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Arnold, Gottfried: Unpartheyische Kirchen- und Ketzer-Historie. Bd. 2 (T. 3/4). Frankfurt (Main), 1700.

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Th. IV. Sect. II. Num. I. Von händeln/ so in Sachsen der Religion halben
[Spaltenumbruch] nach nicht alleine Bucerus und andere Ober-
ländische Theologi viel schreiben zum Philippo
gen Wittenberg; es ließ sonst auch Philippus
viel heimliche schrifften an die kirchen-diener zu
Zürch ausgehe/ um welche D. Luther gar nichts
wuste/ also daß sich Philipp gege seine geheim-
teste freunde und discipulos vermercken liesse/ daß
ers im artickul de coena domini nicht aller dinge
und durch aus mit Luthero hielt. Doch ließ er
seinen affect dermassen in geheim und verborgen
bleiben/ damit solches dem Luther nicht kund
gethan würde; aber gleichwol liessen sich
die Tigurini, als nemlich Conradus Pellica-
nus, Theodorus Bibliand
er/ Leo Judae, Hen-
ricus Bullingerus,
allesamt einhellig verneh-
men/ daß sie in allen sachen dem Herrn Philippo
könten subscribiren/ und nicht dem Luthero.
Ob aber Lutherus des Philippi consensum
und verständniß mit dem Tigurinis gründlich
erfahren habe oder nicht/ kan man nicht eigent-
lich wissen; aber so viel D. Joachim Moerlin
von diesen händeln weiß/ berichtet er/ daß
Lutherus gesagt soll haben/ er wolte gerne wün-
schen/ daß Philippus in diesen puncten nichts
im maul verborgens bey sich behielte/ und seine
meinung deutlich und klar heraus sagte. Ob
nun wol Lutherus Philippum sehr hoch und
lieb hielt/ jedoch ist es gewißlich wahr/ daß Phi-
lippus
allewege Lutherum in den gedancken
ihm selbst einbildete/ als wolle es Lutherus gantz
und gar alleine seyn/ und wolte ihm dem Philip-
po
nicht gerne zulassen occasionem emergendi
vel inclarescendi.
Ließ aber diesen seinen affect
mit dem wenigsten nicht mercken. Darzu ob
gleich Herr Philippus in Teutschland omnium
doctissimus & officiosissimus,
weil er gerne je-
dermann mit rath und that dienete/ jedoch wenn
er etwas vel publice vel privatim tractirte/
daran noch jemands wolte entweder dubitiren/
oder nicht von stund an pro authentico hat an-
genommen/ über denselben ward Philippus von
stund an unlustig/ und derwegen/ wo er jemand
zu examiniren oder einzureden hatte/ nennet er ihn
von stund an einen bonum cuculum vel asinum
nihil intelligentem:
War er aber eine ansehn-
liche person/ der etwan einen zweiffel/ wie ob-
gemeldet/ hätte gehabt/ so ließ er solchen un-
muth bleiben/ und sich desselben im wenigsten
gegen solchen menschen nicht mercken/ doch
zeigete er solchen seinen heimlichen affect seinen
geheimtesten freunden/ die täglich mit ihm um-
gingen/ als da waren Vitus Winshemius,
Marcellus, Jacobus Milichius, & pauci alii.

und erzeigte doch nichts destoweniger demjeni-
gen/ über welchen er ein heimliches mißfallen
hatte/ omnia genera officiorum. So begab
sich nun fast um dieselbe zeit auch/ daß M. Georg
Aemilius
als ein privatus discipulus Philippi
etlicher puncten halber in sacramento coenae do-
minicae
ihn den Praeceptorem fragte/ darinne
er sententiae Lutheri zu wieder war/ was hierin-
nen zu halten wäre? hierauff antwortete ihm
Philippus, Lutherus hätte nimis crasse von
der sache geschrieben; Da meinstu/ saget
er/ daß sich CHristus mit zähnen zerreissen/ und
durch den leib wieder wird ausgeben lassen.

Da nun gedachter Aemyl[i]us hierauf anhielt/
daß er ad eximendam omnem dubitationem
ex animis posterorum
sich bittlich dieses puncts
halber mit dem Luthero unterreden und verglei-
[Spaltenumbruch] chen solte/ weil sie noch beyde beym leben und
gesund/ darzu im höchsten ansehen bey männig-
lichen wären; ja sagte Philippus, ihre Hartzlä[n]-
der (denn Aemylius ware Lutheri landes-
mann und gefreunder/ von Mannsfeldt bürtig)
habet so grosse starrköpffe/ daß ihr niemand ne-
ben euch wolt gelten lassen. Hieraus etlicher mas-
sen zu vermuthen/ daß Philippus vielleicht die
Scripta Lutheri nicht alle durchaus in negotio
coenae Dominicae
mag durchlesen haben/ da Lu-
therus
neben der Papistischen transsubstantia-
tion,
die Capernaitische manducation (welche
die Zwinglianer dem Luthero schuld geben)
simpliciter verwirfft.

Denn nachdem Philippus acutissimi ac per-
spicacissimi judicii
war/ daß wenn er nur obi-
ter
etliche wenig blätter eines jeden buchs durch-
sahe/ kunte er in dem wenigen ansehen bald des
gantzen buches in halt fassen und einbilden/ daß
er das gantze Scriptum nicht durffte ablesen; sol-
ches mochte ihm mit des Lutheri scriptis auch
begegnet seyn/ welche doch dermassen gethan
und gestalt seyn/ daß sie nicht obiter tantum vel
ex conspectione
wollen geurtheilet/ sondern
[gan]tz attente gelesen seyn. So kunte nun/ wie
gesaget/ der Herr Philippus seine affecten gegen
den Lutherum auffs fleißigste verdecken/ daß es
niemand wissen oder mercken kunte/ denn/ wie ge-
meldt/ allein seine geheimteste freunde/ M. Mar-
cellus, Vitus Winsheim. & ali[i] pauci;
daß also
dieser handel vivente Luthero vertuschet und in
der aschen blieb verboragen. Und hatte doch
heimlich Philippus diesen wahn/ Lutherus wä-
re so ehrgeitzig und contentiosus, daß er niemand
gerne wolte vergönnen einige occasionem neben
ihm auffzukommen; wie er sich denn solches etli-
chemal gegen Michael Meienburg Burgemei-
ster zu Northausen und andere seine vertraute
freunde hat hören lassen. Ob nun wol Philippus
solche gedancken ihm alzu fest eingebildet/ welche
denn seine assentatores ihm nicht ausredeten/ son-
dern mehr erregen helffen; so war doch in der
wahrheit diß keines weges des Lutherus mei-
nung; denn er den Philippum fürwar aus
grund seines hertzens lieb hatte/ und den Studio-
sis
in höchsten ehren zu halten treulich und ernst-
lich befahl. Fast um dieselbe zeit kam auch M.
Johannes Agricola
von Eißleben gen Witten-
berg mit weib und kind/ suchete freundschaft bey
der Universität und Doctor Luthern als seinem
landesmann/ welcher ihn auch mit seinem weib
und kindern in [e]ine behausung freundlich auff-
nahm/ und unterhielte mit kost und nahrung
eine gute zeit/ biß er nach seiner gelegenheit eine
gute geraume behausung für sich und seine fami-
liam in aedibus socrus Philippi
bekam/ gegen der
pfarrkirchen über. Diesen Agricolam stach der
ehrgeitz wegen seines übrigen witzes/ daß er auch
gerne neben dem Luthero und Philippo etwas
sonderliches wäre gewesen/ und weil er noch in
des Lutheri brod und wohnung war/ spargiret
er heimlich unter etliche Studiosos errorem An-
tinomicum,
und gab für/ daß das gesetze simpli-
citer
nicht in die kirche/ sondern auff das rath-
hauß/ und dem nachrichter zugehöre.

Diesen errorem hatte er zwar längst zuvor
zu Eißleben concipirt/ weil aber dasselbe eine
bergstadt/ und bey den geringen leuten seine
opinio nicht cum tanto applausu vel admirati-
one
konte gezieret und angenommen werden/ als

auff

Th. IV. Sect. II. Num. I. Von haͤndeln/ ſo in Sachſen der Religion halben
[Spaltenumbruch] nach nicht alleine Bucerus und andere Ober-
laͤndiſche Theologi viel ſchreiben zum Philippo
gen Wittenberg; es ließ ſonſt auch Philippus
viel heimliche ſchrifften an die kirchen-diener zu
Zuͤrch ausgehē/ um welche D. Luther gar nichts
wuſte/ alſo daß ſich Philippꝰ gegē ſeine geheim-
teſte freunde uñ diſcipulos vermercken lieſſe/ daß
ers im artickul de cœna domini nicht aller dinge
und durch aus mit Luthero hielt. Doch ließ er
ſeinen affect dermaſſen in geheim und verborgen
bleiben/ damit ſolches dem Luther nicht kund
gethan wuͤrde; aber gleichwol lieſſen ſich
die Tigurini, als nemlich Conradus Pellica-
nus, Theodorus Bibliand
er/ Leo Judæ, Hen-
ricus Bullingerus,
alleſamt einhellig verneh-
men/ daß ſie in allen ſachen dem Herꝛn Philippo
koͤnten ſubſcribiren/ und nicht dem Luthero.
Ob aber Lutherus des Philippi conſenſum
und verſtaͤndniß mit dem Tigurinis gruͤndlich
erfahren habe oder nicht/ kan man nicht eigent-
lich wiſſen; aber ſo viel D. Joachim Mœrlin
von dieſen haͤndeln weiß/ berichtet er/ daß
Lutherus geſagt ſoll haben/ er wolte gerne wuͤn-
ſchen/ daß Philippus in dieſen puncten nichts
im maul verborgens bey ſich behielte/ und ſeine
meinung deutlich und klar heraus ſagte. Ob
nun wol Lutherus Philippum ſehr hoch und
lieb hielt/ jedoch iſt es gewißlich wahr/ daß Phi-
lippus
allewege Lutherum in den gedancken
ihm ſelbſt einbildete/ als wolle es Lutherus gantz
und gar alleine ſeyn/ und wolte ihm dem Philip-
po
nicht gerne zulaſſen occaſionem emergendi
vel inclareſcendi.
Ließ aber dieſen ſeinen affect
mit dem wenigſten nicht mercken. Darzu ob
gleich Herꝛ Philippus in Teutſchland omnium
doctiſſimus & officioſiſſimus,
weil er gerne je-
deꝛmann mit rath und that dienete/ jedoch wenn
er etwas vel publicè vel privatim tractirte/
daran noch jemands wolte entweder dubitiren/
oder nicht von ſtund an pro authentico hat an-
genommen/ uͤber denſelben ward Philippus von
ſtund an unluſtig/ und derwegen/ wo er jemand
zu examiniren odeꝛ einzureden hatte/ neñet er ihn
von ſtund an einen bonum cuculum vel aſinum
nihil intelligentem:
War er aber eine anſehn-
liche perſon/ der etwan einen zweiffel/ wie ob-
gemeldet/ haͤtte gehabt/ ſo ließ er ſolchen un-
muth bleiben/ und ſich deſſelben im wenigſten
gegen ſolchen menſchen nicht mercken/ doch
zeigete er ſolchen ſeinen heimlichen affect ſeinen
geheimteſten freunden/ die taͤglich mit ihm um-
gingen/ als da waren Vitus Winshemius,
Marcellus, Jacobus Milichius, & pauci alii.

und erzeigte doch nichts deſtoweniger demjeni-
gen/ uͤber welchen er ein heimliches mißfallen
hatte/ omnia genera officiorum. So begab
ſich nun faſt um dieſelbe zeit auch/ daß M. Georg
Aemilius
als ein privatus diſcipulus Philippi
etlicher puncten halber in ſacramento cœnæ do-
minicæ
ihn den Præceptorem fragte/ darinne
er ſententiæ Lutheri zu wieder war/ was hierin-
nen zu halten waͤre? hierauff antwortete ihm
Philippus, Lutherus haͤtte nimis craſsè von
der ſache geſchrieben; Da meinſtu/ ſaget
er/ daß ſich CHriſtus mit zaͤhnen zerreiſſen/ und
durch den leib wieder wird ausgeben laſſen.

Da nun gedachter Aemyl[i]us hierauf anhielt/
daß er ad eximendam omnem dubitationem
ex animis poſterorum
ſich bittlich dieſes puncts
halber mit dem Luthero unterreden und verglei-
[Spaltenumbruch] chen ſolte/ weil ſie noch beyde beym leben und
geſund/ darzu im hoͤchſten anſehen bey maͤñig-
lichen waͤren; ja ſagte Philippus, ihre Hartzlaͤ[n]-
der (denn Aemylius ware Lutheri landes-
mann und gefreunder/ von Mannsfeldt buͤrtig)
habet ſo groſſe ſtarꝛkoͤpffe/ daß ihr niemand ne-
ben euch wolt gelten laſſen. Hieꝛaus etlicher maſ-
ſen zu vermuthen/ daß Philippus vielleicht die
Scripta Lutheri nicht alle durchaus in negotio
cœnæ Dominicæ
mag durchleſen haben/ da Lu-
therus
neben der Papiſtiſchen transſubſtantia-
tion,
die Capernaitiſche manducation (welche
die Zwinglianer dem Luthero ſchuld geben)
ſimpliciter verwirfft.

Denn nachdem Philippus acutiſſimi ac per-
ſpicaciſſimi judicii
war/ daß wenn er nur obi-
ter
etliche wenig blaͤtter eines jeden buchs durch-
ſahe/ kunte er in dem wenigen anſehen bald des
gantzen buches in halt faſſen und einbilden/ daß
er das gantze Scriptum nicht durffte ableſen; ſol-
ches mochte ihm mit des Lutheri ſcriptis auch
begegnet ſeyn/ welche doch dermaſſen gethan
und geſtalt ſeyn/ daß ſie nicht obiter tantum vel
ex conſpectione
wollen geurtheilet/ ſondern
[gan]tz attentè geleſen ſeyn. So kunte nun/ wie
geſaget/ der Herꝛ Philippus ſeine affecten gegen
den Lutherum auffs fleißigſte verdecken/ daß es
niemand wiſſen oder mercken kunte/ deñ/ wie ge-
meldt/ allein ſeine geheimteſtē freunde/ M. Mar-
cellus, Vitus Winsheim. & ali[i] pauci;
daß alſo
dieſer handel vivente Luthero vertuſchet und in
der aſchen blieb verboragen. Und hatte doch
heimlich Philippus dieſen wahn/ Lutherus waͤ-
re ſo ehrgeitzig uñ contentioſus, daß er niemand
gerne wolte vergoͤnnen einige occaſionem neben
ihm auffzukommen; wie er ſich denn ſolches etli-
chemal gegen Michael Meienburg Burgemei-
ſter zu Northauſen und andere ſeine vertraute
freunde hat hoͤren laſſen. Ob nun wol Philippus
ſolche gedancken ihm alzu feſt eingebildet/ welche
deñ ſeine aſſentatores ihm nicht ausredeten/ ſon-
dern mehr erregen helffen; ſo war doch in der
wahrheit diß keines weges des Lutherus mei-
nung; denn er den Philippum fuͤrwar aus
grund ſeines hertzens lieb hatte/ und den Studio-
ſis
in hoͤchſten ehren zu halten treulich und ernſt-
lich befahl. Faſt um dieſelbe zeit kam auch M.
Johannes Agricola
von Eißleben gen Witten-
berg mit weib und kind/ ſuchete freundſchaft bey
der Univerſitaͤt und Doctor Luthern als ſeinem
landesmann/ welcher ihn auch mit ſeinem weib
und kindern in [e]ine behauſung freundlich auff-
nahm/ und unterhielte mit koſt und nahrung
eine gute zeit/ biß er nach ſeiner gelegenheit eine
gute geraume behauſung fuͤr ſich und ſeine fami-
liam in ædibus ſocrus Philippi
bekam/ gegen der
pfarꝛkirchen uͤber. Dieſen Agricolam ſtach der
ehrgeitz wegen ſeines uͤbrigen witzes/ daß er auch
gerne neben dem Luthero und Philippo etwas
ſonderliches waͤre geweſen/ und weil er noch in
des Lutheri brod und wohnung war/ ſpargiret
er heimlich unter etliche Studioſos errorem An-
tinomicum,
und gab fuͤr/ daß das geſetze ſimpli-
citer
nicht in die kirche/ ſondern auff das rath-
hauß/ und dem nachrichter zugehoͤre.

Dieſen errorem hatte er zwar laͤngſt zuvor
zu Eißleben concipirt/ weil aber daſſelbe eine
bergſtadt/ und bey den geringen leuten ſeine
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one
konte gezieret und angenommen werden/ als

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[84/0380] Th. IV. Sect. II. Num. I. Von haͤndeln/ ſo in Sachſen der Religion halben nach nicht alleine Bucerus und andere Ober- laͤndiſche Theologi viel ſchreiben zum Philippo gen Wittenberg; es ließ ſonſt auch Philippus viel heimliche ſchrifften an die kirchen-diener zu Zuͤrch ausgehē/ um welche D. Luther gar nichts wuſte/ alſo daß ſich Philippꝰ gegē ſeine geheim- teſte freunde uñ diſcipulos vermercken lieſſe/ daß ers im artickul de cœna domini nicht aller dinge und durch aus mit Luthero hielt. Doch ließ er ſeinen affect dermaſſen in geheim und verborgen bleiben/ damit ſolches dem Luther nicht kund gethan wuͤrde; aber gleichwol lieſſen ſich die Tigurini, als nemlich Conradus Pellica- nus, Theodorus Bibliander/ Leo Judæ, Hen- ricus Bullingerus, alleſamt einhellig verneh- men/ daß ſie in allen ſachen dem Herꝛn Philippo koͤnten ſubſcribiren/ und nicht dem Luthero. Ob aber Lutherus des Philippi conſenſum und verſtaͤndniß mit dem Tigurinis gruͤndlich erfahren habe oder nicht/ kan man nicht eigent- lich wiſſen; aber ſo viel D. Joachim Mœrlin von dieſen haͤndeln weiß/ berichtet er/ daß Lutherus geſagt ſoll haben/ er wolte gerne wuͤn- ſchen/ daß Philippus in dieſen puncten nichts im maul verborgens bey ſich behielte/ und ſeine meinung deutlich und klar heraus ſagte. Ob nun wol Lutherus Philippum ſehr hoch und lieb hielt/ jedoch iſt es gewißlich wahr/ daß Phi- lippus allewege Lutherum in den gedancken ihm ſelbſt einbildete/ als wolle es Lutherus gantz und gar alleine ſeyn/ und wolte ihm dem Philip- po nicht gerne zulaſſen occaſionem emergendi vel inclareſcendi. Ließ aber dieſen ſeinen affect mit dem wenigſten nicht mercken. Darzu ob gleich Herꝛ Philippus in Teutſchland omnium doctiſſimus & officioſiſſimus, weil er gerne je- deꝛmann mit rath und that dienete/ jedoch wenn er etwas vel publicè vel privatim tractirte/ daran noch jemands wolte entweder dubitiren/ oder nicht von ſtund an pro authentico hat an- genommen/ uͤber denſelben ward Philippus von ſtund an unluſtig/ und derwegen/ wo er jemand zu examiniren odeꝛ einzureden hatte/ neñet er ihn von ſtund an einen bonum cuculum vel aſinum nihil intelligentem: War er aber eine anſehn- liche perſon/ der etwan einen zweiffel/ wie ob- gemeldet/ haͤtte gehabt/ ſo ließ er ſolchen un- muth bleiben/ und ſich deſſelben im wenigſten gegen ſolchen menſchen nicht mercken/ doch zeigete er ſolchen ſeinen heimlichen affect ſeinen geheimteſten freunden/ die taͤglich mit ihm um- gingen/ als da waren Vitus Winshemius, Marcellus, Jacobus Milichius, & pauci alii. und erzeigte doch nichts deſtoweniger demjeni- gen/ uͤber welchen er ein heimliches mißfallen hatte/ omnia genera officiorum. So begab ſich nun faſt um dieſelbe zeit auch/ daß M. Georg Aemilius als ein privatus diſcipulus Philippi etlicher puncten halber in ſacramento cœnæ do- minicæ ihn den Præceptorem fragte/ darinne er ſententiæ Lutheri zu wieder war/ was hierin- nen zu halten waͤre? hierauff antwortete ihm Philippus, Lutherus haͤtte nimis craſsè von der ſache geſchrieben; Da meinſtu/ ſaget er/ daß ſich CHriſtus mit zaͤhnen zerreiſſen/ und durch den leib wieder wird ausgeben laſſen. Da nun gedachter Aemylius hierauf anhielt/ daß er ad eximendam omnem dubitationem ex animis poſterorum ſich bittlich dieſes puncts halber mit dem Luthero unterreden und verglei- chen ſolte/ weil ſie noch beyde beym leben und geſund/ darzu im hoͤchſten anſehen bey maͤñig- lichen waͤren; ja ſagte Philippus, ihre Hartzlaͤn- der (denn Aemylius ware Lutheri landes- mann und gefreunder/ von Mannsfeldt buͤrtig) habet ſo groſſe ſtarꝛkoͤpffe/ daß ihr niemand ne- ben euch wolt gelten laſſen. Hieꝛaus etlicher maſ- ſen zu vermuthen/ daß Philippus vielleicht die Scripta Lutheri nicht alle durchaus in negotio cœnæ Dominicæ mag durchleſen haben/ da Lu- therus neben der Papiſtiſchen transſubſtantia- tion, die Capernaitiſche manducation (welche die Zwinglianer dem Luthero ſchuld geben) ſimpliciter verwirfft. Denn nachdem Philippus acutiſſimi ac per- ſpicaciſſimi judicii war/ daß wenn er nur obi- ter etliche wenig blaͤtter eines jeden buchs durch- ſahe/ kunte er in dem wenigen anſehen bald des gantzen buches in halt faſſen und einbilden/ daß er das gantze Scriptum nicht durffte ableſen; ſol- ches mochte ihm mit des Lutheri ſcriptis auch begegnet ſeyn/ welche doch dermaſſen gethan und geſtalt ſeyn/ daß ſie nicht obiter tantum vel ex conſpectione wollen geurtheilet/ ſondern gantz attentè geleſen ſeyn. So kunte nun/ wie geſaget/ der Herꝛ Philippus ſeine affecten gegen den Lutherum auffs fleißigſte verdecken/ daß es niemand wiſſen oder mercken kunte/ deñ/ wie ge- meldt/ allein ſeine geheimteſtē freunde/ M. Mar- cellus, Vitus Winsheim. & alii pauci; daß alſo dieſer handel vivente Luthero vertuſchet und in der aſchen blieb verboragen. Und hatte doch heimlich Philippus dieſen wahn/ Lutherus waͤ- re ſo ehrgeitzig uñ contentioſus, daß er niemand gerne wolte vergoͤnnen einige occaſionem neben ihm auffzukommen; wie er ſich denn ſolches etli- chemal gegen Michael Meienburg Burgemei- ſter zu Northauſen und andere ſeine vertraute freunde hat hoͤren laſſen. Ob nun wol Philippus ſolche gedancken ihm alzu feſt eingebildet/ welche deñ ſeine aſſentatores ihm nicht ausredeten/ ſon- dern mehr erregen helffen; ſo war doch in der wahrheit diß keines weges des Lutherus mei- nung; denn er den Philippum fuͤrwar aus grund ſeines hertzens lieb hatte/ und den Studio- ſis in hoͤchſten ehren zu halten treulich und ernſt- lich befahl. Faſt um dieſelbe zeit kam auch M. Johannes Agricola von Eißleben gen Witten- berg mit weib und kind/ ſuchete freundſchaft bey der Univerſitaͤt und Doctor Luthern als ſeinem landesmann/ welcher ihn auch mit ſeinem weib und kindern in eine behauſung freundlich auff- nahm/ und unterhielte mit koſt und nahrung eine gute zeit/ biß er nach ſeiner gelegenheit eine gute geraume behauſung fuͤr ſich und ſeine fami- liam in ædibus ſocrus Philippi bekam/ gegen der pfarꝛkirchen uͤber. Dieſen Agricolam ſtach der ehrgeitz wegen ſeines uͤbrigen witzes/ daß er auch gerne neben dem Luthero und Philippo etwas ſonderliches waͤre geweſen/ und weil er noch in des Lutheri brod und wohnung war/ ſpargiret er heimlich unter etliche Studioſos errorem An- tinomicum, und gab fuͤr/ daß das geſetze ſimpli- citer nicht in die kirche/ ſondern auff das rath- hauß/ und dem nachrichter zugehoͤre. Dieſen errorem hatte er zwar laͤngſt zuvor zu Eißleben concipirt/ weil aber daſſelbe eine bergſtadt/ und bey den geringen leuten ſeine opinio nicht cum tanto applauſu vel admirati- one konte gezieret und angenommen werden/ als auff

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Zitationshilfe: Arnold, Gottfried: Unpartheyische Kirchen- und Ketzer-Historie. Bd. 2 (T. 3/4). Frankfurt (Main), 1700, S. 84. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnold_ketzerhistorie02_1700/380>, abgerufen am 12.05.2024.