Arnold, Gottfried: Unpartheyische Kirchen- und Ketzer-Historie. Bd. 2 (T. 3/4). Frankfurt (Main), 1700.von denen ketzer-geschichten. [Spaltenumbruch]
Päbstlichen Decreten und der väter schrifften/die alle aus menschen sind vorkommen und al- lesamt in vielen stücken fehlen/ auch dabey so gantz unerfahren in den Göttlichen schrifften/ so aus dem geist GOttes herkommen/ der wahr- hafftig ist in allen stücken und nirgends fehlen mag/ daß ihm noch verborgen war der inhalt des buches Hiobs/ da GOtt auch zuweilen die al- lerheiligsten menschen wol straffet mit der pro- be des allerschwersten äusserlichen spotts: Hin- gegen aber aus den andern Göttlichen büchern (dergleichen nur aus 73. Ps. allein) daß es den gottlosen je zuweilen so wol gehet/ daß sich die heiligen Gottes sehr darüber grämen? Solches gehörte wol ins Alte Testament/ welches doch hier auff erden den auffrichtigen alle seligkeit verspricht/ aber den gottlosen alle schand und spott drohet; Dargegen in dem Neuen Testa- ment den glaubigen nichts als widerwärtigkeit und der gottlosen eigenwille und wollust in die- ser welt vorher gesagt ist. (2. Tim. III. 12. Luc. XXIV. 28. Apost. gesch. XIV. 22. 1. Petr. IV. 14. 17. &c.) Solte nun ein Schrifftgelehrter sol- ches als einen starcken beweißthum herfürbrin- gen: Uber den und den Fürsten/ diß oder das Land ist eine zeitliche widerwärtigkeit kommen/ dar- aus ist offenbahr/ daß dieser oder der Fürst ir- gend inne gar gröblich gegen GOtt gesündiget habe/ weil er ihn oder das land hefftig darum straffet. Mit sodanigen ungewissen beweiß- thümern und noch dazu von ungewissen bege- benheiten meinet dieser Schrifftgelehrte zu be- weisen/ daß GOtt hier|allezeit mit zeitlichen plagen den Fürsten und das land straffe/ bey welchem unterschiedliche religionen zugelassen werden. Jn welchen betrieglichen beweißthü- mern erauch zu einem mitgenossen hat J. Lipsi- am, welcher auch den Fürsten und ländern/ die mehr denn eine religion zulassen/ mit der feind- schafft GOTTes drohet. Aber denjenigen/ welche die väterliche satzungen/ die alten ge- bräuche und menschliche erfindungen allein in allen stücken erhalten und nach des landes reli- gion den Göttern dienen und sie ehren/ der Göt- ter gunst und auch die vermehrung des Reichs und der länder wolfahrt verspricht. Wer diese gelehrte männer nicht (wie er- Num. XXI. Was endlich das Käyserliche Cammer- Mandatum Cassatorium & inhibitorium Wir Leopold/ von GOttes gnaden erwehl- entbieten denen ehrsamen/ unsern und des Ehrsame/ liebe getreue. Unserm Käyserl. bestrebet E 3
von denen ketzer-geſchichten. [Spaltenumbruch]
Paͤbſtlichen Decreten und der vaͤter ſchrifften/die alle aus menſchen ſind vorkommen und al- leſamt in vielen ſtuͤcken fehlen/ auch dabey ſo gantz unerfahren in den Goͤttlichen ſchrifften/ ſo aus dem geiſt GOttes herkommen/ der wahr- hafftig iſt in allen ſtuͤcken und nirgends fehlen mag/ daß ihm noch verborgen war der inhalt des buches Hiobs/ da GOtt auch zuweilen die al- lerheiligſten menſchen wol ſtraffet mit der pro- be des allerſchwerſten aͤuſſerlichen ſpotts: Hin- gegen aber aus den andern Goͤttlichen buͤchern (dergleichen nur aus 73. Pſ. allein) daß es den gottloſen je zuweilen ſo wol gehet/ daß ſich die heiligen Gottes ſehr daruͤber graͤmen? Solches gehoͤrte wol ins Alte Teſtament/ welches doch hier auff erden den auffrichtigen alle ſeligkeit verſpricht/ aber den gottloſen alle ſchand und ſpott drohet; Dargegen in dem Neuen Teſta- ment den glaubigen nichts als widerwaͤrtigkeit und der gottloſen eigenwille und wolluſt in die- ſer welt vorher geſagt iſt. (2. Tim. III. 12. Luc. XXIV. 28. Apoſt. geſch. XIV. 22. 1. Petr. IV. 14. 17. &c.) Solte nun ein Schrifftgelehrter ſol- ches als einen ſtarcken beweißthum herfuͤrbrin- gen: Uber den und den Fuͤrſten/ diß oder das Land iſt eine zeitliche widerwaͤrtigkeit kommen/ dar- aus iſt offenbahr/ daß dieſer oder der Fuͤrſt ir- gend inne gar groͤblich gegen GOtt geſuͤndiget habe/ weil er ihn oder das land hefftig darum ſtraffet. Mit ſodanigen ungewiſſen beweiß- thuͤmern und noch dazu von ungewiſſen bege- benheiten meinet dieſer Schrifftgelehrte zu be- weiſen/ daß GOtt hier|allezeit mit zeitlichen plagen den Fuͤrſten und das land ſtraffe/ bey welchem unterſchiedliche religionen zugelaſſen werden. Jn welchen betrieglichen beweißthuͤ- mern erauch zu einem mitgenoſſen hat J. Lipſi- am, welcher auch den Fuͤrſten und laͤndern/ die mehr denn eine religion zulaſſen/ mit der feind- ſchafft GOTTes drohet. Aber denjenigen/ welche die vaͤterliche ſatzungen/ die alten ge- braͤuche und menſchliche erfindungen allein in allen ſtuͤcken erhalten und nach des landes reli- gion den Goͤttern dienen und ſie ehren/ der Goͤt- ter gunſt und auch die vermehrung des Reichs und der laͤnder wolfahrt verſpricht. Wer dieſe gelehrte maͤnner nicht (wie er- Num. XXI. Was endlich das Kaͤyſerliche Cammer- Mandatum Caſſatorium & inhibitorium Wir Leopold/ von GOttes gnaden erwehl- entbieten denen ehrſamen/ unſern und des Ehrſame/ liebe getreue. Unſerm Kaͤyſerl. beſtrebet E 3
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von denen ketzer-geſchichten.
Paͤbſtlichen Decreten und der vaͤter ſchrifften/
die alle aus menſchen ſind vorkommen und al-
leſamt in vielen ſtuͤcken fehlen/ auch dabey ſo
gantz unerfahren in den Goͤttlichen ſchrifften/ ſo
aus dem geiſt GOttes herkommen/ der wahr-
hafftig iſt in allen ſtuͤcken und nirgends fehlen
mag/ daß ihm noch verborgen war der inhalt des
buches Hiobs/ da GOtt auch zuweilen die al-
lerheiligſten menſchen wol ſtraffet mit der pro-
be des allerſchwerſten aͤuſſerlichen ſpotts: Hin-
gegen aber aus den andern Goͤttlichen buͤchern
(dergleichen nur aus 73. Pſ. allein) daß es den
gottloſen je zuweilen ſo wol gehet/ daß ſich die
heiligen Gottes ſehr daruͤber graͤmen? Solches
gehoͤrte wol ins Alte Teſtament/ welches doch
hier auff erden den auffrichtigen alle ſeligkeit
verſpricht/ aber den gottloſen alle ſchand und
ſpott drohet; Dargegen in dem Neuen Teſta-
ment den glaubigen nichts als widerwaͤrtigkeit
und der gottloſen eigenwille und wolluſt in die-
ſer welt vorher geſagt iſt. (2. Tim. III. 12. Luc.
XXIV. 28. Apoſt. geſch. XIV. 22. 1. Petr. IV.
14. 17. &c.) Solte nun ein Schrifftgelehrter ſol-
ches als einen ſtarcken beweißthum herfuͤrbrin-
gen: Uber den und den Fuͤrſten/ diß oder das Land
iſt eine zeitliche widerwaͤrtigkeit kommen/ dar-
aus iſt offenbahr/ daß dieſer oder der Fuͤrſt ir-
gend inne gar groͤblich gegen GOtt geſuͤndiget
habe/ weil er ihn oder das land hefftig darum
ſtraffet. Mit ſodanigen ungewiſſen beweiß-
thuͤmern und noch dazu von ungewiſſen bege-
benheiten meinet dieſer Schrifftgelehrte zu be-
weiſen/ daß GOtt hier|allezeit mit zeitlichen
plagen den Fuͤrſten und das land ſtraffe/ bey
welchem unterſchiedliche religionen zugelaſſen
werden. Jn welchen betrieglichen beweißthuͤ-
mern erauch zu einem mitgenoſſen hat J. Lipſi-
am, welcher auch den Fuͤrſten und laͤndern/ die
mehr denn eine religion zulaſſen/ mit der feind-
ſchafft GOTTes drohet. Aber denjenigen/
welche die vaͤterliche ſatzungen/ die alten ge-
braͤuche und menſchliche erfindungen allein in
allen ſtuͤcken erhalten und nach des landes reli-
gion den Goͤttern dienen und ſie ehren/ der Goͤt-
ter gunſt und auch die vermehrung des Reichs
und der laͤnder wolfahrt verſpricht.
Wer dieſe gelehrte maͤnner nicht (wie er-
wieſen iſt) nach CHriſti gebott (das man von
dieſen vorbeſchriebenen zulaſſungen nicht fin-
det) ſondern nach der erfahrung anſaͤhe/ ſolte
wol feſt dafuͤrhalten/ daß es auffs allerſtaͤrckſte
wider ihr vortheil ſtreiten und ihren wahn zu
ſchanden machen ſolte. Wenn ich denn mit
wahrheit/ aus wahren begebenheiten unſerer/
nicht der fabulöſen alten zeiten/ auch alſo ſagen
moͤchte: Alle Fuͤrſten und laͤnder/ die nicht wol-
len die freyheiten der religionen zulaſſen/ ſon-
dern mit gewalt trotzen die alte lands-religion
zuerhalten/ die werden ſelbſt in ihrer perſon ge-
ſtrafft/ und uͤber diß auch ihre laͤnder mit greu-
licher verderbniß; das erhellet an Kaͤyſer Caro-
lo, der mit beraubung ſeiner ſinnen; an Hen-
rico der Frantzoſen Koͤnige und an den 2. Koͤ-
nigen/ ſeinen ſoͤhnen/ welche alle 3. mit einem
boͤſen und ſchnellen tod von GOtt ſind geſtrafft
worden/ wie auch die Niederlande und Franck-
reich mit jaͤm̃erlichem und gruͤndlichem verder-
ben. Jngleichen die Fuͤrſten und laͤnder/ die
aus einem Paͤbſtlichen eiffer auſſer und wider
CHriſti befehl nichts mehr zulaſſen wolten/
denn die Paͤbſtliche oder menſchliche landes
angenommene und alte wahn-religion/ und da-
gegen die wahre religion mit hoͤchſter gewalt
durch brennen und abſchneiden/ mit morden
und wuͤrgen unſchuldig blut einer unzehlichen
menge unterthanē vergieſſende/ haben dadurch
beſchleuniget/ daß es mit ihnen aus iſt.
Num. XXI.
Was endlich das Kaͤyſerliche Cammer-
gerichte ſelbſt nebenſt vielen andern verſtaͤndi-
gen Regenten von dem gewoͤhnlichen verketzern
und verfolgen der Cleriſey wider gute leute ur-
theile/ iſt auch aus einem unlaͤngſt gegebenen
Mandato zu erſehen/ ſo zu Franckfurt am Maͤyn
in druck kommen/ und von wort zu wort alſo
lautet:
Mandatum Caſſatorium & inhibitorium
tranſgreſſionum tolerantiæ & juris Auguſtanæ
Confeſſioni dati, ſimulac Reſtitutorium & ad
ſacram cœnam admiſſorium ſine clauſula. Jn
ſachen Lorentz Sebolds/ contra Caͤmmerer
und Rath der ſtadt Regenſpurg & Conſorten.
Wir Leopold/ von GOttes gnaden erwehl-
ter Roͤmiſcher Kaͤyſer/ zu allen zeiten Mehrer
des Reichs/ in Germanien/ zu Hungarn/
Boͤheimb/ Dalmatien/ Croatien/ und
Sclavonien Koͤnig/ Ertz-Hertzog zu Oeſter-
reich/ Hertzog zu Burgund/ Steyer/ Kaͤrnd-
ten/ Crain/ und Wuͤrtenberg/ Graff zu Hab-
ſpurg/ Tyrol und Goͤrtz ꝛc. ꝛc.
entbieten denen ehrſamen/ unſern und des
Reichs lieben getreuen N. N. Caͤmmerern und
Rath der ſtadt Regenſpurg/ desgleichen N. N.
Grafen und Aſſeſſorn des hanße-gerichts/ wie
auch Magiſtro Johann Georg Wonnæ, Super-
intendenten/ und N. N. geſamten Miniſteria-
len Auguſtanæ Confeſſionis, nicht weniger N.
N. meiſtern des Nadlerhandwercks daſelbſten/
ſo dann Hans Georg Puchlern/ Burgern und
Nadlern zu Franckfurt/ unſer gnad und alles
guts.
Ehrſame/ liebe getreue. Unſerm Kaͤyſerl.
Cam̃er-gerichte hat unſer und des Reichs auch
lieber getreuer Lorentz Sebold/ Burger und na-
delmeiſter bey euch unterthaͤnigſt ſupplicirend
vorgebracht: Ob er wol in euer ſtadt unter euch
Caͤmmerern und Rath als ſeiner lieben Obrig-
keit/ von Chriſtlichen eltern Augſpurgiſcher
Confeſſion, die ſich allda auffgehalten haͤtten/
ehelichen ſey geboren/ und von jugend auff im
Catechiſmo dieſer Confeſſion unterwieſen wor-
den/ nach deſſen inhalt er jederzeit mit mund
und hertzen ſich zu ſolcher kirchen bekennet habe/
und noch bekenne/ auch biß an ſeinen tod da-
bey zu verharren gedencke/ derowegen krafft in
conſtitutionibꝰ & ſanctionibus Imperii noſtri
pragmaticis, inque perpetuum valituris befe-
ſtigter religions-freyheit/ ſo lang er dergeſtalt
bekennet/ von einem ſolchen ort/ welcher der
Augſpurgiſchen Confeſſion zugethan/ des
glaubens halben nicht koͤnnen noch ſollen aus-
gewieſen werden/ um ſo viel weniger/ weil/ oh-
ne eintzigen ruhm zu melden/ er auch in aͤuſſerli-
chen und buͤrgerlichen ſachen gegen euch die O-
brigkeit und ſonſt maͤnniglichen gebuͤhrend ſich
verhalten/ die ſchuldigkeit allerſeits abgeſtattet/
und niemand ſchaͤd-oder aͤꝛgeꝛlich zuſeyn ſich be-
fliſſen/ alſo ſeiner glaubens-bekaͤntniß in gutem
wandel und wercken nachzuleben ſich moͤglichſt
beſtrebet
E 3
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Zitationshilfe: | Arnold, Gottfried: Unpartheyische Kirchen- und Ketzer-Historie. Bd. 2 (T. 3/4). Frankfurt (Main), 1700, S. 37. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnold_ketzerhistorie02_1700/333>, abgerufen am 16.07.2024. |