erstarrten Sinne; daß das Krankheit ist, das fühlen wir nicht, -- und daß wir so wahnsinnig sind und mehr noch als jener, dessen Geistesflamme seinem Vaterland aufleuchten sollte -- daß die erlöschen muß im trüben Regenbach zusammengelaufner Alltäglichkeit, der lang¬ weilig dahinsikert. -- Hat doch die Natur Allem den Geist der Heilung eingeboren, aber wir sind so ver¬ standlos daß selbst der harte Stein für uns ihn in sich entbinden lässet, aber wir nicht, -- nein wir können nicht heilen, wir lassen den Geist der Heilung nicht in uns entbinden, und das ist unser Wahnsinn. Gewiß ist mir doch bei diesem Hölderlin als müsse eine göttliche Gewalt wie mit Fluthen ihn überströmt haben, und zwar die Sprache, in übergewaltigem raschen Sturz seine Sinne überfluthend, und diese darinn ertränkend; und als die Strömungen verlaufen sich hatten, da wa¬ ren die Sinne geschwächt und die Gewalt des Geistes überwältigt und ertödtet. -- Und St. Clair sagt: ja so ists, -- und er sagt noch: aber ihm zuhören, sei grade als wenn man es dem Tosen des Windes vergleiche, denn er brause immer in Hymnen dahin die abbrechen wie wenn der Wind sich dreht, -- und dann ergreife ihn wie ein tieferes Wissen, wobei einem die Idee daß er wahnsinnig sei ganz verschwinde, und daß sich an¬
erſtarrten Sinne; daß das Krankheit iſt, das fühlen wir nicht, — und daß wir ſo wahnſinnig ſind und mehr noch als jener, deſſen Geiſtesflamme ſeinem Vaterland aufleuchten ſollte — daß die erlöſchen muß im trüben Regenbach zuſammengelaufner Alltäglichkeit, der lang¬ weilig dahinſikert. — Hat doch die Natur Allem den Geiſt der Heilung eingeboren, aber wir ſind ſo ver¬ ſtandlos daß ſelbſt der harte Stein für uns ihn in ſich entbinden läſſet, aber wir nicht, — nein wir können nicht heilen, wir laſſen den Geiſt der Heilung nicht in uns entbinden, und das iſt unſer Wahnſinn. Gewiß iſt mir doch bei dieſem Hölderlin als müſſe eine göttliche Gewalt wie mit Fluthen ihn überſtrömt haben, und zwar die Sprache, in übergewaltigem raſchen Sturz ſeine Sinne überfluthend, und dieſe darinn ertränkend; und als die Strömungen verlaufen ſich hatten, da wa¬ ren die Sinne geſchwächt und die Gewalt des Geiſtes überwältigt und ertödtet. — Und St. Clair ſagt: ja ſo iſts, — und er ſagt noch: aber ihm zuhören, ſei grade als wenn man es dem Toſen des Windes vergleiche, denn er brauſe immer in Hymnen dahin die abbrechen wie wenn der Wind ſich dreht, — und dann ergreife ihn wie ein tieferes Wiſſen, wobei einem die Idee daß er wahnſinnig ſei ganz verſchwinde, und daß ſich an¬
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erſtarrten Sinne; daß das Krankheit iſt, das fühlen wir
nicht, — und daß wir ſo wahnſinnig ſind und mehr
noch als jener, deſſen Geiſtesflamme ſeinem Vaterland
aufleuchten ſollte — daß die erlöſchen muß im trüben
Regenbach zuſammengelaufner Alltäglichkeit, der lang¬
weilig dahinſikert. — Hat doch die Natur Allem den
Geiſt der Heilung eingeboren, aber wir ſind ſo ver¬
ſtandlos daß ſelbſt der harte Stein für uns ihn in ſich
entbinden läſſet, aber wir nicht, — nein wir können
nicht heilen, wir laſſen den Geiſt der Heilung nicht in
uns entbinden, und das iſt unſer Wahnſinn. Gewiß iſt
mir doch bei dieſem Hölderlin als müſſe eine göttliche
Gewalt wie mit Fluthen ihn überſtrömt haben, und
zwar die Sprache, in übergewaltigem raſchen Sturz
ſeine Sinne überfluthend, und dieſe darinn ertränkend;
und als die Strömungen verlaufen ſich hatten, da wa¬
ren die Sinne geſchwächt und die Gewalt des Geiſtes
überwältigt und ertödtet. — Und St. Clair ſagt: ja ſo
iſts, — und er ſagt noch: aber ihm zuhören, ſei grade
als wenn man es dem Toſen des Windes vergleiche,
denn er brauſe immer in Hymnen dahin die abbrechen
wie wenn der Wind ſich dreht, — und dann ergreife
ihn wie ein tieferes Wiſſen, wobei einem die Idee daß
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Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 1. Grünberg u. a., 1840, S. 415. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode01_1840/431>, abgerufen am 22.12.2024.
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