unserm Umgang, von Deinem Wesen, von Deiner Ge¬ stalt, da hab ich mich zum erstenmal besonnen wie schön Du bist, wir sahen eine vollsaftige weiße Silberbirke in der Ferne mit hängenden Zweigen die mitten am Fels aus einer Spalte aufgewachsen ist und vom Wind sanft bewegt gegen das Thal sich neigt; unwillkührlich deu¬ tete ich hin wie ich von Deinem Geist sprach und auch von Deiner Gestalt, der Herzog fragte, die Freundin werde wohl jener Birke gleich sein auf die ich hinweise? -- Ich sagte, Ja. So wollte er mit mir zusammen hin und Dich von nahem beschauen, aber es war so glatt und steil da hinan, ich meinte nicht daß wir hin kom¬ men würden, -- er vertraute auf den Cales der werde uns schon einen Weg ausfinden. "Was hat sie denn für Haar?" -- Schwärzlich glänzend braunes Haar, das in freien weichen Locken wie sie wollen sich um ihre Schultern legt. -- "Was für Augen?" -- Pallas¬ augen blau von Farbe, ganz voll Feuer, aber schwim¬ mend auch und ruhig. -- "Und die Stirn?" -- Sanft und weiß wie Elfenbein, stark gewölbt und frei, doch klein, aber breit wie Platon's Stirn; Wimpern die sich lächelnd kräuseln, Brauen wie zwei schwarze Drachen die mit scharfen Blick sich messend, nicht sich fassend und nicht lassend, ihre Mähnen trotzig sträuben, doch aus
unſerm Umgang, von Deinem Weſen, von Deiner Ge¬ ſtalt, da hab ich mich zum erſtenmal beſonnen wie ſchön Du biſt, wir ſahen eine vollſaftige weiße Silberbirke in der Ferne mit hängenden Zweigen die mitten am Fels aus einer Spalte aufgewachſen iſt und vom Wind ſanft bewegt gegen das Thal ſich neigt; unwillkührlich deu¬ tete ich hin wie ich von Deinem Geiſt ſprach und auch von Deiner Geſtalt, der Herzog fragte, die Freundin werde wohl jener Birke gleich ſein auf die ich hinweiſe? — Ich ſagte, Ja. So wollte er mit mir zuſammen hin und Dich von nahem beſchauen, aber es war ſo glatt und ſteil da hinan, ich meinte nicht daß wir hin kom¬ men würden, — er vertraute auf den Cales der werde uns ſchon einen Weg ausfinden. „Was hat ſie denn für Haar?“ — Schwärzlich glänzend braunes Haar, das in freien weichen Locken wie ſie wollen ſich um ihre Schultern legt. — „Was für Augen?“ — Pallas¬ augen blau von Farbe, ganz voll Feuer, aber ſchwim¬ mend auch und ruhig. — „Und die Stirn?“ — Sanft und weiß wie Elfenbein, ſtark gewölbt und frei, doch klein, aber breit wie Platon's Stirn; Wimpern die ſich lächelnd kräuſeln, Brauen wie zwei ſchwarze Drachen die mit ſcharfen Blick ſich meſſend, nicht ſich faſſend und nicht laſſend, ihre Mähnen trotzig ſträuben, doch aus
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unſerm Umgang, von Deinem Weſen, von Deiner Ge¬
ſtalt, da hab ich mich zum erſtenmal beſonnen wie ſchön
Du biſt, wir ſahen eine vollſaftige weiße Silberbirke in
der Ferne mit hängenden Zweigen die mitten am Fels
aus einer Spalte aufgewachſen iſt und vom Wind ſanft
bewegt gegen das Thal ſich neigt; unwillkührlich deu¬
tete ich hin wie ich von Deinem Geiſt ſprach und auch
von Deiner Geſtalt, der Herzog fragte, die Freundin
werde wohl jener Birke gleich ſein auf die ich hinweiſe?
— Ich ſagte, Ja. So wollte er mit mir zuſammen hin
und Dich von nahem beſchauen, aber es war ſo glatt
und ſteil da hinan, ich meinte nicht daß wir hin kom¬
men würden, — er vertraute auf den Cales der werde
uns ſchon einen Weg ausfinden. „Was hat ſie denn
für Haar?“ — Schwärzlich glänzend braunes Haar,
das in freien weichen Locken wie ſie wollen ſich um
ihre Schultern legt. — „Was für Augen?“ — Pallas¬
augen blau von Farbe, ganz voll Feuer, aber ſchwim¬
mend auch und ruhig. — „Und die Stirn?“ — Sanft
und weiß wie Elfenbein, ſtark gewölbt und frei, doch
klein, aber breit wie Platon's Stirn; Wimpern die ſich
lächelnd kräuſeln, Brauen wie zwei ſchwarze Drachen
die mit ſcharfen Blick ſich meſſend, nicht ſich faſſend und
nicht laſſend, ihre Mähnen trotzig ſträuben, doch aus
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Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 1. Grünberg u. a., 1840, S. 91. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode01_1840/107>, abgerufen am 27.11.2024.
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