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Arnim, Achim von; Brentano, Clemens: Des Knaben Wunderhorn. Bd. 3. Heidelberg, 1808.

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So macht mich doch dies Fabelbuch
Zum Leben und zum Sterben klug.

Es spricht: Erwach vom Sündenschlafe,
Du thörigt aufgeklärtes Land;
Es naht die schwere Höllenstrafe,
Der böse Feind ist nicht verbannt;
Ich will euch lesen aus dem Buch
Im Unglück giebts mir Ruh genug.


St. Meinrad.
Graf Berthold von Sulchen, der fromme Mann,
Er führt sein Söhnlein an der Hand;
Meinrad, mein Söhnlein von fünf Jahren,
Du mußt mit mir gen Reichenau fahren.
Hatto, Hatto, nimm hin das Kind,
Alle liebe Engelein mit ihm sind;
Die geistlich Zucht mag er wohl lernen,
Und mag ein Spiegel der Münche werden.
Er ging zur Schul barfuß ohne Schuh;
Und legt die geistlich Kunst sich zu;
Die Weisheit kam ihm vor der Zeit,
Da ward er zu einem Priester geweiht.
Da schickt ihn Hatto auf den Zürcher See,
Daß er ins Klösterlein bei Jona geh;
Bei Jona zu Oberzollingen,
Da lehrt er die Münch beten und singen.

So macht mich doch dies Fabelbuch
Zum Leben und zum Sterben klug.

Es ſpricht: Erwach vom Suͤndenſchlafe,
Du thoͤrigt aufgeklaͤrtes Land;
Es naht die ſchwere Hoͤllenſtrafe,
Der boͤſe Feind iſt nicht verbannt;
Ich will euch leſen aus dem Buch
Im Ungluͤck giebts mir Ruh genug.


St. Meinrad.
Graf Berthold von Sulchen, der fromme Mann,
Er fuͤhrt ſein Soͤhnlein an der Hand;
Meinrad, mein Soͤhnlein von fuͤnf Jahren,
Du mußt mit mir gen Reichenau fahren.
Hatto, Hatto, nimm hin das Kind,
Alle liebe Engelein mit ihm ſind;
Die geiſtlich Zucht mag er wohl lernen,
Und mag ein Spiegel der Muͤnche werden.
Er ging zur Schul barfuß ohne Schuh;
Und legt die geiſtlich Kunſt ſich zu;
Die Weisheit kam ihm vor der Zeit,
Da ward er zu einem Prieſter geweiht.
Da ſchickt ihn Hatto auf den Zuͤrcher See,
Daß er ins Kloͤſterlein bei Jona geh;
Bei Jona zu Oberzollingen,
Da lehrt er die Muͤnch beten und ſingen.

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[170/0180] So macht mich doch dies Fabelbuch Zum Leben und zum Sterben klug. Es ſpricht: Erwach vom Suͤndenſchlafe, Du thoͤrigt aufgeklaͤrtes Land; Es naht die ſchwere Hoͤllenſtrafe, Der boͤſe Feind iſt nicht verbannt; Ich will euch leſen aus dem Buch Im Ungluͤck giebts mir Ruh genug. St. Meinrad. Graf Berthold von Sulchen, der fromme Mann, Er fuͤhrt ſein Soͤhnlein an der Hand; Meinrad, mein Soͤhnlein von fuͤnf Jahren, Du mußt mit mir gen Reichenau fahren. Hatto, Hatto, nimm hin das Kind, Alle liebe Engelein mit ihm ſind; Die geiſtlich Zucht mag er wohl lernen, Und mag ein Spiegel der Muͤnche werden. Er ging zur Schul barfuß ohne Schuh; Und legt die geiſtlich Kunſt ſich zu; Die Weisheit kam ihm vor der Zeit, Da ward er zu einem Prieſter geweiht. Da ſchickt ihn Hatto auf den Zuͤrcher See, Daß er ins Kloͤſterlein bei Jona geh; Bei Jona zu Oberzollingen, Da lehrt er die Muͤnch beten und ſingen.

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Zitationshilfe: Arnim, Achim von; Brentano, Clemens: Des Knaben Wunderhorn. Bd. 3. Heidelberg, 1808, S. 170. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnim_wunderhorn03_1808/180>, abgerufen am 29.11.2024.