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Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 1. Grünberg u. a., 1840.

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großen Eiche und bedauertest Deinen arabischen Ren¬
ner, daß Du den nicht mit aus Asien herüber gebracht
hattest; während ich am Abhang nieder kletterte wo Du
immer Furcht hattest daß ich hinunter falle; am Neu¬
jahrstag war ich wirklich da hinunter gekollert, ich war
mit George da spazieren gegangen es war Glatteis, ich
glitt aus und Er den Augenblick ohne sich zu besinnen
mir nach, da faßte er mich und hielt sich mit der an¬
dern Hand an einer Wurzel fest. Er war ganz blaß
und wankte denn er konnte schwer das Gleichgewicht
halten. Oben sagte er: jetzt wären wir Beide zerschmet¬
tert
hätte Gott mir nicht beigestanden denn ich hätte
mich Dir nachgestürzt. -- Ich war bis dahin gar nicht
erschrocken gewesen, denn ich bin so faselig und merk
nie Gefahr. -- Aber das erschütterte mich daß des Bru¬
ders Leben an dem meinen hing wie an einem Haar,
und daß es Gott nicht reißen ließ. -- Wie Geschwister
doch aneinander hängen, wie Glieder eines Leibes, eins
stürzt dem andern nach in den Abgrund; eins rettet
das andere. Möge ichs doch nie vergessen das Vater
und Mutter mir den Bruder geschenkt haben. --

Was wollt ich Dir doch sagen! -- ja, daß damals
mir zuerst der Gedanke kam wie das Leben nur als
Nothbehelf vernutzt werde. Ich dachte daß wir Ge¬

großen Eiche und bedauerteſt Deinen arabiſchen Ren¬
ner, daß Du den nicht mit aus Aſien herüber gebracht
hatteſt; während ich am Abhang nieder kletterte wo Du
immer Furcht hatteſt daß ich hinunter falle; am Neu¬
jahrstag war ich wirklich da hinunter gekollert, ich war
mit George da ſpazieren gegangen es war Glatteis, ich
glitt aus und Er den Augenblick ohne ſich zu beſinnen
mir nach, da faßte er mich und hielt ſich mit der an¬
dern Hand an einer Wurzel feſt. Er war ganz blaß
und wankte denn er konnte ſchwer das Gleichgewicht
halten. Oben ſagte er: jetzt wären wir Beide zerſchmet¬
tert
hätte Gott mir nicht beigeſtanden denn ich hätte
mich Dir nachgeſtürzt. — Ich war bis dahin gar nicht
erſchrocken geweſen, denn ich bin ſo faſelig und merk
nie Gefahr. — Aber das erſchütterte mich daß des Bru¬
ders Leben an dem meinen hing wie an einem Haar,
und daß es Gott nicht reißen ließ. — Wie Geſchwiſter
doch aneinander hängen, wie Glieder eines Leibes, eins
ſtürzt dem andern nach in den Abgrund; eins rettet
das andere. Möge ichs doch nie vergeſſen das Vater
und Mutter mir den Bruder geſchenkt haben. —

Was wollt ich Dir doch ſagen! — ja, daß damals
mir zuerſt der Gedanke kam wie das Leben nur als
Nothbehelf vernutzt werde. Ich dachte daß wir Ge¬

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[354/0370] großen Eiche und bedauerteſt Deinen arabiſchen Ren¬ ner, daß Du den nicht mit aus Aſien herüber gebracht hatteſt; während ich am Abhang nieder kletterte wo Du immer Furcht hatteſt daß ich hinunter falle; am Neu¬ jahrstag war ich wirklich da hinunter gekollert, ich war mit George da ſpazieren gegangen es war Glatteis, ich glitt aus und Er den Augenblick ohne ſich zu beſinnen mir nach, da faßte er mich und hielt ſich mit der an¬ dern Hand an einer Wurzel feſt. Er war ganz blaß und wankte denn er konnte ſchwer das Gleichgewicht halten. Oben ſagte er: jetzt wären wir Beide zerſchmet¬ tert hätte Gott mir nicht beigeſtanden denn ich hätte mich Dir nachgeſtürzt. — Ich war bis dahin gar nicht erſchrocken geweſen, denn ich bin ſo faſelig und merk nie Gefahr. — Aber das erſchütterte mich daß des Bru¬ ders Leben an dem meinen hing wie an einem Haar, und daß es Gott nicht reißen ließ. — Wie Geſchwiſter doch aneinander hängen, wie Glieder eines Leibes, eins ſtürzt dem andern nach in den Abgrund; eins rettet das andere. Möge ichs doch nie vergeſſen das Vater und Mutter mir den Bruder geſchenkt haben. — Was wollt ich Dir doch ſagen! — ja, daß damals mir zuerſt der Gedanke kam wie das Leben nur als Nothbehelf vernutzt werde. Ich dachte daß wir Ge¬

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Zitationshilfe: Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 1. Grünberg u. a., 1840, S. 354. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode01_1840/370>, abgerufen am 24.11.2024.