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Arnold, Gottfried: Unpartheyische Kirchen- und Ketzer-Historie. Bd. 2 (T. 3/4). Frankfurt (Main), 1700.

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Th. III. C. XIII. Von Augustino Fuhrmann/ Adolph Held/
[Spaltenumbruch] Jahr
MDC.
biß
MDCC.
Hohburg einen theil seines Praetorianischen
geistes mitgetheilet hätte/ als er eine zeitlang
sich bey ihm auffgehalten. Da doch aus al-
len umständen klar ist/ daß Betkius, der schon
lange zur zeit des Teutschen krieges im predig-
amt gewesen/ das von ihm beschriebene elend
derer meisten Prediger selber gesehen und erfah-
ren/ auch daher nach dem augenschein beschriebe
und beklaget/ und nicht erst von einem andern lerne
dürffen; wie denn leider ins gemein die greuel der
verwüstung so hand greiflich vor augen liegen/
daß dieselben nicht erst von andern oder aus ge-
wissen büchern ersehen werden dürffen/ sondern
von einem jeden/ der kein blinder und leiter der
blinden ist/ nach der wahrheit und täglichen
erfahrung leichtlich dargethan werden mö-
Hohburgs
lebens-
lauff.
gen. Es mag aber hier so gleich Hohburgs
historie mit stehen/ und zwar erstlich sein lebens-
lauff/ wie er aus der beschreibung seines sohnes
Philipp Hohburgs kürtzlich zusammen gezo-
gen wird. Er ist im jahr 1607. zu Lüneburg
geboren/ von einem tuchmacher daselbst Georg
Hohburg/ in seiner jugend zeitlich zum waysen/
gleich wol aber durch vorsorge eines Predigers
daselbst zur schulen gehalten worden/ da er sich
mit informiren und singen so lange durch brin-
gen müssen/ biß es auff die gewöhnliche art mit
ihm zeit gewesen auff die Universität zu ziehen.
Weil er aber so gar blutarm gewesen/ muste die-
ses unterbleiben/ und er davor eine Praeceptora-
tur
zu Lauenburg bey dem zoll-einnehmer Phl-
lipp Pfeiffern bedienen.

Angehen-
de erleuch-
tung.

15. Nach etlichen jahren begiebt er sich nach
Königsberg/ studirt eine weile da/ und wird
darauff zu Lauenburg Cantor, verrichtet auch
zugleich die früh- und wochen-predigten. Hier
fängt er an Arndts bücher zu lesen/ gedencket
hernach in seiner Predigt einmal Caspar
Schwenckfelds/ bey welcher gelegenheit ihm
ein frommer mann Schwenckfelds büchlein von
der himmlischen artzeney zu lesen giebt/ damit er
ihn nicht mehr ungeprüft verdammen möchte.
Uber diesem buch wird Hohburg dergestalt ge-
rühret/ daß er aller weltlichen dinge so gleich ver-
gisset/ und so gar auch seiner verlobten braut/
und in stätem weinen/ seufftzen/ und andern
buß-übungen die zeit zubringt. Hierbey gehen
ihm zugleich bey fleißiger forschung der heiligen
Schrifft die augen auff/ woher der gröste miß-
brauch in der kirchen entstehe/ weil nemlich
des H. Geistes krafft gehindert und ver-
worffen werde/ und man an statt dessen
das blosse äusserliche predigen und kir-
chen-wesen allein vor gnugsam halte.

Zeugniß
ber wahr-
[h]eit.
Jndessen wird Hohburg zum Sub-Conrecto-
rat
nach Ulzen beruffen/ da er auch zugleich mit
predigen muß/ um das jahr 1640. Er fänget
hier an nach seiner erlangten erkäntniß die leute
auff die krafft GOttes selbst in ihren hertzen zu
weisen/ und weil die straffen der grossen sicher-
heit und boßheit auch das Lutherthum damals
hart angriffen/ machet er ein allgemein gebet/
und thut selbiges allezeit nach der Predigt/ dar-
inne sonderlich erinnert wird/ wie sich die mei-
sten noch nicht besserten/ und wie man nicht so
wol um abwendung der straffen als der sünden
Verja-
gung.
zu beten hätte/ etc. Welches gebet in dem büch-
lein vom Teutschen kriege noch stehet. Den
Predigern aber ist dieses unleidlich/ die es dahin
bringen/ daß Hohburgen solches gebet verbo-
[Spaltenumbruch] ten wird. Allein dieser will es gewissens halberJahr
MDC.
biß
MDCC.

nicht unterlassen/ und wird darüber abgesetzet.

16. Er ziehet hierauff mit den seinigen nach
Hamburg/ wird allda bey dem Commendanten
Informator, und schreibet unterschiedliche bü-
cher/ sonderlich aber den Spiegel der miß-
bräuche
unter dem namen Eliae Praetorii, und
das ärgerliche Christenthum unter dem
namen Bernhard Baumanns. Von dar ziehet
er nach Lüneburg/ und wird Corrector bey den
Sternen in der berühmten Druckerey. Weil er
aber durch mehrere schrifften immer bekanter
wird/ schreiben unterschiedliche hohe Schriftge-
lehrte und Phariseer/ wie sie der auctor nennet/
daß sie ihn abschaffen. Es fügt sich aber gleich/
daß der Hertzog von Wolffenbüttel Augustus
ihn vocirt/ ihm den text zur prob-predigt selber
auffsetzet/ auch der General-Superintendens ne-
benst dem gantzen hoff seine gaben aestimiren/ so
daß jener zu ihm spricht: Er hat nicht ge-
predigt als ein Juncker-prediger/ son-
dern als ein alter
Practicus. Nach gegebe-Beförde-
rung im
Wolffen-
büttli-
schen.

ner wahl unter dreyen Pfarren erwehlet er die
geringste auff einem dorff/ Borne genant. Und
ob ihm wol Hertzog Augustus inzwischen eine
Superintentur anträgt/ schlägt selbige doch
Hohburg ernstlich aus/ so daß der Fürst lachend
spricht: Der solls haben und will es nicht/
andere woltens gerne und können nicht etc.

17. Kaum sitzet er etliche jahr daselbst in ru-
he/ so schreiben allerhand Theologi an den Für-
sten wider Hohburgen/ er solte ihn abschaffen/
der Hertzog aber communicirt ihm die meisten
briefe davon/ doch wird er zuletzt des anlauffs
überdrüßig/ und übergiebt Hohburgen dem
Consistorio mit den worten: Wenn ich euch
länger fürstehen solte/ so hätten wir ei-
nen neuen Pfaffen-krieg.
Seine gegnerNeue an-
klagen/

ziehen viel puncte aus seinen schrifften/ und for-
dern/ er soll sie wiederruffen. Er aber weigert
sich durchaus/ und berufft sich auff die wahrheit
und erfahrung. Man setzet ihm auff allerhand
art zu/ und sonderlich beschuldigt ihn ein Con-
sistorialis,
er hätte von sich geschrieben: Wie er
die gantze Bibel schon in fleisch und blut
verwandelt hätte/
welches aber Hohburg
lateinisch also ausgedrucket gehabt: Er gehe
damit um/ daß er die H. Schrifft in
suc-
cum & sanguinem conver
tire. Endlich setzetund ver-
treibung.

man ihn ab/ wirfft ihm seinen haußrath und
alle sachen auff die gasse hinaus/ und muß
er mit hinterlassung vieler vorgeschosse-
nen unkosten und ausstehenden schulden/ da
er im kriegs-wesen fast jedem einwoh-
nergrosse summen geldes vorgestreckt gehabt/
über hals und kopff aus dem lande ziehen/ und
zwar mit 8. kleinen kindern. GOtt erwecket
aber einen unbekannten mann in Braun-
schweig/ der ihm 200. Ducaten anbeut/ da-
von er nur 50. zu seiner nothdurfft nimmt/ undWoh-
nung in
Quedlin-
burg.

auf einladen eines Doctoris nach Quedlinburg
ziehet/ wird aber von diesem wegen des Spie-
gels der mißbräuche hernach hart tractiret/ und
von den cantzeln hefftig ausgeruffen/ da ihm
auch die Prediger ein verstorben kind über 14.
tage unbegraben stehen lassen. Weil aber ei-
nige obrigkeitliche personen sich seiner anneh-
men/ muß ihn die Clerisey mit seiner familie
so lange dulten/ biß er von Betkio/ bey dem er

eine

Th. III. C. XIII. Von Auguſtino Fuhrmann/ Adolph Held/
[Spaltenumbruch] Jahr
MDC.
biß
MDCC.
Hohburg einen theil ſeines Prætorianiſchen
geiſtes mitgetheilet haͤtte/ als er eine zeitlang
ſich bey ihm auffgehalten. Da doch aus al-
len umſtaͤnden klar iſt/ daß Betkius, der ſchon
lange zur zeit des Teutſchen krieges im predig-
amt geweſen/ das von ihm beſchriebene elend
derer meiſten Prediger ſelber geſehen und erfah-
ren/ auch daheꝛ nach dem augenſchein beſchriebē
uñ beklaget/ uñ nicht erſt von einem andeꝛn lernē
duͤrffen; wie deñ leider ins gemein die greuel der
verwuͤſtung ſo hand greiflich vor augen liegen/
daß dieſelben nicht erſt von andern oder aus ge-
wiſſen buͤchern erſehen werden duͤrffen/ ſondern
von einem jeden/ der kein blinder und leiter der
blinden iſt/ nach der wahrheit und taͤglichen
erfahrung leichtlich dargethan werden moͤ-
Hohburgs
lebens-
lauff.
gen. Es mag aber hier ſo gleich Hohburgs
hiſtorie mit ſtehen/ und zwar erſtlich ſein lebens-
lauff/ wie er aus der beſchreibung ſeines ſohnes
Philipp Hohburgs kuͤrtzlich zuſammen gezo-
gen wird. Er iſt im jahr 1607. zu Luͤneburg
geboren/ von einem tuchmacher daſelbſt Georg
Hohburg/ in ſeiner jugend zeitlich zum wayſen/
gleich wol aber durch vorſorge eines Predigers
daſelbſt zur ſchulen gehalten worden/ da er ſich
mit informiren und ſingen ſo lange durch brin-
gen muͤſſen/ biß es auff die gewoͤhnliche art mit
ihm zeit geweſen auff die Univerſitaͤt zu ziehen.
Weil er aber ſo gar blutarm geweſen/ muſte die-
ſes unterbleiben/ und er davor eine Præceptora-
tur
zu Lauenburg bey dem zoll-einnehmer Phl-
lipp Pfeiffern bedienen.

Angehen-
de erleuch-
tung.

15. Nach etlichen jahren begiebt er ſich nach
Koͤnigsberg/ ſtudirt eine weile da/ und wird
darauff zu Lauenburg Cantor, verrichtet auch
zugleich die fruͤh- und wochen-predigten. Hier
faͤngt er an Arndts buͤcher zu leſen/ gedencket
hernach in ſeiner Predigt einmal Caſpar
Schwenckfelds/ bey welcher gelegenheit ihm
ein frommer mann Schwenckfelds buͤchlein von
der himmliſchen artzeney zu leſen giebt/ damit er
ihn nicht mehr ungepruͤft verdammen moͤchte.
Uber dieſem buch wird Hohburg dergeſtalt ge-
ruͤhret/ daß er aller weltlichen dinge ſo gleich ver-
giſſet/ und ſo gar auch ſeiner verlobten braut/
und in ſtaͤtem weinen/ ſeufftzen/ und andern
buß-uͤbungen die zeit zubringt. Hierbey gehen
ihm zugleich bey fleißiger forſchung der heiligen
Schrifft die augen auff/ woher der groͤſte miß-
brauch in der kirchen entſtehe/ weil nemlich
des H. Geiſtes krafft gehindert und ver-
worffen werde/ und man an ſtatt deſſen
das bloſſe aͤuſſerliche predigen und kir-
chen-weſen allein vor gnugſam halte.

Zeugniß
ber wahr-
[h]eit.
Jndeſſen wird Hohburg zum Sub-Conrecto-
rat
nach Ulzen beruffen/ da er auch zugleich mit
predigen muß/ um das jahr 1640. Er faͤnget
hier an nach ſeiner erlangten erkaͤntniß die leute
auff die krafft GOttes ſelbſt in ihren hertzen zu
weiſen/ und weil die ſtraffen der groſſen ſicher-
heit und boßheit auch das Lutherthum damals
hart angriffen/ machet er ein allgemein gebet/
und thut ſelbiges allezeit nach der Predigt/ dar-
inne ſonderlich erinnert wird/ wie ſich die mei-
ſten noch nicht beſſerten/ und wie man nicht ſo
wol um abwendung der ſtraffen als der ſuͤnden
Verja-
gung.
zu beten haͤtte/ ꝛc. Welches gebet in dem buͤch-
lein vom Teutſchen kriege noch ſtehet. Den
Predigern aber iſt dieſes unleidlich/ die es dahin
bringen/ daß Hohburgen ſolches gebet verbo-
[Spaltenumbruch] ten wird. Allein dieſer will es gewiſſens halberJahr
MDC.
biß
MDCC.

nicht unterlaſſen/ und wird daruͤber abgeſetzet.

16. Er ziehet hierauff mit den ſeinigen nach
Hamburg/ wird allda bey dem Commendanten
Informator, und ſchreibet unterſchiedliche buͤ-
cher/ ſonderlich aber den Spiegel der miß-
braͤuche
unter dem namen Eliæ Prætorii, und
das aͤrgerliche Chriſtenthum unter dem
namen Bernhard Baumanns. Von dar ziehet
er nach Luͤneburg/ und wird Corrector bey den
Sternen in der beruͤhmten Druckerey. Weil er
aber durch mehrere ſchrifften immer bekanter
wird/ ſchreiben unterſchiedliche hohe Schriftge-
lehrte und Phariſeer/ wie ſie der auctor nennet/
daß ſie ihn abſchaffen. Es fuͤgt ſich aber gleich/
daß der Hertzog von Wolffenbuͤttel Auguſtus
ihn vocirt/ ihm den text zur prob-predigt ſelber
auffſetzet/ auch der General-Superintendens ne-
benſt dem gantzen hoff ſeine gaben æſtimiren/ ſo
daß jener zu ihm ſpricht: Er hat nicht ge-
predigt als ein Juncker-prediger/ ſon-
dern als ein alter
Practicus. Nach gegebe-Befoͤrde-
rung im
Wolffen-
buͤttli-
ſchen.

ner wahl unter dreyen Pfarren erwehlet er die
geringſte auff einem dorff/ Borne genant. Und
ob ihm wol Hertzog Auguſtus inzwiſchen eine
Superintentur antraͤgt/ ſchlaͤgt ſelbige doch
Hohburg ernſtlich aus/ ſo daß der Fuͤrſt lachend
ſpricht: Der ſolls haben und will es nicht/
andere woltens gerne und koͤñen nicht ꝛc.

17. Kaum ſitzet er etliche jahr daſelbſt in ru-
he/ ſo ſchreiben allerhand Theologi an den Fuͤr-
ſten wider Hohburgen/ er ſolte ihn abſchaffen/
der Hertzog aber communicirt ihm die meiſten
briefe davon/ doch wird er zuletzt des anlauffs
uͤberdruͤßig/ und uͤbergiebt Hohburgen dem
Conſiſtorio mit den worten: Wenn ich euch
laͤnger fuͤrſtehen ſolte/ ſo haͤtten wir ei-
nen neuen Pfaffen-krieg.
Seine gegnerNeue an-
klagen/

ziehen viel puncte aus ſeinen ſchrifften/ und for-
dern/ er ſoll ſie wiederruffen. Er aber weigert
ſich durchaus/ und berufft ſich auff die wahrheit
und erfahrung. Man ſetzet ihm auff allerhand
art zu/ und ſonderlich beſchuldigt ihn ein Con-
ſiſtorialis,
er haͤtte von ſich geſchrieben: Wie er
die gantze Bibel ſchon in fleiſch und blut
verwandelt haͤtte/
welches aber Hohburg
lateiniſch alſo ausgedrucket gehabt: Er gehe
damit um/ daß er die H. Schrifft in
ſuc-
cum & ſanguinem conver
tire. Endlich ſetzetund ver-
treibung.

man ihn ab/ wirfft ihm ſeinen haußrath und
alle ſachen auff die gaſſe hinaus/ und muß
er mit hinterlaſſung vieler vorgeſchoſſe-
nen unkoſten und ausſtehenden ſchulden/ da
er im kriegs-weſen faſt jedem einwoh-
nergroſſe ſummen geldes vorgeſtreckt gehabt/
uͤber hals und kopff aus dem lande ziehen/ und
zwar mit 8. kleinen kindern. GOtt erwecket
aber einen unbekannten mann in Braun-
ſchweig/ der ihm 200. Ducaten anbeut/ da-
von er nur 50. zu ſeiner nothdurfft nimmt/ undWoh-
nung in
Quedlin-
burg.

auf einladen eines Doctoris nach Quedlinburg
ziehet/ wird aber von dieſem wegen des Spie-
gels der mißbraͤuche hernach hart tractiret/ und
von den cantzeln hefftig ausgeruffen/ da ihm
auch die Prediger ein verſtorben kind uͤber 14.
tage unbegraben ſtehen laſſen. Weil aber ei-
nige obrigkeitliche perſonen ſich ſeiner anneh-
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[128/0140] Th. III. C. XIII. Von Auguſtino Fuhrmann/ Adolph Held/ Hohburg einen theil ſeines Prætorianiſchen geiſtes mitgetheilet haͤtte/ als er eine zeitlang ſich bey ihm auffgehalten. Da doch aus al- len umſtaͤnden klar iſt/ daß Betkius, der ſchon lange zur zeit des Teutſchen krieges im predig- amt geweſen/ das von ihm beſchriebene elend derer meiſten Prediger ſelber geſehen und erfah- ren/ auch daheꝛ nach dem augenſchein beſchriebē uñ beklaget/ uñ nicht erſt von einem andeꝛn lernē duͤrffen; wie deñ leider ins gemein die greuel der verwuͤſtung ſo hand greiflich vor augen liegen/ daß dieſelben nicht erſt von andern oder aus ge- wiſſen buͤchern erſehen werden duͤrffen/ ſondern von einem jeden/ der kein blinder und leiter der blinden iſt/ nach der wahrheit und taͤglichen erfahrung leichtlich dargethan werden moͤ- gen. Es mag aber hier ſo gleich Hohburgs hiſtorie mit ſtehen/ und zwar erſtlich ſein lebens- lauff/ wie er aus der beſchreibung ſeines ſohnes Philipp Hohburgs kuͤrtzlich zuſammen gezo- gen wird. Er iſt im jahr 1607. zu Luͤneburg geboren/ von einem tuchmacher daſelbſt Georg Hohburg/ in ſeiner jugend zeitlich zum wayſen/ gleich wol aber durch vorſorge eines Predigers daſelbſt zur ſchulen gehalten worden/ da er ſich mit informiren und ſingen ſo lange durch brin- gen muͤſſen/ biß es auff die gewoͤhnliche art mit ihm zeit geweſen auff die Univerſitaͤt zu ziehen. Weil er aber ſo gar blutarm geweſen/ muſte die- ſes unterbleiben/ und er davor eine Præceptora- tur zu Lauenburg bey dem zoll-einnehmer Phl- lipp Pfeiffern bedienen. Jahr MDC. biß MDCC. Hohburgs lebens- lauff. 15. Nach etlichen jahren begiebt er ſich nach Koͤnigsberg/ ſtudirt eine weile da/ und wird darauff zu Lauenburg Cantor, verrichtet auch zugleich die fruͤh- und wochen-predigten. Hier faͤngt er an Arndts buͤcher zu leſen/ gedencket hernach in ſeiner Predigt einmal Caſpar Schwenckfelds/ bey welcher gelegenheit ihm ein frommer mann Schwenckfelds buͤchlein von der himmliſchen artzeney zu leſen giebt/ damit er ihn nicht mehr ungepruͤft verdammen moͤchte. Uber dieſem buch wird Hohburg dergeſtalt ge- ruͤhret/ daß er aller weltlichen dinge ſo gleich ver- giſſet/ und ſo gar auch ſeiner verlobten braut/ und in ſtaͤtem weinen/ ſeufftzen/ und andern buß-uͤbungen die zeit zubringt. Hierbey gehen ihm zugleich bey fleißiger forſchung der heiligen Schrifft die augen auff/ woher der groͤſte miß- brauch in der kirchen entſtehe/ weil nemlich des H. Geiſtes krafft gehindert und ver- worffen werde/ und man an ſtatt deſſen das bloſſe aͤuſſerliche predigen und kir- chen-weſen allein vor gnugſam halte. Jndeſſen wird Hohburg zum Sub-Conrecto- rat nach Ulzen beruffen/ da er auch zugleich mit predigen muß/ um das jahr 1640. Er faͤnget hier an nach ſeiner erlangten erkaͤntniß die leute auff die krafft GOttes ſelbſt in ihren hertzen zu weiſen/ und weil die ſtraffen der groſſen ſicher- heit und boßheit auch das Lutherthum damals hart angriffen/ machet er ein allgemein gebet/ und thut ſelbiges allezeit nach der Predigt/ dar- inne ſonderlich erinnert wird/ wie ſich die mei- ſten noch nicht beſſerten/ und wie man nicht ſo wol um abwendung der ſtraffen als der ſuͤnden zu beten haͤtte/ ꝛc. Welches gebet in dem buͤch- lein vom Teutſchen kriege noch ſtehet. Den Predigern aber iſt dieſes unleidlich/ die es dahin bringen/ daß Hohburgen ſolches gebet verbo- ten wird. Allein dieſer will es gewiſſens halber nicht unterlaſſen/ und wird daruͤber abgeſetzet. Zeugniß ber wahr- heit. Verja- gung. Jahr MDC. biß MDCC. 16. Er ziehet hierauff mit den ſeinigen nach Hamburg/ wird allda bey dem Commendanten Informator, und ſchreibet unterſchiedliche buͤ- cher/ ſonderlich aber den Spiegel der miß- braͤuche unter dem namen Eliæ Prætorii, und das aͤrgerliche Chriſtenthum unter dem namen Bernhard Baumanns. Von dar ziehet er nach Luͤneburg/ und wird Corrector bey den Sternen in der beruͤhmten Druckerey. Weil er aber durch mehrere ſchrifften immer bekanter wird/ ſchreiben unterſchiedliche hohe Schriftge- lehrte und Phariſeer/ wie ſie der auctor nennet/ daß ſie ihn abſchaffen. Es fuͤgt ſich aber gleich/ daß der Hertzog von Wolffenbuͤttel Auguſtus ihn vocirt/ ihm den text zur prob-predigt ſelber auffſetzet/ auch der General-Superintendens ne- benſt dem gantzen hoff ſeine gaben æſtimiren/ ſo daß jener zu ihm ſpricht: Er hat nicht ge- predigt als ein Juncker-prediger/ ſon- dern als ein alter Practicus. Nach gegebe- ner wahl unter dreyen Pfarren erwehlet er die geringſte auff einem dorff/ Borne genant. Und ob ihm wol Hertzog Auguſtus inzwiſchen eine Superintentur antraͤgt/ ſchlaͤgt ſelbige doch Hohburg ernſtlich aus/ ſo daß der Fuͤrſt lachend ſpricht: Der ſolls haben und will es nicht/ andere woltens gerne und koͤñen nicht ꝛc. Befoͤrde- rung im Wolffen- buͤttli- ſchen. 17. Kaum ſitzet er etliche jahr daſelbſt in ru- he/ ſo ſchreiben allerhand Theologi an den Fuͤr- ſten wider Hohburgen/ er ſolte ihn abſchaffen/ der Hertzog aber communicirt ihm die meiſten briefe davon/ doch wird er zuletzt des anlauffs uͤberdruͤßig/ und uͤbergiebt Hohburgen dem Conſiſtorio mit den worten: Wenn ich euch laͤnger fuͤrſtehen ſolte/ ſo haͤtten wir ei- nen neuen Pfaffen-krieg. Seine gegner ziehen viel puncte aus ſeinen ſchrifften/ und for- dern/ er ſoll ſie wiederruffen. Er aber weigert ſich durchaus/ und berufft ſich auff die wahrheit und erfahrung. Man ſetzet ihm auff allerhand art zu/ und ſonderlich beſchuldigt ihn ein Con- ſiſtorialis, er haͤtte von ſich geſchrieben: Wie er die gantze Bibel ſchon in fleiſch und blut verwandelt haͤtte/ welches aber Hohburg lateiniſch alſo ausgedrucket gehabt: Er gehe damit um/ daß er die H. Schrifft in ſuc- cum & ſanguinem convertire. Endlich ſetzet man ihn ab/ wirfft ihm ſeinen haußrath und alle ſachen auff die gaſſe hinaus/ und muß er mit hinterlaſſung vieler vorgeſchoſſe- nen unkoſten und ausſtehenden ſchulden/ da er im kriegs-weſen faſt jedem einwoh- nergroſſe ſummen geldes vorgeſtreckt gehabt/ uͤber hals und kopff aus dem lande ziehen/ und zwar mit 8. kleinen kindern. GOtt erwecket aber einen unbekannten mann in Braun- ſchweig/ der ihm 200. Ducaten anbeut/ da- von er nur 50. zu ſeiner nothdurfft nimmt/ und auf einladen eines Doctoris nach Quedlinburg ziehet/ wird aber von dieſem wegen des Spie- gels der mißbraͤuche hernach hart tractiret/ und von den cantzeln hefftig ausgeruffen/ da ihm auch die Prediger ein verſtorben kind uͤber 14. tage unbegraben ſtehen laſſen. Weil aber ei- nige obrigkeitliche perſonen ſich ſeiner anneh- men/ muß ihn die Cleriſey mit ſeiner familie ſo lange dulten/ biß er von Betkio/ bey dem er eine Neue an- klagen/ und ver- treibung. Woh- nung in Quedlin- burg.

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Zitationshilfe: Arnold, Gottfried: Unpartheyische Kirchen- und Ketzer-Historie. Bd. 2 (T. 3/4). Frankfurt (Main), 1700, S. 128. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnold_ketzerhistorie02_1700/140>, abgerufen am 03.05.2024.