Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Arnim, Achim von: Der tolle Invalide auf dem Fort Ratonneau. In: Gaben der Milde. Bd. 4. Berlin, 1818, S. 75-124.

Bild:
<< vorherige Seite

Steinwalle, wo sie das Kind verlassen. Da fan¬
den sie den guten Vater Philip bei dem Kinde,
der allmählig hinter Felsstücken zu ihm hin¬
geschlichen war, und das Kind ließ etwas
aus den Händen fliegen, um nach dem Va¬
ter sie auszustrecken. Und während sich alle
drei umarmt hielten, erzählte Vater Philip,
wie ein Taubenpaar vom Schloß herunter
geflattert sei und mit dem Kinde artig ge¬
spielt, sich von ihm habe anrühren lassen,
und es gleichsam in seiner Verlassenheit ge¬
tröstet habe. Als er das gesehen, habe er
sich dem Kinde zu nahen gewagt. Sie wa¬
ren, wie gute Engel, meines Kindes Spiel¬
kammeraden auf dem Fort gewesen, sie ha¬
ben es treulich aufgesucht, sie kommen sicher
wieder und werden es nicht verlassen. Und
wirklich umflogen sie die Tauben freundlich
und trugen in ihren Schnäbeln grüne Blät¬
ter. Die Sünde ist uns geschieden, sagte
Francoeur nie will ich wieder auf den Frie¬
den schelten, der Friede thut mir so gut.

Inzwischen hatte sich der Kommandant
mit seinen Offizieren genähert, weil er den

Steinwalle, wo ſie das Kind verlaſſen. Da fan¬
den ſie den guten Vater Philip bei dem Kinde,
der allmählig hinter Felsſtücken zu ihm hin¬
geſchlichen war, und das Kind ließ etwas
aus den Händen fliegen, um nach dem Va¬
ter ſie auszuſtrecken. Und während ſich alle
drei umarmt hielten, erzählte Vater Philip,
wie ein Taubenpaar vom Schloß herunter
geflattert ſei und mit dem Kinde artig ge¬
ſpielt, ſich von ihm habe anrühren laſſen,
und es gleichſam in ſeiner Verlaſſenheit ge¬
tröſtet habe. Als er das geſehen, habe er
ſich dem Kinde zu nahen gewagt. Sie wa¬
ren, wie gute Engel, meines Kindes Spiel¬
kammeraden auf dem Fort geweſen, ſie ha¬
ben es treulich aufgeſucht, ſie kommen ſicher
wieder und werden es nicht verlaſſen. Und
wirklich umflogen ſie die Tauben freundlich
und trugen in ihren Schnäbeln grüne Blät¬
ter. Die Sünde iſt uns geſchieden, ſagte
Francoeur nie will ich wieder auf den Frie¬
den ſchelten, der Friede thut mir ſo gut.

Inzwiſchen hatte ſich der Kommandant
mit ſeinen Offizieren genähert, weil er den

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0053" n="121"/>
Steinwalle, wo &#x017F;ie das Kind verla&#x017F;&#x017F;en. Da fan¬<lb/>
den &#x017F;ie den guten Vater Philip bei dem Kinde,<lb/>
der allmählig hinter Fels&#x017F;tücken zu ihm hin¬<lb/>
ge&#x017F;chlichen war, und das Kind ließ etwas<lb/>
aus den Händen fliegen, um nach dem Va¬<lb/>
ter &#x017F;ie auszu&#x017F;trecken. Und während &#x017F;ich alle<lb/>
drei umarmt hielten, erzählte Vater Philip,<lb/>
wie ein Taubenpaar vom Schloß herunter<lb/>
geflattert &#x017F;ei und mit dem Kinde artig ge¬<lb/>
&#x017F;pielt, &#x017F;ich von ihm habe anrühren la&#x017F;&#x017F;en,<lb/>
und es gleich&#x017F;am in &#x017F;einer Verla&#x017F;&#x017F;enheit ge¬<lb/>
trö&#x017F;tet habe. Als er das ge&#x017F;ehen, habe er<lb/>
&#x017F;ich dem Kinde zu nahen gewagt. Sie wa¬<lb/>
ren, wie gute Engel, meines Kindes Spiel¬<lb/>
kammeraden auf dem Fort gewe&#x017F;en, &#x017F;ie ha¬<lb/>
ben es treulich aufge&#x017F;ucht, &#x017F;ie kommen &#x017F;icher<lb/>
wieder und werden es nicht verla&#x017F;&#x017F;en. Und<lb/>
wirklich umflogen &#x017F;ie die Tauben freundlich<lb/>
und trugen in ihren Schnäbeln grüne Blät¬<lb/>
ter. Die Sünde i&#x017F;t uns ge&#x017F;chieden, &#x017F;agte<lb/>
Francoeur nie will ich wieder auf den Frie¬<lb/>
den &#x017F;chelten, der Friede thut mir &#x017F;o gut.</p><lb/>
        <p>Inzwi&#x017F;chen hatte &#x017F;ich der Kommandant<lb/>
mit &#x017F;einen Offizieren genähert, weil er den<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[121/0053] Steinwalle, wo ſie das Kind verlaſſen. Da fan¬ den ſie den guten Vater Philip bei dem Kinde, der allmählig hinter Felsſtücken zu ihm hin¬ geſchlichen war, und das Kind ließ etwas aus den Händen fliegen, um nach dem Va¬ ter ſie auszuſtrecken. Und während ſich alle drei umarmt hielten, erzählte Vater Philip, wie ein Taubenpaar vom Schloß herunter geflattert ſei und mit dem Kinde artig ge¬ ſpielt, ſich von ihm habe anrühren laſſen, und es gleichſam in ſeiner Verlaſſenheit ge¬ tröſtet habe. Als er das geſehen, habe er ſich dem Kinde zu nahen gewagt. Sie wa¬ ren, wie gute Engel, meines Kindes Spiel¬ kammeraden auf dem Fort geweſen, ſie ha¬ ben es treulich aufgeſucht, ſie kommen ſicher wieder und werden es nicht verlaſſen. Und wirklich umflogen ſie die Tauben freundlich und trugen in ihren Schnäbeln grüne Blät¬ ter. Die Sünde iſt uns geſchieden, ſagte Francoeur nie will ich wieder auf den Frie¬ den ſchelten, der Friede thut mir ſo gut. Inzwiſchen hatte ſich der Kommandant mit ſeinen Offizieren genähert, weil er den

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Achim von Arnims Erzählung „Der tolle Invalide au… [mehr]

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/arnima_invalide_1818
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/arnima_invalide_1818/53
Zitationshilfe: Arnim, Achim von: Der tolle Invalide auf dem Fort Ratonneau. In: Gaben der Milde. Bd. 4. Berlin, 1818, S. 75-124, hier S. 121. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnima_invalide_1818/53>, abgerufen am 28.11.2024.