[Arnim, Bettina von]: Tagebuch. Berlin, 1835.Freund! sie ist nicht erfunden diese innere Welt, Gedanken sind in der geistigen Welt, was Empfin- Liebe ist Erkenntniß; ich kann Dich nur genießen 1**
Freund! ſie iſt nicht erfunden dieſe innere Welt, Gedanken ſind in der geiſtigen Welt, was Empfin- Liebe iſt Erkenntniß; ich kann Dich nur genießen 1**
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0019" n="9"/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <p>Freund! ſie iſt nicht erfunden dieſe innere Welt,<lb/> ſie beruht auf Wiſſen und Geheimniß, ſie beruht auf<lb/> höherem Glauben; die Liebe iſt der Weltgeiſt dieſes<lb/> Inneren, ſie iſt die Seele der Natur.</p><lb/> <p>Gedanken ſind in der geiſtigen Welt, was Empfin-<lb/> dung in der ſinnlichen Welt iſt; es iſt Sinnenluſt mei-<lb/> nes Geiſtes, der mich an Dich feſſelt, daß ich Dich denke;<lb/> es bewegt mich tief, daß Du biſt, in dieſe ſinnliche Welt<lb/> geboren biſt. Daß Deine ſinnliche Erſcheinung Zeugniß<lb/> giebt von der Ahndung, von der Offenbarung, die ich<lb/> von Dir habe.</p><lb/> <p>Liebe iſt Erkenntniß; ich kann Dich nur genießen<lb/> im Denken, das Dich verſtehen, empfinden lernt; wenn<lb/> ich Dich aber einmal ganz verſtehe, gehörſt Du dann<lb/> mein? — kannſt Du irgend wem gehören, der Dich nicht<lb/> verſtände? iſt Verſtehen nicht ſüßes, ſinnliches Übergehen<lb/> in den Geliebten? — eine einzige Grenze iſt; ſie trennt<lb/> das Endliche vom Unendlichen; Verſtehn hebt die Grenze<lb/> auf; zwei die einander verſtehen, ſind ineinander unend-<lb/> lich; — Verſtehen iſt lieben; was wir nicht lieben, das<lb/> verſtehen wir nicht; was wir nicht verſtehen, iſt nicht<lb/> für uns da.</p><lb/> <fw place="bottom" type="sig">1**</fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [9/0019]
Freund! ſie iſt nicht erfunden dieſe innere Welt,
ſie beruht auf Wiſſen und Geheimniß, ſie beruht auf
höherem Glauben; die Liebe iſt der Weltgeiſt dieſes
Inneren, ſie iſt die Seele der Natur.
Gedanken ſind in der geiſtigen Welt, was Empfin-
dung in der ſinnlichen Welt iſt; es iſt Sinnenluſt mei-
nes Geiſtes, der mich an Dich feſſelt, daß ich Dich denke;
es bewegt mich tief, daß Du biſt, in dieſe ſinnliche Welt
geboren biſt. Daß Deine ſinnliche Erſcheinung Zeugniß
giebt von der Ahndung, von der Offenbarung, die ich
von Dir habe.
Liebe iſt Erkenntniß; ich kann Dich nur genießen
im Denken, das Dich verſtehen, empfinden lernt; wenn
ich Dich aber einmal ganz verſtehe, gehörſt Du dann
mein? — kannſt Du irgend wem gehören, der Dich nicht
verſtände? iſt Verſtehen nicht ſüßes, ſinnliches Übergehen
in den Geliebten? — eine einzige Grenze iſt; ſie trennt
das Endliche vom Unendlichen; Verſtehn hebt die Grenze
auf; zwei die einander verſtehen, ſind ineinander unend-
lich; — Verſtehen iſt lieben; was wir nicht lieben, das
verſtehen wir nicht; was wir nicht verſtehen, iſt nicht
für uns da.
1**
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |