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Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 1. Grünberg u. a., 1840.

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daß ein Tapferer könne zu einem Feigen werden, -- dem
ist aber nicht so, denn bei einer Wunde die in der Be¬
geistrung selbst empfangen wird, da haucht das Blut
selbst Unsterblichkeit aus. Wenn nämlich die Tugend
(die Tapferkeit) wach ist in dem Menschen, das heißt:
wenn der Genius in sein Blut gestiegen ist und kämpft,
und er geht auf die Wunde los die er empfangen soll,
da ist die Kühnheit so Herr, daß keine sclavische Ent¬
weichung stattfinden könne, denn dann ist grad aller
Stahl im Blut in den Geist übergegangen, -- denn wie
Gott immerdar in jedem Hauch erzeugt weil er ganz
Weisheit ist, so erzeugt auch das Genie weil es mit
Gottes elektrischer Kette verbunden ist, ewig seine Schläge
empfängt und wieder einschlägt ins Blut. -- Ich bitte
Dich, wie willst Du denn die elektrische Kraft erklären,
anders, als daß durch Gottes Geist die Natur zuckt und
bis ins Blut geht, wo sie im Menschen wieder den Weg
in die Begeistrung findet, weil der Geist hat. -- Und
siehe da! -- die Kraft empfängt den Blitzstrahl, und so erzeu¬
gen Weisheit und Tapferkeit sich in einander. -- Was
hab ich im vorigen Brief gesagt: -- Gott sei die Poesie,
und heute, daß er die Weisheit ist, -- das ist schon eine
alte Geschichte, das haben glaub ich die Kirchenväter
herausgestellt, und haben deswegen großen Respekt vor

daß ein Tapferer könne zu einem Feigen werden, — dem
iſt aber nicht ſo, denn bei einer Wunde die in der Be¬
geiſtrung ſelbſt empfangen wird, da haucht das Blut
ſelbſt Unſterblichkeit aus. Wenn nämlich die Tugend
(die Tapferkeit) wach iſt in dem Menſchen, das heißt:
wenn der Genius in ſein Blut geſtiegen iſt und kämpft,
und er geht auf die Wunde los die er empfangen ſoll,
da iſt die Kühnheit ſo Herr, daß keine ſclaviſche Ent¬
weichung ſtattfinden könne, denn dann iſt grad aller
Stahl im Blut in den Geiſt übergegangen, — denn wie
Gott immerdar in jedem Hauch erzeugt weil er ganz
Weisheit iſt, ſo erzeugt auch das Genie weil es mit
Gottes elektriſcher Kette verbunden iſt, ewig ſeine Schläge
empfängt und wieder einſchlägt ins Blut. — Ich bitte
Dich, wie willſt Du denn die elektriſche Kraft erklären,
anders, als daß durch Gottes Geiſt die Natur zuckt und
bis ins Blut geht, wo ſie im Menſchen wieder den Weg
in die Begeiſtrung findet, weil der Geiſt hat. — Und
ſiehe da! — die Kraft empfängt den Blitzſtrahl, und ſo erzeu¬
gen Weisheit und Tapferkeit ſich in einander. — Was
hab ich im vorigen Brief geſagt: — Gott ſei die Poeſie,
und heute, daß er die Weisheit iſt, — das iſt ſchon eine
alte Geſchichte, das haben glaub ich die Kirchenväter
herausgeſtellt, und haben deswegen großen Reſpekt vor

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[269/0285] daß ein Tapferer könne zu einem Feigen werden, — dem iſt aber nicht ſo, denn bei einer Wunde die in der Be¬ geiſtrung ſelbſt empfangen wird, da haucht das Blut ſelbſt Unſterblichkeit aus. Wenn nämlich die Tugend (die Tapferkeit) wach iſt in dem Menſchen, das heißt: wenn der Genius in ſein Blut geſtiegen iſt und kämpft, und er geht auf die Wunde los die er empfangen ſoll, da iſt die Kühnheit ſo Herr, daß keine ſclaviſche Ent¬ weichung ſtattfinden könne, denn dann iſt grad aller Stahl im Blut in den Geiſt übergegangen, — denn wie Gott immerdar in jedem Hauch erzeugt weil er ganz Weisheit iſt, ſo erzeugt auch das Genie weil es mit Gottes elektriſcher Kette verbunden iſt, ewig ſeine Schläge empfängt und wieder einſchlägt ins Blut. — Ich bitte Dich, wie willſt Du denn die elektriſche Kraft erklären, anders, als daß durch Gottes Geiſt die Natur zuckt und bis ins Blut geht, wo ſie im Menſchen wieder den Weg in die Begeiſtrung findet, weil der Geiſt hat. — Und ſiehe da! — die Kraft empfängt den Blitzſtrahl, und ſo erzeu¬ gen Weisheit und Tapferkeit ſich in einander. — Was hab ich im vorigen Brief geſagt: — Gott ſei die Poeſie, und heute, daß er die Weisheit iſt, — das iſt ſchon eine alte Geſchichte, das haben glaub ich die Kirchenväter herausgeſtellt, und haben deswegen großen Reſpekt vor

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Zitationshilfe: Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 1. Grünberg u. a., 1840, S. 269. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode01_1840/285>, abgerufen am 27.11.2024.