Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Arnold, Gottfried: Unpartheyische Kirchen- und Ketzer-Historie. Bd. 2 (T. 3/4). Frankfurt (Main), 1700.

Bild:
<< vorherige Seite

Th. IV. Sect. II. Num. XLVII. Dav. Joris Lebens-Beschreibung.
[Spaltenumbruch] mancherley weise versucht/ und muste sich öff-
ters (wenn sie überfallen wurden) bey den leu-
ten gantz still/ als wann er hinter einem vor-
hang stünde/ halten oder verbergen/ und aller-
hand pillen verschlucken/ was ihm mannichmal
begegnete. Worüber (und was der dinge
mehr seyn mochten) er sich aber in seinem Gotte
freuete und dachte: Wolan HErr/ das bistu
und weist/ daß es um deinet willen geschicht/
und war ihm also eine freude/ wenn er das so
bedachte. Hier empfieng er viel verstand aus
der schrifft und herrliche träume mehr denn sei-
ne mitgenossen/ die sehr wunderlich zu erzeh-
len waren/ ihm wurde die schrifft in seinem
traum ausgelegt und die sprüche so erkläret/
daß er alle dinge dagegen gantz gering achtete.

Jhrer waren 2. junge männer und 2. junge
frauen/ die eine war verheyrathet/ aber die
andere nicht/ miteinander im hause/ und zuwei-
len ein alt-vatter/ welcher aus-und eingieng/
daß also der teuffel und sathan diesen männern
je zuweilen grosse quaal anthät/ aber sie baten
allezeit tag und nacht zu dem HErrn/ daß der
sathan seinen willen nicht haben möchte/ denn
der HErr war mit ihnen/ und es geschaht/ daß
D. J. die eine sonderlich aus diesem grunde lieb
gewann/ und dieselbe hinwieder auch ihn um
seines H. Geistes/ weißheit/ erkänntnüß und
verstandes willen/ die sie in ihm sahe. Denn da
gieng nichts vor/ noch aus ihren munde noch
in ihres hertzens-grund/ als göttliche furcht/
ihres glaubens bekändtnüß und heilige dinge;
Kam einem oder dem andern ein böser gedan-
cke oder gesichte vor/ so beteten sie hertzlich/ und
überwandten durch die gnade Gottes ihren
peiniger/ so |daß sie unbefleckt von einander
scheideten in grosser wahrer brüder-liebe. Sie/
die liebe frau wuste GOtt nicht gnugsam über
des mannes gaben zu preisen/ und war von ih-
rem manne wol in die 2. jahr. Derselbe/ wie
er nun roh und wüst im leben war/ kam eins-
mals unvermuthet nach hause/ sie nun von sol-
chen sinn (welches mir damals unbewust) wol-
te bey ihm nicht seyn/ sintemal sie von seinem
abfälligen wesen gehöret hatte/ und gieng ohne
rath und willen der andern aus dem hause/
und wolte sein ruchloses leben durchaus nicht
leiden und nicht mit ihm reden/ was sie auch
nur dazu sagten. Als das geschach/ wären sie
auch lieber davon gewest/ als dargeblieben/ weil
sie hörten/ daß er einen solchen tollen kopff hat-
te und böses dencken möchte/ daß/ so er sie und
die männer nicht zu hause fünde/ er ihnen einig
leid oder schaden zufügen möchte/ summa/ sie
mustens auff ihren Gott wagen; Er kam und
redete noch mit ihnen/ war wüste und wild von
ansehen/ wie man leicht dencken kan/ er thät
endlich den leuten nichts/ sondern klagte über
seine frau/ daß sie eigensinnig und ihm nicht
unterthan seyn wolte nach seinem willen. Sie
entschuldigten sich aber/ wie sie sie gerne gehal-
ten hätten/ sie hätte aber nicht gewolt. Nach
6. oder 8. tagen fuhr er wieder ohne zanck nach
Engeland zu/ aber er hatte leyder! gar übel von
dem manne Dav. Jar. geredet/ als wenn er ihm
sein weib enthalten und bey ihr geschlaffen hät-
te. Aber GOtt ist zeuge/ daß er als das klein-
ste kind auff erden rein von ihr und sie von ihm
geblieben/ dennoch gieng der ruff aus von ihm
[Spaltenumbruch] unter den brüdern/ doch aber ingeheim/ davon
aber David noch sie was wusten.

Nach diesen kamen 2. oder 3. brüder aus En-
geland zu ihm/ welche vieles mit ihm in demsel-
ben hause/ dahin er wieder kommen war/ rede-
ten von dieser sache/ denen er gar gütlichen be-
scheid gab/ und beteten miteinandet zum HErrn
und scheideten also davon. Nach etlichen ta-
gen wars zeit/ daß diese 2. männer (vermuth-
lich durch einen beruff) weg musten/ assen also
denselben abend noch miteinander und darauff
nahmen sie abschied in aller freundlichkeit und
fuhren also mit D. J. des nachts über/ und als
sie ungefähr des nachts um 2. Uhr ans land ka-
men/ dingeten sie einen wagen/ der sie nach der
stadtführte und vor 4. uhren vor die pforte brin-
gen solte/ aber es war wol fünffe/ also daß jeder-
man auff war und stunden vor den pforten und
thüren mit vielen wagen und kannten ihn. A-
ber er rieff seinen GOtt an und bat ihn/ daß er
ihm da durch helffen wolte. Darauff stieg er
gutes muths von dem wagen und gieng vor al-
ler augen vorbey und wurden von der stadt-wa-
che mit den handschuhen an den halß geschla-
gen/ und wagten also (weils so seyn muste) ih-
rer beyder leben/ aber niemand merckte sonderlich
drauff/ als ein einiger mann/ ders aber verborgen
hielt/ darum ihm nichts böses wiederfuhr vom
HErrn/ also giengen sie eine gute weile inwen-
dig an der maure vor vielen leuten vorbey und
kamen in das hauß/ da sie seyn wolten. Als
sie nun lange in demselben gewest/ giengen sie
in ein anders; Unterweilen war erim gemüth
recht getrost und im glauben recht hertzhafft/
weil er allezeit sein angesicht und vertrauen zu
dem HErrn wendete/ daß endlich des man-
nes gemüth so feurig ward/ daß er selbst nacht
und tag damit bekümmert sich selbst über sein
wesen verwunderte und wuste gantz nicht wie
oder was er betete/ weder um diß noch das/ wie
doch viele zu seiner zeit gethan/ diß und jenes
zu bekommen oder zu seyn.

Sondern er bat nur um ein hertze/ sag ich/
das mit lauter liebe möchte feste an seinen Gott
geknüpffet seyn und von allen sorgen frey wer-
den/ nemlich frey von aller mühe/ last/ peinlig-
keit und unlust oder mattigkeiten. Denn er
wuste/ weil das hertz mit lauter lieb umgeben
wäre/ würde es keiner anspornung/ ruthe oder
züchtigung bedürffen/ sich Gotte zu ergeben/
sondern selbst dazu geneigt und nicht abzuziehen
seyn. Er machte zu der zeit ein lied/ daß hieß:
Unsre hände wir mit unschuld waschen;
Aus dem grund/ daß nie mand dasselbe frey sin-
gen solte/ er wäre dann eines recht auffrichtigen
und gutwilligen hertzens. Denn es verdroß
ihn/ daß ein jeglicher die geistlichen lieder mit
einem fleischlichen unbußfertigen hertzen sunge/
das ihm doch nicht ziemete/ dacht und sprach
daher/ was gilts/ ich wils so machen/ daß ihnen
dasselbe eben nicht gelüsten soll mit allzu süsser
übereinstimmung zu singen. Von dar nun
kamen sie in seiner mutter hauß zu seinem weib
und kindern/ der andere hieß Anthon/ ein gar
lieber gehorsamer knecht/ der gieng auch in ein
hauß zu seiner frauen. Hierauff geschahe es bey
Faute/ daß er aus dem hause muste/ allwo er
sein werck treiben wolte/ denn die noth trang
ihn dazu/ weil er von solchen hertzen war/ daß

er

Th. IV. Sect. II. Num. XLVII. Dav. Joris Lebens-Beſchreibung.
[Spaltenumbruch] mancherley weiſe verſucht/ und muſte ſich oͤff-
ters (wenn ſie uͤberfallen wurden) bey den leu-
ten gantz ſtill/ als wann er hinter einem vor-
hang ſtuͤnde/ halten oder verbergen/ und aller-
hand pillen verſchlucken/ was ihm mannichmal
begegnete. Woruͤber (und was der dinge
mehr ſeyn mochten) er ſich aber in ſeinem Gotte
freuete und dachte: Wolan HErr/ das biſtu
und weiſt/ daß es um deinet willen geſchicht/
und war ihm alſo eine freude/ wenn er das ſo
bedachte. Hier empfieng er viel verſtand aus
der ſchrifft und herrliche traͤume mehr denn ſei-
ne mitgenoſſen/ die ſehr wunderlich zu erzeh-
len waren/ ihm wurde die ſchrifft in ſeinem
traum ausgelegt und die ſpruͤche ſo erklaͤret/
daß er alle dinge dagegen gantz gering achtete.

Jhrer waren 2. junge maͤnner und 2. junge
frauen/ die eine war verheyrathet/ aber die
andere nicht/ miteinander im hauſe/ und zuwei-
len ein alt-vatter/ welcher aus-und eingieng/
daß alſo der teuffel und ſathan dieſen maͤnnern
je zuweilen groſſe quaal anthaͤt/ aber ſie baten
allezeit tag und nacht zu dem HErrn/ daß der
ſathan ſeinen willen nicht haben moͤchte/ denn
der HErr war mit ihnen/ und es geſchaht/ daß
D. J. die eine ſonderlich aus dieſem grunde lieb
gewann/ und dieſelbe hinwieder auch ihn um
ſeines H. Geiſtes/ weißheit/ erkaͤnntnuͤß und
verſtandes willen/ die ſie in ihm ſahe. Denn da
gieng nichts vor/ noch aus ihren munde noch
in ihres hertzens-grund/ als goͤttliche furcht/
ihres glaubens bekaͤndtnuͤß und heilige dinge;
Kam einem oder dem andern ein boͤſer gedan-
cke oder geſichte vor/ ſo beteten ſie hertzlich/ und
uͤberwandten durch die gnade Gottes ihren
peiniger/ ſo |daß ſie unbefleckt von einander
ſcheideten in groſſer wahrer bruͤder-liebe. Sie/
die liebe frau wuſte GOtt nicht gnugſam uͤber
des mannes gaben zu preiſen/ und war von ih-
rem manne wol in die 2. jahr. Derſelbe/ wie
er nun roh und wuͤſt im leben war/ kam eins-
mals unvermuthet nach hauſe/ ſie nun von ſol-
chen ſinn (welches mir damals unbewuſt) wol-
te bey ihm nicht ſeyn/ ſintemal ſie von ſeinem
abfaͤlligen weſen gehoͤret hatte/ und gieng ohne
rath und willen der andern aus dem hauſe/
und wolte ſein ruchloſes leben durchaus nicht
leiden und nicht mit ihm reden/ was ſie auch
nur dazu ſagten. Als das geſchach/ waͤren ſie
auch lieber davon geweſt/ als dargeblieben/ weil
ſie hoͤrten/ daß er einen ſolchen tollen kopff hat-
te und boͤſes dencken moͤchte/ daß/ ſo er ſie und
die maͤnner nicht zu hauſe fuͤnde/ er ihnen einig
leid oder ſchaden zufuͤgen moͤchte/ ſumma/ ſie
muſtens auff ihren Gott wagen; Er kam und
redete noch mit ihnen/ war wuͤſte und wild von
anſehen/ wie man leicht dencken kan/ er thaͤt
endlich den leuten nichts/ ſondern klagte uͤber
ſeine frau/ daß ſie eigenſinnig und ihm nicht
unterthan ſeyn wolte nach ſeinem willen. Sie
entſchuldigten ſich aber/ wie ſie ſie gerne gehal-
ten haͤtten/ ſie haͤtte aber nicht gewolt. Nach
6. oder 8. tagen fuhr er wieder ohne zanck nach
Engeland zu/ aber er hatte leyder! gar uͤbel von
dem manne Dav. Jar. geredet/ als wenn er ihm
ſein weib enthalten und bey ihr geſchlaffen haͤt-
te. Aber GOtt iſt zeuge/ daß er als das klein-
ſte kind auff erden rein von ihr und ſie von ihm
geblieben/ dennoch gieng der ruff aus von ihm
[Spaltenumbruch] unter den bruͤdern/ doch aber ingeheim/ davon
aber David noch ſie was wuſten.

Nach dieſen kamẽ 2. oder 3. bruͤder aus En-
geland zu ihm/ welche vieles mit ihm in demſel-
ben hauſe/ dahin er wieder kommen war/ rede-
ten von dieſer ſache/ denen er gar guͤtlichen be-
ſcheid gab/ und betetẽ miteinandet zum HErrn
und ſcheideten alſo davon. Nach etlichen ta-
gen wars zeit/ daß dieſe 2. maͤnner (vermuth-
lich durch einen beruff) weg muſten/ aſſen alſo
denſelben abend noch miteinander und darauff
nahmen ſie abſchied in aller freundlichkeit und
fuhren alſo mit D. J. des nachts uͤber/ und als
ſie ungefaͤhr des nachts um 2. Uhr ans land ka-
men/ dingeten ſie einen wagen/ der ſie nach der
ſtadtfuͤhrte uñ vor 4. uhren vor die pforte brin-
gen ſolte/ aber es war wol fuͤnffe/ alſo daß jeder-
man auff war und ſtunden vor den pforten und
thuͤren mit vielen wagen und kannten ihn. A-
ber er rieff ſeinen GOtt an und bat ihn/ daß er
ihm da durch helffen wolte. Darauff ſtieg er
gutes muths von dem wagen und gieng vor al-
ler augen vorbey und wurden von der ſtadt-wa-
che mit den handſchuhen an den halß geſchla-
gen/ und wagten alſo (weils ſo ſeyn muſte) ih-
rer beyder lebẽ/ aber niemand merckte ſonderlich
drauff/ als ein einiger mañ/ ders aber verborgen
hielt/ darum ihm nichts boͤſes wiederfuhr vom
HErrn/ alſo giengen ſie eine gute weile inwen-
dig an der maure vor vielen leuten vorbey und
kamen in das hauß/ da ſie ſeyn wolten. Als
ſie nun lange in demſelben geweſt/ giengen ſie
in ein anders; Unterweilen war erim gemuͤth
recht getroſt und im glauben recht hertzhafft/
weil er allezeit ſein angeſicht und vertrauen zu
dem HErrn wendete/ daß endlich des man-
nes gemuͤth ſo feurig ward/ daß er ſelbſt nacht
und tag damit bekuͤmmert ſich ſelbſt uͤber ſein
weſen verwunderte und wuſte gantz nicht wie
oder was er betete/ weder um diß noch das/ wie
doch viele zu ſeiner zeit gethan/ diß und jenes
zu bekommen oder zu ſeyn.

Sondern er bat nur um ein hertze/ ſag ich/
das mit lauter liebe moͤchte feſte an ſeinen Gott
geknuͤpffet ſeyn und von allen ſorgen frey wer-
den/ nemlich frey von aller muͤhe/ laſt/ peinlig-
keit und unluſt oder mattigkeiten. Denn er
wuſte/ weil das hertz mit lauter lieb umgeben
waͤre/ wuͤrde es keiner anſpornung/ ruthe oder
zuͤchtigung beduͤrffen/ ſich Gotte zu ergeben/
ſondeꝛn ſelbſt dazu geneigt und nicht abzuziehen
ſeyn. Er machte zu der zeit ein lied/ daß hieß:
Unſre haͤnde wir mit unſchuld waſchen;
Aus dem grund/ daß nie mand daſſelbe frey ſin-
gen ſolte/ er waͤre dann eines recht auffrichtigen
und gutwilligen hertzens. Denn es verdroß
ihn/ daß ein jeglicher die geiſtlichen lieder mit
einem fleiſchlichen unbußfertigen hertzen ſunge/
das ihm doch nicht ziemete/ dacht und ſprach
daher/ was gilts/ ich wils ſo machen/ daß ihnen
daſſelbe eben nicht geluͤſten ſoll mit allzu ſuͤſſer
uͤbereinſtimmung zu ſingen. Von dar nun
kamen ſie in ſeiner mutter hauß zu ſeinem weib
und kindern/ der andere hieß Anthon/ ein gar
lieber gehorſamer knecht/ der gieng auch in ein
hauß zu ſeiner frauen. Hierauff geſchahe es bey
Faute/ daß er aus dem hauſe muſte/ allwo er
ſein werck treiben wolte/ denn die noth trang
ihn dazu/ weil er von ſolchen hertzen war/ daß

er
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0704" n="408"/><fw place="top" type="header">Th. <hi rendition="#aq">IV. Sect. II. Num. XLVII. Dav. Joris</hi> Lebens-Be&#x017F;chreibung.</fw><lb/><cb/>
mancherley wei&#x017F;e ver&#x017F;ucht/ und mu&#x017F;te &#x017F;ich o&#x0364;ff-<lb/>
ters (wenn &#x017F;ie u&#x0364;berfallen wurden) bey den leu-<lb/>
ten gantz &#x017F;till/ als wann er hinter einem vor-<lb/>
hang &#x017F;tu&#x0364;nde/ halten oder verbergen/ und aller-<lb/>
hand pillen ver&#x017F;chlucken/ was ihm mannichmal<lb/>
begegnete. Woru&#x0364;ber (und was der dinge<lb/>
mehr &#x017F;eyn mochten) er &#x017F;ich aber in &#x017F;einem Gotte<lb/>
freuete und dachte: Wolan HErr/ das bi&#x017F;tu<lb/>
und wei&#x017F;t/ daß es um deinet willen ge&#x017F;chicht/<lb/>
und war ihm al&#x017F;o eine freude/ wenn er das &#x017F;o<lb/>
bedachte. Hier empfieng er viel ver&#x017F;tand aus<lb/>
der &#x017F;chrifft und herrliche tra&#x0364;ume mehr denn &#x017F;ei-<lb/>
ne mitgeno&#x017F;&#x017F;en/ die &#x017F;ehr wunderlich zu erzeh-<lb/>
len waren/ ihm wurde die &#x017F;chrifft in &#x017F;einem<lb/>
traum ausgelegt und die &#x017F;pru&#x0364;che &#x017F;o erkla&#x0364;ret/<lb/>
daß er alle dinge dagegen gantz gering achtete.</p><lb/>
              <p>Jhrer waren 2. junge ma&#x0364;nner und 2. junge<lb/>
frauen/ die eine war verheyrathet/ aber die<lb/>
andere nicht/ miteinander im hau&#x017F;e/ und zuwei-<lb/>
len ein alt-vatter/ welcher aus-und eingieng/<lb/>
daß al&#x017F;o der teuffel und &#x017F;athan die&#x017F;en ma&#x0364;nnern<lb/>
je zuweilen gro&#x017F;&#x017F;e quaal antha&#x0364;t/ aber &#x017F;ie baten<lb/>
allezeit tag und nacht zu dem HErrn/ daß der<lb/>
&#x017F;athan &#x017F;einen willen nicht haben mo&#x0364;chte/ denn<lb/>
der HErr war mit ihnen/ und es ge&#x017F;chaht/ daß<lb/><hi rendition="#aq">D. J.</hi> die eine &#x017F;onderlich aus die&#x017F;em grunde lieb<lb/>
gewann/ und die&#x017F;elbe hinwieder auch ihn um<lb/>
&#x017F;eines H. Gei&#x017F;tes/ weißheit/ erka&#x0364;nntnu&#x0364;ß und<lb/>
ver&#x017F;tandes willen/ die &#x017F;ie in ihm &#x017F;ahe. Denn da<lb/>
gieng nichts vor/ noch aus ihren munde noch<lb/>
in ihres hertzens-grund/ als go&#x0364;ttliche furcht/<lb/>
ihres glaubens beka&#x0364;ndtnu&#x0364;ß und heilige dinge;<lb/>
Kam einem oder dem andern ein bo&#x0364;&#x017F;er gedan-<lb/>
cke oder ge&#x017F;ichte vor/ &#x017F;o beteten &#x017F;ie hertzlich/ und<lb/>
u&#x0364;berwandten durch die gnade Gottes ihren<lb/>
peiniger/ &#x017F;o |daß &#x017F;ie unbefleckt von einander<lb/>
&#x017F;cheideten in gro&#x017F;&#x017F;er wahrer bru&#x0364;der-liebe. Sie/<lb/>
die liebe frau wu&#x017F;te GOtt nicht gnug&#x017F;am u&#x0364;ber<lb/>
des mannes gaben zu prei&#x017F;en/ und war von ih-<lb/>
rem manne wol in die 2. jahr. Der&#x017F;elbe/ wie<lb/>
er nun roh und wu&#x0364;&#x017F;t im leben war/ kam eins-<lb/>
mals unvermuthet nach hau&#x017F;e/ &#x017F;ie nun von &#x017F;ol-<lb/>
chen &#x017F;inn (welches mir damals unbewu&#x017F;t) wol-<lb/>
te bey ihm nicht &#x017F;eyn/ &#x017F;intemal &#x017F;ie von &#x017F;einem<lb/>
abfa&#x0364;lligen we&#x017F;en geho&#x0364;ret hatte/ und gieng ohne<lb/>
rath und willen der andern aus dem hau&#x017F;e/<lb/>
und wolte &#x017F;ein ruchlo&#x017F;es leben durchaus nicht<lb/>
leiden und nicht mit ihm reden/ was &#x017F;ie auch<lb/>
nur dazu &#x017F;agten. Als das ge&#x017F;chach/ wa&#x0364;ren &#x017F;ie<lb/>
auch lieber davon gewe&#x017F;t/ als dargeblieben/ weil<lb/>
&#x017F;ie ho&#x0364;rten/ daß er einen &#x017F;olchen tollen kopff hat-<lb/>
te und bo&#x0364;&#x017F;es dencken mo&#x0364;chte/ daß/ &#x017F;o er &#x017F;ie und<lb/>
die ma&#x0364;nner nicht zu hau&#x017F;e fu&#x0364;nde/ er ihnen einig<lb/>
leid oder &#x017F;chaden zufu&#x0364;gen mo&#x0364;chte/ &#x017F;umma/ &#x017F;ie<lb/>
mu&#x017F;tens auff ihren Gott wagen; Er kam und<lb/>
redete noch mit ihnen/ war wu&#x0364;&#x017F;te und wild von<lb/>
an&#x017F;ehen/ wie man leicht dencken kan/ er tha&#x0364;t<lb/>
endlich den leuten nichts/ &#x017F;ondern klagte u&#x0364;ber<lb/>
&#x017F;eine frau/ daß &#x017F;ie eigen&#x017F;innig und ihm nicht<lb/>
unterthan &#x017F;eyn wolte nach &#x017F;einem willen. Sie<lb/>
ent&#x017F;chuldigten &#x017F;ich aber/ wie &#x017F;ie &#x017F;ie gerne gehal-<lb/>
ten ha&#x0364;tten/ &#x017F;ie ha&#x0364;tte aber nicht gewolt. Nach<lb/>
6. oder 8. tagen fuhr er wieder ohne zanck nach<lb/>
Engeland zu/ aber er hatte leyder! gar u&#x0364;bel von<lb/>
dem manne <hi rendition="#aq">Dav. Jar.</hi> geredet/ als wenn er ihm<lb/>
&#x017F;ein weib enthalten und bey ihr ge&#x017F;chlaffen ha&#x0364;t-<lb/>
te. Aber GOtt i&#x017F;t zeuge/ daß er als das klein-<lb/>
&#x017F;te kind auff erden rein von ihr und &#x017F;ie von ihm<lb/>
geblieben/ dennoch gieng der ruff aus von ihm<lb/><cb/>
unter den bru&#x0364;dern/ doch aber ingeheim/ davon<lb/>
aber <hi rendition="#aq">David</hi> noch &#x017F;ie was wu&#x017F;ten.</p><lb/>
              <p>Nach die&#x017F;en kam&#x1EBD; 2. oder 3. bru&#x0364;der aus En-<lb/>
geland zu ihm/ welche vieles mit ihm in dem&#x017F;el-<lb/>
ben hau&#x017F;e/ dahin er wieder kommen war/ rede-<lb/>
ten von die&#x017F;er &#x017F;ache/ denen er gar gu&#x0364;tlichen be-<lb/>
&#x017F;cheid gab/ und betet&#x1EBD; miteinandet zum HErrn<lb/>
und &#x017F;cheideten al&#x017F;o davon. Nach etlichen ta-<lb/>
gen wars zeit/ daß die&#x017F;e 2. ma&#x0364;nner (vermuth-<lb/>
lich durch einen beruff) weg mu&#x017F;ten/ a&#x017F;&#x017F;en al&#x017F;o<lb/>
den&#x017F;elben abend noch miteinander und darauff<lb/>
nahmen &#x017F;ie ab&#x017F;chied in aller freundlichkeit und<lb/>
fuhren al&#x017F;o mit <hi rendition="#aq">D. J.</hi> des nachts u&#x0364;ber/ und als<lb/>
&#x017F;ie ungefa&#x0364;hr des nachts um 2. Uhr ans land ka-<lb/>
men/ dingeten &#x017F;ie einen wagen/ der &#x017F;ie nach der<lb/>
&#x017F;tadtfu&#x0364;hrte un&#x0303; vor 4. uhren vor die pforte brin-<lb/>
gen &#x017F;olte/ aber es war wol fu&#x0364;nffe/ al&#x017F;o daß jeder-<lb/>
man auff war und &#x017F;tunden vor den pforten und<lb/>
thu&#x0364;ren mit vielen wagen und kannten ihn. A-<lb/>
ber er rieff &#x017F;einen GOtt an und bat ihn/ daß er<lb/>
ihm da durch helffen wolte. Darauff &#x017F;tieg er<lb/>
gutes muths von dem wagen und gieng vor al-<lb/>
ler augen vorbey und wurden von der &#x017F;tadt-wa-<lb/>
che mit den hand&#x017F;chuhen an den halß ge&#x017F;chla-<lb/>
gen/ und wagten al&#x017F;o (weils &#x017F;o &#x017F;eyn mu&#x017F;te) ih-<lb/>
rer beyder leb&#x1EBD;/ aber niemand merckte &#x017F;onderlich<lb/>
drauff/ als ein einiger man&#x0303;/ ders aber verborgen<lb/>
hielt/ darum ihm nichts bo&#x0364;&#x017F;es wiederfuhr vom<lb/>
HErrn/ al&#x017F;o giengen &#x017F;ie eine gute weile inwen-<lb/>
dig an der maure vor vielen leuten vorbey und<lb/>
kamen in das hauß/ da &#x017F;ie &#x017F;eyn wolten. Als<lb/>
&#x017F;ie nun lange in dem&#x017F;elben gewe&#x017F;t/ giengen &#x017F;ie<lb/>
in ein anders; Unterweilen war erim gemu&#x0364;th<lb/>
recht getro&#x017F;t und im glauben recht hertzhafft/<lb/>
weil er allezeit &#x017F;ein ange&#x017F;icht und vertrauen zu<lb/>
dem HErrn wendete/ daß endlich des man-<lb/>
nes gemu&#x0364;th &#x017F;o feurig ward/ daß er &#x017F;elb&#x017F;t nacht<lb/>
und tag damit beku&#x0364;mmert &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t u&#x0364;ber &#x017F;ein<lb/>
we&#x017F;en verwunderte und wu&#x017F;te gantz nicht wie<lb/>
oder was er betete/ weder um diß noch das/ wie<lb/>
doch viele zu &#x017F;einer zeit gethan/ diß und jenes<lb/>
zu bekommen oder zu &#x017F;eyn.</p><lb/>
              <p>Sondern er bat nur um ein hertze/ &#x017F;ag ich/<lb/>
das mit lauter liebe mo&#x0364;chte fe&#x017F;te an &#x017F;einen Gott<lb/>
geknu&#x0364;pffet &#x017F;eyn und von allen &#x017F;orgen frey wer-<lb/>
den/ nemlich frey von aller mu&#x0364;he/ la&#x017F;t/ peinlig-<lb/>
keit und unlu&#x017F;t oder mattigkeiten. Denn er<lb/>
wu&#x017F;te/ weil das hertz mit lauter lieb umgeben<lb/>
wa&#x0364;re/ wu&#x0364;rde es keiner an&#x017F;pornung/ ruthe oder<lb/>
zu&#x0364;chtigung bedu&#x0364;rffen/ &#x017F;ich Gotte zu ergeben/<lb/>
&#x017F;onde&#xA75B;n &#x017F;elb&#x017F;t dazu geneigt und nicht abzuziehen<lb/>
&#x017F;eyn. Er machte zu der zeit ein lied/ daß hieß:<lb/><hi rendition="#fr">Un&#x017F;re ha&#x0364;nde wir mit un&#x017F;chuld wa&#x017F;chen;</hi><lb/>
Aus dem grund/ daß nie mand da&#x017F;&#x017F;elbe frey &#x017F;in-<lb/>
gen &#x017F;olte/ er wa&#x0364;re dann eines recht auffrichtigen<lb/>
und gutwilligen hertzens. Denn es verdroß<lb/>
ihn/ daß ein jeglicher die gei&#x017F;tlichen lieder mit<lb/>
einem flei&#x017F;chlichen unbußfertigen hertzen &#x017F;unge/<lb/>
das ihm doch nicht ziemete/ dacht und &#x017F;prach<lb/>
daher/ was gilts/ ich wils &#x017F;o machen/ daß ihnen<lb/>
da&#x017F;&#x017F;elbe eben nicht gelu&#x0364;&#x017F;ten &#x017F;oll mit allzu &#x017F;u&#x0364;&#x017F;&#x017F;er<lb/>
u&#x0364;berein&#x017F;timmung zu &#x017F;ingen. Von dar nun<lb/>
kamen &#x017F;ie in &#x017F;einer mutter hauß zu &#x017F;einem weib<lb/>
und kindern/ der andere hieß Anthon/ ein gar<lb/>
lieber gehor&#x017F;amer knecht/ der gieng auch in ein<lb/>
hauß zu &#x017F;einer frauen. Hierauff ge&#x017F;chahe es bey<lb/>
Faute/ daß er aus dem hau&#x017F;e mu&#x017F;te/ allwo er<lb/>
&#x017F;ein werck treiben wolte/ denn die noth trang<lb/>
ihn dazu/ weil er von &#x017F;olchen hertzen war/ daß<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">er</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[408/0704] Th. IV. Sect. II. Num. XLVII. Dav. Joris Lebens-Beſchreibung. mancherley weiſe verſucht/ und muſte ſich oͤff- ters (wenn ſie uͤberfallen wurden) bey den leu- ten gantz ſtill/ als wann er hinter einem vor- hang ſtuͤnde/ halten oder verbergen/ und aller- hand pillen verſchlucken/ was ihm mannichmal begegnete. Woruͤber (und was der dinge mehr ſeyn mochten) er ſich aber in ſeinem Gotte freuete und dachte: Wolan HErr/ das biſtu und weiſt/ daß es um deinet willen geſchicht/ und war ihm alſo eine freude/ wenn er das ſo bedachte. Hier empfieng er viel verſtand aus der ſchrifft und herrliche traͤume mehr denn ſei- ne mitgenoſſen/ die ſehr wunderlich zu erzeh- len waren/ ihm wurde die ſchrifft in ſeinem traum ausgelegt und die ſpruͤche ſo erklaͤret/ daß er alle dinge dagegen gantz gering achtete. Jhrer waren 2. junge maͤnner und 2. junge frauen/ die eine war verheyrathet/ aber die andere nicht/ miteinander im hauſe/ und zuwei- len ein alt-vatter/ welcher aus-und eingieng/ daß alſo der teuffel und ſathan dieſen maͤnnern je zuweilen groſſe quaal anthaͤt/ aber ſie baten allezeit tag und nacht zu dem HErrn/ daß der ſathan ſeinen willen nicht haben moͤchte/ denn der HErr war mit ihnen/ und es geſchaht/ daß D. J. die eine ſonderlich aus dieſem grunde lieb gewann/ und dieſelbe hinwieder auch ihn um ſeines H. Geiſtes/ weißheit/ erkaͤnntnuͤß und verſtandes willen/ die ſie in ihm ſahe. Denn da gieng nichts vor/ noch aus ihren munde noch in ihres hertzens-grund/ als goͤttliche furcht/ ihres glaubens bekaͤndtnuͤß und heilige dinge; Kam einem oder dem andern ein boͤſer gedan- cke oder geſichte vor/ ſo beteten ſie hertzlich/ und uͤberwandten durch die gnade Gottes ihren peiniger/ ſo |daß ſie unbefleckt von einander ſcheideten in groſſer wahrer bruͤder-liebe. Sie/ die liebe frau wuſte GOtt nicht gnugſam uͤber des mannes gaben zu preiſen/ und war von ih- rem manne wol in die 2. jahr. Derſelbe/ wie er nun roh und wuͤſt im leben war/ kam eins- mals unvermuthet nach hauſe/ ſie nun von ſol- chen ſinn (welches mir damals unbewuſt) wol- te bey ihm nicht ſeyn/ ſintemal ſie von ſeinem abfaͤlligen weſen gehoͤret hatte/ und gieng ohne rath und willen der andern aus dem hauſe/ und wolte ſein ruchloſes leben durchaus nicht leiden und nicht mit ihm reden/ was ſie auch nur dazu ſagten. Als das geſchach/ waͤren ſie auch lieber davon geweſt/ als dargeblieben/ weil ſie hoͤrten/ daß er einen ſolchen tollen kopff hat- te und boͤſes dencken moͤchte/ daß/ ſo er ſie und die maͤnner nicht zu hauſe fuͤnde/ er ihnen einig leid oder ſchaden zufuͤgen moͤchte/ ſumma/ ſie muſtens auff ihren Gott wagen; Er kam und redete noch mit ihnen/ war wuͤſte und wild von anſehen/ wie man leicht dencken kan/ er thaͤt endlich den leuten nichts/ ſondern klagte uͤber ſeine frau/ daß ſie eigenſinnig und ihm nicht unterthan ſeyn wolte nach ſeinem willen. Sie entſchuldigten ſich aber/ wie ſie ſie gerne gehal- ten haͤtten/ ſie haͤtte aber nicht gewolt. Nach 6. oder 8. tagen fuhr er wieder ohne zanck nach Engeland zu/ aber er hatte leyder! gar uͤbel von dem manne Dav. Jar. geredet/ als wenn er ihm ſein weib enthalten und bey ihr geſchlaffen haͤt- te. Aber GOtt iſt zeuge/ daß er als das klein- ſte kind auff erden rein von ihr und ſie von ihm geblieben/ dennoch gieng der ruff aus von ihm unter den bruͤdern/ doch aber ingeheim/ davon aber David noch ſie was wuſten. Nach dieſen kamẽ 2. oder 3. bruͤder aus En- geland zu ihm/ welche vieles mit ihm in demſel- ben hauſe/ dahin er wieder kommen war/ rede- ten von dieſer ſache/ denen er gar guͤtlichen be- ſcheid gab/ und betetẽ miteinandet zum HErrn und ſcheideten alſo davon. Nach etlichen ta- gen wars zeit/ daß dieſe 2. maͤnner (vermuth- lich durch einen beruff) weg muſten/ aſſen alſo denſelben abend noch miteinander und darauff nahmen ſie abſchied in aller freundlichkeit und fuhren alſo mit D. J. des nachts uͤber/ und als ſie ungefaͤhr des nachts um 2. Uhr ans land ka- men/ dingeten ſie einen wagen/ der ſie nach der ſtadtfuͤhrte uñ vor 4. uhren vor die pforte brin- gen ſolte/ aber es war wol fuͤnffe/ alſo daß jeder- man auff war und ſtunden vor den pforten und thuͤren mit vielen wagen und kannten ihn. A- ber er rieff ſeinen GOtt an und bat ihn/ daß er ihm da durch helffen wolte. Darauff ſtieg er gutes muths von dem wagen und gieng vor al- ler augen vorbey und wurden von der ſtadt-wa- che mit den handſchuhen an den halß geſchla- gen/ und wagten alſo (weils ſo ſeyn muſte) ih- rer beyder lebẽ/ aber niemand merckte ſonderlich drauff/ als ein einiger mañ/ ders aber verborgen hielt/ darum ihm nichts boͤſes wiederfuhr vom HErrn/ alſo giengen ſie eine gute weile inwen- dig an der maure vor vielen leuten vorbey und kamen in das hauß/ da ſie ſeyn wolten. Als ſie nun lange in demſelben geweſt/ giengen ſie in ein anders; Unterweilen war erim gemuͤth recht getroſt und im glauben recht hertzhafft/ weil er allezeit ſein angeſicht und vertrauen zu dem HErrn wendete/ daß endlich des man- nes gemuͤth ſo feurig ward/ daß er ſelbſt nacht und tag damit bekuͤmmert ſich ſelbſt uͤber ſein weſen verwunderte und wuſte gantz nicht wie oder was er betete/ weder um diß noch das/ wie doch viele zu ſeiner zeit gethan/ diß und jenes zu bekommen oder zu ſeyn. Sondern er bat nur um ein hertze/ ſag ich/ das mit lauter liebe moͤchte feſte an ſeinen Gott geknuͤpffet ſeyn und von allen ſorgen frey wer- den/ nemlich frey von aller muͤhe/ laſt/ peinlig- keit und unluſt oder mattigkeiten. Denn er wuſte/ weil das hertz mit lauter lieb umgeben waͤre/ wuͤrde es keiner anſpornung/ ruthe oder zuͤchtigung beduͤrffen/ ſich Gotte zu ergeben/ ſondeꝛn ſelbſt dazu geneigt und nicht abzuziehen ſeyn. Er machte zu der zeit ein lied/ daß hieß: Unſre haͤnde wir mit unſchuld waſchen; Aus dem grund/ daß nie mand daſſelbe frey ſin- gen ſolte/ er waͤre dann eines recht auffrichtigen und gutwilligen hertzens. Denn es verdroß ihn/ daß ein jeglicher die geiſtlichen lieder mit einem fleiſchlichen unbußfertigen hertzen ſunge/ das ihm doch nicht ziemete/ dacht und ſprach daher/ was gilts/ ich wils ſo machen/ daß ihnen daſſelbe eben nicht geluͤſten ſoll mit allzu ſuͤſſer uͤbereinſtimmung zu ſingen. Von dar nun kamen ſie in ſeiner mutter hauß zu ſeinem weib und kindern/ der andere hieß Anthon/ ein gar lieber gehorſamer knecht/ der gieng auch in ein hauß zu ſeiner frauen. Hierauff geſchahe es bey Faute/ daß er aus dem hauſe muſte/ allwo er ſein werck treiben wolte/ denn die noth trang ihn dazu/ weil er von ſolchen hertzen war/ daß er

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/arnold_ketzerhistorie02_1700
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/arnold_ketzerhistorie02_1700/704
Zitationshilfe: Arnold, Gottfried: Unpartheyische Kirchen- und Ketzer-Historie. Bd. 2 (T. 3/4). Frankfurt (Main), 1700, S. 408. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnold_ketzerhistorie02_1700/704>, abgerufen am 16.07.2024.