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Arnold, Gottfried: Unpartheyische Kirchen- und Ketzer-Historie. Bd. 2 (T. 3/4). Frankfurt (Main), 1700.

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Th. III. C. XVI. Von der Antoinette Bourignon,
[Spaltenumbruch] Jahr
MDC.
biß
MDCC.
rey ihn anzubeten. Diese fragten mich/
ob ich auch an einen geschaffenen
GOtt/ wie JEsus CHrist sey/ glaub-
te? Jch habe ihnen hierauff nicht viel
bescheid gegeben/ weil solche so unge-
schickte fragen keiner antwort werth
waren: Nur sagte ich zu ihnen/ daß sie
bey mir nichts zuthun hätten/ wenn sie
dergleichen reden führten; hiemit gien-
gen sie wieder weg/ wiewol etliche noch
jetzund vorgeben/ daß ich ihren mei-
nungen beypflichte/ davor ich GOtt
bitte/ daß er mich bewahre.
Aus wel-
chen ihren eigenen worten diese beschuldi-
gung sattsam erörtert werden mag/ zumal wo
man nach gedachter vorschrifft der Spani-
schen Inquisition ihre andere zweiffelhaffte ex-
pressiones
hiernach unpartheyisch untersuchet.

Von Got-
tes eben-
bild.

13. Von dem ebenbilde GOttes soll sie den
gemeinen beschuldigungen nach gesetzet haben/
daß selbiges in der freyheit des willens bestan-
den/ und daß der mensch den freyen willen an-
noch habe. Hiezu allegiret Colberg p. 409.
das dritte buch des Grabes p. 204. da aber kein
wort von dieser sache zu finden ist. Auff welche art denn die meisten allegationes bey dergleichen
inquifitionen zu geschehen pflegen. Von der
Von der
rechtferti-
gung.
rechtfertigung/ wie auch von der gnugthuung
CHristi schreibet ihr Burchardus diese sätze zu:
CHristus habe nicht in der angenomme-
nen menschheit für unsere sünde gnug
thun wollen/ sondern daß er im selbigen
leibe im leiden und leben uns ein exempel
gebe/ wei wir die sünde solten büssen und
GOttes gnade wieder erwerben.
Item:
Durch CHristi verdienst werde niemand
selig
u. s. w. Hiezu führet er einige worte aus
ihren schrifften an: Darinne sie auff die krafft
und früchte der wahren versöhnung und recht-
fertigung dringet/ ohne welche der heuchel-und
mundglaube keinem sünder etwas helffe. Es
dhat aber ihr vertheidiger von p. 128. sie sehr
weitläufftig diß falls erkläret/ welches deßwegen
allhier nicht zu wiederholen nöthig ist/ zu-
mal dergleichen materien bey andern sol-
chen personen bereits vorgekommen sind.
Sonst hat man an ihr auch dieses als irrig ver-
worffen/ daß sie auff das halten der gebote Got-
tes getrieben/ wenn sie zum exempel schreibet: Jch
kan mit wahrheit sagen/ daß ich die ge-

Von hal-
tung der
gebote
GOttes.
bote Gottes halte durch seine gnade/ und
daß ich lieber sterben wolte/ denn das ge-
ringste wider Gottes gebothandeln. Jch
habe befunden den sichersten weg zur se-
ligkeit zuerlangen in
observantz der gebo-
te GOttes. Esist gewiß/ daß niemand
selig werden werde/ er habe denn die ge-
dbote GOttes gehalten/
wie die worte/
Burchardus p. 33. nebenst andern anführet.
Von der summa des Evangelii sind ihre
folgende worte zu mercken.

Also schreibet sie in der erneuerung des Evan-
gelischen geistes P. I. pag. 176. n. 162. Jch brin-
ge allein die wahr heit/ deren mich Gott
theilhafftig machet/ anslicht/ und ver-
kündige als eine neue zeitung/ daß
GOtt noch einmal seinen Evangeli-
schen geist auff erden erneuren/ und die
seelen von gutem willen/ mit dem geist
den JEsus CHristus hatte/ als er auff
[Spaltenumbruch] erden war/ erfüllen/ auch die letzten
Jahr
MDC.
biß
MDCC.

Christen in weit grösserer vollkommen-
heit leben werden/ als die in der ersten
kirchen gethan haben. Dieses solte bil-
lig allen lebendigen menschen ange-
nehm seyn.
Und eben daselbst setzet sie pag.
157. num.
147. Es ist wahr/ daß ich in
meinen schrifften von verschiedenen
dingenrede/ die eben nicht im Evangelio
begriffen sind/ jedoch sind es keine sachen/
die ein jedweder glauben muß/ auch ist
der glaube derer zur seligkeit nicht
nothwendig. Jch beschreibe dieselbe
durch überfluß/ den muth derer zuver-
stärcken/ welche sie verstehen und den gu-
ten geschmack darinnen finden; wer aber
keinen geschmack oder verstand davon
hat/ mag sie fahren lassen/ ihr glaube
oder unglaube/ in diesen dingen/ giebet
oder nimmet mir nichts/ und ich habe
alle meine
praetension erlanget/ wenn ich
nur klärlich angewiesen/ daß niemand
danders selig werden soll/ als diejenigen/
so die übung eines Evangelischen lebens
annehmen/ gleich wie mir solches Gott
offenbaret hat. Jch lasse einem jedwe-
dem die freyheit/ dieses nach seinem ge-
fallen ins werck zustellen/ wo er will/
und weil Gott niemand zwinget/ so wer-
de ich mich auch wol hüten/ ein solches zu
thun. Jn meinen schrifften habe ich zu
verschiedenen malen von der schöpffung
der welt/ von dem herrlichen stand/
worinnen Adam geschaffen gewesen/
wie JEsus CHristus aus ihme im stan-
de seiner unschuld geboren worden/ und
von noch mehr andern Göttlichen ge-
heimnissen/ so die menschen nie gehöret
haben/ geredet/ aber dieses alles ist
nichts anders/ als eine eintzige wein-
traube aus dem garten des ewigen le-
bens. Denn gleichwie die abgesandten der
kinder Jsrael eine traube aus dem Ge-
lobten Lande brachten/ desselben über-
fluß und köstliche fruchtbarkeit da-
durch anzudeuten; also habe ich auch
von diesen hohen verborgenen geheim-
nissen geredet/ so mir GOtt offenbaret/
damit ich ein kleines stücklein von der
herrligkeit sehen lassen möge/ die Gott
denen bereitet hat/ welche die Evange-
lische lehre beobachten. Jedoch unter-
weise ich diese unbekante wunder nicht
als glaubens-articul/ sonder nich erklä-
re dieselbe alleine zu verstärckung mei-
ner seele und derer jenigen/ so in der that
wahre Christen werden wollen.
Noch
weiter daselbst pag. 182. num. 164. Alle von
menschen-händen gemachte gebäude
und stifftungen werden vergehen/ und
nichts anders überbleiben als der wah-
re grund unserer seligkeit/ nemlich:

Daß der mensch alleine geschaffen sey
GOtt zu lieben/ und

Daß er nicht selig werden kan/ wenn er
ausser dieser liebe stirbet/ und noch ferner.

Daß die sünde den menschen ohne ei-
nige vergebung
(in Gallico remission, pro-
prie hic
einig auff hören) zur verdamm-
niß gebracht/ und

Daß

Th. III. C. XVI. Von der Antoinette Bourignon,
[Spaltenumbruch] Jahr
MDC.
biß
MDCC.
rey ihn anzubeten. Dieſe fragten mich/
ob ich auch an einen geſchaffenen
GOtt/ wie JEſus CHriſt ſey/ glaub-
te? Jch habe ihnen hierauff nicht viel
beſcheid gegeben/ weil ſolche ſo unge-
ſchickte fragen keiner antwort werth
waren: Nur ſagte ich zu ihnen/ daß ſie
bey mir nichts zuthun haͤtten/ wenn ſie
dergleichen reden fuͤhrten; hiemit gien-
gen ſie wieder weg/ wiewol etliche noch
jetzund vorgeben/ daß ich ihren mei-
nungen beypflichte/ davor ich GOtt
bitte/ daß er mich bewahre.
Aus wel-
chen ihren eigenen worten dieſe beſchuldi-
gung ſattſam eroͤrtert werden mag/ zumal wo
man nach gedachter vorſchrifft der Spani-
ſchen Inquiſition ihre andere zweiffelhaffte ex-
preſſiones
hiernach unpartheyiſch unterſuchet.

Von Got-
tes eben-
bild.

13. Von dem ebenbilde GOttes ſoll ſie den
gemeinen beſchuldigungen nach geſetzet haben/
daß ſelbiges in der freyheit des willens beſtan-
den/ und daß der menſch den freyen willen an-
noch habe. Hiezu allegiret Colberg p. 409.
das dritte buch des Grabes p. 204. da aber kein
wort von dieſer ſache zu finden iſt. Auff welche art deñ die meiſten allegationes bey dergleichen
inquifitionen zu geſchehen pflegen. Von der
Von der
rechtferti-
gung.
rechtfertigung/ wie auch von der gnugthuung
CHriſti ſchreibet ihr Burchardus dieſe ſaͤtze zu:
CHriſtus habe nicht in der angenomme-
nen menſchheit fuͤr unſere ſuͤnde gnug
thun wollen/ ſondern daß er im ſelbigen
leibe im leiden und leben uns ein exempel
gebe/ wei wir die ſuͤnde ſolten buͤſſen und
GOttes gnade wieder erwerben.
Item:
Durch CHriſti verdienſt werde niemand
ſelig
u. ſ. w. Hiezu fuͤhret er einige worte aus
ihren ſchrifften an: Darinne ſie auff die krafft
und fruͤchte der wahren verſoͤhnung und recht-
fertigung dringet/ ohne welche der heuchel-und
mundglaube keinem ſuͤnder etwas helffe. Es
dhat aber ihr vertheidiger von p. 128. ſie ſehr
weitlaͤufftig diß falls erklaͤret/ welches deßwegen
allhier nicht zu wiederholen noͤthig iſt/ zu-
mal dergleichen materien bey andern ſol-
chen perſonen bereits vorgekommen ſind.
Sonſt hat man an ihr auch dieſes als irrig ver-
worffen/ daß ſie auff das halten der gebote Got-
tes getꝛieben/ weñ ſie zum exempel ſchreibet: Jch
kan mit wahrheit ſagen/ daß ich die ge-

Von hal-
tung der
gebote
GOttes.
bote Gottes halte durch ſeine gnade/ uñ
daß ich liebeꝛ ſterben wolte/ denn das ge-
ꝛingſte wideꝛ Gottes gebothandeln. Jch
habe befunden den ſicherſten weg zur ſe-
ligkeit zuerlangen in
obſervantz der gebo-
te GOttes. Esiſt gewiß/ daß niemand
ſelig werden werde/ er habe denn die ge-
dbote GOttes gehalten/
wie die worte/
Burchardus p. 33. nebenſt andern anfuͤhret.
Von der ſumma des Evangelii ſind ihre
folgende worte zu mercken.

Alſo ſchreibet ſie in der erneuerung des Evan-
geliſchen geiſtes P. I. pag. 176. n. 162. Jch brin-
ge allein die wahr heit/ deren mich Gott
theilhafftig machet/ anslicht/ und ver-
kuͤndige als eine neue zeitung/ daß
GOtt noch einmal ſeinen Evangeli-
ſchen geiſt auff erden erneuren/ und die
ſeelen von gutem willen/ mit dem geiſt
den JEſus CHriſtus hatte/ als er auff
[Spaltenumbruch] erden war/ erfuͤllen/ auch die letzten
Jahr
MDC.
biß
MDCC.

Chriſten in weit groͤſſerer vollkommen-
heit leben werden/ als die in der erſten
kirchen gethan haben. Dieſes ſolte bil-
lig allen lebendigen menſchen ange-
nehm ſeyn.
Und eben daſelbſt ſetzet ſie pag.
157. num.
147. Es iſt wahr/ daß ich in
meinen ſchrifften von verſchiedenen
dingenꝛede/ die eben nicht im Evangelio
begꝛiffen ſind/ jedoch ſind es keine ſachen/
die ein jedweder glauben muß/ auch iſt
der glaube derer zur ſeligkeit nicht
nothwendig. Jch beſchreibe dieſelbe
durch uͤberfluß/ den muth derer zuver-
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ten geſchmack darinnen finden; wer aber
keinen geſchmack oder verſtand davon
hat/ mag ſie fahren laſſen/ ihr glaube
oder unglaube/ in dieſen dingen/ giebet
oder nimmet mir nichts/ und ich habe
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prætenſion erlanget/ wenn ich
nur klaͤrlich angewieſen/ daß niemand
danders ſelig werden ſoll/ als diejenigen/
ſo die uͤbung eines Evangeliſchen lebens
annehmen/ gleich wie mir ſolches Gott
offenbaret hat. Jch laſſe einem jedwe-
dem die freyheit/ dieſes nach ſeinem ge-
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und weil Gott niemand zwinget/ ſo wer-
de ich mich auch wol huͤtẽ/ ein ſolches zu
thun. Jn meinen ſchrifften habe ich zu
verſchiedenen malen von der ſchoͤpffung
der welt/ von dem herꝛlichen ſtand/
worinnen Adam geſchaffen geweſen/
wie JEſus CHriſtus aus ihme im ſtan-
de ſeiner unſchuld geboren worden/ und
von noch mehr andern Goͤttlichen ge-
heimniſſen/ ſo die menſchen nie gehoͤret
haben/ geredet/ aber dieſes alles iſt
nichts anders/ als eine eintzige wein-
traube aus dem garten des ewigen le-
bens. Deñ gleichwie die abgeſandten deꝛ
kinder Jſrael eine traube aus dem Ge-
lobten Lande brachten/ deſſelben uͤber-
fluß und koͤſtliche fruchtbarkeit da-
durch anzudeuten; alſo habe ich auch
von dieſen hohen verborgenen geheim-
niſſen geredet/ ſo mir GOtt offenbaret/
damit ich ein kleines ſtuͤcklein von der
herrligkeit ſehen laſſen moͤge/ die Gott
denen bereitet hat/ welche die Evange-
liſche lehre beobachten. Jedoch unter-
weiſe ich dieſe unbekante wunder nicht
als glaubens-articul/ ſonder nich erklaͤ-
re dieſelbe alleine zu verſtaͤrckung mei-
ner ſeele und derer jenigen/ ſo in der that
wahre Chriſten werden wollen.
Noch
weiter daſelbſt pag. 182. num. 164. Alle von
menſchen-haͤnden gemachte gebaͤude
und ſtifftungen werden vergehen/ und
nichts anders uͤberbleiben als der wah-
re grund unſerer ſeligkeit/ nemlich:

Daß der menſch alleine geſchaffen ſey
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Daß er nicht ſelig werden kan/ wenn er
auſſer dieſer liebe ſtirbet/ uñ noch ferner.

Daß die ſuͤnde den menſchen ohne ei-
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(in Gallico remiſſion, pro-
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[158/0170] Th. III. C. XVI. Von der Antoinette Bourignon, rey ihn anzubeten. Dieſe fragten mich/ ob ich auch an einen geſchaffenen GOtt/ wie JEſus CHriſt ſey/ glaub- te? Jch habe ihnen hierauff nicht viel beſcheid gegeben/ weil ſolche ſo unge- ſchickte fragen keiner antwort werth waren: Nur ſagte ich zu ihnen/ daß ſie bey mir nichts zuthun haͤtten/ wenn ſie dergleichen reden fuͤhrten; hiemit gien- gen ſie wieder weg/ wiewol etliche noch jetzund vorgeben/ daß ich ihren mei- nungen beypflichte/ davor ich GOtt bitte/ daß er mich bewahre. Aus wel- chen ihren eigenen worten dieſe beſchuldi- gung ſattſam eroͤrtert werden mag/ zumal wo man nach gedachter vorſchrifft der Spani- ſchen Inquiſition ihre andere zweiffelhaffte ex- preſſiones hiernach unpartheyiſch unterſuchet. Jahr MDC. biß MDCC. 13. Von dem ebenbilde GOttes ſoll ſie den gemeinen beſchuldigungen nach geſetzet haben/ daß ſelbiges in der freyheit des willens beſtan- den/ und daß der menſch den freyen willen an- noch habe. Hiezu allegiret Colberg p. 409. das dritte buch des Grabes p. 204. da aber kein wort von dieſer ſache zu finden iſt. Auff welche art deñ die meiſten allegationes bey dergleichen inquifitionen zu geſchehen pflegen. Von der rechtfertigung/ wie auch von der gnugthuung CHriſti ſchreibet ihr Burchardus dieſe ſaͤtze zu: CHriſtus habe nicht in der angenomme- nen menſchheit fuͤr unſere ſuͤnde gnug thun wollen/ ſondern daß er im ſelbigen leibe im leiden und leben uns ein exempel gebe/ wei wir die ſuͤnde ſolten buͤſſen und GOttes gnade wieder erwerben. Item: Durch CHriſti verdienſt werde niemand ſelig u. ſ. w. Hiezu fuͤhret er einige worte aus ihren ſchrifften an: Darinne ſie auff die krafft und fruͤchte der wahren verſoͤhnung und recht- fertigung dringet/ ohne welche der heuchel-und mundglaube keinem ſuͤnder etwas helffe. Es dhat aber ihr vertheidiger von p. 128. ſie ſehr weitlaͤufftig diß falls erklaͤret/ welches deßwegen allhier nicht zu wiederholen noͤthig iſt/ zu- mal dergleichen materien bey andern ſol- chen perſonen bereits vorgekommen ſind. Sonſt hat man an ihr auch dieſes als irrig ver- worffen/ daß ſie auff das halten der gebote Got- tes getꝛieben/ weñ ſie zum exempel ſchreibet: Jch kan mit wahrheit ſagen/ daß ich die ge- bote Gottes halte durch ſeine gnade/ uñ daß ich liebeꝛ ſterben wolte/ denn das ge- ꝛingſte wideꝛ Gottes gebothandeln. Jch habe befunden den ſicherſten weg zur ſe- ligkeit zuerlangen in obſervantz der gebo- te GOttes. Esiſt gewiß/ daß niemand ſelig werden werde/ er habe denn die ge- dbote GOttes gehalten/ wie die worte/ Burchardus p. 33. nebenſt andern anfuͤhret. Von der ſumma des Evangelii ſind ihre folgende worte zu mercken. Von der rechtferti- gung. Von hal- tung der gebote GOttes. Alſo ſchreibet ſie in der erneuerung des Evan- geliſchen geiſtes P. I. pag. 176. n. 162. Jch brin- ge allein die wahr heit/ deren mich Gott theilhafftig machet/ anslicht/ und ver- kuͤndige als eine neue zeitung/ daß GOtt noch einmal ſeinen Evangeli- ſchen geiſt auff erden erneuren/ und die ſeelen von gutem willen/ mit dem geiſt den JEſus CHriſtus hatte/ als er auff erden war/ erfuͤllen/ auch die letzten Chriſten in weit groͤſſerer vollkommen- heit leben werden/ als die in der erſten kirchen gethan haben. Dieſes ſolte bil- lig allen lebendigen menſchen ange- nehm ſeyn. Und eben daſelbſt ſetzet ſie pag. 157. num. 147. Es iſt wahr/ daß ich in meinen ſchrifften von verſchiedenen dingenꝛede/ die eben nicht im Evangelio begꝛiffen ſind/ jedoch ſind es keine ſachen/ die ein jedweder glauben muß/ auch iſt der glaube derer zur ſeligkeit nicht nothwendig. Jch beſchreibe dieſelbe durch uͤberfluß/ den muth derer zuver- ſtaͤrcken/ welche ſie verſtehen uñ den gu- ten geſchmack darinnen finden; wer aber keinen geſchmack oder verſtand davon hat/ mag ſie fahren laſſen/ ihr glaube oder unglaube/ in dieſen dingen/ giebet oder nimmet mir nichts/ und ich habe alle meine prætenſion erlanget/ wenn ich nur klaͤrlich angewieſen/ daß niemand danders ſelig werden ſoll/ als diejenigen/ ſo die uͤbung eines Evangeliſchen lebens annehmen/ gleich wie mir ſolches Gott offenbaret hat. Jch laſſe einem jedwe- dem die freyheit/ dieſes nach ſeinem ge- fallen ins werck zuſtellen/ wo er will/ und weil Gott niemand zwinget/ ſo wer- de ich mich auch wol huͤtẽ/ ein ſolches zu thun. Jn meinen ſchrifften habe ich zu verſchiedenen malen von der ſchoͤpffung der welt/ von dem herꝛlichen ſtand/ worinnen Adam geſchaffen geweſen/ wie JEſus CHriſtus aus ihme im ſtan- de ſeiner unſchuld geboren worden/ und von noch mehr andern Goͤttlichen ge- heimniſſen/ ſo die menſchen nie gehoͤret haben/ geredet/ aber dieſes alles iſt nichts anders/ als eine eintzige wein- traube aus dem garten des ewigen le- bens. Deñ gleichwie die abgeſandten deꝛ kinder Jſrael eine traube aus dem Ge- lobten Lande brachten/ deſſelben uͤber- fluß und koͤſtliche fruchtbarkeit da- durch anzudeuten; alſo habe ich auch von dieſen hohen verborgenen geheim- niſſen geredet/ ſo mir GOtt offenbaret/ damit ich ein kleines ſtuͤcklein von der herrligkeit ſehen laſſen moͤge/ die Gott denen bereitet hat/ welche die Evange- liſche lehre beobachten. Jedoch unter- weiſe ich dieſe unbekante wunder nicht als glaubens-articul/ ſonder nich erklaͤ- re dieſelbe alleine zu verſtaͤrckung mei- ner ſeele und derer jenigen/ ſo in der that wahre Chriſten werden wollen. Noch weiter daſelbſt pag. 182. num. 164. Alle von menſchen-haͤnden gemachte gebaͤude und ſtifftungen werden vergehen/ und nichts anders uͤberbleiben als der wah- re grund unſerer ſeligkeit/ nemlich: Jahr MDC. biß MDCC. Daß der menſch alleine geſchaffen ſey GOtt zu lieben/ und Daß er nicht ſelig werden kan/ wenn er auſſer dieſer liebe ſtirbet/ uñ noch ferner. Daß die ſuͤnde den menſchen ohne ei- nige vergebung (in Gallico remiſſion, pro- priè hic einig auff hoͤren) zur verdamm- niß gebracht/ und Daß

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Zitationshilfe: Arnold, Gottfried: Unpartheyische Kirchen- und Ketzer-Historie. Bd. 2 (T. 3/4). Frankfurt (Main), 1700, S. 158. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnold_ketzerhistorie02_1700/170>, abgerufen am 22.12.2024.