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Arnold, Gottfried: Erklärung/ Vom gemeinen Secten-wesen/ Kirchen- und Abendmahl-gehen. Leipzig, 1700.

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mal bey der würcklichen handlung des Heil. Abendmahls/ als da unter
denen Communicanten durch übermachte üppigkeit und kleider-
pracht/ durch
alamodische minen und geberden/ durch weltliche
Praecedentz/ complimenten/ durch fieischliche Praecedentz/ gedrängs
und daraus erwachsenden neid und eyffersucht ein öffentlicher ärgerli-
cher greuel getrieben und des HErrn Abendmahl geschändet wird/ welches
doch unter andern auch darzu eingesetzt ist; Daß diejenigen/ die sich zu dem
Evangelio bekennen/ nachdem von CHristo bey dem fußwaschen gegebe-
nen beyspiel in hertzlicher einfältiger liebe/ demuth und erniedrigung sich
als glieder eines leibes bey diesem Sacrament verbinden/ und durch würck-
liche thätige beweisung des an und in ihnen durch CHristi todt ertödteten
alten Adams des HErrn todt verkündigen und beehren sollen.

(2.) Jst es klar am tage/ und nun so vielmehr als das vorhergehen-
de zu beklagen/ daß die heutige sich Evangelisch nennende maul-Christen
aus solchem ihrem schändlichen beginnen/ welches sie bey der öffentlichen
versammlung und Communion bezeigen/ noch darzu einen wahren Christ-
lichen und mit der seligkeit gewiß verbundenen Gottesdinest zu machen
sich nicht entblöden; Denn sie dencken alle/ daß es um ihre seligkeit gar
wol stehe/ wenn sie nur an den sonn- und fest-tagen zur kirchen und an ih-
ren sich vorgesetzten zeiten zum Abendmahlgehen/ und bauen also ihr ver-
trauen auff ein äusserliches opus operatum, welches denn den gantzen
grund des heiligen Evangelii umreisset und eine erschreckliche abgötti-
sche blindheit ist. Daher heisset nach der leute und gemeinen fast durch-
gehenden redensarth den Gottesdienst verrichten so viel als in die
kirche gehen/ und fromm werden so viel als zur beicht und Abend-
mahl gehen/ und wer das nach ihrer weise so nicht mit macht/ der muß
um deß willen bey ihnen also fort vor einen unchristen und verächter
des Gottesdienstes und Sacraments gehalten und gescholten seyn.
Denn es ist das vertrauen auff die öffentliche versammlung und Com-
munion
in der Kirchen oder so genannten Gottes-hause so fest in
dieleute eingewurtzelt/ daß auch die besten gemüther/ die da erkennen/ daß
zu dem wahren Gottesdienste mehr als ein äusserliches opus operatum ge-
höre/ dennoch den heimlichen wahn bey sich hegen/ als könte der Gottes-
dienst der ausser der öffentlichen kirchen geschiehet/ an sich nicht so heilig/
kräfftig und GOtt wolgefällig seyn/ wie derjenige/ der in der kirche ver-
richtet wurde: Welches ebener massen nach Lutheri und der Symbolischen
bücher eigenerlehre gantz wider die art des wahren Evangelischen Gottes-

dienstes
H

mal bey der wuͤrcklichen handlung des Heil. Abendmahls/ als da unter
denen Communicanten durch uͤbermachte uͤppigkeit und kleider-
pracht/ durch
alamodiſche minen und geberden/ durch weltliche
Præcedentz/ complimenten/ durch fieiſchliche Præcedentz/ gedraͤngs
und daraus erwachſenden neid und eyfferſucht ein oͤffentlicher aͤrgerli-
cher greuel getrieben und des HErꝛn Abendmahl geſchaͤndet wird/ welches
doch unter andern auch darzu eingeſetzt iſt; Daß diejenigen/ die ſich zu dem
Evangelio bekennen/ nachdem von CHriſto bey dem fußwaſchen gegebe-
nen beyſpiel in hertzlicher einfaͤltiger liebe/ demuth und erniedrigung ſich
als glieder eines leibes bey dieſem Sacrament verbinden/ und durch wuͤrck-
liche thaͤtige beweiſung des an und in ihnen durch CHriſti todt ertoͤdteten
alten Adams des HErrn todt verkuͤndigen und beehren ſollen.

(2.) Jſt es klar am tage/ und nun ſo vielmehr als das vorhergehen-
de zu beklagen/ daß die heutige ſich Evangeliſch nennende maul-Chriſten
aus ſolchem ihrem ſchaͤndlichen beginnen/ welches ſie bey der oͤffentlichen
verſammlung und Communion bezeigen/ noch darzu einen wahren Chriſt-
lichen und mit der ſeligkeit gewiß verbundenen Gottesdineſt zu machen
ſich nicht entbloͤden; Denn ſie dencken alle/ daß es um ihre ſeligkeit gar
wol ſtehe/ wenn ſie nur an den ſonn- und feſt-tagen zur kirchen und an ih-
ren ſich vorgeſetzten zeiten zum Abendmahlgehen/ und bauen alſo ihr ver-
trauen auff ein aͤuſſerliches opus operatum, welches denn den gantzen
grund des heiligen Evangelii umreiſſet und eine erſchreckliche abgoͤtti-
ſche blindheit iſt. Daher heiſſet nach der leute und gemeinen faſt durch-
gehenden redensarth den Gottesdienſt verrichten ſo viel als in die
kirche gehen/ und fromm werden ſo viel als zur beicht und Abend-
mahl gehen/ und wer das nach ihrer weiſe ſo nicht mit macht/ der muß
um deß willen bey ihnen alſo fort vor einen unchriſten und veraͤchter
des Gottesdienſtes und Sacraments gehalten und geſcholten ſeyn.
Denn es iſt das vertrauen auff die oͤffentliche verſammlung und Com-
munion
in der Kirchen oder ſo genannten Gottes-hauſe ſo feſt in
dieleute eingewurtzelt/ daß auch die beſten gemuͤther/ die da erkennen/ daß
zu dem wahren Gottesdienſte mehr als ein aͤuſſerliches opus operatum ge-
hoͤre/ dennoch den heimlichen wahn bey ſich hegen/ als koͤnte der Gottes-
dienſt der auſſer der oͤffentlichen kirchen geſchiehet/ an ſich nicht ſo heilig/
kraͤfftig und GOtt wolgefaͤllig ſeyn/ wie derjenige/ der in der kirche ver-
richtet wurde: Welches ebener maſſen nach Lutheri und der Symboliſchen
buͤcher eigenerlehre gantz wider die art des wahren Evangeliſchen Gottes-

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[57/0058] mal bey der wuͤrcklichen handlung des Heil. Abendmahls/ als da unter denen Communicanten durch uͤbermachte uͤppigkeit und kleider- pracht/ durch alamodiſche minen und geberden/ durch weltliche Præcedentz/ complimenten/ durch fieiſchliche Præcedentz/ gedraͤngs und daraus erwachſenden neid und eyfferſucht ein oͤffentlicher aͤrgerli- cher greuel getrieben und des HErꝛn Abendmahl geſchaͤndet wird/ welches doch unter andern auch darzu eingeſetzt iſt; Daß diejenigen/ die ſich zu dem Evangelio bekennen/ nachdem von CHriſto bey dem fußwaſchen gegebe- nen beyſpiel in hertzlicher einfaͤltiger liebe/ demuth und erniedrigung ſich als glieder eines leibes bey dieſem Sacrament verbinden/ und durch wuͤrck- liche thaͤtige beweiſung des an und in ihnen durch CHriſti todt ertoͤdteten alten Adams des HErrn todt verkuͤndigen und beehren ſollen. (2.) Jſt es klar am tage/ und nun ſo vielmehr als das vorhergehen- de zu beklagen/ daß die heutige ſich Evangeliſch nennende maul-Chriſten aus ſolchem ihrem ſchaͤndlichen beginnen/ welches ſie bey der oͤffentlichen verſammlung und Communion bezeigen/ noch darzu einen wahren Chriſt- lichen und mit der ſeligkeit gewiß verbundenen Gottesdineſt zu machen ſich nicht entbloͤden; Denn ſie dencken alle/ daß es um ihre ſeligkeit gar wol ſtehe/ wenn ſie nur an den ſonn- und feſt-tagen zur kirchen und an ih- ren ſich vorgeſetzten zeiten zum Abendmahlgehen/ und bauen alſo ihr ver- trauen auff ein aͤuſſerliches opus operatum, welches denn den gantzen grund des heiligen Evangelii umreiſſet und eine erſchreckliche abgoͤtti- ſche blindheit iſt. Daher heiſſet nach der leute und gemeinen faſt durch- gehenden redensarth den Gottesdienſt verrichten ſo viel als in die kirche gehen/ und fromm werden ſo viel als zur beicht und Abend- mahl gehen/ und wer das nach ihrer weiſe ſo nicht mit macht/ der muß um deß willen bey ihnen alſo fort vor einen unchriſten und veraͤchter des Gottesdienſtes und Sacraments gehalten und geſcholten ſeyn. Denn es iſt das vertrauen auff die oͤffentliche verſammlung und Com- munion in der Kirchen oder ſo genannten Gottes-hauſe ſo feſt in dieleute eingewurtzelt/ daß auch die beſten gemuͤther/ die da erkennen/ daß zu dem wahren Gottesdienſte mehr als ein aͤuſſerliches opus operatum ge- hoͤre/ dennoch den heimlichen wahn bey ſich hegen/ als koͤnte der Gottes- dienſt der auſſer der oͤffentlichen kirchen geſchiehet/ an ſich nicht ſo heilig/ kraͤfftig und GOtt wolgefaͤllig ſeyn/ wie derjenige/ der in der kirche ver- richtet wurde: Welches ebener maſſen nach Lutheri und der Symboliſchen buͤcher eigenerlehre gantz wider die art des wahren Evangeliſchen Gottes- dienſtes H

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Zitationshilfe: Arnold, Gottfried: Erklärung/ Vom gemeinen Secten-wesen/ Kirchen- und Abendmahl-gehen. Leipzig, 1700, S. 57. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnold_cyprian_1700/58>, abgerufen am 24.04.2024.