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Arnim, Bettina von: Goethe's Briefwechsel mit einem Kinde. Bd. 2. Berlin, 1835.

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die Prinzessin heirathet nicht den verdammten Schneider,
wenn er auch den Riesen todschlägt; wenn ich nun Halt
machte und die Katastrophe auf [d]en nächsten Abend
verschob, so konnte ich sicher sein, daß er bis dahin al-
les zurecht gerückt hatte, und so ward mir denn meine
Einbildungskraft, wo sie nicht mehr zureichte, häufig
durch die seine ersetzt, wenn ich denn am nächsten Abend
die Schicksalsfäden nach seiner Angabe weiter lenkte und
sagte: Du hast's gerathen, so ist's gekommen, da war
er Feuer und Flamme, und man konnte sein Herzchen
unter der Halskrause schlagen sehen. Der Großmutter,
die im Hinterhause wohnte und deren Liebling er war,
vertraute er nun allemal seine Ansichten, wie es mit der
Erzählung wohl noch werde, und von dieser erfuhr ich
wie ich seinen Wünschen gemäß weiter im Text kommen
solle, und so war ein geheimes diplomatisches Treiben
zwischen uns, das keiner an den andern verrieth; so
hatte ich die Satisfaction zum Genuß und Erstaunen
der Zuhörenden, meine Mährchen vorzutragen, und der
Wolfgang, ohne je sich als den Urheber aller merkwür-
digen Ereignisse zu bekennen, sah mit glühenden Augen
der Erfüllung seiner kühn angelegten Pläne entgegen,
und begrüßte das Ausmalen derselben mit enthusiasti-
schem Beifall." Diese schönen Abende, durch die sich

die Prinzeſſin heirathet nicht den verdammten Schneider,
wenn er auch den Rieſen todſchlägt; wenn ich nun Halt
machte und die Kataſtrophe auf [d]en nächſten Abend
verſchob, ſo konnte ich ſicher ſein, daß er bis dahin al-
les zurecht gerückt hatte, und ſo ward mir denn meine
Einbildungskraft, wo ſie nicht mehr zureichte, häufig
durch die ſeine erſetzt, wenn ich denn am nächſten Abend
die Schickſalsfäden nach ſeiner Angabe weiter lenkte und
ſagte: Du haſt's gerathen, ſo iſt's gekommen, da war
er Feuer und Flamme, und man konnte ſein Herzchen
unter der Halskrauſe ſchlagen ſehen. Der Großmutter,
die im Hinterhauſe wohnte und deren Liebling er war,
vertraute er nun allemal ſeine Anſichten, wie es mit der
Erzählung wohl noch werde, und von dieſer erfuhr ich
wie ich ſeinen Wünſchen gemäß weiter im Text kommen
ſolle, und ſo war ein geheimes diplomatiſches Treiben
zwiſchen uns, das keiner an den andern verrieth; ſo
hatte ich die Satisfaction zum Genuß und Erſtaunen
der Zuhörenden, meine Mährchen vorzutragen, und der
Wolfgang, ohne je ſich als den Urheber aller merkwür-
digen Ereigniſſe zu bekennen, ſah mit glühenden Augen
der Erfüllung ſeiner kühn angelegten Pläne entgegen,
und begrüßte das Ausmalen derſelben mit enthuſiaſti-
ſchem Beifall.“ Dieſe ſchönen Abende, durch die ſich

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[252/0262] die Prinzeſſin heirathet nicht den verdammten Schneider, wenn er auch den Rieſen todſchlägt; wenn ich nun Halt machte und die Kataſtrophe auf den nächſten Abend verſchob, ſo konnte ich ſicher ſein, daß er bis dahin al- les zurecht gerückt hatte, und ſo ward mir denn meine Einbildungskraft, wo ſie nicht mehr zureichte, häufig durch die ſeine erſetzt, wenn ich denn am nächſten Abend die Schickſalsfäden nach ſeiner Angabe weiter lenkte und ſagte: Du haſt's gerathen, ſo iſt's gekommen, da war er Feuer und Flamme, und man konnte ſein Herzchen unter der Halskrauſe ſchlagen ſehen. Der Großmutter, die im Hinterhauſe wohnte und deren Liebling er war, vertraute er nun allemal ſeine Anſichten, wie es mit der Erzählung wohl noch werde, und von dieſer erfuhr ich wie ich ſeinen Wünſchen gemäß weiter im Text kommen ſolle, und ſo war ein geheimes diplomatiſches Treiben zwiſchen uns, das keiner an den andern verrieth; ſo hatte ich die Satisfaction zum Genuß und Erſtaunen der Zuhörenden, meine Mährchen vorzutragen, und der Wolfgang, ohne je ſich als den Urheber aller merkwür- digen Ereigniſſe zu bekennen, ſah mit glühenden Augen der Erfüllung ſeiner kühn angelegten Pläne entgegen, und begrüßte das Ausmalen derſelben mit enthuſiaſti- ſchem Beifall.“ Dieſe ſchönen Abende, durch die ſich

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Zitationshilfe: Arnim, Bettina von: Goethe's Briefwechsel mit einem Kinde. Bd. 2. Berlin, 1835, S. 252. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_goethe02_1835/262>, abgerufen am 25.11.2024.