.

Sondern er bat nur um ein hertze/ sag ich/
das mit lauter liebe möchte feste an seinen Gott
geknüpffet seyn und von allen sorgen frey wer-
den/ nemlich frey von aller mühe/ last/ peinlig-
keit und unlust oder mattigkeiten. Denn er
wuste/ weil das hertz mit lauter lieb umgeben
wäre/ würde es keiner anspornung/ ruthe oder
züchtigung bedürffen/ sich Gotte zu ergeben/
sondern selbst dazu geneigt und nicht abzuziehen
seyn. Er machte zu der zeit ein lied/ daß hieß:
Unsre hände wir mit unschuld waschen;
Aus dem grund/ daß nie mand dasselbe frey sin-
gen solte/ er wäre dann eines recht auffrichtigen
und gutwilligen hertzens. Denn es verdroß
ihn/ daß ein jeglicher die geistlichen lieder mit
einem fleischlichen unbußfertigen hertzen sunge/
das ihm doch nicht ziemete/ dacht und sprach
daher/ was gilts/ ich wils so machen/ daß ihnen
dasselbe eben nicht gelüsten soll mit allzu süsser
übereinstimmung zu singen. Von dar nun
kamen sie in seiner mutter hauß zu seinem weib
und kindern/ der andere hieß Anthon/ ein gar
lieber gehorsamer knecht/ der gieng auch in ein
hauß zu seiner frauen. Hierauff geschahe es bey
Faute/ daß er aus dem hause muste/ allwo er
sein werck treiben wolte/ denn die noth trang
ihn dazu/ weil er von solchen hertzen war/ daß

er

Th. IV. Sect. II. Num. XLVII. Dav. Joris Lebens-Beſchreibung.
[Spaltenumbruch] mancherley weiſe verſucht/ und muſte ſich oͤff-
ters (wenn ſie uͤberfallen wurden) bey den leu-
ten gantz ſtill/ als wann er hinter einem vor-
hang ſtuͤnde/ halten oder verbergen/ und aller-
hand pillen verſchlucken/ was ihm mannichmal
begegnete. Woruͤber (und was der dinge
mehr ſeyn mochten) er ſich aber in ſeinem Gotte
freuete und dachte: Wolan HErr/ das biſtu
und weiſt/ daß es um deinet willen geſchicht/
und war ihm alſo eine freude/ wenn er das ſo
bedachte. Hier empfieng er viel verſtand aus
der ſchrifft und herrliche traͤume mehr denn ſei-
ne mitgenoſſen/ die ſehr wunderlich zu erzeh-
len waren/ ihm wurde die ſchrifft in ſeinem
traum ausgelegt und die ſpruͤche ſo erklaͤret/
daß er alle dinge dagegen gantz gering achtete.

Jhrer waren 2. junge maͤnner und 2. junge
frauen/ die eine war verheyrathet/ aber die
andere nicht/ miteinander im hauſe/ und zuwei-
len ein alt-vatter/ welcher aus-und eingieng/
daß alſo der teuffel und ſathan dieſen maͤnnern
je zuweilen groſſe quaal anthaͤt/ aber ſie baten
allezeit tag und nacht zu dem HErrn/ daß der
ſathan ſeinen willen nicht haben moͤchte/ denn
der HErr war mit ihnen/ und es geſchaht/ daß
D. J. die eine ſonderlich aus dieſem grunde lieb
gewann/ und dieſelbe hinwieder auch ihn um
ſeines H. Geiſtes/ weißheit/ erkaͤnntnuͤß und
verſtandes willen/ die ſie in ihm ſahe. Denn da
gieng nichts vor/ noch aus ihren munde noch
in ihres hertzens-grund/ als goͤttliche furcht/
ihres glaubens bekaͤndtnuͤß und heilige dinge;
Kam einem oder dem andern ein boͤſer gedan-
cke oder geſichte vor/ ſo beteten ſie hertzlich/ und
uͤberwandten durch die gnade Gottes ihren
peiniger/ ſo |daß ſie unbefleckt von einander
ſcheideten in groſſer wahrer bruͤder-liebe. Sie/
die liebe frau wuſte GOtt nicht gnugſam uͤber
des mannes gaben zu preiſen/ und war von ih-
rem manne wol in die 2. jahr. Derſelbe/ wie
er nun roh und wuͤſt im leben war/ kam eins-
mals unvermuthet nach hauſe/ ſie nun von ſol-
chen ſinn (welches mir damals unbewuſt) wol-
te bey ihm nicht ſeyn/ ſintemal ſie von ſeinem
abfaͤlligen weſen gehoͤret hatte/ und gieng ohne
rath und willen der andern aus dem hauſe/
und wolte ſein ruchloſes leben durchaus nicht
leiden und nicht mit ihm reden/ was ſie auch
nur dazu ſagten. Als das geſchach/ waͤren ſie
auch lieber davon geweſt/ als dargeblieben/ weil
ſie hoͤrten/ daß er einen ſolchen tollen kopff hat-
te und boͤſes dencken moͤchte/ daß/ ſo er ſie und
die maͤnner nicht zu hauſe fuͤnde/ er ihnen einig
leid oder ſchaden zufuͤgen moͤchte/ ſumma/ ſie
muſtens auff ihren Gott wagen; Er kam und
redete noch mit ihnen/ war wuͤſte und wild von
anſehen/ wie man leicht dencken kan/ er thaͤt
endlich den leuten nichts/ ſondern klagte uͤber
ſeine frau/ daß ſie eigenſinnig und ihm nicht
unterthan ſeyn wolte nach ſeinem willen. Sie
entſchuldigten ſich aber/ wie ſie ſie gerne gehal-
ten haͤtten/ ſie haͤtte aber nicht gewolt. Nach
6. oder 8. tagen fuhr er wieder ohne zanck nach
Engeland zu/ aber er hatte leyder! gar uͤbel von
dem manne Dav. Jar. geredet/ als wenn er ihm
ſein weib enthalten und bey ihr geſchlaffen haͤt-
te. Aber GOtt iſt zeuge/ daß er als das klein-
ſte kind auff erden rein von ihr und ſie von ihm
geblieben/ dennoch gieng der ruff aus von ihm
[Spaltenumbruch] unter den bruͤdern/ doch aber ingeheim/ davon
aber David noch ſie was wuſten.

Nach dieſen kamẽ 2. oder 3. bruͤder aus En-
geland zu ihm/ welche vieles mit ihm in demſel-
ben hauſe/ dahin er wieder kommen war/ rede-
ten von dieſer ſache/ denen er gar guͤtlichen be-
ſcheid gab/ und betetẽ miteinandet zum HErrn
und ſcheideten alſo davon. Nach etlichen ta-
gen wars zeit/ daß dieſe 2. maͤnner (vermuth-
lich durch einen beruff) weg muſten/ aſſen alſo
denſelben abend noch miteinander und darauff
nahmen ſie abſchied in aller freundlichkeit und
fuhren alſo mit D. J. des nachts uͤber/ und als
ſie ungefaͤhr des nachts um 2. Uhr ans land ka-
men/ dingeten ſie einen wagen/ der ſie nach der
ſtadtfuͤhrte uñ vor 4. uhren vor die pforte brin-
gen ſolte/ aber es war wol fuͤnffe/ alſo daß jeder-
man auff war und ſtunden vor den pforten und
thuͤren mit vielen wagen und kannten ihn. A-
ber er rieff ſeinen GOtt an und bat ihn/ daß er
ihm da durch helffen wolte. Darauff ſtieg er
gutes muths von dem wagen und gieng vor al-
ler augen vorbey und wurden von der ſtadt-wa-
che mit den handſchuhen an den halß geſchla-
gen/ und wagten alſo (weils ſo ſeyn muſte) ih-
rer beyder lebẽ/ aber niemand merckte ſonderlich
drauff/ als ein einiger mañ/ ders aber verborgen
hielt/ darum ihm nichts boͤſes wiederfuhr vom
HErrn/ alſo giengen ſie eine gute weile inwen-
dig an der maure vor vielen leuten vorbey und
kamen in das hauß/ da ſie ſeyn wolten. Als
ſie nun lange in demſelben geweſt/ giengen ſie
in ein anders; Unterweilen war erim gemuͤth
recht getroſt und im glauben recht hertzhafft/
weil er allezeit ſein angeſicht und vertrauen zu
dem HErrn wendete/ daß endlich des man-
nes gemuͤth ſo feurig ward/ daß er ſelbſt nacht
und tag damit bekuͤmmert ſich ſelbſt uͤber ſein
weſen verwunderte und wuſte gantz nicht wie
oder was er betete/ weder um diß noch das/ wie
doch viele zu ſeiner zeit gethan/ diß und jenes
zu bekommen oder zu ſeyn.

Sondern er bat nur um ein hertze/ ſag ich/
das mit lauter liebe moͤchte feſte an ſeinen Gott
geknuͤpffet ſeyn und von allen ſorgen frey wer-
den/ nemlich frey von aller muͤhe/ laſt/ peinlig-
keit und unluſt oder mattigkeiten. Denn er
wuſte/ weil das hertz mit lauter lieb umgeben
waͤre/ wuͤrde es keiner anſpornung/ ruthe oder
zuͤchtigung beduͤrffen/ ſich Gotte zu ergeben/
ſondeꝛn ſelbſt dazu geneigt und nicht abzuziehen
ſeyn. Er machte zu der zeit ein lied/ daß hieß:
Unſre haͤnde wir mit unſchuld waſchen;
Aus dem grund/ daß nie mand daſſelbe frey ſin-
gen ſolte/ er waͤre dann eines recht auffrichtigen
und gutwilligen hertzens. Denn es verdroß
ihn/ daß ein jeglicher die geiſtlichen lieder mit
einem fleiſchlichen unbußfertigen hertzen ſunge/
das ihm doch nicht ziemete/ dacht und ſprach
daher/ was gilts/ ich wils ſo machen/ daß ihnen
daſſelbe eben nicht geluͤſten ſoll mit allzu ſuͤſſer
uͤbereinſtimmung zu ſingen. Von dar nun
kamen ſie in ſeiner mutter hauß zu ſeinem weib
und kindern/ der andere hieß Anthon/ ein gar
lieber gehorſamer knecht/ der gieng auch in ein
hauß zu ſeiner frauen. Hierauff geſchahe es bey
Faute/ daß er aus dem hauſe muſte/ allwo er
ſein werck treiben wolte/ denn die noth trang
ihn dazu/ weil er von ſolchen hertzen war/ daß

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[408/0704] Th. IV. Sect. II. Num. XLVII. Dav. Joris Lebens-Beſchreibung. mancherley weiſe verſucht/ und muſte ſich oͤff- ters (wenn ſie uͤberfallen wurden) bey den leu- ten gantz ſtill/ als wann er hinter einem vor- hang ſtuͤnde/ halten oder verbergen/ und aller- hand pillen verſchlucken/ was ihm mannichmal begegnete. Woruͤber (und was der dinge mehr ſeyn mochten) er ſich aber in ſeinem Gotte freuete und dachte: Wolan HErr/ das biſtu und weiſt/ daß es um deinet willen geſchicht/ und war ihm alſo eine freude/ wenn er das ſo bedachte. Hier empfieng er viel verſtand aus der ſchrifft und herrliche traͤume mehr denn ſei- ne mitgenoſſen/ die ſehr wunderlich zu erzeh- len waren/ ihm wurde die ſchrifft in ſeinem traum ausgelegt und die ſpruͤche ſo erklaͤret/ daß er alle dinge dagegen gantz gering achtete. Jhrer waren 2. junge maͤnner und 2. junge frauen/ die eine war verheyrathet/ aber die andere nicht/ miteinander im hauſe/ und zuwei- len ein alt-vatter/ welcher aus-und eingieng/ daß alſo der teuffel und ſathan dieſen maͤnnern je zuweilen groſſe quaal anthaͤt/ aber ſie baten allezeit tag und nacht zu dem HErrn/ daß der ſathan ſeinen willen nicht haben moͤchte/ denn der HErr war mit ihnen/ und es geſchaht/ daß D. J. die eine ſonderlich aus dieſem grunde lieb gewann/ und dieſelbe hinwieder auch ihn um ſeines H. Geiſtes/ weißheit/ erkaͤnntnuͤß und verſtandes willen/ die ſie in ihm ſahe. Denn da gieng nichts vor/ noch aus ihren munde noch in ihres hertzens-grund/ als goͤttliche furcht/ ihres glaubens bekaͤndtnuͤß und heilige dinge; Kam einem oder dem andern ein boͤſer gedan- cke oder geſichte vor/ ſo beteten ſie hertzlich/ und uͤberwandten durch die gnade Gottes ihren peiniger/ ſo |daß ſie unbefleckt von einander ſcheideten in groſſer wahrer bruͤder-liebe. Sie/ die liebe frau wuſte GOtt nicht gnugſam uͤber des mannes gaben zu preiſen/ und war von ih- rem manne wol in die 2. jahr. Derſelbe/ wie er nun roh und wuͤſt im leben war/ kam eins- mals unvermuthet nach hauſe/ ſie nun von ſol- chen ſinn (welches mir damals unbewuſt) wol- te bey ihm nicht ſeyn/ ſintemal ſie von ſeinem abfaͤlligen weſen gehoͤret hatte/ und gieng ohne rath und willen der andern aus dem hauſe/ und wolte ſein ruchloſes leben durchaus nicht leiden und nicht mit ihm reden/ was ſie auch nur dazu ſagten. Als das geſchach/ waͤren ſie auch lieber davon geweſt/ als dargeblieben/ weil ſie hoͤrten/ daß er einen ſolchen tollen kopff hat- te und boͤſes dencken moͤchte/ daß/ ſo er ſie und die maͤnner nicht zu hauſe fuͤnde/ er ihnen einig leid oder ſchaden zufuͤgen moͤchte/ ſumma/ ſie muſtens auff ihren Gott wagen; Er kam und redete noch mit ihnen/ war wuͤſte und wild von anſehen/ wie man leicht dencken kan/ er thaͤt endlich den leuten nichts/ ſondern klagte uͤber ſeine frau/ daß ſie eigenſinnig und ihm nicht unterthan ſeyn wolte nach ſeinem willen. Sie entſchuldigten ſich aber/ wie ſie ſie gerne gehal- ten haͤtten/ ſie haͤtte aber nicht gewolt. Nach 6. oder 8. tagen fuhr er wieder ohne zanck nach Engeland zu/ aber er hatte leyder! gar uͤbel von dem manne Dav. Jar. geredet/ als wenn er ihm ſein weib enthalten und bey ihr geſchlaffen haͤt- te. Aber GOtt iſt zeuge/ daß er als das klein- ſte kind auff erden rein von ihr und ſie von ihm geblieben/ dennoch gieng der ruff aus von ihm unter den bruͤdern/ doch aber ingeheim/ davon aber David noch ſie was wuſten. Nach dieſen kamẽ 2. oder 3. bruͤder aus En- geland zu ihm/ welche vieles mit ihm in demſel- ben hauſe/ dahin er wieder kommen war/ rede- ten von dieſer ſache/ denen er gar guͤtlichen be- ſcheid gab/ und betetẽ miteinandet zum HErrn und ſcheideten alſo davon. Nach etlichen ta- gen wars zeit/ daß dieſe 2. maͤnner (vermuth- lich durch einen beruff) weg muſten/ aſſen alſo denſelben abend noch miteinander und darauff nahmen ſie abſchied in aller freundlichkeit und fuhren alſo mit D. J. des nachts uͤber/ und als ſie ungefaͤhr des nachts um 2. Uhr ans land ka- men/ dingeten ſie einen wagen/ der ſie nach der ſtadtfuͤhrte uñ vor 4. uhren vor die pforte brin- gen ſolte/ aber es war wol fuͤnffe/ alſo daß jeder- man auff war und ſtunden vor den pforten und thuͤren mit vielen wagen und kannten ihn. A- ber er rieff ſeinen GOtt an und bat ihn/ daß er ihm da durch helffen wolte. Darauff ſtieg er gutes muths von dem wagen und gieng vor al- ler augen vorbey und wurden von der ſtadt-wa- che mit den handſchuhen an den halß geſchla- gen/ und wagten alſo (weils ſo ſeyn muſte) ih- rer beyder lebẽ/ aber niemand merckte ſonderlich drauff/ als ein einiger mañ/ ders aber verborgen hielt/ darum ihm nichts boͤſes wiederfuhr vom HErrn/ alſo giengen ſie eine gute weile inwen- dig an der maure vor vielen leuten vorbey und kamen in das hauß/ da ſie ſeyn wolten. Als ſie nun lange in demſelben geweſt/ giengen ſie in ein anders; Unterweilen war erim gemuͤth recht getroſt und im glauben recht hertzhafft/ weil er allezeit ſein angeſicht und vertrauen zu dem HErrn wendete/ daß endlich des man- nes gemuͤth ſo feurig ward/ daß er ſelbſt nacht und tag damit bekuͤmmert ſich ſelbſt uͤber ſein weſen verwunderte und wuſte gantz nicht wie oder was er betete/ weder um diß noch das/ wie doch viele zu ſeiner zeit gethan/ diß und jenes zu bekommen oder zu ſeyn. Sondern er bat nur um ein hertze/ ſag ich/ das mit lauter liebe moͤchte feſte an ſeinen Gott geknuͤpffet ſeyn und von allen ſorgen frey wer- den/ nemlich frey von aller muͤhe/ laſt/ peinlig- keit und unluſt oder mattigkeiten. Denn er wuſte/ weil das hertz mit lauter lieb umgeben waͤre/ wuͤrde es keiner anſpornung/ ruthe oder zuͤchtigung beduͤrffen/ ſich Gotte zu ergeben/ ſondeꝛn ſelbſt dazu geneigt und nicht abzuziehen ſeyn. Er machte zu der zeit ein lied/ daß hieß: Unſre haͤnde wir mit unſchuld waſchen; Aus dem grund/ daß nie mand daſſelbe frey ſin- gen ſolte/ er waͤre dann eines recht auffrichtigen und gutwilligen hertzens. Denn es verdroß ihn/ daß ein jeglicher die geiſtlichen lieder mit einem fleiſchlichen unbußfertigen hertzen ſunge/ das ihm doch nicht ziemete/ dacht und ſprach daher/ was gilts/ ich wils ſo machen/ daß ihnen daſſelbe eben nicht geluͤſten ſoll mit allzu ſuͤſſer uͤbereinſtimmung zu ſingen. Von dar nun kamen ſie in ſeiner mutter hauß zu ſeinem weib und kindern/ der andere hieß Anthon/ ein gar lieber gehorſamer knecht/ der gieng auch in ein hauß zu ſeiner frauen. Hierauff geſchahe es bey Faute/ daß er aus dem hauſe muſte/ allwo er ſein werck treiben wolte/ denn die noth trang ihn dazu/ weil er von ſolchen hertzen war/ daß er

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Zitationshilfe: Arnold, Gottfried: Unpartheyische Kirchen- und Ketzer-Historie. Bd. 2 (T. 3/4). Frankfurt (Main), 1700, S. 408. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnold_ketzerhistorie02_1700/704>, abgerufen am 23.12.2024.