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Arnold, Gottfried: Unpartheyische Kirchen- und Ketzer-Historie. Bd. 2 (T. 3/4). Frankfurt (Main), 1700.

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Th. III. C. XVII. Von denen Quietisten.
[Spaltenumbruch] Jahr
MDC.
biß
MDCC.
mal zu was höhers anzuführen/ und
von dem erbärmlichen aberglauben ab-
zuziehen/ der bey so vielen heuchlern in
der Römischen kirchen/ und absonder-
lich in Spanien und Jtalien häuffig im
schwange gehet.
Nicht weniger daß etli-
che die
devotion des gemeinen volckes
von den Mönchen und Jesuiten ab- und
auff eine andere
direction zu wenden ge-
achtet. Ja daß andere/ welche die noth-
wendigkeit einer
reformation unter der
Römischen Clerisey wol erkannt/ aber
noch vor unmöglich gehalten/ durch die-
se
methode das äusserliche schein-wesen
in verachtung zu bringen gemeinet/ und
dagegen die leute in ihrer andacht und
begierde nach GOtt weiter zu bringen.

Wie denn auch eben dieser Auctor p. 49. schrei-
Und er-
folgte ver-
änderung.
bet/ man habe es so gleich augenschein-
lich gemercket/ daß diese leute ihre sitten
viel ordentlicher eingerichtet/ sich viel
eingezogener und in ihrer innerlichen an-
dacht eiffriger bezeuget/ hingegen aber
desto weniger eiffer gegen das äusserli-
che religions-wesen sehen lassen. Sie
wären nicht mehr so offt in die messe gan-
gen/ hätten nicht mehr so viel geld da-
vor geben wollen/ und die beicht und

processionen wären fast gar unterblie-
ben/ so daß der handel dererjenigen/ die
von dieser krämerey gelebet/ sehr herun-
ter kommen.

Der Je-
suiten pra-
ctiqu
en
hiebey.

8. Hier ist nun die rechnung unschwer zu
machen/ daß die interessirte Clerisey nicht lange
stille gesessen/ darunter sich denn sonderlich die
Jacobiten und Jesuiten hervor thaten. Jm
gedachten ersten brieff p. 63. will der scribente
versichern/ daß die Jesuiten von Rom aus
heimlich nach Pariß an des Königes beicht-
vater den Pater la Chaise geschrieben/ und des
Molinos sache gefährlich vorgestellet/ zu dem
ende/ damit der König dem Pabst unvermerckt
einen verweiß geben möchte/ warum er in sei-
nem eigenen pallast einen ketzer hegte/ da der Kö-
nig in seinem gantzen reiche die ketzereyen auszu-
rotten beschäfftiget wäre. Sie hätten nach
Des Car-
dinals d'
Estrees

verhalten/
der hand auch den gedachten Cardinal d'
Estrees
auff ihre seite gebracht/ der als ein Fran-
tzösischer Minister von hoffe ordres erhalten/ den
Molinos auffs äusserste zu verfolgen. Es hat-
te sich auch derselbe so fort hinter die inquisition
zu Rom gestecket/ und viel specialia, die er als
ein vertraueter freund des Molinos von ihm ge-
wust/ offenbaret/ dadurch nachgehends das
grosse ungewitter über ihn zusammen gezogen
Wie auch
des Pabsts
selber/ und
der Inqui-
sitor
en.
worden. Wie denn auch dieser Cardinal dem
Pabst so fort einen brieff von seinem Könige
wider den Molinos ungescheuet eingehändiget/
auch wieder ihn viel beweißthümer seiner ketze-
rey beyzubringen versprochen. Der Pabst aber
hätte die sache bloß auff die Inquisitores gescho-
ben/ zu welchen auch der Cardinal gegangen und
in des Molinos schrifften allerhand |verdächtige
örter angegeben/ deren geheimen verstand er al-
lein als sein bester freund zu wissen praetendiret.
Von welcher leichtfertigkeit der Auctor p. 69.
gar wol raisonniret: Daß der eiffer für den
glauben und wider die ketzerey zu Rom
alle bande der treue und glaubens/ der
menschheit und leutseligkeit aufflösen.

[Spaltenumbruch] Welches denn auch wol von andern so genann-Jahr
MDC.
biß
MDCC.

ten stülen und cathedris gesaget werden mag.
Und also ist nicht zu leugnen/ daß die sache wider
den Molinos von anfang biß zu ende aus bitte-
rem haß/ neid/ und andern schändlichen affecten
getrieben und gespielet worden sey. Dahero
der berühmte HErrvon Seckendorff in dem be-
richt und erinnerung vom Pietismo p. E. 3. an-
mercket/ daß/ da zu derselbigen zeit fast in
allen ländern neue namen auff gekom-
men/ die zu einerley zweck auff eine ver-
besserung gedrungen/ aber auch allent-
halben deß wegen übel angesehen verun-
namet und verfolget worden/ in der
Päbstlichen kirchen man von
Quietisten
unterschiedlich und wider einander
lauffend höre/ so daß Christliche und ver-
ständige besser thäten/ wenn sie zu ur-
theilen unterliessen/ biß sie rechten
grund erführen/ was solche leute lehr-
ten/ und wiesie lebten.

9. Den anfang machten/ wie gesagt/ dieDer Jesui-
ten bücher
wider den
Molinos,

Jesuiten/ in dem sie erstlich den Molinos vor
einen ketzer ausrufften/ und zu dem ende/ damit
das kind einen namen hätte/ seine freunde Qui-
eti
sten titulirten. Sie schrieben darauff einige
bücher wider ihn und seine methode, darunter
sonderlich der Jesuite Segnerius am leichtfertig-
sten verfuhr in seinem Jtaliänischen buche von
einigkeit der arbeit und der ruhe im ge-
bet/
welches in den Actis Erudit. anno 87. p.
19. recensi
rt ist/ wie auch in dem Tractat Quie-
tista s. Illusiones orationis quietis,
welchen
man zwar ohne namen publicirte/ der erst ge-
dachte Frantzösische Auctor aber auch diesem
Segnerio zuschreibt. Von diesem Jesuitenund der-
selben be-
schaffen-
heit.

urtheilet der Auctor der beschreibung von dem
zustand Jtaliens p. 43. daß er die schlimmsten
sprünge vorgenommen/ diese methode des Mo-
linos
auffs heßlichste auszuschreyen/ und gäntz-
lich zu vernichten/ denn er habe hauptsächlich
beweisen wollen/ daß die allerwenigsten derer
hohen betrachtungen fähig/ und von GOtt dar-
zu beruffen wären/ und welche es auch wären/
die könten sich doch nicht lang in einem so hoch
erhabenen zustand erhalten/ deßwegen sie die or-
dentlichen mittel nicht verlassen dürfften/ etc.
Den grund seiner beweiß-gründe kanman aus
der angeführten recension ziemlich erkennen/
wenn er am ende des tractats bloß mit auctori-
tät der kirchen/ der concilien/ canonum und
Doctorum diesen satz widerleget: Daß derje-
nige sich aller sinnlichen dinge enthal-
ten müsse/ welcher den inwendigen weg
wandeln wolle.
So hat er auch unter an-
dern diese redensart als irrig verworffen: wer
GOtt hat/ der hat auch CHristum.
Item:
Die betrachtung GOttes könne unver-
wandt geschehen/ und es gebe eine auff-
gebung und einstellung der gemüths-
kräffte.

10. Wie wol nun auf solch geschrey der JesuitenDes Moli-
nos
ge-
fängniß.

durch die Inquisition des Molinos buch noch-
mals nach einem scharffen examine approbiret
wurde/ ruheten doch seine feinde nicht/ biß er an-
no
1684. nebenst dem Cardinal Petruzzi vor die
Inquisition geführet ward/ da denn dieser bald
loßgesprochen/ jener aber im folgenden jahr im
monat Majo in verhafft genommen wurde.
Hierauff bliebe es zwar über ein jahr lang etwas

stille

Th. III. C. XVII. Von denen Quietiſten.
[Spaltenumbruch] Jahr
MDC.
biß
MDCC.
mal zu was hoͤhers anzufuͤhren/ und
von dem erbaͤrmlichen aberglauben ab-
zuziehen/ der bey ſo vielen heuchlern in
der Roͤmiſchen kirchen/ und abſonder-
lich in Spanien und Jtalien haͤuffig im
ſchwange gehet.
Nicht weniger daß etli-
che die
devotion des gemeinen volckes
von den Moͤnchen und Jeſuiten ab- und
auff eine andere
direction zu wenden ge-
achtet. Ja daß andere/ welche die noth-
wendigkeit einer
reformation unter der
Roͤmiſchen Cleriſey wol erkannt/ aber
noch vor unmoͤglich gehalten/ durch die-
ſe
methode das aͤuſſerliche ſchein-weſen
in verachtung zu bringen gemeinet/ und
dagegen die leute in ihrer andacht und
begierde nach GOtt weiter zu bringen.

Wie denn auch eben dieſer Auctor p. 49. ſchrei-
Und er-
folgte ver-
aͤnderung.
bet/ man habe es ſo gleich augenſchein-
lich gemercket/ daß dieſe leute ihre ſitten
viel ordentlicher eingerichtet/ ſich viel
eingezogener und in ihrer innerlichen an-
dacht eiffriger bezeuget/ hingegen aber
deſto weniger eiffer gegen das aͤuſſerli-
che religions-weſen ſehen laſſen. Sie
waͤren nicht mehr ſo offt in die meſſe gan-
gen/ haͤtten nicht mehr ſo viel geld da-
vor geben wollen/ und die beicht und

proceſſionen waͤren faſt gar unterblie-
ben/ ſo daß der handel dererjenigen/ die
von dieſer kraͤmerey gelebet/ ſehr herun-
ter kommen.

Der Je-
ſuiten pra-
ctiqu
en
hiebey.

8. Hier iſt nun die rechnung unſchwer zu
machen/ daß die intereſſirte Cleriſey nicht lange
ſtille geſeſſen/ darunter ſich denn ſonderlich die
Jacobiten und Jeſuiten hervor thaten. Jm
gedachten erſten brieff p. 63. will der ſcribente
verſichern/ daß die Jeſuiten von Rom aus
heimlich nach Pariß an des Koͤniges beicht-
vater den Pater la Chaiſe geſchrieben/ und des
Molinos ſache gefaͤhrlich vorgeſtellet/ zu dem
ende/ damit der Koͤnig dem Pabſt unvermerckt
einen verweiß geben moͤchte/ warum er in ſei-
nem eigenen pallaſt einen ketzer hegte/ da der Koͤ-
nig in ſeinem gantzen reiche die ketzereyen auszu-
rotten beſchaͤfftiget waͤre. Sie haͤtten nach
Des Car-
dinals d’
Eſtrees

verhalten/
der hand auch den gedachten Cardinal d’
Eſtrées
auff ihre ſeite gebracht/ der als ein Fran-
tzoͤſiſcher Miniſter von hoffe ordres erhalten/ den
Molinos auffs aͤuſſerſte zu verfolgen. Es hat-
te ſich auch derſelbe ſo fort hinter die inquiſition
zu Rom geſtecket/ und viel ſpecialia, die er als
ein vertraueter freund des Molinos von ihm ge-
wuſt/ offenbaret/ dadurch nachgehends das
groſſe ungewitter uͤber ihn zuſammen gezogen
Wie auch
des Pabſts
ſelber/ und
der Inqui-
ſitor
en.
worden. Wie denn auch dieſer Cardinal dem
Pabſt ſo fort einen brieff von ſeinem Koͤnige
wider den Molinos ungeſcheuet eingehaͤndiget/
auch wieder ihn viel beweißthuͤmer ſeiner ketze-
rey beyzubringen verſprochen. Der Pabſt aber
haͤtte die ſache bloß auff die Inquiſitores geſcho-
ben/ zu welchen auch der Caꝛdinal gegangen und
in des Molinos ſchrifften allerhand |verdaͤchtige
oͤrter angegeben/ deren geheimen verſtand er al-
lein als ſein beſter freund zu wiſſen prætendiret.
Von welcher leichtfertigkeit der Auctor p. 69.
gar wol raiſonniret: Daß der eiffer fuͤr den
glauben und wider die ketzerey zu Rom
alle bande der treue und glaubens/ der
menſchheit und leutſeligkeit auffloͤſen.

[Spaltenumbruch] Welches denn auch wol von andern ſo genann-Jahr
MDC.
biß
MDCC.

ten ſtuͤlen und cathedris geſaget werden mag.
Und alſo iſt nicht zu leugnen/ daß die ſache wider
den Molinos von anfang biß zu ende aus bitte-
rem haß/ neid/ und andern ſchaͤndlichen affecten
getrieben und geſpielet worden ſey. Dahero
der beruͤhmte HErꝛvon Seckendorff in dem be-
richt und erinnerung vom Pietiſmo p. E. 3. an-
mercket/ daß/ da zu derſelbigen zeit faſt in
allen laͤndern neue namen auff gekom-
men/ die zu einerley zweck auff eine ver-
beſſerung gedrungen/ aber auch allent-
halben deß wegen uͤbel angeſehen verun-
namet und verfolget worden/ in der
Paͤbſtlichen kirchen man von
Quietiſten
unterſchiedlich und wider einander
lauffend hoͤre/ ſo daß Chriſtliche und ver-
ſtaͤndige beſſer thaͤten/ wenn ſie zu ur-
theilen unterlieſſen/ biß ſie rechten
grund erfuͤhren/ was ſolche leute lehr-
ten/ und wieſie lebten.

9. Den anfang machten/ wie geſagt/ dieDer Jeſui-
ten buͤcher
wider den
Molinos,

Jeſuiten/ in dem ſie erſtlich den Molinos vor
einen ketzer ausrufften/ und zu dem ende/ damit
das kind einen namen haͤtte/ ſeine freunde Qui-
eti
ſten titulirten. Sie ſchrieben darauff einige
buͤcher wider ihn und ſeine methode, darunter
ſonderlich der Jeſuite Segnerius am leichtfertig-
ſten verfuhr in ſeinem Jtaliaͤniſchen buche von
einigkeit der arbeit und der ruhe im ge-
bet/
welches in den Actis Erudit. anno 87. p.
19. recenſi
rt iſt/ wie auch in dem Tractat Quie-
tiſta ſ. Illuſiones orationis quietis,
welchen
man zwar ohne namen publicirte/ der erſt ge-
dachte Frantzoͤſiſche Auctor aber auch dieſem
Segnerio zuſchreibt. Von dieſem Jeſuitenund der-
ſelben be-
ſchaffen-
heit.

urtheilet der Auctor der beſchreibung von dem
zuſtand Jtaliens p. 43. daß er die ſchlim̃ſten
ſpruͤnge vorgenommen/ dieſe methode des Mo-
linos
auffs heßlichſte auszuſchreyen/ und gaͤntz-
lich zu vernichten/ denn er habe hauptſaͤchlich
beweiſen wollen/ daß die allerwenigſten derer
hohen betrachtungen faͤhig/ und von GOtt daꝛ-
zu beruffen waͤren/ und welche es auch waͤren/
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erhabenen zuſtand erhalten/ deßwegen ſie die or-
dentlichen mittel nicht verlaſſen duͤrfften/ ꝛc.
Den grund ſeiner beweiß-gruͤnde kanman aus
der angefuͤhrten recenſion ziemlich erkennen/
wenn er am ende des tractats bloß mit auctori-
taͤt der kirchen/ der concilien/ canonum und
Doctorum dieſen ſatz widerleget: Daß derje-
nige ſich aller ſinnlichen dinge enthal-
ten muͤſſe/ welcher den inwendigen weg
wandeln wolle.
So hat er auch unter an-
dern dieſe redensart als irrig verworffen: wer
GOtt hat/ der hat auch CHriſtum.
Item:
Die betrachtung GOttes koͤnne unver-
wandt geſchehen/ und es gebe eine auff-
gebung und einſtellung der gemuͤths-
kraͤffte.

10. Wie wol nun auf ſolch geſchrey der JeſuitẽDes Moli-
nos
ge-
faͤngniß.

durch die Inquiſition des Molinos buch noch-
mals nach einem ſcharffen examine approbiret
wurde/ ruheten doch ſeine feinde nicht/ biß er an-
no
1684. nebenſt dem Cardinal Petruzzi vor die
Inquiſition gefuͤhret ward/ da denn dieſer bald
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Hierauff bliebe es zwar uͤber ein jahr lang etwas

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[174/0186] Th. III. C. XVII. Von denen Quietiſten. mal zu was hoͤhers anzufuͤhren/ und von dem erbaͤrmlichen aberglauben ab- zuziehen/ der bey ſo vielen heuchlern in der Roͤmiſchen kirchen/ und abſonder- lich in Spanien und Jtalien haͤuffig im ſchwange gehet. Nicht weniger daß etli- che die devotion des gemeinen volckes von den Moͤnchen und Jeſuiten ab- und auff eine andere direction zu wenden ge- achtet. Ja daß andere/ welche die noth- wendigkeit einer reformation unter der Roͤmiſchen Cleriſey wol erkannt/ aber noch vor unmoͤglich gehalten/ durch die- ſe methode das aͤuſſerliche ſchein-weſen in verachtung zu bringen gemeinet/ und dagegen die leute in ihrer andacht und begierde nach GOtt weiter zu bringen. Wie denn auch eben dieſer Auctor p. 49. ſchrei- bet/ man habe es ſo gleich augenſchein- lich gemercket/ daß dieſe leute ihre ſitten viel ordentlicher eingerichtet/ ſich viel eingezogener und in ihrer innerlichen an- dacht eiffriger bezeuget/ hingegen aber deſto weniger eiffer gegen das aͤuſſerli- che religions-weſen ſehen laſſen. Sie waͤren nicht mehr ſo offt in die meſſe gan- gen/ haͤtten nicht mehr ſo viel geld da- vor geben wollen/ und die beicht und proceſſionen waͤren faſt gar unterblie- ben/ ſo daß der handel dererjenigen/ die von dieſer kraͤmerey gelebet/ ſehr herun- ter kommen. Jahr MDC. biß MDCC. Und er- folgte ver- aͤnderung. 8. Hier iſt nun die rechnung unſchwer zu machen/ daß die intereſſirte Cleriſey nicht lange ſtille geſeſſen/ darunter ſich denn ſonderlich die Jacobiten und Jeſuiten hervor thaten. Jm gedachten erſten brieff p. 63. will der ſcribente verſichern/ daß die Jeſuiten von Rom aus heimlich nach Pariß an des Koͤniges beicht- vater den Pater la Chaiſe geſchrieben/ und des Molinos ſache gefaͤhrlich vorgeſtellet/ zu dem ende/ damit der Koͤnig dem Pabſt unvermerckt einen verweiß geben moͤchte/ warum er in ſei- nem eigenen pallaſt einen ketzer hegte/ da der Koͤ- nig in ſeinem gantzen reiche die ketzereyen auszu- rotten beſchaͤfftiget waͤre. Sie haͤtten nach der hand auch den gedachten Cardinal d’ Eſtrées auff ihre ſeite gebracht/ der als ein Fran- tzoͤſiſcher Miniſter von hoffe ordres erhalten/ den Molinos auffs aͤuſſerſte zu verfolgen. Es hat- te ſich auch derſelbe ſo fort hinter die inquiſition zu Rom geſtecket/ und viel ſpecialia, die er als ein vertraueter freund des Molinos von ihm ge- wuſt/ offenbaret/ dadurch nachgehends das groſſe ungewitter uͤber ihn zuſammen gezogen worden. Wie denn auch dieſer Cardinal dem Pabſt ſo fort einen brieff von ſeinem Koͤnige wider den Molinos ungeſcheuet eingehaͤndiget/ auch wieder ihn viel beweißthuͤmer ſeiner ketze- rey beyzubringen verſprochen. Der Pabſt aber haͤtte die ſache bloß auff die Inquiſitores geſcho- ben/ zu welchen auch der Caꝛdinal gegangen und in des Molinos ſchrifften allerhand |verdaͤchtige oͤrter angegeben/ deren geheimen verſtand er al- lein als ſein beſter freund zu wiſſen prætendiret. Von welcher leichtfertigkeit der Auctor p. 69. gar wol raiſonniret: Daß der eiffer fuͤr den glauben und wider die ketzerey zu Rom alle bande der treue und glaubens/ der menſchheit und leutſeligkeit auffloͤſen. Welches denn auch wol von andern ſo genann- ten ſtuͤlen und cathedris geſaget werden mag. Und alſo iſt nicht zu leugnen/ daß die ſache wider den Molinos von anfang biß zu ende aus bitte- rem haß/ neid/ und andern ſchaͤndlichen affecten getrieben und geſpielet worden ſey. Dahero der beruͤhmte HErꝛvon Seckendorff in dem be- richt und erinnerung vom Pietiſmo p. E. 3. an- mercket/ daß/ da zu derſelbigen zeit faſt in allen laͤndern neue namen auff gekom- men/ die zu einerley zweck auff eine ver- beſſerung gedrungen/ aber auch allent- halben deß wegen uͤbel angeſehen verun- namet und verfolget worden/ in der Paͤbſtlichen kirchen man von Quietiſten unterſchiedlich und wider einander lauffend hoͤre/ ſo daß Chriſtliche und ver- ſtaͤndige beſſer thaͤten/ wenn ſie zu ur- theilen unterlieſſen/ biß ſie rechten grund erfuͤhren/ was ſolche leute lehr- ten/ und wieſie lebten. Des Car- dinals d’ Eſtrees verhalten/ Wie auch des Pabſts ſelber/ und der Inqui- ſitoren. Jahr MDC. biß MDCC. 9. Den anfang machten/ wie geſagt/ die Jeſuiten/ in dem ſie erſtlich den Molinos vor einen ketzer ausrufften/ und zu dem ende/ damit das kind einen namen haͤtte/ ſeine freunde Qui- etiſten titulirten. Sie ſchrieben darauff einige buͤcher wider ihn und ſeine methode, darunter ſonderlich der Jeſuite Segnerius am leichtfertig- ſten verfuhr in ſeinem Jtaliaͤniſchen buche von einigkeit der arbeit und der ruhe im ge- bet/ welches in den Actis Erudit. anno 87. p. 19. recenſirt iſt/ wie auch in dem Tractat Quie- tiſta ſ. Illuſiones orationis quietis, welchen man zwar ohne namen publicirte/ der erſt ge- dachte Frantzoͤſiſche Auctor aber auch dieſem Segnerio zuſchreibt. Von dieſem Jeſuiten urtheilet der Auctor der beſchreibung von dem zuſtand Jtaliens p. 43. daß er die ſchlim̃ſten ſpruͤnge vorgenommen/ dieſe methode des Mo- linos auffs heßlichſte auszuſchreyen/ und gaͤntz- lich zu vernichten/ denn er habe hauptſaͤchlich beweiſen wollen/ daß die allerwenigſten derer hohen betrachtungen faͤhig/ und von GOtt daꝛ- zu beruffen waͤren/ und welche es auch waͤren/ die koͤnten ſich doch nicht lang in einem ſo hoch erhabenen zuſtand erhalten/ deßwegen ſie die or- dentlichen mittel nicht verlaſſen duͤrfften/ ꝛc. Den grund ſeiner beweiß-gruͤnde kanman aus der angefuͤhrten recenſion ziemlich erkennen/ wenn er am ende des tractats bloß mit auctori- taͤt der kirchen/ der concilien/ canonum und Doctorum dieſen ſatz widerleget: Daß derje- nige ſich aller ſinnlichen dinge enthal- ten muͤſſe/ welcher den inwendigen weg wandeln wolle. So hat er auch unter an- dern dieſe redensart als irrig verworffen: wer GOtt hat/ der hat auch CHriſtum. Item: Die betrachtung GOttes koͤnne unver- wandt geſchehen/ und es gebe eine auff- gebung und einſtellung der gemuͤths- kraͤffte. Der Jeſui- ten buͤcher wider den Molinos, und der- ſelben be- ſchaffen- heit. 10. Wie wol nun auf ſolch geſchrey der Jeſuitẽ durch die Inquiſition des Molinos buch noch- mals nach einem ſcharffen examine approbiret wurde/ ruheten doch ſeine feinde nicht/ biß er an- no 1684. nebenſt dem Cardinal Petruzzi vor die Inquiſition gefuͤhret ward/ da denn dieſer bald loßgeſprochen/ jener aber im folgenden jahr im monat Majo in verhafft genommen wurde. Hierauff bliebe es zwar uͤber ein jahr lang etwas ſtille Des Moli- nos ge- faͤngniß.

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Zitationshilfe: Arnold, Gottfried: Unpartheyische Kirchen- und Ketzer-Historie. Bd. 2 (T. 3/4). Frankfurt (Main), 1700, S. 174. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnold_ketzerhistorie02_1700/186>, abgerufen am 28.04.2024.