Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 1. Grünberg u. a., 1840.

Bild:
<< vorherige Seite

danken haben so rasch, und daß die Zeit hinten nach¬
kommt und mag nichts erfüllen, und daß die Melan¬
cholie allein aus dieser Quelle des Lebensdrang fließt,
der sich nirgend ergießen kann. -- Die Welt muß voll
dessen sein was unser Leben entwickelt, kämen die Tha¬
ten und überflügelten unsere Sehnsucht daß wir nicht
immer ans Herz schlagen müßten über den trägen Le¬
bensgang -- Nicht wahr Du fühlst es auch -- das
wär die wahre Gesundheit, und wir würden dann schei¬
den lernen von dem was wir lieben und würden ler¬
nen die Welt bauen, und das würde die Tiefen der
Seele beglücken. So müßte es sein, denn es ist viel
Arbeit in der Welt, mir zum wenigsten deucht nichts
am rechten Platz. -- Und was ich niemand sage wie
nur Dir, ich mein immer ich müsse die ganze Welt um¬
wenden, ja ich sage Dir, es liegt mir so nah daß ich
oft in Träumen mich nach dem Scepter umsehe, wo
Gott den für mich hingelegt hat, und würde gewiß die
Verwirrung lichten. Nur ein einzig Ding am rechten
Ende angefaßt zieht eine Menge andere nach sich die
von selbst dann ins rechte Geschick kommen würden.
Die Menschen lernen dann allmählig auch das Rechte
denken, wenn sie erst eine Weile das Rechte haben
thun müssen. Denn ich sage nur immer so: konnten

danken haben ſo raſch, und daß die Zeit hinten nach¬
kommt und mag nichts erfüllen, und daß die Melan¬
cholie allein aus dieſer Quelle des Lebensdrang fließt,
der ſich nirgend ergießen kann. — Die Welt muß voll
deſſen ſein was unſer Leben entwickelt, kämen die Tha¬
ten und überflügelten unſere Sehnſucht daß wir nicht
immer ans Herz ſchlagen müßten über den trägen Le¬
bensgang — Nicht wahr Du fühlſt es auch — das
wär die wahre Geſundheit, und wir würden dann ſchei¬
den lernen von dem was wir lieben und würden ler¬
nen die Welt bauen, und das würde die Tiefen der
Seele beglücken. So müßte es ſein, denn es iſt viel
Arbeit in der Welt, mir zum wenigſten deucht nichts
am rechten Platz. — Und was ich niemand ſage wie
nur Dir, ich mein immer ich müſſe die ganze Welt um¬
wenden, ja ich ſage Dir, es liegt mir ſo nah daß ich
oft in Träumen mich nach dem Scepter umſehe, wo
Gott den für mich hingelegt hat, und würde gewiß die
Verwirrung lichten. Nur ein einzig Ding am rechten
Ende angefaßt zieht eine Menge andere nach ſich die
von ſelbſt dann ins rechte Geſchick kommen würden.
Die Menſchen lernen dann allmählig auch das Rechte
denken, wenn ſie erſt eine Weile das Rechte haben
thun müſſen. Denn ich ſage nur immer ſo: konnten

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0371" n="355"/>
danken haben &#x017F;o ra&#x017F;ch, und daß die Zeit hinten nach¬<lb/>
kommt und mag nichts erfüllen, und daß die Melan¬<lb/>
cholie allein aus die&#x017F;er Quelle des Lebensdrang fließt,<lb/>
der &#x017F;ich nirgend ergießen kann. &#x2014; Die Welt muß voll<lb/>
de&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ein was un&#x017F;er Leben entwickelt, kämen die Tha¬<lb/>
ten und überflügelten un&#x017F;ere Sehn&#x017F;ucht daß wir nicht<lb/>
immer ans Herz &#x017F;chlagen müßten über den trägen Le¬<lb/>
bensgang &#x2014; Nicht wahr Du fühl&#x017F;t es auch &#x2014; das<lb/>
wär die wahre Ge&#x017F;undheit, und wir würden dann &#x017F;chei¬<lb/>
den lernen von dem was wir lieben und würden ler¬<lb/>
nen die Welt bauen, und das würde die Tiefen der<lb/>
Seele beglücken. So müßte es &#x017F;ein, denn es i&#x017F;t viel<lb/>
Arbeit in der Welt, mir zum wenig&#x017F;ten deucht nichts<lb/>
am rechten Platz. &#x2014; Und was ich niemand &#x017F;age wie<lb/>
nur Dir, ich mein immer ich mü&#x017F;&#x017F;e die ganze Welt um¬<lb/>
wenden, ja ich &#x017F;age Dir, es liegt mir &#x017F;o nah daß ich<lb/>
oft in Träumen mich nach dem Scepter um&#x017F;ehe, wo<lb/>
Gott den für mich hingelegt hat, und würde gewiß die<lb/>
Verwirrung lichten. Nur ein einzig Ding am rechten<lb/>
Ende angefaßt zieht eine Menge andere nach &#x017F;ich die<lb/>
von &#x017F;elb&#x017F;t dann ins rechte Ge&#x017F;chick kommen würden.<lb/>
Die Men&#x017F;chen lernen dann allmählig auch das Rechte<lb/>
denken, wenn &#x017F;ie er&#x017F;t eine Weile das Rechte haben<lb/>
thun mü&#x017F;&#x017F;en. Denn ich &#x017F;age nur immer &#x017F;o: konnten<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[355/0371] danken haben ſo raſch, und daß die Zeit hinten nach¬ kommt und mag nichts erfüllen, und daß die Melan¬ cholie allein aus dieſer Quelle des Lebensdrang fließt, der ſich nirgend ergießen kann. — Die Welt muß voll deſſen ſein was unſer Leben entwickelt, kämen die Tha¬ ten und überflügelten unſere Sehnſucht daß wir nicht immer ans Herz ſchlagen müßten über den trägen Le¬ bensgang — Nicht wahr Du fühlſt es auch — das wär die wahre Geſundheit, und wir würden dann ſchei¬ den lernen von dem was wir lieben und würden ler¬ nen die Welt bauen, und das würde die Tiefen der Seele beglücken. So müßte es ſein, denn es iſt viel Arbeit in der Welt, mir zum wenigſten deucht nichts am rechten Platz. — Und was ich niemand ſage wie nur Dir, ich mein immer ich müſſe die ganze Welt um¬ wenden, ja ich ſage Dir, es liegt mir ſo nah daß ich oft in Träumen mich nach dem Scepter umſehe, wo Gott den für mich hingelegt hat, und würde gewiß die Verwirrung lichten. Nur ein einzig Ding am rechten Ende angefaßt zieht eine Menge andere nach ſich die von ſelbſt dann ins rechte Geſchick kommen würden. Die Menſchen lernen dann allmählig auch das Rechte denken, wenn ſie erſt eine Weile das Rechte haben thun müſſen. Denn ich ſage nur immer ſo: konnten

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode01_1840
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode01_1840/371
Zitationshilfe: Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 1. Grünberg u. a., 1840, S. 355. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode01_1840/371>, abgerufen am 25.11.2024.