Und Wald und Gebirg' und Strand am Fluß, sonnebeglänzt, lächeln mir entgegen, weil mein Herz, weil mein Geist ewigen Frühling ihnen entgegen haucht.
Ich will Dich nicht verscherzen schöne Nacht, wie gestern; ich will schlafen gehen in Deinen Schoos; Du wiegst mich dem Morgenlicht entgegen, und die frischge- weckten Blumen pflücke ich dann, mir zur Erinnerung an die Träume der Nacht. So sind freundliche Küsse, wie diese halberschloss'ne Rosen, so leises Flüstern wie der Blüthenregen, so wanken die Gedanken wie die be- wegten Blumen im Gras; so träufelt Zähre auf Zähre, die das Auge füllen mit Übermaaß vom Glück, wie die Regentropfen von den Ästen niederperlen, und so schlägt das sehnende Herz, wie die Nachtigall schlägt vom Mor- genroth begeistert; sie jubelt, weil sie liebt, sie seufzt, aus Liebe, sie klagt um Liebe; drum süße Nacht: schla- fen! dem Morgenroth entgegen schlafen, das mir bringt die süßen Früchte all', die der Liebe reifen.
Und Wald und Gebirg' und Strand am Fluß, ſonnebeglänzt, lächeln mir entgegen, weil mein Herz, weil mein Geiſt ewigen Frühling ihnen entgegen haucht.
Ich will Dich nicht verſcherzen ſchöne Nacht, wie geſtern; ich will ſchlafen gehen in Deinen Schoos; Du wiegſt mich dem Morgenlicht entgegen, und die friſchge- weckten Blumen pflücke ich dann, mir zur Erinnerung an die Träume der Nacht. So ſind freundliche Küſſe, wie dieſe halberſchloſſ'ne Roſen, ſo leiſes Flüſtern wie der Blüthenregen, ſo wanken die Gedanken wie die be- wegten Blumen im Gras; ſo träufelt Zähre auf Zähre, die das Auge füllen mit Übermaaß vom Glück, wie die Regentropfen von den Äſten niederperlen, und ſo ſchlägt das ſehnende Herz, wie die Nachtigall ſchlägt vom Mor- genroth begeiſtert; ſie jubelt, weil ſie liebt, ſie ſeufzt, aus Liebe, ſie klagt um Liebe; drum ſüße Nacht: ſchla- fen! dem Morgenroth entgegen ſchlafen, das mir bringt die ſüßen Früchte all', die der Liebe reifen.
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Und Wald und Gebirg' und Strand am Fluß,
ſonnebeglänzt, lächeln mir entgegen, weil mein Herz,
weil mein Geiſt ewigen Frühling ihnen entgegen haucht.
Ich will Dich nicht verſcherzen ſchöne Nacht, wie
geſtern; ich will ſchlafen gehen in Deinen Schoos; Du
wiegſt mich dem Morgenlicht entgegen, und die friſchge-
weckten Blumen pflücke ich dann, mir zur Erinnerung
an die Träume der Nacht. So ſind freundliche Küſſe,
wie dieſe halberſchloſſ'ne Roſen, ſo leiſes Flüſtern wie
der Blüthenregen, ſo wanken die Gedanken wie die be-
wegten Blumen im Gras; ſo träufelt Zähre auf Zähre,
die das Auge füllen mit Übermaaß vom Glück, wie die
Regentropfen von den Äſten niederperlen, und ſo ſchlägt
das ſehnende Herz, wie die Nachtigall ſchlägt vom Mor-
genroth begeiſtert; ſie jubelt, weil ſie liebt, ſie ſeufzt,
aus Liebe, ſie klagt um Liebe; drum ſüße Nacht: ſchla-
fen! dem Morgenroth entgegen ſchlafen, das mir bringt
die ſüßen Früchte all', die der Liebe reifen.
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[Arnim, Bettina von]: Tagebuch. Berlin, 1835, S. 8. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_goethe03_1835/18>, abgerufen am 16.07.2024.
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