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Arnim, Achim von; Brentano, Clemens: Des Knaben Wunderhorn. Bd. 1. Heidelberg, 1806.

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O heller Glanz der Jungfrau fein,
Wem strahlet er mit Freudenschein.
Nach Stauffenberg sie ziehen fort,
Zu feyern ihre Hochzeit dort!

Ihr düstren Wälder auf dem Wege,
Was streckt die Aeste ihr entgegen,
Viel froher Schaaren ziehen ja,
Mit hellem Klange fern und nah,
Mit bunten Bändern, Scherz und Streit,
Ist alles Lust, ist alles Freud.
VI. Romanze.

Auf Stauffenberg zur ersten Nacht,
Zur schönen Frau sein Herze dacht,
Alsbald an seinem Arme lag,
Die sein mit steten Treuen pflag,
Sie weinte, sprach: "Nun wehe dir,
"Du folgtest gar zu wenig mir.
"Daß du ein Weib nimmst zu der Eh,
"Am dritten Tag du lebst nicht mehr,
"Ich sag dir was geschehen muß,
"Ich lasse sehen meinen Fuß,
"Den sollen sehen Frau und Mann,
"Und sollen sich verwundern dran.
"So nun dein Aug den auch ersieht,
"So sollst da länger säumen nicht,
"Denn es sich immer anders wendt,

O heller Glanz der Jungfrau fein,
Wem ſtrahlet er mit Freudenſchein.
Nach Stauffenberg ſie ziehen fort,
Zu feyern ihre Hochzeit dort!

Ihr duͤſtren Waͤlder auf dem Wege,
Was ſtreckt die Aeſte ihr entgegen,
Viel froher Schaaren ziehen ja,
Mit hellem Klange fern und nah,
Mit bunten Baͤndern, Scherz und Streit,
Iſt alles Luſt, iſt alles Freud.
VI. Romanze.

Auf Stauffenberg zur erſten Nacht,
Zur ſchoͤnen Frau ſein Herze dacht,
Alsbald an ſeinem Arme lag,
Die ſein mit ſteten Treuen pflag,
Sie weinte, ſprach: „Nun wehe dir,
„Du folgteſt gar zu wenig mir.
„Daß du ein Weib nimmſt zu der Eh,
„Am dritten Tag du lebſt nicht mehr,
„Ich ſag dir was geſchehen muß,
„Ich laſſe ſehen meinen Fuß,
„Den ſollen ſehen Frau und Mann,
„Und ſollen ſich verwundern dran.
„So nun dein Aug den auch erſieht,
„So ſollſt da laͤnger ſaͤumen nicht,
„Denn es ſich immer anders wendt,
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[414[424]/0433] O heller Glanz der Jungfrau fein, Wem ſtrahlet er mit Freudenſchein. Nach Stauffenberg ſie ziehen fort, Zu feyern ihre Hochzeit dort! Ihr duͤſtren Waͤlder auf dem Wege, Was ſtreckt die Aeſte ihr entgegen, Viel froher Schaaren ziehen ja, Mit hellem Klange fern und nah, Mit bunten Baͤndern, Scherz und Streit, Iſt alles Luſt, iſt alles Freud. VI. Romanze. Auf Stauffenberg zur erſten Nacht, Zur ſchoͤnen Frau ſein Herze dacht, Alsbald an ſeinem Arme lag, Die ſein mit ſteten Treuen pflag, Sie weinte, ſprach: „Nun wehe dir, „Du folgteſt gar zu wenig mir. „Daß du ein Weib nimmſt zu der Eh, „Am dritten Tag du lebſt nicht mehr, „Ich ſag dir was geſchehen muß, „Ich laſſe ſehen meinen Fuß, „Den ſollen ſehen Frau und Mann, „Und ſollen ſich verwundern dran. „So nun dein Aug den auch erſieht, „So ſollſt da laͤnger ſaͤumen nicht, „Denn es ſich immer anders wendt,

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Zitationshilfe: Arnim, Achim von; Brentano, Clemens: Des Knaben Wunderhorn. Bd. 1. Heidelberg, 1806, S. 414[424]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnim_wunderhorn01_1806/433>, abgerufen am 17.05.2024.