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Arnold, Gottfried: Unpartheyische Kirchen- und Ketzer-Historie. Bd. 2 (T. 3/4). Frankfurt (Main), 1700.

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und Laurentio Andreae Ulstadio.
[Spaltenumbruch] Jahr
MDC.
biß
MDCC.
wol versorget. Wäre er unter den händen an-
derer verkehrten eifferer gewesen/ solte wohl
nach der gewohnheit der blutdürstigen Cleri-
sey keine marter zu groß vor ihn gewesen
seyn. Endlich ist er anno 1691. gäntzlich auf
freyen fuß gestellet/ hat sein landgut in Hol-
land verkaufft/ und ist mit seiner Familie nach
Friederichs-Stadt in Hollstein-Gottorff ge-
zogen/ allwo er noch am leben seyn soll. Er
mag auch ohne zweiffel den allzuhefftigen aus-
bruch und die unterlassung der nötigen sanfft-
muth und anderer guten eigenschafften ernstlich
erkant haben/ auch von seinen publicirten
weissagungen eine und die andere nähere er-
läuterung an die hand gegeben. Wie-
wol er auch bereits in seinen schrifften selbst
schon etwas hiervon dargelegt/ wie er die ge-
dachte ausrottung der bösen verstünde. Als
da er in dem neuen Himmel und neuen erde p. 28.
Seine er-
klärung
und be-
dingung.
ausdrücklich geschrieben: Es ist eine grosse
schwachheit/ durch menschliche macht
und waffen das reich GOttes befördern
wollen/ und also das reich CHristi fort-
pflantzen. Das werck GOttes ist aus
einem geistlichen grunde/ und also auch
sein fortgang und beschluß. Die hohei-
ten der erden müssen durch die hoheiten
der himmel überwunden werden. Die
zeitlichen dinge sind dem ewigen unter-
worffen/ und die irrdischen dem himm-
lischen; die zeit/ worinne wir leben/ thut
uns grosse verheissung von einer kräffti-
gen hand GOttes vor sein werck/ und
man hat keine zeitliche noch irrdische
hülffe nöthig/ die GOttlosigkeiten und
den frevel der erden zu zerbrechen. Der
HErr/ der alles zermalmet/ hat es durch
sich selbst/ und sein armhat keines men-
schen macht oder armvon nöthen. Wenn
der HErr alles thut durch eine wunder-
bare starcke hand/ so hat der mensch
ruhe in GOtt.

Streit
wider die
Labadi-
ßen/

8. Es ist auch hier noch mit wenigen zuge-
dencken/ daß dieser mann auch anno 1674. mit
denen Labadisten in streit gerathen/ als derselbe
wider ihren kurtzen unterricht von ihrem zustand
und lebens-art eine schrifft publicirt. Jn selbi-
ger hat er zwar erstlich die anstalten der Labadi-
sten in dem Provisional urtheil wegen der
schrifft der
Labadisten/ kurtze unterrich-
tung genant/
p. 3. als schriftmäßig erkant/ wie
auch/ daß sie denen noch ungeübten und schwachen
nützlich und nöthig wären. Alleine da die Labadi-
sten ihre satzungen insgemein/ wie es zu gehen
pfleget/ als höchst nöthig und allgemein angeben
und erin-
nerungen
wider sie.
wollen/ hat er folgendes hiebey erinnert: Die
Aposteln haben vollkommenere gründe
gelegt und regeln gemacht als die lehrer
unter dem gesetz. Jn dieser letzten zeit
aber wird Gott geistlichere gründe und
regeln legen/ als je vor diesem/ in dem er
durch seinen allerheiligsten Geist uns
gründe und regeln legen wird mit weniger
hülffe von menschen/ und ohne solche
gemachte regeln/ so uns etwan diese
oder jene vorgeschrieben. Wir werden sie
aber in unsere hertzen und seelen gegra-
ben finden/ und also ist man ein frey ge-
lassener des HErrn/ und wenn der H.
Geistuns beständig unterrichtet/ so ha-
[Spaltenumbruch] ben wir einen sichern lehrmeister.
UndJahr
MDC.
biß
MDCC.

weiter p. 4. Man könte zwar die praxin
kirchen anzurichten brauchen/ aber kein
so gewisses geformtes wesen noch bande
und menschen-satzungen die seelen zu be-
schweren/ daß die meister über dieselben
herrscheten/ die gemüther und hertzen
der menschen gefangen nähmen/ und sol-
che Joch-Christen machten/ die sie wol-
beladen könten als esel und dienst-
knechte/ und daß man also eine verborge-
ne herrschafft ausübete/ welche die ein-
fältigen menschen leicht eingingen und
andächtig annähmen/ in dem vertrau-
en/ ihre führer
(die Labadistische Lehrer)
würden sie wol und treulich leiten.

9. Diese blindheit ist sehr groß und
schmeckt nach aberglauben und abgöt-
terey/ muß aber entdecket werden/ damit
das gifft nicht weiter krieche. Die zeit
und der lauff des Evangelii lehret uns
klar/ daß die regierung und das reich des
H. Geistes nun in krafft auffgerichtet/
wird/ so daß man wenig lehrmeister ha-
ben soll. -- Weil aber diese
Labadistische
Prediger diesen weg noch nicht gelernet
haben/ so können sie ihn auch andern
nicht recht lehren; und dahero kommts
denn/ daß sie ihre eigene lehre mit der
lehre des H.Geistes vermengen/ und thun
ein unvollkommen werck/ und suchen
mehr sich selbst/ und handeln nicht rein
gnug vor GOtt/ zum schaden ihrer lehr-
linge/ welche grössere schritte in ihrem
Christenthum thun könten in der frey-
heit/ wenn sie vollkommenere meister
hätten/ die selbst unmittelbar von GOtt
gelehret wären/ und deren unterrich-
tung nicht mit so viel menschen-satzun-
gen vermenget/ und derer regel und re-
gierung nicht mit so grossem
interesse be-
flecket wäre. Der H. Geist lehret die
freyheit in GOtt. Wir müssen Könige
und Priester GOttes werden/ und selbst
lehren/ predigen und regieren/ und ei-
nen hirten und führ er in uns haben/ nem-
lich den H. Geist den wahren hirten der
seelen/ wobey diese zwey Prediger mied-
linge sind/ und wäre zu wünschen/ daß
sie nicht gar betrüger erfunden würden.
Wozu sollen mir regeln und gesetze nu-
tzen/ als mich zu binden/ da ich doch
frey seyn muß in GOtt/ und allein an
die leitung des H. Geistes des HErrn
JEsu gebunden seyn/ ohne diese gesetze
und regeln. Solteich derführung des Gei-
stes GOttes nicht vertrauen/ und mich
deß wegenan gesetze und regeln binden?

10. Die einige regel ist GOtt lieb ha-
ben; dieses lehret mich der H. Geist be-
ständig in allem meinem handel und
wandel. Hat jemand diese führung und
zeugniß nicht/ der gehöret nicht zum
Reich des H. Geistes/ und sein Christen-
thum ist kindisch/ und von wenig krafft.
Alle solche Christen werden sich sehr
versäumet finden/ wenn der bräutigam
kömmt/ die ihr öhl bey menschen geholet
haben/ und nicht bey dem Geist GOt-
tes.
Noch weiter fähret er fort pag. 6. Wer

siehet
H h 3

und Laurentio Andreæ Ulſtadio.
[Spaltenumbruch] Jahr
MDC.
biß
MDCC.
wol verſorget. Waͤre er unter den haͤnden an-
derer verkehrten eifferer geweſen/ ſolte wohl
nach der gewohnheit der blutduͤrſtigen Cleri-
ſey keine marter zu groß vor ihn geweſen
ſeyn. Endlich iſt er anno 1691. gaͤntzlich auf
freyen fuß geſtellet/ hat ſein landgut in Hol-
land verkaufft/ und iſt mit ſeiner Familie nach
Friederichs-Stadt in Hollſtein-Gottorff ge-
zogen/ allwo er noch am leben ſeyn ſoll. Er
mag auch ohne zweiffel den allzuhefftigen aus-
bruch und die unterlaſſung der noͤtigen ſanfft-
muth und anderer guten eigenſchafften ernſtlich
erkant haben/ auch von ſeinen publicirten
weiſſagungen eine und die andere naͤhere er-
laͤuterung an die hand gegeben. Wie-
wol er auch bereits in ſeinen ſchrifften ſelbſt
ſchon etwas hiervon dargelegt/ wie er die ge-
dachte ausrottung der boͤſen verſtuͤnde. Als
da er in dem neuen Himmel und neuen erde p. 28.
Seine er-
klaͤrung
und be-
dingung.
ausdruͤcklich geſchrieben: Es iſt eine groſſe
ſchwachheit/ durch menſchliche macht
und waffen das reich GOttes befoͤrdern
wollen/ und alſo das reich CHriſti fort-
pflantzen. Das werck GOttes iſt aus
einem geiſtlichen grunde/ und alſo auch
ſein fortgang und beſchluß. Die hohei-
ten der erden muͤſſen durch die hoheiten
der himmel uͤberwunden werden. Die
zeitlichen dinge ſind dem ewigen unter-
worffen/ und die irꝛdiſchen dem himm-
liſchen; die zeit/ worinne wir leben/ thut
uns groſſe verheiſſung von einer kraͤffti-
gen hand GOttes vor ſein werck/ und
man hat keine zeitliche noch irꝛdiſche
huͤlffe noͤthig/ die GOttloſigkeiten und
den frevel der erden zu zerbrechen. Der
HErr/ der alles zermalmet/ hat es durch
ſich ſelbſt/ und ſein armhat keines men-
ſchen macht oder armvon noͤthen. Wenn
der HErꝛ alles thut durch eine wunder-
bare ſtarcke hand/ ſo hat der menſch
ruhe in GOtt.

Streit
wider die
Labadi-
ßen/

8. Es iſt auch hier noch mit wenigen zuge-
dencken/ daß dieſer mann auch anno 1674. mit
denen Labadiſten in ſtreit gerathen/ als derſelbe
wider ihren kuꝛtzen unterricht von ihrem zuſtand
und lebens-art eine ſchrifft publicirt. Jn ſelbi-
ger hat er zwar erſtlich die anſtalten der Labadi-
ſten in dem Proviſional urtheil wegen der
ſchrifft der
Labadiſten/ kurtze unterrich-
tung genant/
p. 3. als ſchriftmaͤßig erkant/ wie
auch/ daß ſie denen noch ungeuͤbten uñ ſchwachẽ
nuͤtzlich und noͤthig waͤrẽ. Alleine da die Labadi-
ſten ihre ſatzungen insgemein/ wie es zu gehen
pfleget/ als hoͤchſt noͤthig und allgemein angebẽ
und erin-
nerungen
wider ſie.
wollen/ hat er folgendes hiebey erinnert: Die
Apoſteln haben vollkommenere gruͤnde
gelegt und regeln gemacht als die lehrer
unter dem geſetz. Jn dieſer letzten zeit
aber wird Gott geiſtlichere gruͤnde und
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durch ſeinen allerheiligſten Geiſt uns
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oder jene vorgeſchrieben. Wiꝛ werden ſie
aber in unſere hertzen und ſeelen gegra-
ben finden/ und alſo iſt man ein frey ge-
laſſener des HErrn/ und wenn der H.
Geiſtuns beſtaͤndig unterrichtet/ ſo ha-
[Spaltenumbruch] ben wir einen ſichern lehrmeiſter.
UndJahr
MDC.
biß
MDCC.

weiter p. 4. Man koͤnte zwar die praxin
kirchen anzurichten brauchen/ aber kein
ſo gewiſſes geformtes weſen noch bande
und menſchen-ſatzungen die ſeelen zu be-
ſchweren/ daß die meiſter uͤber dieſelben
herꝛſcheten/ die gemuͤther und hertzen
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knechte/ und daß man alſo eine veꝛborge-
ne herꝛſchafft ausuͤbete/ welche die ein-
faͤltigen menſchen leicht eingingen und
andaͤchtig annaͤhmen/ in dem vertrau-
en/ ihre fuͤhrer
(die Labadiſtiſche Lehrer)
wuͤrden ſie wol und treulich leiten.

9. Dieſe blindheit iſt ſehr groß und
ſchmeckt nach aberglauben und abgoͤt-
terey/ muß aber entdecket werden/ damit
das gifft nicht weiter krieche. Die zeit
und der lauff des Evangelii lehret uns
klar/ daß die regierung und das reich des
H. Geiſtes nun in krafft auffgerichtet/
wird/ ſo daß man wenig lehrmeiſter ha-
ben ſoll. — Weil aber dieſe
Labadiſtiſche
Prediger dieſen weg noch nicht gelernet
haben/ ſo koͤnnen ſie ihn auch andern
nicht recht lehren; und dahero kommts
denn/ daß ſie ihre eigene lehre mit der
lehre des H.Geiſtes vermengen/ und thun
ein unvollkommen werck/ und ſuchen
mehr ſich ſelbſt/ und handeln nicht rein
gnug vor GOtt/ zum ſchaden ihrer lehr-
linge/ welche groͤſſere ſchritte in ihrem
Chriſtenthum thun koͤnten in der frey-
heit/ wenn ſie vollkommenere meiſter
haͤtten/ die ſelbſt unmittelbar von GOtt
gelehret waͤren/ und deren unterrich-
tung nicht mit ſo viel menſchen-ſatzun-
gen vermenget/ und derer regel und re-
gierung nicht mit ſo groſſem
intereſſe be-
flecket waͤre. Der H. Geiſt lehret die
freyheit in GOtt. Wir muͤſſen Koͤnige
und Prieſter GOttes werden/ und ſelbſt
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nen hirten und fuͤhr er in uns haben/ nem-
lich den H. Geiſt den wahren hirten der
ſeelen/ wobey dieſe zwey Prediger mied-
linge ſind/ und waͤꝛe zu wuͤnſchen/ daß
ſie nicht gar betruͤger erfunden wuͤrden.
Wozu ſollen mir regeln und geſetze nu-
tzen/ als mich zu binden/ da ich doch
frey ſeyn muß in GOtt/ und allein an
die leitung des H. Geiſtes des HErꝛn
JEſu gebunden ſeyn/ ohne dieſe geſetze
uñ regeln. Solteich deꝛfuͤhꝛung des Gei-
ſtes GOttes nicht vertrauen/ und mich
deß wegenan geſetze und regeln binden?

10. Die einige regel iſt GOtt lieb ha-
ben; dieſes lehret mich der H. Geiſt be-
ſtaͤndig in allem meinem handel und
wandel. Hat jemand dieſe fuͤhrung und
zeugniß nicht/ der gehoͤret nicht zum
Reich des H. Geiſtes/ und ſein Chriſten-
thum iſt kindiſch/ und von wenig krafft.
Alle ſolche Chriſten werden ſich ſehr
verſaͤumet finden/ wenn der braͤutigam
koͤmmt/ die ihr oͤhl bey menſchen geholet
haben/ und nicht bey dem Geiſt GOt-
tes.
Noch weiter faͤhret er fort pag. 6. Wer

ſiehet
H h 3
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[245/0257] und Laurentio Andreæ Ulſtadio. wol verſorget. Waͤre er unter den haͤnden an- derer verkehrten eifferer geweſen/ ſolte wohl nach der gewohnheit der blutduͤrſtigen Cleri- ſey keine marter zu groß vor ihn geweſen ſeyn. Endlich iſt er anno 1691. gaͤntzlich auf freyen fuß geſtellet/ hat ſein landgut in Hol- land verkaufft/ und iſt mit ſeiner Familie nach Friederichs-Stadt in Hollſtein-Gottorff ge- zogen/ allwo er noch am leben ſeyn ſoll. Er mag auch ohne zweiffel den allzuhefftigen aus- bruch und die unterlaſſung der noͤtigen ſanfft- muth und anderer guten eigenſchafften ernſtlich erkant haben/ auch von ſeinen publicirten weiſſagungen eine und die andere naͤhere er- laͤuterung an die hand gegeben. Wie- wol er auch bereits in ſeinen ſchrifften ſelbſt ſchon etwas hiervon dargelegt/ wie er die ge- dachte ausrottung der boͤſen verſtuͤnde. Als da er in dem neuen Himmel und neuen erde p. 28. ausdruͤcklich geſchrieben: Es iſt eine groſſe ſchwachheit/ durch menſchliche macht und waffen das reich GOttes befoͤrdern wollen/ und alſo das reich CHriſti fort- pflantzen. Das werck GOttes iſt aus einem geiſtlichen grunde/ und alſo auch ſein fortgang und beſchluß. Die hohei- ten der erden muͤſſen durch die hoheiten der himmel uͤberwunden werden. Die zeitlichen dinge ſind dem ewigen unter- worffen/ und die irꝛdiſchen dem himm- liſchen; die zeit/ worinne wir leben/ thut uns groſſe verheiſſung von einer kraͤffti- gen hand GOttes vor ſein werck/ und man hat keine zeitliche noch irꝛdiſche huͤlffe noͤthig/ die GOttloſigkeiten und den frevel der erden zu zerbrechen. Der HErr/ der alles zermalmet/ hat es durch ſich ſelbſt/ und ſein armhat keines men- ſchen macht oder armvon noͤthen. Wenn der HErꝛ alles thut durch eine wunder- bare ſtarcke hand/ ſo hat der menſch ruhe in GOtt. Jahr MDC. biß MDCC. Seine er- klaͤrung und be- dingung. 8. Es iſt auch hier noch mit wenigen zuge- dencken/ daß dieſer mann auch anno 1674. mit denen Labadiſten in ſtreit gerathen/ als derſelbe wider ihren kuꝛtzen unterricht von ihrem zuſtand und lebens-art eine ſchrifft publicirt. Jn ſelbi- ger hat er zwar erſtlich die anſtalten der Labadi- ſten in dem Proviſional urtheil wegen der ſchrifft der Labadiſten/ kurtze unterrich- tung genant/ p. 3. als ſchriftmaͤßig erkant/ wie auch/ daß ſie denen noch ungeuͤbten uñ ſchwachẽ nuͤtzlich und noͤthig waͤrẽ. Alleine da die Labadi- ſten ihre ſatzungen insgemein/ wie es zu gehen pfleget/ als hoͤchſt noͤthig und allgemein angebẽ wollen/ hat er folgendes hiebey erinnert: Die Apoſteln haben vollkommenere gruͤnde gelegt und regeln gemacht als die lehrer unter dem geſetz. Jn dieſer letzten zeit aber wird Gott geiſtlichere gruͤnde und regeln legen/ als je vor dieſem/ in dem er durch ſeinen allerheiligſten Geiſt uns gꝛuͤnde uñ regeln legen wiꝛd mit wenigeꝛ huͤlffe von menſchen/ und ohne ſolche gemachte regeln/ ſo uns etwan dieſe oder jene vorgeſchrieben. Wiꝛ werden ſie aber in unſere hertzen und ſeelen gegra- ben finden/ und alſo iſt man ein frey ge- laſſener des HErrn/ und wenn der H. Geiſtuns beſtaͤndig unterrichtet/ ſo ha- ben wir einen ſichern lehrmeiſter. Und weiter p. 4. Man koͤnte zwar die praxin kirchen anzurichten brauchen/ aber kein ſo gewiſſes geformtes weſen noch bande und menſchen-ſatzungen die ſeelen zu be- ſchweren/ daß die meiſter uͤber dieſelben herꝛſcheten/ die gemuͤther und hertzen der menſchen gefangen naͤhmen/ und ſol- che Joch-Chriſten machten/ die ſie wol- beladen koͤnten als eſel und dienſt- knechte/ und daß man alſo eine veꝛborge- ne herꝛſchafft ausuͤbete/ welche die ein- faͤltigen menſchen leicht eingingen und andaͤchtig annaͤhmen/ in dem vertrau- en/ ihre fuͤhrer (die Labadiſtiſche Lehrer) wuͤrden ſie wol und treulich leiten. und erin- nerungen wider ſie. Jahr MDC. biß MDCC. 9. Dieſe blindheit iſt ſehr groß und ſchmeckt nach aberglauben und abgoͤt- terey/ muß aber entdecket werden/ damit das gifft nicht weiter krieche. Die zeit und der lauff des Evangelii lehret uns klar/ daß die regierung und das reich des H. Geiſtes nun in krafft auffgerichtet/ wird/ ſo daß man wenig lehrmeiſter ha- ben ſoll. — Weil aber dieſe Labadiſtiſche Prediger dieſen weg noch nicht gelernet haben/ ſo koͤnnen ſie ihn auch andern nicht recht lehren; und dahero kommts denn/ daß ſie ihre eigene lehre mit der lehre des H.Geiſtes vermengen/ und thun ein unvollkommen werck/ und ſuchen mehr ſich ſelbſt/ und handeln nicht rein gnug vor GOtt/ zum ſchaden ihrer lehr- linge/ welche groͤſſere ſchritte in ihrem Chriſtenthum thun koͤnten in der frey- heit/ wenn ſie vollkommenere meiſter haͤtten/ die ſelbſt unmittelbar von GOtt gelehret waͤren/ und deren unterrich- tung nicht mit ſo viel menſchen-ſatzun- gen vermenget/ und derer regel und re- gierung nicht mit ſo groſſem intereſſe be- flecket waͤre. Der H. Geiſt lehret die freyheit in GOtt. Wir muͤſſen Koͤnige und Prieſter GOttes werden/ und ſelbſt lehren/ predigen und regieren/ und ei- nen hirten und fuͤhr er in uns haben/ nem- lich den H. Geiſt den wahren hirten der ſeelen/ wobey dieſe zwey Prediger mied- linge ſind/ und waͤꝛe zu wuͤnſchen/ daß ſie nicht gar betruͤger erfunden wuͤrden. Wozu ſollen mir regeln und geſetze nu- tzen/ als mich zu binden/ da ich doch frey ſeyn muß in GOtt/ und allein an die leitung des H. Geiſtes des HErꝛn JEſu gebunden ſeyn/ ohne dieſe geſetze uñ regeln. Solteich deꝛfuͤhꝛung des Gei- ſtes GOttes nicht vertrauen/ und mich deß wegenan geſetze und regeln binden? 10. Die einige regel iſt GOtt lieb ha- ben; dieſes lehret mich der H. Geiſt be- ſtaͤndig in allem meinem handel und wandel. Hat jemand dieſe fuͤhrung und zeugniß nicht/ der gehoͤret nicht zum Reich des H. Geiſtes/ und ſein Chriſten- thum iſt kindiſch/ und von wenig krafft. Alle ſolche Chriſten werden ſich ſehr verſaͤumet finden/ wenn der braͤutigam koͤmmt/ die ihr oͤhl bey menſchen geholet haben/ und nicht bey dem Geiſt GOt- tes. Noch weiter faͤhret er fort pag. 6. Wer ſiehet H h 3

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Zitationshilfe: Arnold, Gottfried: Unpartheyische Kirchen- und Ketzer-Historie. Bd. 2 (T. 3/4). Frankfurt (Main), 1700, S. 245. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnold_ketzerhistorie02_1700/257>, abgerufen am 22.12.2024.