betäubt -- was ich geträumt habe weiß ich nicht mehr, es war schön, denn ich wachte auf, wie trunken von Behagen, aber doch so schwindlich daß sich die starke Magd an der Hand vom Herzog nach Haus führen ließ, er fuhr in die Stadt, er rief mir noch aus dem Wagen zu: leg Dich zu Bett starke Magd Du siehst ganz blaß aus. --
17ten
St. Clair war heute hier, zwischen zehn und ein Uhr, ich lag noch zu Bett, ich hatte die Großmama um Erlaubniß fragen lassen auszuschlafen, weil mich am Abend der Duft der Orangerie ganz betäubt hatte, er wartete auf mich hinter der Pappelwand. -- Es giebt Weh darüber muß man verstummen; die Seele möchte sich mit begraben um es nicht mehr empfinden zu müs¬ sen daß solcher Jammer sich über einem Haupte sam¬ meln könne, und wie konnte es auch? -- O ich frage! und da ist die Antwort: weil keine heilende Liebe mehr da ist, die Erlösung könnte gewähren. O werden wirs endlich inne werden daß alle Jammergeschicke unser eig¬ nes Geschick sind? -- daß alle von der Liebe geheilt müssen werden um uns selber zu heilen. Aber wir sind uns der eignen Krankheit nicht mehr bewußt, nicht der
betäubt — was ich geträumt habe weiß ich nicht mehr, es war ſchön, denn ich wachte auf, wie trunken von Behagen, aber doch ſo ſchwindlich daß ſich die ſtarke Magd an der Hand vom Herzog nach Haus führen ließ, er fuhr in die Stadt, er rief mir noch aus dem Wagen zu: leg Dich zu Bett ſtarke Magd Du ſiehſt ganz blaß aus. —
17ten
St. Clair war heute hier, zwiſchen zehn und ein Uhr, ich lag noch zu Bett, ich hatte die Großmama um Erlaubniß fragen laſſen auszuſchlafen, weil mich am Abend der Duft der Orangerie ganz betäubt hatte, er wartete auf mich hinter der Pappelwand. — Es giebt Weh darüber muß man verſtummen; die Seele möchte ſich mit begraben um es nicht mehr empfinden zu müſ¬ ſen daß ſolcher Jammer ſich über einem Haupte ſam¬ meln könne, und wie konnte es auch? — O ich frage! und da iſt die Antwort: weil keine heilende Liebe mehr da iſt, die Erlöſung könnte gewähren. O werden wirs endlich inne werden daß alle Jammergeſchicke unſer eig¬ nes Geſchick ſind? — daß alle von der Liebe geheilt müſſen werden um uns ſelber zu heilen. Aber wir ſind uns der eignen Krankheit nicht mehr bewußt, nicht der
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betäubt — was ich geträumt habe weiß ich nicht mehr,
es war ſchön, denn ich wachte auf, wie trunken von
Behagen, aber doch ſo ſchwindlich daß ſich die ſtarke
Magd an der Hand vom Herzog nach Haus führen
ließ, er fuhr in die Stadt, er rief mir noch aus dem
Wagen zu: leg Dich zu Bett ſtarke Magd Du ſiehſt
ganz blaß aus. —
17ten
St. Clair war heute hier, zwiſchen zehn und ein
Uhr, ich lag noch zu Bett, ich hatte die Großmama um
Erlaubniß fragen laſſen auszuſchlafen, weil mich am
Abend der Duft der Orangerie ganz betäubt hatte, er
wartete auf mich hinter der Pappelwand. — Es giebt
Weh darüber muß man verſtummen; die Seele möchte
ſich mit begraben um es nicht mehr empfinden zu müſ¬
ſen daß ſolcher Jammer ſich über einem Haupte ſam¬
meln könne, und wie konnte es auch? — O ich frage!
und da iſt die Antwort: weil keine heilende Liebe mehr
da iſt, die Erlöſung könnte gewähren. O werden wirs
endlich inne werden daß alle Jammergeſchicke unſer eig¬
nes Geſchick ſind? — daß alle von der Liebe geheilt
müſſen werden um uns ſelber zu heilen. Aber wir ſind
uns der eignen Krankheit nicht mehr bewußt, nicht der
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Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 1. Grünberg u. a., 1840, S. 414. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode01_1840/430>, abgerufen am 21.12.2024.
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