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Arnold, Gottfried: Unpartheyische Kirchen- und Ketzer-Historie. Bd. 2 (T. 3/4). Frankfurt (Main), 1700.

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über deß menschen verderben.
[Spaltenumbruch] (wodurch die außlegung der Schrifft verstan-
den wird) nur stückwerck wäre/ alles auffhören
werde/ wann das vollkommen/ das noch dahin-
ten wäre/ kommen würde. Und daß diß wahr
seye/ möget ihr über diß wissen/ daß das letzte
hauß nicht von Salomon/ sondern von Seru-
babel gantz neu von grund auff/ und nicht auff
das alte fundament gebauet werde/ doch aber
auff dieselbe stätte und stelle/ da es vormahls ge-
gebauet ware/ das ist/ bey uns in eben densel-
ben menschen/ darinn der greuel der verwüstung
gestanden hat/ nemlich/ die verkehrte/ Anti-
Christische verwüstende wüste art und geist
Belials oder deß teuffels; nun aber von der
gerechten art und Geist GOTTES und
Christi (ein unerhört wort/ wille und wun-
derwerck deß HERRN) eingenommen seyn
muß/ darzu das ewige Evangelium gehö-
ret; verstehets.

Und dieser bau soll nimmermehr abgebrochen
oder außgewurtzelt werden/ sondern ewig blei-
ben; Er wird nicht mehr umzuwenden oder
zu verführen seyn/ wie den kindern/ geschweige
den knechten wiederfähret. Dann sie wer-
den gutes und böses/ reines und unreines/ lü-
gen und warheit erkennen und unterscheiden
können. Darum muß hier die ewigwährende
gerechtigkeit/ weißheit/ warheit/ erkäntnis
und verstand GOTTES in der erfahrung
erscheinen/ dadurch diß alles kan außgerichtet
werden. Es fehlet euch nicht.

Wider welche ewig-bleibende gerechtigkeit/
warheit/ weißheit/ erkäntnis und verstand sich
die allertieffsten abgründe der höllen/ die grö-
sten und stärcksten sünden/ das hertz deß teuf-
fels/ unglauben/ lügen und list und betrug und
allerley verborgene klugheit/ eigene weißheit/
wissenschafft und selbst-verstand durch die eige-
ne natürliche blut-liebe auffwirfft/ doch nicht
eher/ als zu der zeit/ biß sich das wieder piel/
der gerechte und wahre Geist CHristi und
GOTTES hervor thut/ den menschen
mit krafft zu ergreiffen und zurechte zu brin-
gen.

Alsdann öffnen sich die pforten der höllen/
ja es reissen und brechen auff alle kräfften und
machten der finsternis und alle ungerechtig-
keiten/ die in der welt in den menschen sind/
deren so sehr und überviel sind/ als mans
nimmermehr glauben mag/ man siehet und
weiß sie auch nicht eher/ biß sie in ihm und
durch ihn rege worden sind. Jst das nicht
jämmerlich und ein grosses verderben und
blindheit?

Darum läst GOTT den menschen so weit
kommen/ daß/ wann ers siehet/ höret oder mer-
cket/ und nicht alles zu hertzen nimmt/ daß
er sich dahero fürchtet und entsetzet vor GOtt/
dem HERRN der heerschaaren/ der ihn
durch seines gerechten knechts/ Christi/ erkänt-
nis/ zu solchem verstand/ gesichte und erkänt-
nis bringet/ das ist/ daß er sein hertze verhär-
tet/ und muthwillig und wissentlich das
böse vors gute erwehlet und liebet/ so ist er
verdammt und in sich selber durch sich selbst
schon verurtheilet/ nur ist noch übrig/ der
tag und die stunde/ daran ers sehen und erfah-
[Spaltenumbruch] ren wird/ alsdann wird ihn der tod nagen/ und
das ewige sterben und verderben ohne alle hulf-
fe und trost von dem angesichte des HErrn an-
gehen.

Aber diese ewig-daurende gerechtigkeit kommt
nicht/ als mit dem ewig lebendigen wort und
Geiste der warheit durch desselbigen rechtes er-
käntnis/ welche dem menschen in dem gehorsam
des wahren/ ja wahren glaubens incentriret
und eingepflantzet wird/ nemlich/ wann der
streit/ die wehen/ leiden/ sterben und wieder-
wärtigkeiten in ihm angehen/ und die machten/
kräfften und stärcken der höllischen bezauberun-
gen sich wider ihn aufflehnen/ er aber sich gantz
und gar unmächtig darwider befindet. Dar-
durch aber wird alsdann die wahre liebe und
umarmung der auffrichtigen hertzen aus der rei-
nen forcht des HERRN nur auffgewecket/
und nach und nach entzündet/ welche stärcker
ist als der tod/ und unbeweglich bleibet wie die
hölle.

Und das muß ja auch also seyn/ und kan nichtNB.
aussen bleiben/ wann nemlich (sage ich) der
mensch abschied von sich selbst/ das ist von seiner
eigen-liebe/ lust und leben (wie oben gemeldet)
aus gantzem hertzen und mit willen genommen
hat/ so läst er sich nicht wieder hinein flechten/
sondernhält treue/ liebe und einigkeit mit GOtt
und seinem Christo/ dem rechten mann des wei-
bes.

Und wiewol selbige sie gewaltsamlich anfal-
len/ daß sie kein außkommen der überwin-
dung leiblich siehet/ so läst sie doch ihr hertz
nicht dorthin fallen/ einigen gefallen daran
zu haben: und wie mächtig sie auch mit dem
wollüstigen/ betrüglichen zauber-wesen an sie
gehen/ so wendet sie doch alle augenblick das
auge darvon ab/ mit anruffung deß namens
des HERRN/ als die von der fremden lie-
be nicht will überwunden oder mehr betrogen
seyn/ weil sie vorhero weiß/ so sie es nicht
mit unwillen und abkehrung wegweisete/ daß
sie darinn verfallen und verschlungen werden
müste.

Dahero stellt sich ihr hertze mit allen sin-
nen gewaltiglich darinn entgegen und weh-
ret sich hefftig mit ihrem gebet im Geiste
zu GOTT/ mit bitten/ heulen und wei-
nen unauffhörlich/ daß sich GOTT er-
barmen und es zu hertzen nehmen muß/ sie
von ihrer feinde hand ewiglich zu erret-
ten. Aber nicht eher. Es ist warhaff-
tig.

Sehet also gehets/ oder so muß es sich mit
uns ändern/ nemlich/ daß GOtt uns schlagen
und stäupen/ straffen und bessern muß mit un-
sern liebhabern oder freunden/ nach denen uns
gelüstet/ und sie geliebet/ auch über ihn gehöret
und gefolget und zu willen gewest sind. Nun
in dem geist/ gleichwie vorhin in dem flei-
sche: das ist/ nun innerlich/ vorhin äus-Ezech.
XVI. 23.
Deut.
XXXII.
Sap. VI.
Tob.
XIII.
Psalm.
CXI.

serlich. Lesets. Dann er stäupet oder ver-
wundet/ ehe er heilet und gesund machet.
Er tödtet und machet hernach lebendig:
Er führet in diehölle/ nemlich/ in ein niedrig e-
lendes leidendes gemüth/ und von dannen wie-
der heraus. Wie hiervon die Schrifft voll und
tröstlich ist.

Dann

uͤber deß menſchen verderben.
[Spaltenumbruch] (wodurch die außlegung der Schrifft verſtan-
den wird) nur ſtuͤckwerck waͤre/ alles auffhoͤren
werde/ wann das vollkommen/ das noch dahin-
ten waͤre/ kommen wuͤrde. Und daß diß wahr
ſeye/ moͤget ihr uͤber diß wiſſen/ daß das letzte
hauß nicht von Salomon/ ſondern von Seru-
babel gantz neu von grund auff/ und nicht auff
das alte fundament gebauet werde/ doch aber
auff dieſelbe ſtaͤtte und ſtelle/ da es vormahls ge-
gebauet ware/ das iſt/ bey uns in eben denſel-
ben menſchen/ darinn der greuel der verwuͤſtung
geſtanden hat/ nemlich/ die verkehrte/ Anti-
Chriſtiſche verwuͤſtende wuͤſte art und geiſt
Belials oder deß teuffels; nun aber von der
gerechten art und Geiſt GOTTES und
Chriſti (ein unerhoͤrt wort/ wille und wun-
derwerck deß HERRN) eingenommen ſeyn
muß/ darzu das ewige Evangelium gehoͤ-
ret; verſtehets.

Und dieſer bau ſoll nimmermehꝛ abgebrochen
oder außgewurtzelt werden/ ſondern ewig blei-
ben; Er wird nicht mehr umzuwenden oder
zu verfuͤhren ſeyn/ wie den kindern/ geſchweige
den knechten wiederfaͤhret. Dann ſie wer-
den gutes und boͤſes/ reines und unreines/ luͤ-
gen und warheit erkennen und unterſcheiden
koͤnnen. Darum muß hier die ewigwaͤhrende
gerechtigkeit/ weißheit/ warheit/ erkaͤntnis
und verſtand GOTTES in der erfahrung
erſcheinen/ dadurch diß alles kan außgerichtet
werden. Es fehlet euch nicht.

Wider welche ewig-bleibende gerechtigkeit/
warheit/ weißheit/ erkaͤntnis und verſtand ſich
die allertieffſten abgruͤnde der hoͤllen/ die groͤ-
ſten und ſtaͤrckſten ſuͤnden/ das hertz deß teuf-
fels/ unglauben/ luͤgen und liſt und betrug und
allerley verborgene klugheit/ eigene weißheit/
wiſſenſchafft und ſelbſt-verſtand durch die eige-
ne natuͤrliche blut-liebe auffwirfft/ doch nicht
eher/ als zu der zeit/ biß ſich das wieder piel/
der gerechte und wahre Geiſt CHriſti und
GOTTES hervor thut/ den menſchen
mit krafft zu ergreiffen und zurechte zu brin-
gen.

Alsdann oͤffnen ſich die pforten der hoͤllen/
ja es reiſſen und brechen auff alle kraͤfften und
machten der finſternis und alle ungerechtig-
keiten/ die in der welt in den menſchen ſind/
deren ſo ſehr und uͤberviel ſind/ als mans
nimmermehr glauben mag/ man ſiehet und
weiß ſie auch nicht eher/ biß ſie in ihm und
durch ihn rege worden ſind. Jſt das nicht
jaͤmmerlich und ein groſſes verderben und
blindheit?

Darum laͤſt GOTT den menſchen ſo weit
kommen/ daß/ wann ers ſiehet/ hoͤret oder mer-
cket/ und nicht alles zu hertzen nimmt/ daß
er ſich dahero fuͤrchtet und entſetzet vor GOtt/
dem HERRN der heerſchaaren/ der ihn
durch ſeines gerechten knechts/ Chriſti/ erkaͤnt-
nis/ zu ſolchem verſtand/ geſichte und erkaͤnt-
nis bringet/ das iſt/ daß er ſein hertze verhaͤr-
tet/ und muthwillig und wiſſentlich das
boͤſe vors gute erwehlet und liebet/ ſo iſt er
verdammt und in ſich ſelber durch ſich ſelbſt
ſchon verurtheilet/ nur iſt noch uͤbrig/ der
tag und die ſtunde/ daran ers ſehen und erfah-
[Spaltenumbruch] ren wird/ alsdann wird ihn der tod nagen/ und
das ewige ſterben und verderben ohne alle hulf-
fe und troſt von dem angeſichte des HErrn an-
gehen.

Aber dieſe ewig-daurende gerechtigkeit kom̃t
nicht/ als mit dem ewig lebendigen wort und
Geiſte der warheit durch deſſelbigen rechtes er-
kaͤntnis/ welche dem menſchen in dem gehorſam
des wahren/ ja wahren glaubens incentriret
und eingepflantzet wird/ nemlich/ wann der
ſtreit/ die wehen/ leiden/ ſterben und wieder-
waͤrtigkeiten in ihm angehen/ und die machten/
kraͤfften und ſtaͤrcken der hoͤlliſchen bezauberun-
gen ſich wider ihn aufflehnen/ er aber ſich gantz
und gar unmaͤchtig darwider befindet. Dar-
durch aber wird alsdann die wahre liebe und
umarmung der auffrichtigen hertzen aus der rei-
nen forcht des HERRN nur auffgewecket/
und nach und nach entzuͤndet/ welche ſtaͤrcker
iſt als der tod/ und unbeweglich bleibet wie die
hoͤlle.

Und das muß ja auch alſo ſeyn/ und kan nichtNB.
auſſen bleiben/ wann nemlich (ſage ich) der
menſch abſchied von ſich ſelbſt/ das iſt von ſeiner
eigen-liebe/ luſt und leben (wie oben gemeldet)
aus gantzem hertzen und mit willen genommen
hat/ ſo laͤſt er ſich nicht wieder hinein flechten/
ſondernhaͤlt treue/ liebe und einigkeit mit GOtt
und ſeinem Chriſto/ dem rechten mann des wei-
bes.

Und wiewol ſelbige ſie gewaltſamlich anfal-
len/ daß ſie kein außkommen der uͤberwin-
dung leiblich ſiehet/ ſo laͤſt ſie doch ihr hertz
nicht dorthin fallen/ einigen gefallen daran
zu haben: und wie maͤchtig ſie auch mit dem
wolluͤſtigen/ betruͤglichen zauber-weſen an ſie
gehen/ ſo wendet ſie doch alle augenblick das
auge darvon ab/ mit anruffung deß namens
des HERRN/ als die von der fremden lie-
be nicht will uͤberwunden oder mehr betrogen
ſeyn/ weil ſie vorhero weiß/ ſo ſie es nicht
mit unwillen und abkehrung wegweiſete/ daß
ſie darinn verfallen und verſchlungen werden
muͤſte.

Dahero ſtellt ſich ihr hertze mit allen ſin-
nen gewaltiglich darinn entgegen und weh-
ret ſich hefftig mit ihrem gebet im Geiſte
zu GOTT/ mit bitten/ heulen und wei-
nen unauffhoͤrlich/ daß ſich GOTT er-
barmen und es zu hertzen nehmen muß/ ſie
von ihrer feinde hand ewiglich zu erret-
ten. Aber nicht eher. Es iſt warhaff-
tig.

Sehet alſo gehets/ oder ſo muß es ſich mit
uns aͤndern/ nemlich/ daß GOtt uns ſchlagen
und ſtaͤupen/ ſtraffen und beſſern muß mit un-
ſern liebhabern oder freunden/ nach denen uns
geluͤſtet/ und ſie geliebet/ auch uͤber ihn gehoͤret
und gefolget und zu willen geweſt ſind. Nun
in dem geiſt/ gleichwie vorhin in dem flei-
ſche: das iſt/ nun innerlich/ vorhin aͤuſ-Ezech.
XVI. 23.
Deut.
XXXII.
Sap. VI.
Tob.
XIII.
Pſalm.
CXI.

ſerlich. Leſets. Dann er ſtaͤupet oder ver-
wundet/ ehe er heilet und geſund machet.
Er toͤdtet und machet hernach lebendig:
Er fuͤhret in diehoͤlle/ nemlich/ in ein niedrig e-
lendes leidendes gemuͤth/ und von dannen wie-
der heraus. Wie hiervon die Schrifft voll und
troͤſtlich iſt.

Dann
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[327/0623] uͤber deß menſchen verderben. (wodurch die außlegung der Schrifft verſtan- den wird) nur ſtuͤckwerck waͤre/ alles auffhoͤren werde/ wann das vollkommen/ das noch dahin- ten waͤre/ kommen wuͤrde. Und daß diß wahr ſeye/ moͤget ihr uͤber diß wiſſen/ daß das letzte hauß nicht von Salomon/ ſondern von Seru- babel gantz neu von grund auff/ und nicht auff das alte fundament gebauet werde/ doch aber auff dieſelbe ſtaͤtte und ſtelle/ da es vormahls ge- gebauet ware/ das iſt/ bey uns in eben denſel- ben menſchen/ darinn der greuel der verwuͤſtung geſtanden hat/ nemlich/ die verkehrte/ Anti- Chriſtiſche verwuͤſtende wuͤſte art und geiſt Belials oder deß teuffels; nun aber von der gerechten art und Geiſt GOTTES und Chriſti (ein unerhoͤrt wort/ wille und wun- derwerck deß HERRN) eingenommen ſeyn muß/ darzu das ewige Evangelium gehoͤ- ret; verſtehets. Und dieſer bau ſoll nimmermehꝛ abgebrochen oder außgewurtzelt werden/ ſondern ewig blei- ben; Er wird nicht mehr umzuwenden oder zu verfuͤhren ſeyn/ wie den kindern/ geſchweige den knechten wiederfaͤhret. Dann ſie wer- den gutes und boͤſes/ reines und unreines/ luͤ- gen und warheit erkennen und unterſcheiden koͤnnen. Darum muß hier die ewigwaͤhrende gerechtigkeit/ weißheit/ warheit/ erkaͤntnis und verſtand GOTTES in der erfahrung erſcheinen/ dadurch diß alles kan außgerichtet werden. Es fehlet euch nicht. Wider welche ewig-bleibende gerechtigkeit/ warheit/ weißheit/ erkaͤntnis und verſtand ſich die allertieffſten abgruͤnde der hoͤllen/ die groͤ- ſten und ſtaͤrckſten ſuͤnden/ das hertz deß teuf- fels/ unglauben/ luͤgen und liſt und betrug und allerley verborgene klugheit/ eigene weißheit/ wiſſenſchafft und ſelbſt-verſtand durch die eige- ne natuͤrliche blut-liebe auffwirfft/ doch nicht eher/ als zu der zeit/ biß ſich das wieder piel/ der gerechte und wahre Geiſt CHriſti und GOTTES hervor thut/ den menſchen mit krafft zu ergreiffen und zurechte zu brin- gen. Alsdann oͤffnen ſich die pforten der hoͤllen/ ja es reiſſen und brechen auff alle kraͤfften und machten der finſternis und alle ungerechtig- keiten/ die in der welt in den menſchen ſind/ deren ſo ſehr und uͤberviel ſind/ als mans nimmermehr glauben mag/ man ſiehet und weiß ſie auch nicht eher/ biß ſie in ihm und durch ihn rege worden ſind. Jſt das nicht jaͤmmerlich und ein groſſes verderben und blindheit? Darum laͤſt GOTT den menſchen ſo weit kommen/ daß/ wann ers ſiehet/ hoͤret oder mer- cket/ und nicht alles zu hertzen nimmt/ daß er ſich dahero fuͤrchtet und entſetzet vor GOtt/ dem HERRN der heerſchaaren/ der ihn durch ſeines gerechten knechts/ Chriſti/ erkaͤnt- nis/ zu ſolchem verſtand/ geſichte und erkaͤnt- nis bringet/ das iſt/ daß er ſein hertze verhaͤr- tet/ und muthwillig und wiſſentlich das boͤſe vors gute erwehlet und liebet/ ſo iſt er verdammt und in ſich ſelber durch ſich ſelbſt ſchon verurtheilet/ nur iſt noch uͤbrig/ der tag und die ſtunde/ daran ers ſehen und erfah- ren wird/ alsdann wird ihn der tod nagen/ und das ewige ſterben und verderben ohne alle hulf- fe und troſt von dem angeſichte des HErrn an- gehen. Aber dieſe ewig-daurende gerechtigkeit kom̃t nicht/ als mit dem ewig lebendigen wort und Geiſte der warheit durch deſſelbigen rechtes er- kaͤntnis/ welche dem menſchen in dem gehorſam des wahren/ ja wahren glaubens incentriret und eingepflantzet wird/ nemlich/ wann der ſtreit/ die wehen/ leiden/ ſterben und wieder- waͤrtigkeiten in ihm angehen/ und die machten/ kraͤfften und ſtaͤrcken der hoͤlliſchen bezauberun- gen ſich wider ihn aufflehnen/ er aber ſich gantz und gar unmaͤchtig darwider befindet. Dar- durch aber wird alsdann die wahre liebe und umarmung der auffrichtigen hertzen aus der rei- nen forcht des HERRN nur auffgewecket/ und nach und nach entzuͤndet/ welche ſtaͤrcker iſt als der tod/ und unbeweglich bleibet wie die hoͤlle. Und das muß ja auch alſo ſeyn/ und kan nicht auſſen bleiben/ wann nemlich (ſage ich) der menſch abſchied von ſich ſelbſt/ das iſt von ſeiner eigen-liebe/ luſt und leben (wie oben gemeldet) aus gantzem hertzen und mit willen genommen hat/ ſo laͤſt er ſich nicht wieder hinein flechten/ ſondernhaͤlt treue/ liebe und einigkeit mit GOtt und ſeinem Chriſto/ dem rechten mann des wei- bes. NB. Und wiewol ſelbige ſie gewaltſamlich anfal- len/ daß ſie kein außkommen der uͤberwin- dung leiblich ſiehet/ ſo laͤſt ſie doch ihr hertz nicht dorthin fallen/ einigen gefallen daran zu haben: und wie maͤchtig ſie auch mit dem wolluͤſtigen/ betruͤglichen zauber-weſen an ſie gehen/ ſo wendet ſie doch alle augenblick das auge darvon ab/ mit anruffung deß namens des HERRN/ als die von der fremden lie- be nicht will uͤberwunden oder mehr betrogen ſeyn/ weil ſie vorhero weiß/ ſo ſie es nicht mit unwillen und abkehrung wegweiſete/ daß ſie darinn verfallen und verſchlungen werden muͤſte. Dahero ſtellt ſich ihr hertze mit allen ſin- nen gewaltiglich darinn entgegen und weh- ret ſich hefftig mit ihrem gebet im Geiſte zu GOTT/ mit bitten/ heulen und wei- nen unauffhoͤrlich/ daß ſich GOTT er- barmen und es zu hertzen nehmen muß/ ſie von ihrer feinde hand ewiglich zu erret- ten. Aber nicht eher. Es iſt warhaff- tig. Sehet alſo gehets/ oder ſo muß es ſich mit uns aͤndern/ nemlich/ daß GOtt uns ſchlagen und ſtaͤupen/ ſtraffen und beſſern muß mit un- ſern liebhabern oder freunden/ nach denen uns geluͤſtet/ und ſie geliebet/ auch uͤber ihn gehoͤret und gefolget und zu willen geweſt ſind. Nun in dem geiſt/ gleichwie vorhin in dem flei- ſche: das iſt/ nun innerlich/ vorhin aͤuſ- ſerlich. Leſets. Dann er ſtaͤupet oder ver- wundet/ ehe er heilet und geſund machet. Er toͤdtet und machet hernach lebendig: Er fuͤhret in diehoͤlle/ nemlich/ in ein niedrig e- lendes leidendes gemuͤth/ und von dannen wie- der heraus. Wie hiervon die Schrifft voll und troͤſtlich iſt. Ezech. XVI. 23. Deut. XXXII. Sap. VI. Tob. XIII. Pſalm. CXI. Dann

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Zitationshilfe: Arnold, Gottfried: Unpartheyische Kirchen- und Ketzer-Historie. Bd. 2 (T. 3/4). Frankfurt (Main), 1700, S. 327. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnold_ketzerhistorie02_1700/623>, abgerufen am 22.12.2024.