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Arnold, Gottfried: Unpartheyische Kirchen- und Ketzer-Historie. Bd. 2 (T. 3/4). Frankfurt (Main), 1700.

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Th. IV. Sect. II. Num. XLVII. Dav. Joris Lebens-Beschreibung.
[Spaltenumbruch] tersucht. Da sie das gehöret/ sprachen ihrer 2.
miteinander/ es dient da nicht zu bleiben. Ei-
ner aber/ welcher Martin hieß ein messer-
schmidt/ sagte: Jch wil gehen und sehen/ wo
ich wohnen kan.

Da blieb nun der mann mit seinen weib und
kinde allein aber das hertz war ihm über alle
maß bange/ jedoch wolt ers vor den leuten nicht
mercken lassen/ setzte sich deßwegen in ein Hol-
ländisch schiff und wagets dahin zu fahren/ a-
ber der schiffer merckte es schier/ was es vor ei-
ner wäre/ denn er war ein citler leichtfertiger
fleischlicher mann/ und bracht ihn zu Dortrecht
an/ hätte ader gern gehabt/ daß er wäre fort-
gangen/ denn der gute mann dorffte es in kei-
nerley weise wagen/ er setzte und legte sich wol
aussen auff das schiff aber mit sorgen und ge-
fahr/ damit der schiffer nicht allzu wunderlich
von ihm dencken solte/ und sahe seine alte be-
kandten/ die gantz nahe bey ihm vorbey gien-
gen/ sie aber sahen ihn durch verhütung und be-
schützung der gnade Gottes nicht öffentlich/
und also führten sie ihm zu Gorckum auff die
Waert/ allwo er einige tage blieb/ da er ohnge-
fehr etwas zu arbeiten bey einem bekam/ und
wirckete früh und spat und war ein geringer
lohn/ den er bekam vor seinen grossen fleiß/ ja
muste sich den leuten gar als einen knecht davor
versprechen/ daß man sich drüber zu verwun-
dern hat/ wie ein so geschickter mann vor einen
knecht arbeiten solte. Dabey war er auch in kei-
ner kleinen sorge/ denn es wol ein oder zwey-
mal geschehen/ daß er durch etliche vom hofe/
die dahin kommen waren/ wie man sagte zu
verkundschafften/ schier verrathen worden/
gieng deßwegen in ein strohern feld-häußlein/
darinn einer an der pestilentz gelegen. Von dar
kam er/ als die weg waren/ wieder an und
wohnete allda etliche monate. Darnach gescha-
he es/ daß ihn die Noth trieb/ sintemal seine
frau schwanger gieng/ und um ihrentwillen da-
hin zog/ da sie ihr kind-bette halten konte/ und
das war zu Delfft/ da seine Mutter wohnte/
und noch frey allda saß.

Er kam aber sehr gefährlich des nachts mit
grossen kosten allda an und gieng zu einem mei-
ster ein/ bey dem er arbeitete und allzeit war/ sie
aber (weil ihre zeit da war) gieng zu seiner mut-
ter nieder zukommen und gebahr vor dißmal
einen sohn/ den sie David nennten und war
eben lichtmeß im jahr 1536. Allhier war er fast
den winter durch/ und saß oben unter einen en-
gen dach und arbeitete und schlieff auch da/ al-
so daß er viel kälte und seufftzen ausstund/ und
kein wunder war/ daß er zur selben zeit nicht
dran starb. Er hatte so grosse last und hertzens
angst/ als niemand von weib oder kind gehöret
oder gesehen/ es sey denn/ dauchte ihm auch/ in
kindes-nöthen. Und dennoch muste er schwei-
gen und sich verbergen/ so lieb er sein leben und
den jenigen hatte/ bey dem er heimlich war. Er
lag vor grosser pein platt als ein wurm auff der
Erden und ward bey den lenden auff und nie-
der geworffen ohne sein zuthun von einem ende
zum andern/ eben wie ein wurm oder made auff
und nieder springt und war bey sich selbst als
tod. Darauff ward er ans feuer gelegt allda er
wieder zu sich kam und ward wieder gesund. All-
hier wurde er nun von etlichen seiner bekanten ver-
sucht/ die ihn gerne auf ihre meynung oder vor-
[Spaltenumbruch] nehmen gebracht hätten mit vielen disputiren/
zuweilen gantze nächte durch/ aber sie giengen
allzeit überwunden wieder weg. Die reden/
die allda abgehandelt worden/ hat man eben
nicht erfahren. Es waren die von Haefersou.
unter welchen Batenberg einer war. Dieser le-
ben und wesen nun wolte Dav. Jor. nicht nach-
folgen. Er hatte/ ehe sie an ihn kamen/ es auch
von GOtt empfangen/ also/ daß sie ihn nicht
übermochten/ des wegen sie D. J. vor nichts ach-
teten und meynten/ wenn die rache angienge/
würde er zuzusehen haben/ daß es ihm nicht wie
dem andern gienge/ und droheten dem guten
mann also mit dergleichen reden mehr; Aber
das halff alles nicht. D. J. thäte allezeit nichts/
als daß er betete/ und verlangte/ daß ihn Gott
vor allem bösen behüten und bewahren/ und ei-
ne neue creatur (die er zu der zeit/ wie ich ihn ha-
be sagen hören (nur buchstäblichen aus den
buchstaben erkante) geben wolte. Doch meyne-
te sein hertz nichts denn lauterlichen Gott und
liebte die warheit und arbeitete stets fleissig da-
bey in aller stille und schrieb zuweilen etwas/
welches hier eben nicht zu erzehlen ist. Summa/
er hatte streit von allen/ die die mittel strasse
nach seinem erkäntnüß/ nicht wolten/ daher ihm
von dem Batenberg nachgeredet ward/ als hät-
te er ein neidisch böses hertz und ein zornig ge-
müth/ welcher Batenberg sehr übel von dem
guten manne redete/ nur/ weil er das schwerdt/
(welches er zur straffe hart trieb) nicht mit er-
greiffen und einen Peters kopff auffsetzen wolte/
indem Dav. nicht anders geredet/ als daß jetzo
so viel Petri wären/ die so geschwind mit dem
schwerdte drein schlagen wolten. Andere sag-
ten er wäre ein naseweiser schrifftgelehrter und
waren ihm auff der andern seiten zuwider. A-
ber deswegen gieng er nicht zurück/ sondern
hielt immer an mit gebet und richtete sein Auge
im gebet nach dem allerbesten/ was nemlich
Gott gefällig/ nothwendig und seinem willen
und worte am allerliebsten war/ ja er gieng we-
der auff noch nieder/ weder vor sich noch hinter
sich/ sein hertz war immer geneigt zu bitten und
begehren.

Denn es war eine grosse zwietracht unter die-
sen leuten/ der eine wolte es so/ der andere so ha-
ben/ etliche gaben frembde seltzame dinge/ etli-
che heucheley vor/ und war an allen ecken lauter
bewegung/ jeder war in sorge und bekümmer-
nüß und übel dran nicht wissende/ wem sie zu-
fallen wolten/ diesen oder dem lehrer. Aber D.
J.
hielt sich stille und kam zu niemanden/ denn
wer zu ihm kam/ derer wol wenig waren/ mit
denen er den HErren und sein wort ansprach.
Doch gab er sich vor keinen lehrer aus/ wolte
und konte auch keiner seyn und in keinerley weise
jemand tauffen/ und ob ers schon gewolt hätte/
so kont er nicht/ denn Gott ließ es ihm gewißlich
nicht zu/ wiewol er von einen/ der Dammas,
und einen ander der Ubbo genennet war/ nebst
andern mehr/ schweige von der gemeine/ dazu
erwehlet und die hand auffgeleget ward. Er
D. J. rieff und sprach allezeit; Jch mag und
kan nicht/ denn ich fühle keine sendung
oder krafft/
sie aber (ob er gleich bitterlich
weinte und viel thränen vergoß) fragten da
nichts nach/ sondern befohlen ihm seinen dienst/
er solte es thun. Er aber kont es nicht anneh-
men noch von hertzen achten so lange er sich

nicht
E e e 3

Th. IV. Sect. II. Num. XLVII. Dav. Joris Lebens-Beſchreibung.
[Spaltenumbruch] terſucht. Da ſie das gehoͤret/ ſprachen ihrer 2.
miteinander/ es dient da nicht zu bleiben. Ei-
ner aber/ welcher Martin hieß ein meſſer-
ſchmidt/ ſagte: Jch wil gehen und ſehen/ wo
ich wohnen kan.

Da blieb nun der mann mit ſeinen weib und
kinde allein aber das hertz war ihm uͤber alle
maß bange/ jedoch wolt ers vor den leuten nicht
mercken laſſen/ ſetzte ſich deßwegen in ein Hol-
laͤndiſch ſchiff und wagets dahin zu fahren/ a-
ber der ſchiffer merckte es ſchier/ was es vor ei-
ner waͤre/ denn er war ein citler leichtfertiger
fleiſchlicher mann/ und bracht ihn zu Dortrecht
an/ haͤtte ader gern gehabt/ daß er waͤre fort-
gangen/ denn der gute mann dorffte es in kei-
nerley weiſe wagen/ er ſetzte und legte ſich wol
auſſen auff das ſchiff aber mit ſorgen und ge-
fahr/ damit der ſchiffer nicht allzu wunderlich
von ihm dencken ſolte/ und ſahe ſeine alte be-
kandten/ die gantz nahe bey ihm vorbey gien-
gen/ ſie aber ſahen ihn durch verhuͤtung und be-
ſchuͤtzung der gnade Gottes nicht oͤffentlich/
und alſo fuͤhrten ſie ihm zu Gorckum auff die
Waert/ allwo er einige tage blieb/ da er ohnge-
fehr etwas zu arbeiten bey einem bekam/ und
wirckete fruͤh und ſpat und war ein geringer
lohn/ den er bekam vor ſeinen groſſen fleiß/ ja
muſte ſich den leuten gar als einen knecht davor
verſprechen/ daß man ſich druͤber zu verwun-
dern hat/ wie ein ſo geſchickter mann vor einen
knecht arbeiten ſolte. Dabey war er auch in kei-
ner kleinen ſorge/ denn es wol ein oder zwey-
mal geſchehen/ daß er durch etliche vom hofe/
die dahin kommen waren/ wie man ſagte zu
verkundſchafften/ ſchier verrathen worden/
gieng deßwegen in ein ſtrohern feld-haͤußlein/
darinn einer an der peſtilentz gelegen. Von dar
kam er/ als die weg waren/ wieder an und
wohnete allda etliche monate. Darnach geſcha-
he es/ daß ihn die Noth trieb/ ſintemal ſeine
frau ſchwanger gieng/ und um ihrentwillen da-
hin zog/ da ſie ihr kind-bette halten konte/ und
das war zu Delfft/ da ſeine Mutter wohnte/
und noch frey allda ſaß.

Er kam aber ſehr gefaͤhrlich des nachts mit
groſſen koſten allda an und gieng zu einem mei-
ſter ein/ bey dem er arbeitete und allzeit war/ ſie
aber (weil ihre zeit da war) gieng zu ſeiner mut-
ter nieder zukommen und gebahr vor dißmal
einen ſohn/ den ſie David nennten und war
eben lichtmeß im jahr 1536. Allhier war er faſt
den winter durch/ und ſaß oben unter einen en-
gen dach und arbeitete und ſchlieff auch da/ al-
ſo daß er viel kaͤlte und ſeufftzen ausſtund/ und
kein wunder war/ daß er zur ſelben zeit nicht
dran ſtarb. Er hatte ſo groſſe laſt und hertzens
angſt/ als niemand von weib oder kind gehoͤret
oder geſehen/ es ſey denn/ dauchte ihm auch/ in
kindes-noͤthen. Und dennoch muſte er ſchwei-
gen und ſich verbergen/ ſo lieb er ſein leben und
den jenigen hatte/ bey dem er heimlich war. Er
lag vor groſſer pein platt als ein wurm auff der
Erden und ward bey den lenden auff und nie-
der geworffen ohne ſein zuthun von einem ende
zum andern/ eben wie ein wurm oder made auff
und nieder ſpringt und war bey ſich ſelbſt als
tod. Darauff ward er ans feuer gelegt allda er
wieder zu ſich kam uñ ward wieder geſund. All-
hier wurde er nun von etlichẽ ſeiner bekantẽ ver-
ſucht/ die ihn gerne auf ihre meynung oder vor-
[Spaltenumbruch] nehmen gebracht haͤtten mit vielen diſputiren/
zuweilen gantze naͤchte durch/ aber ſie giengen
allzeit uͤberwunden wieder weg. Die reden/
die allda abgehandelt worden/ hat man eben
nicht erfahren. Es waren die von Haeferſou.
unter welchen Batenberg einer war. Dieſer le-
ben und weſen nun wolte Dav. Jor. nicht nach-
folgen. Er hatte/ ehe ſie an ihn kamen/ es auch
von GOtt empfangen/ alſo/ daß ſie ihn nicht
uͤbermochten/ des wegen ſie D. J. vor nichts ach-
teten und meynten/ wenn die rache angienge/
wuͤrde er zuzuſehen haben/ daß es ihm nicht wie
dem andern gienge/ und droheten dem guten
mann alſo mit dergleichen reden mehr; Aber
das halff alles nicht. D. J. thaͤte allezeit nichts/
als daß er betete/ und verlangte/ daß ihn Gott
vor allem boͤſen behuͤten und bewahren/ und ei-
ne neue creatur (die er zu der zeit/ wie ich ihn ha-
be ſagen hoͤren (nur buchſtaͤblichen aus den
buchſtaben erkante) geben wolte. Doch meyne-
te ſein hertz nichts denn lauterlichen Gott und
liebte die warheit und arbeitete ſtets fleiſſig da-
bey in aller ſtille und ſchrieb zuweilen etwas/
welches hier eben nicht zu erzehlen iſt. Sum̃a/
er hatte ſtreit von allen/ die die mittel ſtraſſe
nach ſeinem erkaͤntnuͤß/ nicht wolten/ daher ihm
von dem Batenberg nachgeredet ward/ als haͤt-
te er ein neidiſch boͤſes hertz und ein zornig ge-
muͤth/ welcher Batenberg ſehr uͤbel von dem
guten manne redete/ nur/ weil er das ſchwerdt/
(welches er zur ſtraffe hart trieb) nicht mit er-
greiffen und einen Peters kopff auffſetzen wolte/
indem Dav. nicht anders geredet/ als daß jetzo
ſo viel Petri waͤren/ die ſo geſchwind mit dem
ſchwerdte drein ſchlagen wolten. Andere ſag-
ten er waͤre ein naſeweiſer ſchrifftgelehrter und
waren ihm auff der andern ſeiten zuwider. A-
ber deswegen gieng er nicht zuruͤck/ ſondern
hielt immer an mit gebet und richtete ſein Auge
im gebet nach dem allerbeſten/ was nemlich
Gott gefaͤllig/ nothwendig und ſeinem willen
und worte am allerliebſten war/ ja er gieng we-
der auff noch nieder/ weder vor ſich noch hinter
ſich/ ſein hertz war immer geneigt zu bitten und
begehren.

Deñ es war eine groſſe zwietracht unter die-
ſen leuten/ der eine wolte es ſo/ der andere ſo ha-
ben/ etliche gaben frembde ſeltzame dinge/ etli-
che heucheley vor/ und war an allen ecken lauter
bewegung/ jeder war in ſorge und bekuͤmmer-
nuͤß und uͤbel dran nicht wiſſende/ wem ſie zu-
fallen wolten/ dieſen oder dem lehrer. Aber D.
J.
hielt ſich ſtille und kam zu niemanden/ denn
wer zu ihm kam/ derer wol wenig waren/ mit
denen er den HErren und ſein wort anſprach.
Doch gab er ſich vor keinen lehrer aus/ wolte
und konte auch keiner ſeyn und in keinerley weiſe
jemand tauffen/ und ob ers ſchon gewolt haͤtte/
ſo kont er nicht/ denn Gott ließ es ihm gewißlich
nicht zu/ wiewol er von einen/ der Dammas,
und einen ander der Ubbo genennet war/ nebſt
andern mehr/ ſchweige von der gemeine/ dazu
erwehlet und die hand auffgeleget ward. Er
D. J. rieff und ſprach allezeit; Jch mag und
kan nicht/ denn ich fuͤhle keine ſendung
oder krafft/
ſie aber (ob er gleich bitterlich
weinte und viel thraͤnen vergoß) fragten da
nichts nach/ ſondern befohlen ihm ſeinen dienſt/
er ſolte es thun. Er aber kont es nicht anneh-
men noch von hertzen achten ſo lange er ſich

nicht
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[405/0701] Th. IV. Sect. II. Num. XLVII. Dav. Joris Lebens-Beſchreibung. terſucht. Da ſie das gehoͤret/ ſprachen ihrer 2. miteinander/ es dient da nicht zu bleiben. Ei- ner aber/ welcher Martin hieß ein meſſer- ſchmidt/ ſagte: Jch wil gehen und ſehen/ wo ich wohnen kan. Da blieb nun der mann mit ſeinen weib und kinde allein aber das hertz war ihm uͤber alle maß bange/ jedoch wolt ers vor den leuten nicht mercken laſſen/ ſetzte ſich deßwegen in ein Hol- laͤndiſch ſchiff und wagets dahin zu fahren/ a- ber der ſchiffer merckte es ſchier/ was es vor ei- ner waͤre/ denn er war ein citler leichtfertiger fleiſchlicher mann/ und bracht ihn zu Dortrecht an/ haͤtte ader gern gehabt/ daß er waͤre fort- gangen/ denn der gute mann dorffte es in kei- nerley weiſe wagen/ er ſetzte und legte ſich wol auſſen auff das ſchiff aber mit ſorgen und ge- fahr/ damit der ſchiffer nicht allzu wunderlich von ihm dencken ſolte/ und ſahe ſeine alte be- kandten/ die gantz nahe bey ihm vorbey gien- gen/ ſie aber ſahen ihn durch verhuͤtung und be- ſchuͤtzung der gnade Gottes nicht oͤffentlich/ und alſo fuͤhrten ſie ihm zu Gorckum auff die Waert/ allwo er einige tage blieb/ da er ohnge- fehr etwas zu arbeiten bey einem bekam/ und wirckete fruͤh und ſpat und war ein geringer lohn/ den er bekam vor ſeinen groſſen fleiß/ ja muſte ſich den leuten gar als einen knecht davor verſprechen/ daß man ſich druͤber zu verwun- dern hat/ wie ein ſo geſchickter mann vor einen knecht arbeiten ſolte. Dabey war er auch in kei- ner kleinen ſorge/ denn es wol ein oder zwey- mal geſchehen/ daß er durch etliche vom hofe/ die dahin kommen waren/ wie man ſagte zu verkundſchafften/ ſchier verrathen worden/ gieng deßwegen in ein ſtrohern feld-haͤußlein/ darinn einer an der peſtilentz gelegen. Von dar kam er/ als die weg waren/ wieder an und wohnete allda etliche monate. Darnach geſcha- he es/ daß ihn die Noth trieb/ ſintemal ſeine frau ſchwanger gieng/ und um ihrentwillen da- hin zog/ da ſie ihr kind-bette halten konte/ und das war zu Delfft/ da ſeine Mutter wohnte/ und noch frey allda ſaß. Er kam aber ſehr gefaͤhrlich des nachts mit groſſen koſten allda an und gieng zu einem mei- ſter ein/ bey dem er arbeitete und allzeit war/ ſie aber (weil ihre zeit da war) gieng zu ſeiner mut- ter nieder zukommen und gebahr vor dißmal einen ſohn/ den ſie David nennten und war eben lichtmeß im jahr 1536. Allhier war er faſt den winter durch/ und ſaß oben unter einen en- gen dach und arbeitete und ſchlieff auch da/ al- ſo daß er viel kaͤlte und ſeufftzen ausſtund/ und kein wunder war/ daß er zur ſelben zeit nicht dran ſtarb. Er hatte ſo groſſe laſt und hertzens angſt/ als niemand von weib oder kind gehoͤret oder geſehen/ es ſey denn/ dauchte ihm auch/ in kindes-noͤthen. Und dennoch muſte er ſchwei- gen und ſich verbergen/ ſo lieb er ſein leben und den jenigen hatte/ bey dem er heimlich war. Er lag vor groſſer pein platt als ein wurm auff der Erden und ward bey den lenden auff und nie- der geworffen ohne ſein zuthun von einem ende zum andern/ eben wie ein wurm oder made auff und nieder ſpringt und war bey ſich ſelbſt als tod. Darauff ward er ans feuer gelegt allda er wieder zu ſich kam uñ ward wieder geſund. All- hier wurde er nun von etlichẽ ſeiner bekantẽ ver- ſucht/ die ihn gerne auf ihre meynung oder vor- nehmen gebracht haͤtten mit vielen diſputiren/ zuweilen gantze naͤchte durch/ aber ſie giengen allzeit uͤberwunden wieder weg. Die reden/ die allda abgehandelt worden/ hat man eben nicht erfahren. Es waren die von Haeferſou. unter welchen Batenberg einer war. Dieſer le- ben und weſen nun wolte Dav. Jor. nicht nach- folgen. Er hatte/ ehe ſie an ihn kamen/ es auch von GOtt empfangen/ alſo/ daß ſie ihn nicht uͤbermochten/ des wegen ſie D. J. vor nichts ach- teten und meynten/ wenn die rache angienge/ wuͤrde er zuzuſehen haben/ daß es ihm nicht wie dem andern gienge/ und droheten dem guten mann alſo mit dergleichen reden mehr; Aber das halff alles nicht. D. J. thaͤte allezeit nichts/ als daß er betete/ und verlangte/ daß ihn Gott vor allem boͤſen behuͤten und bewahren/ und ei- ne neue creatur (die er zu der zeit/ wie ich ihn ha- be ſagen hoͤren (nur buchſtaͤblichen aus den buchſtaben erkante) geben wolte. Doch meyne- te ſein hertz nichts denn lauterlichen Gott und liebte die warheit und arbeitete ſtets fleiſſig da- bey in aller ſtille und ſchrieb zuweilen etwas/ welches hier eben nicht zu erzehlen iſt. Sum̃a/ er hatte ſtreit von allen/ die die mittel ſtraſſe nach ſeinem erkaͤntnuͤß/ nicht wolten/ daher ihm von dem Batenberg nachgeredet ward/ als haͤt- te er ein neidiſch boͤſes hertz und ein zornig ge- muͤth/ welcher Batenberg ſehr uͤbel von dem guten manne redete/ nur/ weil er das ſchwerdt/ (welches er zur ſtraffe hart trieb) nicht mit er- greiffen und einen Peters kopff auffſetzen wolte/ indem Dav. nicht anders geredet/ als daß jetzo ſo viel Petri waͤren/ die ſo geſchwind mit dem ſchwerdte drein ſchlagen wolten. Andere ſag- ten er waͤre ein naſeweiſer ſchrifftgelehrter und waren ihm auff der andern ſeiten zuwider. A- ber deswegen gieng er nicht zuruͤck/ ſondern hielt immer an mit gebet und richtete ſein Auge im gebet nach dem allerbeſten/ was nemlich Gott gefaͤllig/ nothwendig und ſeinem willen und worte am allerliebſten war/ ja er gieng we- der auff noch nieder/ weder vor ſich noch hinter ſich/ ſein hertz war immer geneigt zu bitten und begehren. Deñ es war eine groſſe zwietracht unter die- ſen leuten/ der eine wolte es ſo/ der andere ſo ha- ben/ etliche gaben frembde ſeltzame dinge/ etli- che heucheley vor/ und war an allen ecken lauter bewegung/ jeder war in ſorge und bekuͤmmer- nuͤß und uͤbel dran nicht wiſſende/ wem ſie zu- fallen wolten/ dieſen oder dem lehrer. Aber D. J. hielt ſich ſtille und kam zu niemanden/ denn wer zu ihm kam/ derer wol wenig waren/ mit denen er den HErren und ſein wort anſprach. Doch gab er ſich vor keinen lehrer aus/ wolte und konte auch keiner ſeyn und in keinerley weiſe jemand tauffen/ und ob ers ſchon gewolt haͤtte/ ſo kont er nicht/ denn Gott ließ es ihm gewißlich nicht zu/ wiewol er von einen/ der Dammas, und einen ander der Ubbo genennet war/ nebſt andern mehr/ ſchweige von der gemeine/ dazu erwehlet und die hand auffgeleget ward. Er D. J. rieff und ſprach allezeit; Jch mag und kan nicht/ denn ich fuͤhle keine ſendung oder krafft/ ſie aber (ob er gleich bitterlich weinte und viel thraͤnen vergoß) fragten da nichts nach/ ſondern befohlen ihm ſeinen dienſt/ er ſolte es thun. Er aber kont es nicht anneh- men noch von hertzen achten ſo lange er ſich nicht E e e 3

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Zitationshilfe: Arnold, Gottfried: Unpartheyische Kirchen- und Ketzer-Historie. Bd. 2 (T. 3/4). Frankfurt (Main), 1700, S. 405. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnold_ketzerhistorie02_1700/701>, abgerufen am 22.12.2024.