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Arnold, Gottfried: Unpartheyische Kirchen- und Ketzer-Historie. Bd. 2 (T. 3/4). Frankfurt (Main), 1700.

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unter denen Churfürsten Joh. Friedrichen/ Mauritio und Augusto ergangen.
[Spaltenumbruch] grundfeste ist; solte sie denn von den Evangeli-
schen Lehrern angefochten werden/ so kunte
man bald eine glossa finden/ dadurch man sie et-
licher massen mochte schmücken/ und kunte also
auff beyden theilen recht behalten.

Als nun D. Major nach absterben M. Johann
Spangenbergs gen Eislebe zu einem Superin-
tendent
en gefordert ward/ fing er zwar bald an/
angezeigte propositionem: Bona opera esse ad
salutem necessaria,
auff der cantzel zu predigen/
und verhofte/ weil er Superintendens und obrister
Prediger in der gantzen Graffschafft Mansfeld
wäre/ er wolte mit den andern Predigern wol
übereinkommen/ und diese propositionem sua
autoritate
erhalten/ und sie würden sie ihme
nicht vermögen umzustossen. Aber es stiessen
sich M. Michael Celius und M. Cyriacus Span-
genberger gar bald an solcher lehre/ und wieder-
legten diese lehre mit öffentlichem druck/ aus H.
Göttlicher Schrifft. Noch ließ sich D. Major
düncken/ angezeigte Prediger wären ihm viel zu
geringe und schlecht/ stehet an/ mit ihnen und
andern (die gleiches falls diese propositionem
wiederfochten) zu streiten/ und will sich weder
durch bitte noch einige vermahnung und über-
weisung von seinem fürnehmen abhalten las-
sen; stellet derwegen etliche argumenta seiner
opinion, und bringets gen Halle dem D. Mel-
chior
Kling/ und bittet ihn/ daß er ihm diese
puncten in ein recht corpus oder apologiam fas-
sen und stellen wolte/ weil er als ein gelobter Ju-
rist mit dem setzen einen jeden handel pro & con-
tra
zu disputiren gar fertig war. Das thät D.
Melchior
Kling/ als der Manßfeldischen Gra-
fen Rath und Advocatus in ihren unrichtigen
sachen/ gerne/ so war er auch noch in Hertzogs
Moritz bestallung.

Da nun der streit je länger je grösser ward/
und die Manßfeldischen Prediger diese Lehre
nicht kunten einreimen/ und aber D. Major sich
nicht wolte weisen lassen/ denn er schalt die an-
dern Prediger allesamt grobe ungelehrte ba-
chanten/ da schaffet ihn der Graff Albrecht
von Eißleben hinweg/ daß D. Major wieder gen
Wittenberg zog/ noch wolt er den angefangene
zanck vertheidigen und recht behalten. Solche
pertinacia, weil sie so grob war/ mißfiel auch dem
Herrn Philippo, vermahnete ihn auch a pericu-
losa & inusitata phrasi in Ecclesia
abzustehen.
Aber ob es D. Major aus ehrgeitz/ daß er nicht
wolte unrecht habe/ oder wegen seiner zusage/ die
er D. Kommerstädt/ als einem hoffrath/ zu Kalck-
brutt gethan/ nicht unterlassen wolte/ stehet
einem jeden Christen nach seinem besten verstan-
de zubedencken. Jn summa/ als D. Major die ne-
cessitatem bonoru operum ad salutem in Eccle-
siam mordicus
einführte und behielt/ kam bald
herfür des Victorini Strigelii liberu arbitrium
und synergia. So war auch Justus Menius von
dem junge Hertzog zu Sachsen zu den Meißnern
getreten/ und man kunte bald mercken/ obgleich
D. Majors pertinacia gar zu greifflich grob war/
wie ihme doch diese disputation de liberoarbi-
trio
und synergia gar wol zu steuer und zu hülf-
fe kommen/ welche nunmehr ihren ursprung
wiederum genommen hatte von der längst
confutirten per Lutherum causam sine qua
non;
weil nun Victorinus Strigeli ein treflicher
gelehrter mann war/ und in seinen lectionibus
sich gantz artig wuste zu accommodiren ad genus
[Spaltenumbruch] dicendi & docendi Philippicum,
und darzu in
philosophicis
und Graecis autoribus sehr erfah-
ren und geübet ward/ sahe also bald Illyricus, daß
diese philosophica materia de Synergia nichts
gutes in ecclesia würde ausrichten; derwege legt
sichauch Hertzog Friederich der ältere sohn des
Churfürsten in diesen handel/ und ließ solchen
handel in einer öffentlichen disputation ver-
richten. Victorin nahm den mehrerntheil seiner
argumenten ex locis philosophicis; so
wolte sich Illyricus an die philosophiam nicht
kehren/ und von der H. Göttlichen schrifft nicht
führen lassen/ und begab sich endlich Victorinus
von Jena gen Leipzig. Nach dem auch Osi-
ander
sonst einen neuen schwarm in Preussen
hatte angefangen/ und Illyricus auch zum heff-
tigsten darwieder gestritten hatte/ sahe man wol
an den Wittenbergern/ daß ob sie sich der sachen
etlicher massenannahmen; denn Philippus dem
Osiandro auch antwortete/ daß sie nur fürnehm-
lich otium & tranquillitaten suchten/ und begehr-
ten zu haben eine Ecclesiam sine cruce, und
schrien doch immerdar/ se ne latum quidem
digitum unquam discessisse a doctrina Lutheri.

Da sich nun die Sacramentirer abermals
regten/ war in gantz Wittenberg keiner/ der sich
wider sie in schrifften einlassen wolte; denn weil
solches fürnemlich dem Herrn Philippo zu thun
gebühret hätte/ rührete er diese sache mit dem ge-
ringsten wörtlein nicht an; denn er viel jahr/ und
zwar vivente Luthero, grosse freundschafft und
einigkeit mit den Tigurinis & Calvino dermas-
sen gehalten/ daß sich Calvinus hernachmals auf
den Consensum & autoritatem Philippi schier
höher denn auff seine Theologica argumenta
verließ und trutzete; so befliesse sich M. Caspar
Peucker/ gener Philippi, allezeit zum höchsten/
daß er alles/ was Philippo gefiel/ tanquam ora-
cula Christi
erhub; denn hierdurch machte er ihm
selbst die gröste gunst beym Herrn Philippo,
und kam durch dieses seines schwähers des Phi-
lippi
förderung in so viel desto höhere autori-
t
ät durch die gantze universität; so war M. Peu-
cker auch sonst gelehrt in Graecis literis, in ma-
thematicis & philosophicis,
daran Philippus
einen mercklichen gefalle hatte. Weil nun in die-
sem streitigen handel des hoch würdigen Nacht-
mahls die Wittenberger gar stille schwiegen/
und allein Illyricus, Westphalus & Chemniti-
us
vornemlich ob diesem artickul mit de Zwing-
lianern kämpfften/ erregeten die Wittenberger
mit ihrem stillschweigen bey vielen trefflichen
leuten/ auch bey hohen Potentaten/ manchen
zweiffel.

Auch hatten die Zürcher lassen drucken con-
sensum Ecclesiae Genevensis cum Tigurina Ec-
clesia,
daß auch der Churfürst von Heidelberg
Pfaltzgraff Friederich und andere leute mehr
hierinnen judicium Philippi zu wisse begehrten;
hierauff thät Philippus dem Churfürst zu Hei-
delberg seinen schrifftlichen bericht/ wie derselbe
noch vorhanden; wiewol Philippus nicht ge-
dachte oder gern gesehen/ daß dasselbige schrei-
ben solte antag kommen/ sondern allein vertrau-
lich in geheim gehalten bleiben/ etc.

So schrieben auch dißfals die Schlesier an
ihren landesmann/ Casparum Peucker/ tanquam
ad animam Philippi,
um einen gründlichen be-
richt de coena Domini. Dieser rieth den Pasto-
ribus,
die ihn consulirten/ sie solten nicht viel de

substan-

unter denen Churfuͤrſten Joh. Friedrichen/ Mauritio und Auguſto ergangen.
[Spaltenumbruch] grundfeſte iſt; ſolte ſie denn von den Evangeli-
ſchen Lehrern angefochten werden/ ſo kunte
man bald eine gloſſa finden/ dadurch man ſie et-
licher maſſen mochte ſchmuͤcken/ und kunte alſo
auff beyden theilen recht behalten.

Als nun D. Major nach abſterben M. Johañ
Spangenbergs gen Eislebē zu einem Superin-
tendent
en gefordert ward/ fing er zwar bald an/
angezeigte propoſitionem: Bona opera eſſe ad
ſalutem neceſſaria,
auff der cantzel zu predigen/
uñ verhofte/ weil er Superintendens und obriſter
Prediger in der gantzen Graffſchafft Mansfeld
waͤre/ er wolte mit den andern Predigern wol
uͤbereinkommen/ und dieſe propoſitionem ſua
autoritate
erhalten/ und ſie wuͤrden ſie ihme
nicht vermoͤgen umzuſtoſſen. Aber es ſtieſſen
ſich M. Michael Celius und M. Cyriacus Span-
genberger gar bald an ſolcher lehre/ und wieder-
legten dieſe lehre mit oͤffentlichem druck/ aus H.
Goͤttlicher Schrifft. Noch ließ ſich D. Major
duͤncken/ angezeigte Prediger waͤren ihm viel zu
geringe und ſchlecht/ ſtehet an/ mit ihnen und
andern (die gleiches falls dieſe propoſitionem
wiederfochten) zu ſtreiten/ und will ſich weder
durch bitte noch einige vermahnung und uͤber-
weiſung von ſeinem fuͤrnehmen abhalten laſ-
ſen; ſtellet derwegen etliche argumenta ſeiner
opinion, und bringets gen Halle dem D. Mel-
chior
Kling/ und bittet ihn/ daß er ihm dieſe
puncten in ein recht corpus oder apologiam faſ-
ſen und ſtellen wolte/ weil er als ein gelobter Ju-
riſt mit dem ſetzen einen jeden handel pro & con-
tra
zu diſputiren gar fertig war. Das thaͤt D.
Melchior
Kling/ als der Manßfeldiſchen Gra-
fen Rath und Advocatus in ihren unrichtigen
ſachen/ gerne/ ſo war er auch noch in Hertzogs
Moritz beſtallung.

Da nun der ſtreit je laͤnger je groͤſſer ward/
und die Manßfeldiſchen Prediger dieſe Lehre
nicht kunten einreimen/ und aber D. Major ſich
nicht wolte weiſen laſſen/ denn er ſchalt die an-
dern Prediger alleſamt grobe ungelehrte ba-
chanten/ da ſchaffet ihn der Graff Albrecht
von Eißleben hinweg/ daß D. Major wieder gen
Wittenberg zog/ noch wolt er den angefangenē
zanck vertheidigen und recht behalten. Solche
pertinacia, weil ſie ſo grob war/ mißfiel auch dem
Herꝛn Philippo, vermahnete ihn auch à pericu-
loſa & inuſitata phraſi in Eccleſia
abzuſtehen.
Aber ob es D. Major aus ehrgeitz/ daß er nicht
wolte unrecht habē/ oder wegen ſeiner zuſage/ die
er D. Kom̃erſtaͤdt/ als einem hoffrath/ zu Kalck-
brutt gethan/ nicht unterlaſſen wolte/ ſtehet
einem jeden Chriſten nach ſeinem beſten verſtan-
de zubedencken. Jn ſumma/ als D. Major die ne-
ceſſitatem bonorũ operum ad ſalutem in Eccle-
ſiam mordicus
einfuͤhrte und behielt/ kam bald
herfuͤr des Victorini Strigelii liberũ arbitrium
und ſynergia. So war auch Juſtus Menius von
dem jungē Hertzog zu Sachſen zu den Meißnern
getreten/ und man kunte bald mercken/ obgleich
D. Majors pertinacia gar zu greifflich grob war/
wie ihme doch dieſe diſputation de liberoarbi-
trio
und ſynergia gar wol zu ſteuer und zu huͤlf-
fe kommen/ welche nunmehr ihren urſprung
wiederum genommen hatte von der laͤngſt
confutirten per Lutherum cauſam ſine qua
non;
weil nun Victorinus Strigeliꝰ ein treflicher
gelehrter mann war/ und in ſeinen lectionibus
ſich gantz artig wuſte zu accom̃odiren ad genus
[Spaltenumbruch] dicendi & docendi Philippicum,
und darzu in
philoſophicis
und Græcis autoribus ſehr erfah-
ren uñ geuͤbet ward/ ſahe alſo bald Illyricus, daß
dieſe philoſophica materia de Synergia nichts
gutes in eccleſia wuͤrde ausrichten; derwegē legt
ſichauch Hertzog Friederich der aͤltere ſohn des
Churfuͤrſten in dieſen handel/ und ließ ſolchen
handel in einer oͤffentlichen diſputation ver-
richten. Victorinꝰ nahm den mehrerntheil ſeiner
argumenten ex locis philoſophicis; ſo
wolte ſich Illyricus an die philoſophiam nicht
kehren/ und von der H. Goͤttlichen ſchrifft nicht
fuͤhren laſſen/ und begab ſich endlich Victorinus
von Jena gen Leipzig. Nach dem auch Oſi-
ander
ſonſt einen neuen ſchwarm in Preuſſen
hatte angefangen/ und Illyricus auch zum heff-
tigſten daꝛwieder geſtritten hatte/ ſahe man wol
an den Wittenbergern/ daß ob ſie ſich der ſachen
etlicher maſſenannahmen; denn Philippus dem
Oſiandro auch antwoꝛtete/ daß ſie nur fuͤrnehm-
lich otium & tranquillitatẽ ſuchten/ und begehr-
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ſchrien doch immerdar/ ſe ne latum quidem
digitum unquam diſceſſiſſe â doctrina Lutheri.

Da ſich nun die Sacramentirer abermals
regten/ war in gantz Wittenberg keiner/ der ſich
wider ſie in ſchrifften einlaſſen wolte; denn weil
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zwar vivente Luthero, groſſe freundſchafft und
einigkeit mit den Tigurinis & Calvino dermaſ-
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den Conſenſum & autoritatem Philippi ſchier
hoͤher denn auff ſeine Theologica argumenta
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Peucker/ gener Philippi, allezeit zum hoͤchſten/
daß er alles/ was Philippo gefiel/ tanquam ora-
cula Chriſti
erhub; denn hieꝛdurch machte er ihm
ſelbſt die groͤſte gunſt beym Herꝛn Philippo,
und kam durch dieſes ſeines ſchwaͤhers des Phi-
lippi
foͤrderung in ſo viel deſto hoͤhere autori-
t
aͤt durch die gantze univerſitaͤt; ſo war M. Peu-
cker auch ſonſt gelehrt in Græcis literis, in ma-
thematicis & philoſophicis,
daran Philippus
einen mercklichen gefallē hatte. Weil nun in die-
ſem ſtreitigen handel des hoch wuͤrdigen Nacht-
mahls die Wittenberger gar ſtille ſchwiegen/
und allein Illyricus, Weſtphalus & Chemniti-
us
vornemlich ob dieſem artickul mit dē Zwing-
lianern kaͤmpfften/ erregeten die Wittenberger
mit ihrem ſtillſchweigen bey vielen trefflichen
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zweiffel.

Auch hatten die Zuͤrcher laſſen drucken con-
ſenſum Eccleſiæ Genevenſis cum Tigurina Ec-
cleſia,
daß auch der Churfuͤrſt von Heidelberg
Pfaltzgraff Friederich und andere leute mehr
hierinnen judicium Philippi zu wiſſē begehrten;
hierauff thaͤt Philippus dem Churfuͤrſt zu Hei-
delberg ſeinen ſchrifftlichen bericht/ wie derſelbe
noch vorhanden; wiewol Philippus nicht ge-
dachte oder gern geſehen/ daß daſſelbige ſchrei-
ben ſolte antag kommen/ ſondern allein vertrau-
lich in geheim gehalten bleiben/ ꝛc.

So ſchrieben auch dißfals die Schleſier an
ihren landesmañ/ Caſparum Peucker/ tanquam
ad animam Philippi,
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[95/0391] unter denen Churfuͤrſten Joh. Friedrichen/ Mauritio und Auguſto ergangen. grundfeſte iſt; ſolte ſie denn von den Evangeli- ſchen Lehrern angefochten werden/ ſo kunte man bald eine gloſſa finden/ dadurch man ſie et- licher maſſen mochte ſchmuͤcken/ und kunte alſo auff beyden theilen recht behalten. Als nun D. Major nach abſterben M. Johañ Spangenbergs gen Eislebē zu einem Superin- tendenten gefordert ward/ fing er zwar bald an/ angezeigte propoſitionem: Bona opera eſſe ad ſalutem neceſſaria, auff der cantzel zu predigen/ uñ verhofte/ weil er Superintendens und obriſter Prediger in der gantzen Graffſchafft Mansfeld waͤre/ er wolte mit den andern Predigern wol uͤbereinkommen/ und dieſe propoſitionem ſua autoritate erhalten/ und ſie wuͤrden ſie ihme nicht vermoͤgen umzuſtoſſen. Aber es ſtieſſen ſich M. Michael Celius und M. Cyriacus Span- genberger gar bald an ſolcher lehre/ und wieder- legten dieſe lehre mit oͤffentlichem druck/ aus H. Goͤttlicher Schrifft. Noch ließ ſich D. Major duͤncken/ angezeigte Prediger waͤren ihm viel zu geringe und ſchlecht/ ſtehet an/ mit ihnen und andern (die gleiches falls dieſe propoſitionem wiederfochten) zu ſtreiten/ und will ſich weder durch bitte noch einige vermahnung und uͤber- weiſung von ſeinem fuͤrnehmen abhalten laſ- ſen; ſtellet derwegen etliche argumenta ſeiner opinion, und bringets gen Halle dem D. Mel- chior Kling/ und bittet ihn/ daß er ihm dieſe puncten in ein recht corpus oder apologiam faſ- ſen und ſtellen wolte/ weil er als ein gelobter Ju- riſt mit dem ſetzen einen jeden handel pro & con- tra zu diſputiren gar fertig war. Das thaͤt D. Melchior Kling/ als der Manßfeldiſchen Gra- fen Rath und Advocatus in ihren unrichtigen ſachen/ gerne/ ſo war er auch noch in Hertzogs Moritz beſtallung. Da nun der ſtreit je laͤnger je groͤſſer ward/ und die Manßfeldiſchen Prediger dieſe Lehre nicht kunten einreimen/ und aber D. Major ſich nicht wolte weiſen laſſen/ denn er ſchalt die an- dern Prediger alleſamt grobe ungelehrte ba- chanten/ da ſchaffet ihn der Graff Albrecht von Eißleben hinweg/ daß D. Major wieder gen Wittenberg zog/ noch wolt er den angefangenē zanck vertheidigen und recht behalten. Solche pertinacia, weil ſie ſo grob war/ mißfiel auch dem Herꝛn Philippo, vermahnete ihn auch à pericu- loſa & inuſitata phraſi in Eccleſia abzuſtehen. Aber ob es D. Major aus ehrgeitz/ daß er nicht wolte unrecht habē/ oder wegen ſeiner zuſage/ die er D. Kom̃erſtaͤdt/ als einem hoffrath/ zu Kalck- brutt gethan/ nicht unterlaſſen wolte/ ſtehet einem jeden Chriſten nach ſeinem beſten verſtan- de zubedencken. Jn ſumma/ als D. Major die ne- ceſſitatem bonorũ operum ad ſalutem in Eccle- ſiam mordicus einfuͤhrte und behielt/ kam bald herfuͤr des Victorini Strigelii liberũ arbitrium und ſynergia. So war auch Juſtus Menius von dem jungē Hertzog zu Sachſen zu den Meißnern getreten/ und man kunte bald mercken/ obgleich D. Majors pertinacia gar zu greifflich grob war/ wie ihme doch dieſe diſputation de liberoarbi- trio und ſynergia gar wol zu ſteuer und zu huͤlf- fe kommen/ welche nunmehr ihren urſprung wiederum genommen hatte von der laͤngſt confutirten per Lutherum cauſam ſine qua non; weil nun Victorinus Strigeliꝰ ein treflicher gelehrter mann war/ und in ſeinen lectionibus ſich gantz artig wuſte zu accom̃odiren ad genus dicendi & docendi Philippicum, und darzu in philoſophicis und Græcis autoribus ſehr erfah- ren uñ geuͤbet ward/ ſahe alſo bald Illyricus, daß dieſe philoſophica materia de Synergia nichts gutes in eccleſia wuͤrde ausrichten; derwegē legt ſichauch Hertzog Friederich der aͤltere ſohn des Churfuͤrſten in dieſen handel/ und ließ ſolchen handel in einer oͤffentlichen diſputation ver- richten. Victorinꝰ nahm den mehrerntheil ſeiner argumenten ex locis philoſophicis; ſo wolte ſich Illyricus an die philoſophiam nicht kehren/ und von der H. Goͤttlichen ſchrifft nicht fuͤhren laſſen/ und begab ſich endlich Victorinus von Jena gen Leipzig. Nach dem auch Oſi- ander ſonſt einen neuen ſchwarm in Preuſſen hatte angefangen/ und Illyricus auch zum heff- tigſten daꝛwieder geſtritten hatte/ ſahe man wol an den Wittenbergern/ daß ob ſie ſich der ſachen etlicher maſſenannahmen; denn Philippus dem Oſiandro auch antwoꝛtete/ daß ſie nur fuͤrnehm- lich otium & tranquillitatẽ ſuchten/ und begehr- ten zu haben eine Eccleſiam ſine cruce, und ſchrien doch immerdar/ ſe ne latum quidem digitum unquam diſceſſiſſe â doctrina Lutheri. Da ſich nun die Sacramentirer abermals regten/ war in gantz Wittenberg keiner/ der ſich wider ſie in ſchrifften einlaſſen wolte; denn weil ſolches fuͤrnemlich dem Herꝛn Philippo zu thun gebuͤhret haͤtte/ ruͤhrete er dieſe ſachē mit dem ge- ringſten woͤrtlein nicht an; denn er viel jahr/ und zwar vivente Luthero, groſſe freundſchafft und einigkeit mit den Tigurinis & Calvino dermaſ- ſen gehalten/ daß ſich Calvinus hernachmals auf den Conſenſum & autoritatem Philippi ſchier hoͤher denn auff ſeine Theologica argumenta verließ und trutzete; ſo beflieſſe ſich M. Caſpar Peucker/ gener Philippi, allezeit zum hoͤchſten/ daß er alles/ was Philippo gefiel/ tanquam ora- cula Chriſti erhub; denn hieꝛdurch machte er ihm ſelbſt die groͤſte gunſt beym Herꝛn Philippo, und kam durch dieſes ſeines ſchwaͤhers des Phi- lippi foͤrderung in ſo viel deſto hoͤhere autori- taͤt durch die gantze univerſitaͤt; ſo war M. Peu- cker auch ſonſt gelehrt in Græcis literis, in ma- thematicis & philoſophicis, daran Philippus einen mercklichen gefallē hatte. Weil nun in die- ſem ſtreitigen handel des hoch wuͤrdigen Nacht- mahls die Wittenberger gar ſtille ſchwiegen/ und allein Illyricus, Weſtphalus & Chemniti- us vornemlich ob dieſem artickul mit dē Zwing- lianern kaͤmpfften/ erregeten die Wittenberger mit ihrem ſtillſchweigen bey vielen trefflichen leuten/ auch bey hohen Potentaten/ manchen zweiffel. Auch hatten die Zuͤrcher laſſen drucken con- ſenſum Eccleſiæ Genevenſis cum Tigurina Ec- cleſia, daß auch der Churfuͤrſt von Heidelberg Pfaltzgraff Friederich und andere leute mehr hierinnen judicium Philippi zu wiſſē begehrten; hierauff thaͤt Philippus dem Churfuͤrſt zu Hei- delberg ſeinen ſchrifftlichen bericht/ wie derſelbe noch vorhanden; wiewol Philippus nicht ge- dachte oder gern geſehen/ daß daſſelbige ſchrei- ben ſolte antag kommen/ ſondern allein vertrau- lich in geheim gehalten bleiben/ ꝛc. So ſchrieben auch dißfals die Schleſier an ihren landesmañ/ Caſparum Peucker/ tanquam ad animam Philippi, um einen gruͤndlichen be- richt de cœna Domini. Dieſer rieth den Paſto- ribus, die ihn conſulirten/ ſie ſolten nicht viel de ſubſtan-

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Zitationshilfe: Arnold, Gottfried: Unpartheyische Kirchen- und Ketzer-Historie. Bd. 2 (T. 3/4). Frankfurt (Main), 1700, S. 95. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnold_ketzerhistorie02_1700/391>, abgerufen am 22.12.2024.