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Arnold, Gottfried: Unpartheyische Kirchen- und Ketzer-Historie. Bd. 2 (T. 3/4). Frankfurt (Main), 1700.

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Th. III. C. XIV. Von Johann Melchior Stengern
[Spaltenumbruch] Jahr
MDC.
biß
MDCC.
let/ als manche sich einbilden: sondern
entweder bedürffen die wahren zum
ewigen leben verordneten kinder GOt-
tes derselben grossen busse nie/ oder
doch ja nicht zum andern mal/ geschwei-
ge zum dritten/ zehenden oder hunderten
mal.
Dieses waren die haupt-puncte/ wor-
über man ihn ein hauffen ketzereyen schuld gege-
ben/ wozu noch eine und andere sonderliche
expressiones mit gerechnet worden/ welche ihn
noch mehr zu graviren schienen. Als da das
Franckfurtische responsum in der censura Sten-
geriana p.
105. dieses eine harte rede zu seyn
Von Got-
tes barm-
hertzig-
keit.
bekennet: GOtt erbarmet sich nicht al-
ler menschen/ sondern nur etlicher/ die
sich auch recht in seine vorgeschriebene
ordnung schicken.
Item: Er will nicht
allen und jeden sündern gnädig seyn.
Da
man siehet/ daß der Auctor dem mißbrauch der
gnade GOttes steuren/ und die leute durch sol-
chen vortrag schüchtern und furchtsam machen
wollen/ wie es im ersten ausbrechenden eiffer zu
gehen pfleget/ da die völlige krafft des wahren
Evangelii und die rechte theilung des worts
noch nicht im grunde recht erkant wird. Je-
doch hat ihn das Franckfurtische responsum
auch in dieser sache von dem Calvinismo absol-
vi
rt/ weil er anders wo diesem ernstlich wider-
spreche. Was er auch sonsten/ von dem ge-
setz CHristi/ dessen möglicher haltung
und erfüllung
und andern dahin gehörigen
fragen gelehret habe/ ist aus seinem ausführli-
chen tractat vom unterschied des gesetzes
CHristi und Mosis/
den er in seine Palino-
diam
miteingerücket/ weitläufftig zu sehen.

5. Uber dieses alles sind seine censores noch
vieler anderen dinge wegen mit ihm nicht zufrie-
den gewest. Als/ da sie ihn des Weigeliani-
smi
und Quakerismi verdächtig gehalten/ weil
Von der
offenba-
rung Got-
tes in der
seelen.
er von sich geschrieben: Die glaubigen hö-
ren am Sabbath dem H. Geist/ dem in-
nerlichen Lehrer/ zu/ der in ihrer seelen
wohnet. GOttes väterlich liebeszei-
chen hab ich bißher gnug gespürt/ auch
in meiner seelen täglich mit GOtt gere-
det/ und da seine tröstliche antwort ge-
höret in seinem heiligthum;
vid. censura
Stenger. p.
101. Und von dieser materie hat er ein
gantzes büchlein geschrieben/ unter dem titul:
das grosse geheimniß innerlicher versie-
gelung durch den geist der kindschafft.

Berlin 1674. 12mo. Am allermeisten hat er
darinnen ungnädige richter gehabt/ daß er als-
bald in seiner ersten schrifft in der vorrede über
die laster derer Prediger/ sonderlich ihre unbuß-
fertigkeit und schwelgerey/ wie auch über die
ehr- und geldsüchtigkeit der Theologen geklaget/
welches er aber nachgehends noch vielmehr ge-
than. Hartnaccius fasset seine ketzereyen diß-
fals l. c. also zusammen: Die Lutherischen
Von den
Lutheri-
schen Leh-
rern/
Lehrer hätten bißher die lehre von wah-
rer GOttseligkeit/ busse und bekehrung
nicht gewust/ auch dem volck weder
mündlich noch schrifftlich gnugsam vor-
getragen. Hingegen hätten sie mit ihren
predigten viele zur heucheley und sicher-
heit geführet.
Wir wollen aber etliche ex-
pressiones
hie von aus ihm vernehme/ damit der
leser sehen könne/ ob ihm recht geschehe oder nicht.

6. Jn der verantwortung auff die 3.
[Spaltenumbruch] Wittenbergische
censuren p. 12. schreibet er:Jahr
MDC.
biß
MDCC.
Und ihrer
heucheley
und sicher-
heit/

Diejenigen/ so dem frommen Arndt/ in-
dem ers eben mit den heuchlern und eigen-
willigen Christen zuthun gehabt/ in sein
wort gleichsam gefallen/ seingut vorhaben
gehindert/ werden schlechten danck bey
Gott haben/ etc. Mit blutigen zähren ist es
zu beweinen/ daß es so übel zugehet unter
Gelehrten/ Predigern/
Professoren und Seel-Hinde-
rung des
Christen-
thums/

sorgern/ daß nemlich wenn einer oder der
andere ist/ der seinem GOtt treulich die-
nen will/ und ungeacht aller gefahr/ dar-
ein er möchte gerathen/ will das hohe
werck/ die bekehrung und gewinnung der
seelen/ vermittelst Göttlichen segens und
ordnung ihm angelegen seyn lassen/ thut
seinen besten fleiß/ trägt die buß-lehre
vor/ nachdem er gaben des geistes hat/
versehret auff keinerley weise den grund
der Religion/ nur daß er nicht von wort
zu wort es nachbetet/ wie ers ingemein
bey andern findet/ das volck auch
attent
und bewegt wird: alsdenn andere sich
lassen den teuffelischen neid reiten/
und da sie sich solten über dem wachs-
thum des Reichs GOttts freuen/ so hin-
dern sie es/ machen sich über des eiffrigen
Lehrers arbeit her/ tadeln und meistern/
ja verketzern und üben ihren muthwillen.
Darüber muß das werck des Herrn ins ste-
cken gerathen/ das volck wird geärgert/
die gottlosen werden verhärtet. Unter-
dessen ist bey solchen tadlern kein eisser/
gleichmäßig seelen zugewinnen/ ja sie
selbst sind und bleiben unbekehrt/ dienen
mehr ihnen selbst als GOtt/ weyden sich
und die ihren/ machens bunt mit bey den
gelagen/ sind lustige
Politici, die zwar
auff der cantzel oder catheder von GOt-
tes wort reden/ aber in täglicher
conversa-
tion
höret man nichts davon/ da ist kein
exemplarischer wandel/ das sind die irr-
disch gesinnte
Phil. III.

7. Und eben daselbst p. 20. Es giebtsolcheFalschen
eiffer wi-
der das
thätige
Christen-
thum.

ungeschickte Theologen/ die nicht anders
thun/ als lebten sie unter lauter werckhei-
ligen/ da sie es doch vielmehr solten
Jacobo
nachthun. Denn ist denn etwa unter uns
Lutherischen ein solch volck/ das seiner
eigenen wercke gerechtigkeit zu sehr auff-
zurichten trachte/ lassen sie etwa einen
strengen heiligen wandel sehen? Sie miß-
brauchen ja ohne das deß
sola fides, und ver-
gessen der werckegar darüber. -- Unsere
zeit erfordert
Jacobos, Arndios, die mehr
wider den wercklosen glauben reden/ als
wider das vertrauen auff wercke. So
richten aber manche unserer heutigen

Theologen ihre meiste sorge und fleiß da-
hin/ nur daß sie steuern der werckheilig-
keit. Das macht/ bey ihnen ist auch der

fides mehr als zu sola, das ist/ an ihnen sie-
het man keine wercke/ keinen heiligen
wandel/ so treiben sie auch lieber das
sola
sides,
und wo einer kommt/ der von der gu-
ten wercke nothwendigkeit was schärffer
will reden/ über den fahren sie her mit
cen-
sur
en/ meinen denn/ sie haben sich trefflich
um die kirche verdient.
Und in der vor-

rede

Th. III. C. XIV. Von Johann Melchior Stengern
[Spaltenumbruch] Jahr
MDC.
biß
MDCC.
let/ als manche ſich einbilden: ſondern
entweder beduͤrffen die wahren zum
ewigen leben verordneten kinder GOt-
tes derſelben groſſen buſſe nie/ oder
doch ja nicht zum andern mal/ geſchwei-
ge zum dritten/ zehenden oder hundeꝛten
mal.
Dieſes waren die haupt-puncte/ wor-
uͤber man ihn ein hauffen ketzereyen ſchuld gege-
ben/ wozu noch eine und andere ſonderliche
expreſſiones mit gerechnet worden/ welche ihn
noch mehr zu graviren ſchienen. Als da das
Franckfurtiſche reſponſum in der cenſura Sten-
geriana p.
105. dieſes eine harte rede zu ſeyn
Von Got-
tes barm-
hertzig-
keit.
bekennet: GOtt erbarmet ſich nicht al-
ler menſchen/ ſondern nur etlicher/ die
ſich auch recht in ſeine vorgeſchriebene
ordnung ſchicken.
Item: Er will nicht
allen und jeden ſuͤndern gnaͤdig ſeyn.
Da
man ſiehet/ daß der Auctor dem mißbrauch der
gnade GOttes ſteuren/ und die leute durch ſol-
chen vortrag ſchuͤchtern und furchtſam machen
wollen/ wie es im erſten ausbrechenden eiffer zu
gehen pfleget/ da die voͤllige krafft des wahren
Evangelii und die rechte theilung des worts
noch nicht im grunde recht erkant wird. Je-
doch hat ihn das Franckfurtiſche reſponſum
auch in dieſer ſache von dem Calviniſmo abſol-
vi
rt/ weil er anders wo dieſem ernſtlich wider-
ſpreche. Was er auch ſonſten/ von dem ge-
ſetz CHriſti/ deſſen moͤglicher haltung
und erfuͤllung
und andern dahin gehoͤrigen
fragen gelehret habe/ iſt aus ſeinem ausfuͤhrli-
chen tractat vom unterſchied des geſetzes
CHriſti und Moſis/
den er in ſeine Palino-
diam
miteingeruͤcket/ weitlaͤufftig zu ſehen.

5. Uber dieſes alles ſind ſeine cenſores noch
vieler anderen dinge wegen mit ihm nicht zufrie-
den geweſt. Als/ da ſie ihn des Weigeliani-
ſmi
und Quakeriſmi verdaͤchtig gehalten/ weil
Von der
offenba-
rung Got-
tes in der
ſeelen.
er von ſich geſchrieben: Die glaubigen hoͤ-
ren am Sabbath dem H. Geiſt/ dem in-
nerlichen Lehrer/ zu/ der in ihrer ſeelen
wohnet. GOttes vaͤterlich liebeszei-
chen hab ich bißher gnug geſpuͤrt/ auch
in meiner ſeelen taͤglich mit GOtt gere-
det/ und da ſeine troͤſtliche antwort ge-
hoͤret in ſeinem heiligthum;
vid. cenſura
Stenger. p.
101. Und von dieſeꝛ materie hat er ein
gantzes buͤchlein geſchrieben/ unter dem titul:
das groſſe geheimniß innerlicher verſie-
gelung durch den geiſt der kindſchafft.

Berlin 1674. 12mo. Am allermeiſten hat er
darinnen ungnaͤdige richter gehabt/ daß er als-
bald in ſeiner erſten ſchrifft in der vorrede uͤber
die laſter derer Prediger/ ſonderlich ihre unbuß-
fertigkeit und ſchwelgerey/ wie auch uͤber die
ehꝛ- und geldſuͤchtigkeit deꝛ Theologen geklaget/
welches er aber nachgehends noch vielmehr ge-
than. Hartnaccius faſſet ſeine ketzereyen diß-
fals l. c. alſo zuſammen: Die Lutheriſchen
Von den
Lutheri-
ſchen Leh-
rern/
Lehrer haͤtten bißher die lehre von wah-
rer GOttſeligkeit/ buſſe und bekehrung
nicht gewuſt/ auch dem volck weder
muͤndlich noch ſchrifftlich gnugſam voꝛ-
getragen. Hingegen haͤtten ſie mit ihꝛen
predigten viele zur heucheley und ſicher-
heit gefuͤhret.
Wir wollen aber etliche ex-
preſſiones
hie von aus ihm vernehmē/ damit der
leſer ſehen koͤñe/ ob ihm recht geſchehē oder nicht.

6. Jn der verantwortung auff die 3.
[Spaltenumbruch] Wittenbergiſche
cenſuren p. 12. ſchreibet er:Jahr
MDC.
biß
MDCC.
Und ihrer
heucheley
und ſicher-
heit/

Diejenigen/ ſo dem frommen Arndt/ in-
dem ers eben mit den heuchlern und eigen-
willigen Chriſten zuthun gehabt/ in ſein
woꝛt gleichſam gefallen/ ſeingut voꝛhaben
gehindert/ werden ſchlechten danck bey
Gott haben/ ꝛc. Mit blutigen zaͤhren iſt es
zu beweinen/ daß es ſo uͤbel zugehet unter
Gelehꝛten/ Predigeꝛn/
Profeſſoren uñ Seel-Hinde-
rung des
Chriſten-
thums/

ſorgern/ daß nemlich wenn einer oder der
andere iſt/ der ſeinem GOtt treulich die-
nen will/ und ungeacht aller gefahr/ dar-
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werck/ die bekehrung und gewinnung der
ſeelen/ vermittelſt Goͤttlichen ſegens und
ordnung ihm angelegen ſeyn laſſen/ thut
ſeinen beſten fleiß/ traͤgt die buß-lehre
vor/ nachdem er gaben des geiſtes hat/
verſehret auff keinerley weiſe den grund
der Religion/ nur daß er nicht von wort
zu wort es nachbetet/ wie ers ingemein
bey andern findet/ das volck auch
attent
und bewegt wird: alsdenn andere ſich
laſſen den teuffeliſchen neid reiten/
und da ſie ſich ſolten uͤber dem wachs-
thum des Reichs GOttts freuen/ ſo hin-
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deſſen iſt bey ſolchen tadlern kein eiſſer/
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ſelbſt ſind und bleiben unbekehrt/ dienen
mehr ihnen ſelbſt als GOtt/ weyden ſich
und die ihren/ machens bunt mit bey den
gelagen/ ſind luſtige
Politici, die zwar
auff der cantzel oder catheder von GOt-
tes wort reden/ aber in taͤglicher
converſa-
tion
hoͤret man nichts davon/ da iſt kein
exemplariſcher wandel/ das ſind die irꝛ-
diſch geſinnte
Phil. III.

7. Und eben daſelbſt p. 20. Es giebtſolcheFalſchen
eiffer wi-
der das
thaͤtige
Chriſten-
thum.

ungeſchickte Theologen/ die nicht anders
thun/ als lebten ſie unter lauter werckhei-
ligen/ da ſie es doch vielmehr ſolten
Jacobo
nachthun. Denn iſt denn etwa unter uns
Lutheriſchen ein ſolch volck/ das ſeiner
eigenen wercke gerechtigkeit zu ſehr auff-
zurichten trachte/ laſſen ſie etwa einen
ſtrengen heiligen wandel ſehen? Sie miß-
bꝛauchen ja ohne das deß
ſola fides, und ver-
geſſen der werckegar daruͤber. — Unſere
zeit erfordert
Jacobos, Arndios, die mehr
wider den werckloſen glauben reden/ als
wider das vertrauen auff wercke. So
richten aber manche unſerer heutigen

Theologen ihre meiſte ſorge und fleiß da-
hin/ nur daß ſie ſteuern der werckheilig-
keit. Das macht/ bey ihnen iſt auch der

fides mehr als zu ſola, das iſt/ an ihnen ſie-
het man keine wercke/ keinen heiligen
wandel/ ſo treiben ſie auch lieber das
ſola
ſides,
und wo einer kommt/ der von der gu-
ten wercke nothwendigkeit was ſchaͤrffer
will reden/ uͤber den fahren ſie her mit
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en/ meinen denn/ ſie haben ſich trefflich
um die kirche verdient.
Und in der vor-

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[136/0148] Th. III. C. XIV. Von Johann Melchior Stengern let/ als manche ſich einbilden: ſondern entweder beduͤrffen die wahren zum ewigen leben verordneten kinder GOt- tes derſelben groſſen buſſe nie/ oder doch ja nicht zum andern mal/ geſchwei- ge zum dritten/ zehenden oder hundeꝛten mal. Dieſes waren die haupt-puncte/ wor- uͤber man ihn ein hauffen ketzereyen ſchuld gege- ben/ wozu noch eine und andere ſonderliche expreſſiones mit gerechnet worden/ welche ihn noch mehr zu graviren ſchienen. Als da das Franckfurtiſche reſponſum in der cenſura Sten- geriana p. 105. dieſes eine harte rede zu ſeyn bekennet: GOtt erbarmet ſich nicht al- ler menſchen/ ſondern nur etlicher/ die ſich auch recht in ſeine vorgeſchriebene ordnung ſchicken. Item: Er will nicht allen und jeden ſuͤndern gnaͤdig ſeyn. Da man ſiehet/ daß der Auctor dem mißbrauch der gnade GOttes ſteuren/ und die leute durch ſol- chen vortrag ſchuͤchtern und furchtſam machen wollen/ wie es im erſten ausbrechenden eiffer zu gehen pfleget/ da die voͤllige krafft des wahren Evangelii und die rechte theilung des worts noch nicht im grunde recht erkant wird. Je- doch hat ihn das Franckfurtiſche reſponſum auch in dieſer ſache von dem Calviniſmo abſol- virt/ weil er anders wo dieſem ernſtlich wider- ſpreche. Was er auch ſonſten/ von dem ge- ſetz CHriſti/ deſſen moͤglicher haltung und erfuͤllung und andern dahin gehoͤrigen fragen gelehret habe/ iſt aus ſeinem ausfuͤhrli- chen tractat vom unterſchied des geſetzes CHriſti und Moſis/ den er in ſeine Palino- diam miteingeruͤcket/ weitlaͤufftig zu ſehen. Jahr MDC. biß MDCC. Von Got- tes barm- hertzig- keit. 5. Uber dieſes alles ſind ſeine cenſores noch vieler anderen dinge wegen mit ihm nicht zufrie- den geweſt. Als/ da ſie ihn des Weigeliani- ſmi und Quakeriſmi verdaͤchtig gehalten/ weil er von ſich geſchrieben: Die glaubigen hoͤ- ren am Sabbath dem H. Geiſt/ dem in- nerlichen Lehrer/ zu/ der in ihrer ſeelen wohnet. GOttes vaͤterlich liebeszei- chen hab ich bißher gnug geſpuͤrt/ auch in meiner ſeelen taͤglich mit GOtt gere- det/ und da ſeine troͤſtliche antwort ge- hoͤret in ſeinem heiligthum; vid. cenſura Stenger. p. 101. Und von dieſeꝛ materie hat er ein gantzes buͤchlein geſchrieben/ unter dem titul: das groſſe geheimniß innerlicher verſie- gelung durch den geiſt der kindſchafft. Berlin 1674. 12mo. Am allermeiſten hat er darinnen ungnaͤdige richter gehabt/ daß er als- bald in ſeiner erſten ſchrifft in der vorrede uͤber die laſter derer Prediger/ ſonderlich ihre unbuß- fertigkeit und ſchwelgerey/ wie auch uͤber die ehꝛ- und geldſuͤchtigkeit deꝛ Theologen geklaget/ welches er aber nachgehends noch vielmehr ge- than. Hartnaccius faſſet ſeine ketzereyen diß- fals l. c. alſo zuſammen: Die Lutheriſchen Lehrer haͤtten bißher die lehre von wah- rer GOttſeligkeit/ buſſe und bekehrung nicht gewuſt/ auch dem volck weder muͤndlich noch ſchrifftlich gnugſam voꝛ- getragen. Hingegen haͤtten ſie mit ihꝛen predigten viele zur heucheley und ſicher- heit gefuͤhret. Wir wollen aber etliche ex- preſſiones hie von aus ihm vernehmē/ damit der leſer ſehen koͤñe/ ob ihm recht geſchehē oder nicht. Von der offenba- rung Got- tes in der ſeelen. Von den Lutheri- ſchen Leh- rern/ 6. Jn der verantwortung auff die 3. Wittenbergiſche cenſuren p. 12. ſchreibet er: Diejenigen/ ſo dem frommen Arndt/ in- dem ers eben mit den heuchlern und eigen- willigen Chriſten zuthun gehabt/ in ſein woꝛt gleichſam gefallen/ ſeingut voꝛhaben gehindert/ werden ſchlechten danck bey Gott haben/ ꝛc. Mit blutigen zaͤhren iſt es zu beweinen/ daß es ſo uͤbel zugehet unter Gelehꝛten/ Predigeꝛn/ Profeſſoren uñ Seel- ſorgern/ daß nemlich wenn einer oder der andere iſt/ der ſeinem GOtt treulich die- nen will/ und ungeacht aller gefahr/ dar- ein er moͤchte gerathen/ will das hohe werck/ die bekehrung und gewinnung der ſeelen/ vermittelſt Goͤttlichen ſegens und ordnung ihm angelegen ſeyn laſſen/ thut ſeinen beſten fleiß/ traͤgt die buß-lehre vor/ nachdem er gaben des geiſtes hat/ verſehret auff keinerley weiſe den grund der Religion/ nur daß er nicht von wort zu wort es nachbetet/ wie ers ingemein bey andern findet/ das volck auch attent und bewegt wird: alsdenn andere ſich laſſen den teuffeliſchen neid reiten/ und da ſie ſich ſolten uͤber dem wachs- thum des Reichs GOttts freuen/ ſo hin- dern ſie es/ machen ſich uͤber des eiffrigen Lehrers arbeit her/ tadeln und meiſtern/ ja verketzern und uͤben ihren muthwillen. Daruͤber muß das werck des Herrn ins ſte- cken gerathen/ das volck wird geaͤrgert/ die gottloſen werden verhaͤrtet. Unter- deſſen iſt bey ſolchen tadlern kein eiſſer/ gleichmaͤßig ſeelen zugewinnen/ ja ſie ſelbſt ſind und bleiben unbekehrt/ dienen mehr ihnen ſelbſt als GOtt/ weyden ſich und die ihren/ machens bunt mit bey den gelagen/ ſind luſtige Politici, die zwar auff der cantzel oder catheder von GOt- tes wort reden/ aber in taͤglicher converſa- tion hoͤret man nichts davon/ da iſt kein exemplariſcher wandel/ das ſind die irꝛ- diſch geſinnte Phil. III. Jahr MDC. biß MDCC. Und ihrer heucheley und ſicher- heit/ Hinde- rung des Chriſten- thums/ 7. Und eben daſelbſt p. 20. Es giebtſolche ungeſchickte Theologen/ die nicht anders thun/ als lebten ſie unter lauter werckhei- ligen/ da ſie es doch vielmehr ſolten Jacobo nachthun. Denn iſt denn etwa unter uns Lutheriſchen ein ſolch volck/ das ſeiner eigenen wercke gerechtigkeit zu ſehr auff- zurichten trachte/ laſſen ſie etwa einen ſtrengen heiligen wandel ſehen? Sie miß- bꝛauchen ja ohne das deß ſola fides, und ver- geſſen der werckegar daruͤber. — Unſere zeit erfordert Jacobos, Arndios, die mehr wider den werckloſen glauben reden/ als wider das vertrauen auff wercke. So richten aber manche unſerer heutigen Theologen ihre meiſte ſorge und fleiß da- hin/ nur daß ſie ſteuern der werckheilig- keit. Das macht/ bey ihnen iſt auch der fides mehr als zu ſola, das iſt/ an ihnen ſie- het man keine wercke/ keinen heiligen wandel/ ſo treiben ſie auch lieber das ſola ſides, und wo einer kommt/ der von der gu- ten wercke nothwendigkeit was ſchaͤrffer will reden/ uͤber den fahren ſie her mit cen- ſuren/ meinen denn/ ſie haben ſich trefflich um die kirche verdient. Und in der vor- rede Falſchen eiffer wi- der das thaͤtige Chriſten- thum.

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Zitationshilfe: Arnold, Gottfried: Unpartheyische Kirchen- und Ketzer-Historie. Bd. 2 (T. 3/4). Frankfurt (Main), 1700, S. 136. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnold_ketzerhistorie02_1700/148>, abgerufen am 02.05.2024.