unter denen Churfürst. Joh. Friedrichen/ Mauritio u. Augusto ergangen.
[Spaltenumbruch]
stellen kan/ und gleichwol das gestellte buch In- terim das ansehen hatte/ als wolten die Papi- sten einsmals fromm werden/ und den Lutheris. viel wichtige artickul und puncten in der religion nachgeben/ so sahen doch die rechtschaffenen be- währten Theologi bald/ was durch diese Form. Conc. für schade und eingriff dem Evangelio fol- gen würde; derwegen fieng bald zum ersten an M. Casp. Aquila Prediger zu Salfeldt dawi- der zu schreiben/ muste auch derwegen eine zeit- lang von Salfeldt weichen/ verhielt sich aber heimlich zu Schmalkalden.
Nachdem nun Hertzog Moritz etliche viel jahr zuvor dem Käys. zu gehorsamen hatte zugesagt/ ehe er noch den Churf. verjagt/ und die Chur zu Sachsen erlanget hatte/ muste er diß buch des Interims auch annehmen/ und ließ mit seinen Theologen dahin handeln/ dz sie es dem gemei- nen volck anzunehmen von der cantzel fürhiel- ten. Ob nun wol Philippus auch/ gleichwie etli- che andere Theologen gethan/ ein bedencken auffs Interim stellete; (dann dieweil der grund desselbigen buchs nicht taugte/ kunte ers auch nicht mit stillschweigen approbiren) so war doch solch Philippi bedencken so gar gefroren und kaltsinnig gestellet/ daß man bald daraus sehen mochte/ daß er lauden moderationis & modestiae davon bringen und den pusten nicht recht auff- stechen wolte; dann weil er schon sein gemüthe dem Christoph von Carlwitz in einer Epist. gantz und gar entdecket und dermassen erkläret/ daß wo ihm gleich etwas vom Hofe würde befoh- len/ das ihm nicht allerdings gefallen würde/ er sich doch nicht darwider setzen wolte/ verhoffete Hertzog Moritz seine dem Käys. gethane zusage destofüglicher ins werck zu richten/ weil Philip- pus bey jederman in grossem ansehen war/ und sich die gantze Universität Wittenberg und fast alle umliegende Pfarrherrn nach ihm richteten; dann alles/ was in dieser jämmerlichen conster- natione animorum & mutatione politiae & Ecclesiae Philippus für rathsam ansahe/ das war gerathen und demselben folgete männig- lich. So war er nun also gesinnet/ daß er in die- sem zustand der religion bey jederman das lob und ansehen haben wolte/ daß er nicht so zän- ckisch und ehrgeitzig wäre/ als Lutherus; dann wo man nicht gleich alle sachen in dem Regi- ment nach der schnur haben könte/ so müste man um friedens willen/ krieg und empörung zu ver- hüten/ etwas nachgeben. Als aber solches im lande zu Meissen und Sachsen nicht so gesch win- de ins werck kunte gerichtet werden (dann viel gottsfürchtige leute stiessen sich hieran in ihrem gewissen) und gleichwol der Käys. Hertzog Mo- ritzen seiner gethanen zusage erinnerte/ ließ sich Hertzog Moritz durch eine Lateinis. schrifft beym Käys. Carolo entschuldigen/ er könte diesen han- del in seine Fürstenthum nit also plötzlich/ ohne sonderliche unruhe deß gemeinen mannes ins werck richten/ er wolte aber allen fleiß fürwen- den/ daß solches mit gutem glimpff und willen dem volck zum bäldesten eingebildet und fürge- tragen würde. Bäte derwegen unterthänigst/ Käys. Maj. wolle diese ungelegenheit gnädigst behertzi- gen/ und diesen verzug in keinen ungnaden vermercken. Diese Hertzog Moritzens Lateinische Epistel ward/ wie gemeldet/ dem KäyserCarologen Brüssel von Dreß- den zugeschicket/ und durch einen Teutschen Cantzeley- schreiberM. Johanni Homelio Memmingensi(als er dem KäyserCarolozu Brüssel seinemachinam theoti- carum Planetarumüberantwortet/) von wegen etlicher [Spaltenumbruch]
Lateinischer wörter zu lesen und zu dollmetschen gezel- get/ welche der TeutscheSecretariusnicht wol verstund. Wie nun von den Hofräthen beym Hn.Philippoange- halten ward/ demInterimein färblein anzustreichen/ daß mans mit gutem glimpff dem pöbel von der cantzel möchte beybringen/ fund man bald eine glosse und män- telein/ daß man diese puncten/ welche man dem Käyser zu unterthänigsten gehorsam machen lassen solte/adia- phoranennete/ und welche man zu erhaltung gutes friedens und aller gnade beym Käyser mit gutem ge- wissen wol eingehen möchte/ auch fo könte man hier- durch den gantzenarticulum justificationis,welcher biß- her am heffrigsten angefochten wäre/per hanc conces- sionem ceremoniarumerhalten.
Nachdem aber diese erneuerung in der kirche bey vie- len frommen Pfarrherrn mancherley betrübte schwere gedancken erregte/ und derwegen der Hr. Philippus mit den andernTheologen im werck sahe/ daß diese sachen nicht so geschwinde wolten von statten gehen/ als man gerne wolte/ hielt man aus Furstl. Hof-befehl etliche [C]onventusnacheinander zu Juterbock/ Pega/ Cell und Leipzig/ alleinin hunc finem,daß mansine molestia & strepitudiesenovationem ab aula propositamzierlich färben/& sine tumultudem gemeinen mann könte ein- reden. Nun begab sichs einmal/ daß Philippus auff ei- ne zeit zugleich von etlichen Predigern aus dem lande zu Francken und aus den Sächsis städten raths gefra- get und ersucht ward/ wie sie sich in diesen handel solten richten. Da rieth Philippus den FränckischenPasto- ribus,sie solten japropter pacem publicametwas willi- gen/ damit kein lermen wiederum würde. Aber den Saxonicis Theologisantwortete er:Laudare se ipsorum constantiam, quod abhorrerent ab omni mutatione, & hortari se, ut gentis hujus avitam constantiam sedulo retineant.Da nun solches bey den frommen das ansehen hatte/ es würde fein allgemach das gantze Pabsthum stückweise nacheinanderin Ecclesiamstillschweigend einschleichen/ und dadurch ein artickul nach dem an- dern unsers Christenthums verlohren werden/ war doch in Wittenberg keiner so behertzt unter den gelehr- ten/ der dem Herrn Philippo hätte dörffen einreden; dann wer solches thate/ den nannte Philippus von stund an einenStoicum, rigidum, ignarum negotiorumAlso daM.Gabriel/ Predigern zu Torgau/ diesemutatio und der Chorrock vom Philippo undPomeranoauffge- drungen ward/ er aber wegen seines gewissens etliche wichtige puncten anfieng zudisputiren/ erzürnete sich alsobald Philippus/ fluchte ihm S. Velten/ und ließ ihn in carceremführen. Wie diese händel in vollem schwange durcheinander getrieben wurden/ und/ wie gesagt/ sich jederman für des Philippihohem ansehen undautorität scheuete/ war auchM. Matthias Flacius Illyricusetliche jahr zu Wittenberg gewesen/ und Professor Hebraeae linguaeworden/ diesem durch- drangen angezeigte verdächtige händel das hertz/ daß sich diePraeceptoresso grob mercken liessen; und weil er der Papisten und Welschen listige practicken viel baß verstund dann alle gelehrten zu Wittenberg/ die zum theil zu Hofe wol dienen und denPraeceptoremnicht er- zürnen wolten/ fieng er unter allen andern gelehrten daselbst zeitlich an/ den HerrnPhilippumzu bitten/ fle- hen/ vermahnen und warnen/ er als der fürnehmste post Lutherumwolle denadversariisnicht zu viel ein- räumen/ dadurch dem Evangelio ein abbruch geschehe.
Dieweil aberIllyricuskein gebohrner Teutscher/ son- dern vonAlbonaausIllyriaunter der Venediger ge- biet/ und zu Wittenb. eine zeitlang sich in armut hatte behelffen und leiden müssen/ und derhalben in keinem sonderlichem ansehen unter den andernProfessoribus war;item,er hatte seinefundamenta Hebraicaeund Graecae linguaeundstudia dialecticesnicht zu Witten- berg und vom Philippo angefangen zu studieren/ ward solche seine treuhertzige vermahnung vom Philippo nicht sonderlich geachtet; hierzu mochten ihn auch wol etlicheassentatoresverkleinern und unwerth ma- chen/ als wolte der frembdling dem HerrnPraeceptori; welcher alleintoti Ecclesiaejetzund rechtschaffen könte vorstehen/ vorgreiffen; dann das ist je wahr/ daß Phi- lippus ein heimliches frolocken daran hatte/ daß nun- mehrpost obitum Lutheri, cujus [fremdsprachliches Material - Zeichen fehlt] semper catpebat,sich jederman raths bey ihm erholete/ und sich nach ihm richtete; aber diese verachtung/ soIllyricohie- vor vom Philippo begegnet achtete er alle sammt nichts/ und ließsich von seinem vermahne nichts ab halten oder abschrecken/ biß daß alles flehen vergebens war/ und er
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unter denen Churfuͤrſt. Joh. Friedrichen/ Mauritio u. Auguſto ergangen.
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ſtellen kan/ und gleichwol das geſtellte buch In- terim das anſehen hatte/ als wolten die Papi- ſten einsmals fromm werden/ und den Lutheriſ. viel wichtige artickul und puncten in deꝛ religion nachgeben/ ſo ſahen doch die rechtſchaffenen be- waͤhrten Theologi bald/ was durch dieſe Form. Conc. fuͤr ſchade uñ eingriff dem Evangelio fol- gen wuͤrde; derwegen fieng bald zum erſten an M. Caſp. Aquila Prediger zu Salfeldt dawi- der zu ſchreiben/ muſte auch derwegen eine zeit- lang von Salfeldt weichen/ verhielt ſich aber heimlich zu Schmalkalden.
Nachdem nun Hertzog Moritz etliche viel jahꝛ zuvor dem Kaͤyſ. zu gehorſamen hatte zugeſagt/ ehe er noch den Churf. verjagt/ und die Chur zu Sachſen erlanget hatte/ muſte er diß buch des Interims auch annehmen/ und ließ mit ſeinen Theologen dahin handeln/ dz ſie es dem gemei- nen volck anzunehmen von der cantzel fuͤrhiel- ten. Ob nun wol Philippus auch/ gleichwie etli- che andere Theologen gethan/ ein bedencken auffs Interim ſtellete; (dann dieweil der grund deſſelbigen buchs nicht taugte/ kunte ers auch nicht mit ſtillſchweigen approbiren) ſo war doch ſolch Philippi bedencken ſo gar gefroren und kaltſinnig geſtellet/ daß man bald daraus ſehen mochte/ daß eꝛ laudẽ moderationis & modeſtiæ davon bringen und den puſten nicht recht auff- ſtechen wolte; dann weil er ſchon ſein gemuͤthe dem Chriſtoph von Carlwitz in einer Epiſt. gantz und gar entdecket und dermaſſen erklaͤret/ daß wo ihm gleich etwas vom Hofe wuͤrde befoh- len/ das ihm nicht allerdings gefallen wuͤrde/ er ſich doch nicht darwider ſetzen wolte/ verhoffete Hertzog Moritz ſeine dem Kaͤyſ. gethane zuſage deſtofuͤglicher ins werck zu richten/ weil Philip- pus bey jederman in groſſem anſehen war/ und ſich die gantze Univerſitaͤt Wittenberg und faſt alle umliegende Pfarrherrn nach ihm richteten; dann alles/ was in dieſer jaͤmmerlichen conſter- natione animorum & mutatione politiæ & Eccleſiæ Philippus fuͤr rathſam anſahe/ das war gerathen und demſelben folgete maͤnnig- lich. So war er nun alſo geſiñet/ daß er in die- ſem zuſtand der religion bey jederman das lob und anſehen haben wolte/ daß er nicht ſo zaͤn- ckiſch und ehrgeitzig waͤre/ als Lutherus; dann wo man nicht gleich alle ſachen in dem Regi- ment nach deꝛ ſchnur haben koͤnte/ ſo muͤſte man um friedens willen/ krieg und empoͤrung zu ver- huͤten/ etwas nachgeben. Als aber ſolches im lande zu Meiſſen uñ Sachſen nicht ſo geſch win- de ins werck kunte gerichtet werden (dann viel gottsfuͤrchtige leute ſtieſſen ſich hieran in ihrem gewiſſen) und gleichwol der Kaͤyſ. Hertzog Mo- ritzen ſeiner gethanen zuſage erinnerte/ ließ ſich Hertzog Moritz durch eine Lateiniſ. ſchrifft beym Kaͤyſ. Carolo entſchuldigen/ er koͤnte dieſen han- del in ſeinē Fuͤrſtenthum nit alſo ploͤtzlich/ ohne ſonderliche unruhe deß gemeinen mannes ins werck richten/ er wolte aber allen fleiß fuͤrwen- den/ daß ſolches mit gutem glimpff und willen dem volck zum baͤldeſten eingebildet und fuͤrge- tragen wuͤrde. Baͤte derwegen unterthaͤnigſt/ Kaͤyſ. Maj. wolle dieſe ungelegenheit gnaͤdigſt behertzi- gen/ und dieſen verzug in keinen ungnaden vermercken. Dieſe Hertzog Moritzens Lateiniſche Epiſtel ward/ wie gemeldet/ dem KaͤyſerCarologen Bruͤſſel von Dreß- den zugeſchicket/ und durch einen Teutſchen Cantzeley- ſchreiberM. Johanni Homelio Memmingenſi(als er dem KaͤyſerCarolozu Bruͤſſel ſeinemachinam theoti- carum Planetarumuͤberantwortet/) von wegen etlicher [Spaltenumbruch]
Lateiniſcher woͤrter zu leſen und zu dollmetſchen gezel- get/ welche der TeutſcheSecretariusnicht wol verſtund. Wie nun von den Hofraͤthen beym Hn.Philippoange- halten ward/ demInterimein faͤrblein anzuſtreichen/ daß mans mit gutem glimpff dem poͤbel von der cantzel moͤchte beybringen/ fund man bald eine gloſſe und maͤn- telein/ daß man dieſe puncten/ welche man dem Kaͤyſer zu unterthaͤnigſten gehorſam machen laſſen ſolte/adia- phoranennete/ und welche man zu erhaltung gutes friedens und aller gnade beym Kaͤyſer mit gutem ge- wiſſen wol eingehen moͤchte/ auch fo koͤnte man hier- durch den gantzenarticulum juſtificationis,welcher biß- her am heffrigſten angefochten waͤre/per hanc conceſ- ſionem ceremoniarumerhalten.
Nachdem aber dieſe erneuerung in der kirchē bey vie- len frommen Pfarrherꝛn mancherley betruͤbte ſchwere gedancken erregte/ uñ derwegen der Hr. Philippus mit den andernTheologen im werck ſahe/ daß dieſe ſachen nicht ſo geſchwinde wolten von ſtatten gehen/ als man gerne wolte/ hielt man aus Furſtl. Hof-befehl etliche [C]onventusnacheinander zu Juterbock/ Pega/ Cell und Leipzig/ alleinin hunc finem,daß manſine moleſtia & ſtrepitudieſenovationem ab aula propoſitamzierlich faͤrben/& ſine tumultudem gemeinen mann koͤnte ein- reden. Nun begab ſichs einmal/ daß Philippus auff ei- ne zeit zugleich von etlichen Predigern aus dem lande zu Francken und aus den Saͤchſiſ ſtaͤdten raths gefra- get und erſucht ward/ wie ſie ſich in dieſen handel ſolten richten. Da rieth Philippus den FraͤnckiſchenPaſto- ribus,ſie ſolten japropter pacem publicametwas willi- gen/ damit kein lermen wiederum wuͤrde. Aber den Saxonicis Theologisantwortete er:Laudare ſe ipſorum conſtantiam, quod abhorrerent ab omni mutatione, & hortari ſe, ut gentis hujus avitam conſtantiam ſedulò retineant.Da nun ſolches bey den frommen das anſehen hatte/ es wuͤrde fein allgemach das gantze Pabſthum ſtuͤckweiſe nacheinanderin Eccleſiamſtillſchweigend einſchleichen/ und dadurch ein artickul nach dem an- dern unſers Chriſtenthums verlohren werden/ war doch in Wittenberg keiner ſo behertzt unter den gelehr- ten/ der dem Herrn Philippo haͤtte doͤrffen einreden; dañ wer ſolches thate/ den nannte Philippus von ſtund an einenStoicum, rigidum, ignarum negotiorumAlſo daM.Gabriel/ Predigern zu Torgau/ dieſemutatio und der Chorrock vom Philippo undPomeranoauffge- drungen ward/ er aber wegen ſeines gewiſſens etliche wichtige puncten anfieng zudiſputiren/ erzuͤrnete ſich alſobald Philippus/ fluchte ihm S. Velten/ uñ ließ ihn in carceremfuͤhren. Wie dieſe haͤndel in vollem ſchwange durcheinander getrieben wurden/ und/ wie geſagt/ ſich jederman fuͤr des Philippihohem anſehen undautoritaͤt ſcheuete/ war auchM. Matthias Flacius Illyricusetliche jahr zu Wittenberg geweſen/ und Profeſſor Hebrææ linguæworden/ dieſem durch- drangen angezeigte verdaͤchtige haͤndel das hertz/ daß ſich diePræceptoresſo grob mercken lieſſen; und weil er der Papiſten und Welſchen liſtige practicken viel baß verſtund dann alle gelehrten zu Wittenberg/ die zum theil zu Hofe wol dienen und denPræceptoremnicht er- zuͤrnen wolten/ fieng er unter allen andern gelehrten daſelbſt zeitlich an/ den HerrnPhilippumzu bitten/ fle- hen/ vermahnen und warnen/ er als der fuͤrnehmſte poſt Lutherumwolle denadverſariisnicht zu viel ein- raͤumen/ dadurch dem Evangelio ein abbruch geſchehe.
Dieweil aberIllyricuskein gebohrner Teutſcher/ ſon- dern vonAlbonaausIllyriaunter der Venediger ge- biet/ und zu Wittenb. eine zeitlang ſich in armut hatte behelffen und leiden muͤſſen/ und derhalben in keinem ſonderlichem anſehen unter den andernProfeſſoribus war;item,er hatte ſeinefundamenta Hebraicæund Græcæ linguæundſtudia dialecticesnicht zu Witten- berg und vom Philippo angefangen zu ſtudieren/ ward ſolche ſeine treuhertzige vermahnung vom Philippo nicht ſonderlich geachtet; hierzu mochten ihn auch wol etlicheaſſentatoresverkleinern und unwerth ma- chen/ als wolte der frembdling dem HerrnPræceptori; welcher alleintoti Eccleſiæjetzund rechtſchaffen koͤnte vorſtehen/ vorgreiffen; dann das iſt je wahr/ daß Phi- lippus ein heimliches frolocken daran hatte/ daß nun- mehrpoſt obitum Lutheri, cujus [fremdsprachliches Material – Zeichen fehlt] ſemper catpebat,ſich jederman raths bey ihm erholete/ und ſich nach ihm richtete; aber dieſe verachtung/ ſoIllyricohie- vor vom Philippo begegnet achtete er alle ſam̃t nichts/ und ließſich von ſeinem vermahnē nichts ab halten oder abſchrecken/ biß daß alles flehen vergebens war/ und er
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[93/0389]
unter denen Churfuͤrſt. Joh. Friedrichen/ Mauritio u. Auguſto ergangen.
ſtellen kan/ und gleichwol das geſtellte buch In-
terim das anſehen hatte/ als wolten die Papi-
ſten einsmals fromm werden/ und den Lutheriſ.
viel wichtige artickul und puncten in deꝛ religion
nachgeben/ ſo ſahen doch die rechtſchaffenen be-
waͤhrten Theologi bald/ was durch dieſe Form.
Conc. fuͤr ſchade uñ eingriff dem Evangelio fol-
gen wuͤrde; derwegen fieng bald zum erſten an
M. Caſp. Aquila Prediger zu Salfeldt dawi-
der zu ſchreiben/ muſte auch derwegen eine zeit-
lang von Salfeldt weichen/ verhielt ſich aber
heimlich zu Schmalkalden.
Nachdem nun Hertzog Moritz etliche viel jahꝛ
zuvor dem Kaͤyſ. zu gehorſamen hatte zugeſagt/
ehe er noch den Churf. verjagt/ und die Chur zu
Sachſen erlanget hatte/ muſte er diß buch des
Interims auch annehmen/ und ließ mit ſeinen
Theologen dahin handeln/ dz ſie es dem gemei-
nen volck anzunehmen von der cantzel fuͤrhiel-
ten. Ob nun wol Philippus auch/ gleichwie etli-
che andere Theologen gethan/ ein bedencken
auffs Interim ſtellete; (dann dieweil der grund
deſſelbigen buchs nicht taugte/ kunte ers auch
nicht mit ſtillſchweigen approbiren) ſo war doch
ſolch Philippi bedencken ſo gar gefroren und
kaltſinnig geſtellet/ daß man bald daraus ſehen
mochte/ daß eꝛ laudẽ moderationis & modeſtiæ
davon bringen und den puſten nicht recht auff-
ſtechen wolte; dann weil er ſchon ſein gemuͤthe
dem Chriſtoph von Carlwitz in einer Epiſt. gantz
und gar entdecket und dermaſſen erklaͤret/ daß
wo ihm gleich etwas vom Hofe wuͤrde befoh-
len/ das ihm nicht allerdings gefallen wuͤrde/ er
ſich doch nicht darwider ſetzen wolte/ verhoffete
Hertzog Moritz ſeine dem Kaͤyſ. gethane zuſage
deſtofuͤglicher ins werck zu richten/ weil Philip-
pus bey jederman in groſſem anſehen war/ und
ſich die gantze Univerſitaͤt Wittenberg und faſt
alle umliegende Pfarrherrn nach ihm richteten;
dann alles/ was in dieſer jaͤmmerlichen conſter-
natione animorum & mutatione politiæ &
Eccleſiæ Philippus fuͤr rathſam anſahe/ das
war gerathen und demſelben folgete maͤnnig-
lich. So war er nun alſo geſiñet/ daß er in die-
ſem zuſtand der religion bey jederman das lob
und anſehen haben wolte/ daß er nicht ſo zaͤn-
ckiſch und ehrgeitzig waͤre/ als Lutherus; dann
wo man nicht gleich alle ſachen in dem Regi-
ment nach deꝛ ſchnur haben koͤnte/ ſo muͤſte man
um friedens willen/ krieg und empoͤrung zu ver-
huͤten/ etwas nachgeben. Als aber ſolches im
lande zu Meiſſen uñ Sachſen nicht ſo geſch win-
de ins werck kunte gerichtet werden (dann viel
gottsfuͤrchtige leute ſtieſſen ſich hieran in ihrem
gewiſſen) und gleichwol der Kaͤyſ. Hertzog Mo-
ritzen ſeiner gethanen zuſage erinnerte/ ließ ſich
Hertzog Moritz durch eine Lateiniſ. ſchrifft beym
Kaͤyſ. Carolo entſchuldigen/ er koͤnte dieſen han-
del in ſeinē Fuͤrſtenthum nit alſo ploͤtzlich/ ohne
ſonderliche unruhe deß gemeinen mannes ins
werck richten/ er wolte aber allen fleiß fuͤrwen-
den/ daß ſolches mit gutem glimpff und willen
dem volck zum baͤldeſten eingebildet und fuͤrge-
tragen wuͤrde. Baͤte derwegen unterthaͤnigſt/
Kaͤyſ. Maj. wolle dieſe ungelegenheit gnaͤdigſt behertzi-
gen/ und dieſen verzug in keinen ungnaden vermercken.
Dieſe Hertzog Moritzens Lateiniſche Epiſtel ward/ wie
gemeldet/ dem Kaͤyſer Carolo gen Bruͤſſel von Dreß-
den zugeſchicket/ und durch einen Teutſchen Cantzeley-
ſchreiber M. Johanni Homelio Memmingenſi (als er
dem Kaͤyſer Carolo zu Bruͤſſel ſeine machinam theoti-
carum Planetarum uͤberantwortet/) von wegen etlicher
Lateiniſcher woͤrter zu leſen und zu dollmetſchen gezel-
get/ welche der Teutſche Secretarius nicht wol verſtund.
Wie nun von den Hofraͤthen beym Hn. Philippo ange-
halten ward/ dem Interim ein faͤrblein anzuſtreichen/
daß mans mit gutem glimpff dem poͤbel von der cantzel
moͤchte beybringen/ fund man bald eine gloſſe und maͤn-
telein/ daß man dieſe puncten/ welche man dem Kaͤyſer
zu unterthaͤnigſten gehorſam machen laſſen ſolte/ adia-
phora nennete/ und welche man zu erhaltung gutes
friedens und aller gnade beym Kaͤyſer mit gutem ge-
wiſſen wol eingehen moͤchte/ auch fo koͤnte man hier-
durch den gantzen articulum juſtificationis, welcher biß-
her am heffrigſten angefochten waͤre/ per hanc conceſ-
ſionem ceremoniarum erhalten.
Nachdem aber dieſe erneuerung in der kirchē bey vie-
len frommen Pfarrherꝛn mancherley betruͤbte ſchwere
gedancken erregte/ uñ derwegen der Hr. Philippus mit
den andern Theologen im werck ſahe/ daß dieſe ſachen
nicht ſo geſchwinde wolten von ſtatten gehen/ als man
gerne wolte/ hielt man aus Furſtl. Hof-befehl etliche
Conventus nacheinander zu Juterbock/ Pega/ Cell und
Leipzig/ allein in hunc finem, daß man ſine moleſtia &
ſtrepitu dieſe novationem ab aula propoſitam zierlich
faͤrben/ & ſine tumultu dem gemeinen mann koͤnte ein-
reden. Nun begab ſichs einmal/ daß Philippus auff ei-
ne zeit zugleich von etlichen Predigern aus dem lande
zu Francken und aus den Saͤchſiſ ſtaͤdten raths gefra-
get und erſucht ward/ wie ſie ſich in dieſen handel ſolten
richten. Da rieth Philippus den Fraͤnckiſchen Paſto-
ribus, ſie ſolten ja propter pacem publicam etwas willi-
gen/ damit kein lermen wiederum wuͤrde. Aber den
Saxonicis Theologis antwortete er: Laudare ſe ipſorum
conſtantiam, quod abhorrerent ab omni mutatione, &
hortari ſe, ut gentis hujus avitam conſtantiam ſedulò
retineant. Da nun ſolches bey den frommen das anſehen
hatte/ es wuͤrde fein allgemach das gantze Pabſthum
ſtuͤckweiſe nacheinander in Eccleſiam ſtillſchweigend
einſchleichen/ und dadurch ein artickul nach dem an-
dern unſers Chriſtenthums verlohren werden/ war
doch in Wittenberg keiner ſo behertzt unter den gelehr-
ten/ der dem Herrn Philippo haͤtte doͤrffen einreden;
dañ wer ſolches thate/ den nannte Philippus von ſtund
an einen Stoicum, rigidum, ignarum negotiorum Alſo
da M. Gabriel/ Predigern zu Torgau/ dieſe mutatio
und der Chorrock vom Philippo und Pomerano auffge-
drungen ward/ er aber wegen ſeines gewiſſens etliche
wichtige puncten anfieng zu diſputiren/ erzuͤrnete ſich
alſobald Philippus/ fluchte ihm S. Velten/ uñ ließ ihn
in carcerem fuͤhren. Wie dieſe haͤndel in vollem
ſchwange durcheinander getrieben wurden/ und/ wie
geſagt/ ſich jederman fuͤr des Philippihohem anſehen
und autoritaͤt ſcheuete/ war auch M. Matthias Flacius
Illyricus etliche jahr zu Wittenberg geweſen/ und
Profeſſor Hebrææ linguæ worden/ dieſem durch-
drangen angezeigte verdaͤchtige haͤndel das hertz/ daß
ſich die Præceptores ſo grob mercken lieſſen; und weil er
der Papiſten und Welſchen liſtige practicken viel baß
verſtund dann alle gelehrten zu Wittenberg/ die zum
theil zu Hofe wol dienen und den Præceptorem nicht er-
zuͤrnen wolten/ fieng er unter allen andern gelehrten
daſelbſt zeitlich an/ den Herrn Philippum zu bitten/ fle-
hen/ vermahnen und warnen/ er als der fuͤrnehmſte
poſt Lutherum wolle den adverſariis nicht zu viel ein-
raͤumen/ dadurch dem Evangelio ein abbruch geſchehe.
Dieweil aber Illyricus kein gebohrner Teutſcher/ ſon-
dern von Albona aus Illyria unter der Venediger ge-
biet/ und zu Wittenb. eine zeitlang ſich in armut hatte
behelffen und leiden muͤſſen/ und derhalben in keinem
ſonderlichem anſehen unter den andern Profeſſoribus
war; item, er hatte ſeine fundamenta Hebraicæ und
Græcæ linguæ und ſtudia dialectices nicht zu Witten-
berg und vom Philippo angefangen zu ſtudieren/ ward
ſolche ſeine treuhertzige vermahnung vom Philippo
nicht ſonderlich geachtet; hierzu mochten ihn auch
wol etliche aſſentatores verkleinern und unwerth ma-
chen/ als wolte der frembdling dem Herrn Præceptori;
welcher allein toti Eccleſiæ jetzund rechtſchaffen koͤnte
vorſtehen/ vorgreiffen; dann das iſt je wahr/ daß Phi-
lippus ein heimliches frolocken daran hatte/ daß nun-
mehr poſt obitum Lutheri, cujus _ ſemper
catpebat, ſich jederman raths bey ihm erholete/ und ſich
nach ihm richtete; aber dieſe verachtung/ ſo Illyrico hie-
vor vom Philippo begegnet achtete er alle ſam̃t nichts/
und ließſich von ſeinem vermahnē nichts ab halten oder
abſchrecken/ biß daß alles flehen vergebens war/ und er
endlich
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Arnold, Gottfried: Unpartheyische Kirchen- und Ketzer-Historie. Bd. 2 (T. 3/4). Frankfurt (Main), 1700, S. 93. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnold_ketzerhistorie02_1700/389>, abgerufen am 22.12.2024.
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