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Arnold, Gottfried: Erklärung/ Vom gemeinen Secten-wesen/ Kirchen- und Abendmahl-gehen. Leipzig, 1700.

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in wahrheit etwas unchristliches erweisen können: Also werden sie auch von
mir nicht anders begehren sie vor rechtschaffene diener der kirchen CHristi/
zu erkennen/ als in so weit sie die pflicht und würde dieses heiligen amts
würcklich erfüllen/ und so wolgegen mich/ als gegen jederman/ der etwas
an ihnen desideriren wollte/ sich von allen einwendungen gnugsam zu li-
berir
en vermögen; Gleichwie ich aber hertzlich und angelegentlich bitte/
daß/ so ein hiesiges Ministerium einige wichtige motiven zu haben vermei-
nen sollte/ um derer willen dasselbige mich nicht vor CHristi glied erkennen
könte/ mir solche motiven zu meiner verantwortung Christ-freundlich von
ihme möchten entdecket und angezeiget werden: Also bin auch ich zugleich
erböthig/ daß/ wo es ihrer seits von mir verlanget und treulich versprochen
würde/ alles in Christlicher liebe (wie es knechten GOttes gebühret) auff
und anzunchmen/ so ich etwas sträffliches an ihnen wahrgenommen zu
haben vermeinte/ ich alsdenn in aller Christlichen bescheidenheit auch hier-
über meine geziemende erklärung zu thun nicht ermangeln wolle. Jn-
zwischen so lange ich der liebe nach von ihrem sämtlichen Collegio hoffen
mag/ daß dasselbe nach Christlicher billigkeit zur abthuung alles bißheri-
ges mißverstäudnüsses und verdachts mit mir handeln und auff gesche-
hene meine Christliche erklärung mich als ein glied CHristi auffzunehmen
sich nichtweiter entbrechen werde; so lange habe ich noch keine ursache von
ihrem Ministerio oder kirchen-dienste mich so gäntzlich abzuziehen. Und
haben daher diejenigen/ die meine bißherige entziehung dessen von unge-
ziemlicher verachtung deriviren wollen/ aus besagtem sich besser und gründ-
licher zu informiren. Es sind aber die rechten ursachen solcher mei-
ner entziehung
vornemlich aus nachfolgenden in meinem gemüthe ent-
standen.

(1.) Jst es klar und offenbahr am tage/ daß gleich wie der allergrö-
ste hauffe/ der zu der Evangelischen kirche will gerechnet seyn/ ausser
denen öffentlichen kirch-versammlungen nicht Evangelisch/ sondern Heid-
nisch/ ja ärger als Heidnisch in allen herrschenden sünden lebet; Also auch
derselbe so gar in den öffentlichen kirch-versammlungen solche seine schänd-
liche unarth sehen lässet/ daß um deß willen schon von vielen jahren
herso wol schrifftlich in den gedruckten Postillen/ als auch mündlich auff
den cantzeln die allgemeine klage hat müssen angestimmet werden/ wie das-
jenige hauß/ welches ein bethhauß/ zur ehre GOttes seyn solte/ nunmehro
ein pachthauß/ ein hurhauß/ ein plauderhauß/ ein spotthauß/ ein richt-
hauß/ ein schlafhauß etc. geworden sey. Was aber bey der versammlung
sich insgemein erfinden läßt/ das verbirgt sich insonderheit auch nicht ein-

mal

in wahrheit etwas unchriſtliches erweiſen koͤnnen: Alſo werden ſie auch von
mir nicht anders begehren ſie vor rechtſchaffene diener der kirchen CHriſti/
zu erkennen/ als in ſo weit ſie die pflicht und wuͤrde dieſes heiligen amts
wuͤrcklich erfuͤllen/ und ſo wolgegen mich/ als gegen jederman/ der etwas
an ihnen deſideriren wollte/ ſich von allen einwendungen gnugſam zu li-
berir
en vermoͤgen; Gleichwie ich aber hertzlich und angelegentlich bitte/
daß/ ſo ein hieſiges Miniſterium einige wichtige motiven zu haben vermei-
nen ſollte/ um derer willen daſſelbige mich nicht vor CHriſti glied erkennen
koͤnte/ mir ſolche motiven zu meiner verantwortung Chriſt-freundlich von
ihme moͤchten entdecket und angezeiget werden: Alſo bin auch ich zugleich
erboͤthig/ daß/ wo es ihrer ſeits von mir verlanget und treulich verſprochen
wuͤrde/ alles in Chriſtlicher liebe (wie es knechten GOttes gebuͤhret) auff
und anzunchmen/ ſo ich etwas ſtraͤffliches an ihnen wahrgenommen zu
haben vermeinte/ ich alsdenn in aller Chriſtlichen beſcheidenheit auch hier-
uͤber meine geziemende erklaͤrung zu thun nicht ermangeln wolle. Jn-
zwiſchen ſo lange ich der liebe nach von ihrem ſaͤmtlichen Collegio hoffen
mag/ daß daſſelbe nach Chriſtlicher billigkeit zur abthuung alles bißheri-
ges mißverſtaͤudnuͤſſes und verdachts mit mir handeln und auff geſche-
hene meine Chriſtliche erklaͤrung mich als ein glied CHriſti auffzunehmen
ſich nichtweiter entbrechen werde; ſo lange habe ich noch keine urſache von
ihrem Miniſterio oder kirchen-dienſte mich ſo gaͤntzlich abzuziehen. Und
haben daher diejenigen/ die meine bißherige entziehung deſſen von unge-
ziemlicher verachtung deriviren wollen/ aus beſagtem ſich beſſer und gruͤnd-
licher zu informiren. Es ſind aber die rechten urſachen ſolcher mei-
ner entziehung
vornemlich aus nachfolgenden in meinem gemuͤthe ent-
ſtanden.

(1.) Jſt es klar und offenbahr am tage/ daß gleich wie der allergroͤ-
ſte hauffe/ der zu der Evangeliſchen kirche will gerechnet ſeyn/ auſſer
denen oͤffentlichen kirch-verſammlungen nicht Evangeliſch/ ſondern Heid-
niſch/ ja aͤrger als Heidniſch in allen herꝛſchenden ſuͤnden lebet; Alſo auch
derſelbe ſo gar in den oͤffentlichen kirch-verſammlungen ſolche ſeine ſchaͤnd-
liche unarth ſehen laͤſſet/ daß um deß willen ſchon von vielen jahren
herſo wol ſchrifftlich in den gedruckten Poſtillen/ als auch muͤndlich auff
den cantzeln die allgemeine klage hat muͤſſen angeſtimmet werden/ wie das-
jenige hauß/ welches ein bethhauß/ zur ehre GOttes ſeyn ſolte/ nunmehro
ein pachthauß/ ein hurhauß/ ein plauderhauß/ ein ſpotthauß/ ein richt-
hauß/ ein ſchlafhauß ꝛc. geworden ſey. Was aber bey der verſammlung
ſich insgemein erfinden laͤßt/ das verbirgt ſich inſonderheit auch nicht ein-

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[56/0057] in wahrheit etwas unchriſtliches erweiſen koͤnnen: Alſo werden ſie auch von mir nicht anders begehren ſie vor rechtſchaffene diener der kirchen CHriſti/ zu erkennen/ als in ſo weit ſie die pflicht und wuͤrde dieſes heiligen amts wuͤrcklich erfuͤllen/ und ſo wolgegen mich/ als gegen jederman/ der etwas an ihnen deſideriren wollte/ ſich von allen einwendungen gnugſam zu li- beriren vermoͤgen; Gleichwie ich aber hertzlich und angelegentlich bitte/ daß/ ſo ein hieſiges Miniſterium einige wichtige motiven zu haben vermei- nen ſollte/ um derer willen daſſelbige mich nicht vor CHriſti glied erkennen koͤnte/ mir ſolche motiven zu meiner verantwortung Chriſt-freundlich von ihme moͤchten entdecket und angezeiget werden: Alſo bin auch ich zugleich erboͤthig/ daß/ wo es ihrer ſeits von mir verlanget und treulich verſprochen wuͤrde/ alles in Chriſtlicher liebe (wie es knechten GOttes gebuͤhret) auff und anzunchmen/ ſo ich etwas ſtraͤffliches an ihnen wahrgenommen zu haben vermeinte/ ich alsdenn in aller Chriſtlichen beſcheidenheit auch hier- uͤber meine geziemende erklaͤrung zu thun nicht ermangeln wolle. Jn- zwiſchen ſo lange ich der liebe nach von ihrem ſaͤmtlichen Collegio hoffen mag/ daß daſſelbe nach Chriſtlicher billigkeit zur abthuung alles bißheri- ges mißverſtaͤudnuͤſſes und verdachts mit mir handeln und auff geſche- hene meine Chriſtliche erklaͤrung mich als ein glied CHriſti auffzunehmen ſich nichtweiter entbrechen werde; ſo lange habe ich noch keine urſache von ihrem Miniſterio oder kirchen-dienſte mich ſo gaͤntzlich abzuziehen. Und haben daher diejenigen/ die meine bißherige entziehung deſſen von unge- ziemlicher verachtung deriviren wollen/ aus beſagtem ſich beſſer und gruͤnd- licher zu informiren. Es ſind aber die rechten urſachen ſolcher mei- ner entziehung vornemlich aus nachfolgenden in meinem gemuͤthe ent- ſtanden. (1.) Jſt es klar und offenbahr am tage/ daß gleich wie der allergroͤ- ſte hauffe/ der zu der Evangeliſchen kirche will gerechnet ſeyn/ auſſer denen oͤffentlichen kirch-verſammlungen nicht Evangeliſch/ ſondern Heid- niſch/ ja aͤrger als Heidniſch in allen herꝛſchenden ſuͤnden lebet; Alſo auch derſelbe ſo gar in den oͤffentlichen kirch-verſammlungen ſolche ſeine ſchaͤnd- liche unarth ſehen laͤſſet/ daß um deß willen ſchon von vielen jahren herſo wol ſchrifftlich in den gedruckten Poſtillen/ als auch muͤndlich auff den cantzeln die allgemeine klage hat muͤſſen angeſtimmet werden/ wie das- jenige hauß/ welches ein bethhauß/ zur ehre GOttes ſeyn ſolte/ nunmehro ein pachthauß/ ein hurhauß/ ein plauderhauß/ ein ſpotthauß/ ein richt- hauß/ ein ſchlafhauß ꝛc. geworden ſey. Was aber bey der verſammlung ſich insgemein erfinden laͤßt/ das verbirgt ſich inſonderheit auch nicht ein- mal

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Zitationshilfe: Arnold, Gottfried: Erklärung/ Vom gemeinen Secten-wesen/ Kirchen- und Abendmahl-gehen. Leipzig, 1700, S. 56. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnold_cyprian_1700/57>, abgerufen am 25.11.2024.