Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 1. Grünberg u. a., 1840.

Bild:
<< vorherige Seite

ich sah es an nahms ihm aber nicht ab. -- Ich sagte
der Kranz ist unbezahlbar. Ihr habt ihn aus der Mitte
von jedem Busch geschnitten -- wie werd ichs Euch loh¬
nen, ich werd ihn Euch wiedergeben müssen! -- ja sagt
er plötzlich, -- der Kranz gehört mein. Nun, sagt ich,
verlaßt Euch drauf ich bring ihn wieder.

Gestern um halb acht Uhr fuhr ich mit der Tonie
auf den Ball, auf dem Weg nach dem Forsthaus wa¬
ren die Leute vom Moritz mit Fackeln zu Pferd und
begleiteten die Wagen, von weitem wars ergötzlich
all die Fackeln galoppirend durch den hochstämmi¬
gen Weg im Wald. Das Wäldchen war mit bun¬
ten Lampen erleuchtet. Ach wie schön wars! -- und
dazu lächelten die unendlichen Sterne! -- der Moritz
empfing uns, -- ich sagte ach wie schön ists hier! --
"ja? -- gefällt Dirs? -- Du bist auch schön!" --
und so ging er wieder. -- Ach ich war so ver¬
gnügt -- ich mußte lächeln mit mir, -- es weckte
mich aus dem Traum als ich tanzen mußte, und
der Traum war so schmeichelig selbstvergessen --
mitten im Getümmel ein Wonnegrab, da kamen die
Grabesschauer mir nachgeflogen, und weckten Ge¬
dankenseelen in der Brust begraben, die gaukelten
über mir im Blauen, und der Tag heut, spiegelt die

ich ſah es an nahms ihm aber nicht ab. — Ich ſagte
der Kranz iſt unbezahlbar. Ihr habt ihn aus der Mitte
von jedem Buſch geſchnitten — wie werd ichs Euch loh¬
nen, ich werd ihn Euch wiedergeben müſſen! — ja ſagt
er plötzlich, — der Kranz gehört mein. Nun, ſagt ich,
verlaßt Euch drauf ich bring ihn wieder.

Geſtern um halb acht Uhr fuhr ich mit der Tonie
auf den Ball, auf dem Weg nach dem Forſthaus wa¬
ren die Leute vom Moritz mit Fackeln zu Pferd und
begleiteten die Wagen, von weitem wars ergötzlich
all die Fackeln galoppirend durch den hochſtämmi¬
gen Weg im Wald. Das Wäldchen war mit bun¬
ten Lampen erleuchtet. Ach wie ſchön wars! — und
dazu lächelten die unendlichen Sterne! — der Moritz
empfing uns, — ich ſagte ach wie ſchön iſts hier! —
„ja? — gefällt Dirs? — Du biſt auch ſchön!“ —
und ſo ging er wieder. — Ach ich war ſo ver¬
gnügt — ich mußte lächeln mit mir, — es weckte
mich aus dem Traum als ich tanzen mußte, und
der Traum war ſo ſchmeichelig ſelbſtvergeſſen —
mitten im Getümmel ein Wonnegrab, da kamen die
Grabesſchauer mir nachgeflogen, und weckten Ge¬
dankenſeelen in der Bruſt begraben, die gaukelten
über mir im Blauen, und der Tag heut, ſpiegelt die

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0347" n="331"/>
ich &#x017F;ah es an nahms ihm aber nicht ab. &#x2014; Ich &#x017F;agte<lb/>
der Kranz i&#x017F;t unbezahlbar. Ihr habt ihn aus der Mitte<lb/>
von jedem Bu&#x017F;ch ge&#x017F;chnitten &#x2014; wie werd ichs Euch loh¬<lb/>
nen, ich werd ihn Euch wiedergeben mü&#x017F;&#x017F;en! &#x2014; ja &#x017F;agt<lb/>
er plötzlich, &#x2014; der Kranz gehört mein. Nun, &#x017F;agt ich,<lb/>
verlaßt Euch drauf ich bring ihn wieder.</p><lb/>
          <p>Ge&#x017F;tern um halb acht Uhr fuhr ich mit der Tonie<lb/>
auf den Ball, auf dem Weg nach dem For&#x017F;thaus wa¬<lb/>
ren die Leute vom Moritz mit Fackeln zu Pferd und<lb/>
begleiteten die Wagen, von weitem wars ergötzlich<lb/>
all die Fackeln galoppirend durch den hoch&#x017F;tämmi¬<lb/>
gen Weg im Wald. Das Wäldchen war mit bun¬<lb/>
ten Lampen erleuchtet. Ach wie &#x017F;chön wars! &#x2014; und<lb/>
dazu lächelten die unendlichen Sterne! &#x2014; der Moritz<lb/>
empfing uns, &#x2014; ich &#x017F;agte ach wie &#x017F;chön i&#x017F;ts hier! &#x2014;<lb/>
&#x201E;ja? &#x2014; gefällt Dirs? &#x2014; Du bi&#x017F;t auch &#x017F;chön!&#x201C; &#x2014;<lb/>
und &#x017F;o ging er wieder. &#x2014; Ach ich war &#x017F;o ver¬<lb/>
gnügt &#x2014; ich mußte lächeln mit mir, &#x2014; es weckte<lb/>
mich aus dem Traum als ich tanzen mußte, und<lb/>
der Traum war &#x017F;o &#x017F;chmeichelig &#x017F;elb&#x017F;tverge&#x017F;&#x017F;en &#x2014;<lb/>
mitten im Getümmel ein Wonnegrab, da kamen die<lb/>
Grabes&#x017F;chauer mir nachgeflogen, und weckten Ge¬<lb/>
danken&#x017F;eelen in der Bru&#x017F;t begraben, die gaukelten<lb/>
über mir im Blauen, und der Tag heut, &#x017F;piegelt die<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[331/0347] ich ſah es an nahms ihm aber nicht ab. — Ich ſagte der Kranz iſt unbezahlbar. Ihr habt ihn aus der Mitte von jedem Buſch geſchnitten — wie werd ichs Euch loh¬ nen, ich werd ihn Euch wiedergeben müſſen! — ja ſagt er plötzlich, — der Kranz gehört mein. Nun, ſagt ich, verlaßt Euch drauf ich bring ihn wieder. Geſtern um halb acht Uhr fuhr ich mit der Tonie auf den Ball, auf dem Weg nach dem Forſthaus wa¬ ren die Leute vom Moritz mit Fackeln zu Pferd und begleiteten die Wagen, von weitem wars ergötzlich all die Fackeln galoppirend durch den hochſtämmi¬ gen Weg im Wald. Das Wäldchen war mit bun¬ ten Lampen erleuchtet. Ach wie ſchön wars! — und dazu lächelten die unendlichen Sterne! — der Moritz empfing uns, — ich ſagte ach wie ſchön iſts hier! — „ja? — gefällt Dirs? — Du biſt auch ſchön!“ — und ſo ging er wieder. — Ach ich war ſo ver¬ gnügt — ich mußte lächeln mit mir, — es weckte mich aus dem Traum als ich tanzen mußte, und der Traum war ſo ſchmeichelig ſelbſtvergeſſen — mitten im Getümmel ein Wonnegrab, da kamen die Grabesſchauer mir nachgeflogen, und weckten Ge¬ dankenſeelen in der Bruſt begraben, die gaukelten über mir im Blauen, und der Tag heut, ſpiegelt die

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode01_1840
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode01_1840/347
Zitationshilfe: Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 1. Grünberg u. a., 1840, S. 331. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode01_1840/347>, abgerufen am 25.11.2024.