Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Arndt, Johann: Von wahrem Christenthumb. Bd. 1. Magdeburg, 1610.

Bild:
<< vorherige Seite

zu lieben.
den der Widerwertigkeit, Publ. Inge-
nuitas non recipit contumeliam.

Ein tapffer Gemüt ist keiner Lesterung
fehig. Seneca: Si magnanimus fue-
ris, nunqam iudicabis tibi contu-
meliam fieri.
Wenn du ein tapffer
Gemüt hast/ so wirstu dafür halten/
daß dir keine Schmach widerfahren
könne. Wenn einer die Sonne schölte/
vnd spreche sie were nichts den Finster-
nis/ daruon würde sie nicht finster wer-
den: Also gedencke du auch: Genus ma-
gnum vindictae est ignoscere.
Es ist
eine grosse Rache bald vergeben. Solche
herrliche weise Regeln des Lebens haben
fürtreffliche Leute practicirt, als Peri-Heydnisch
Exempel
der edlen
Langmut.

cles ein Griechischer Redner/ da er ei-
nen Lesterer den gantzen Tag erduldet
hatte/ lies er jhn auff den Abend in seyn
Hauß beleiten/ damit er nicht Schaden
neme/ vnd sagte: Es ist keine Kunst die
Tugend schelten/ sondern jhr folgen.
Phocion ein Atheniensischer Fürst/
nach dem er viel herrlicher Thaten ge-
than/ ist er durch Neid zum Tode ver-

dampt/
V ij

zu lieben.
den der Widerwertigkeit, Publ. Inge-
nuitas non recipit contumeliam.

Ein tapffer Gemuͤt iſt keiner Leſterung
fehig. Seneca: Si magnanimus fue-
ris, nunqam iudicabis tibi contu-
meliam fieri.
Wenn du ein tapffer
Gemuͤt haſt/ ſo wirſtu dafuͤr halten/
daß dir keine Schmach widerfahren
koͤnne. Wenn einer die Sonne ſchoͤlte/
vnd ſpreche ſie were nichts den Finſter-
nis/ daruon wuͤrde ſie nicht finſter wer-
dẽ: Alſo gedencke du auch: Genus ma-
gnum vindictæ eſt ignoſcere.
Es iſt
eine groſſe Rache bald vergebẽ. Solche
herrliche weiſe Regeln des Lebens habẽ
fuͤrtreffliche Leute practicirt, als Peri-Heydniſch
Exempel
der edlen
Langmut.

cles ein Griechiſcher Redner/ da er ei-
nen Leſterer den gantzen Tag erduldet
hatte/ lies er jhn auff den Abend in ſeyn
Hauß beleiten/ damit er nicht Schadẽ
neme/ vnd ſagte: Es iſt keine Kunſt die
Tugend ſchelten/ ſondern jhr folgen.
Phocion ein Athenienſiſcher Fuͤrſt/
nach dem er viel herrlicher Thaten ge-
than/ iſt er durch Neid zum Tode ver-

dampt/
V ij
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0313" n="281"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">zu lieben.</hi></fw><lb/>
den der Widerwertigkeit, <hi rendition="#aq">Publ. Inge-<lb/>
nuitas non recipit contumeliam.</hi><lb/>
Ein tapffer Gemu&#x0364;t i&#x017F;t keiner Le&#x017F;terung<lb/>
fehig. <hi rendition="#aq">Seneca: Si magnanimus fue-<lb/>
ris, nunqam iudicabis tibi contu-<lb/>
meliam fieri.</hi> Wenn du ein tapffer<lb/>
Gemu&#x0364;t ha&#x017F;t/ &#x017F;o wir&#x017F;tu dafu&#x0364;r halten/<lb/>
daß dir keine Schmach widerfahren<lb/>
ko&#x0364;nne. Wenn einer die Sonne &#x017F;cho&#x0364;lte/<lb/>
vnd &#x017F;preche &#x017F;ie were nichts den Fin&#x017F;ter-<lb/>
nis/ daruon wu&#x0364;rde &#x017F;ie nicht fin&#x017F;ter wer-<lb/>
de&#x0303;: Al&#x017F;o gedencke du auch: <hi rendition="#aq">Genus ma-<lb/>
gnum vindictæ e&#x017F;t igno&#x017F;cere.</hi> Es i&#x017F;t<lb/>
eine gro&#x017F;&#x017F;e Rache bald vergebe&#x0303;. Solche<lb/>
herrliche wei&#x017F;e Regeln des Lebens habe&#x0303;<lb/>
fu&#x0364;rtreffliche Leute <hi rendition="#aq">practicirt,</hi> als <hi rendition="#aq">Peri-</hi><note place="right">Heydni&#x017F;ch<lb/>
Exempel<lb/>
der edlen<lb/>
Langmut.</note><lb/><hi rendition="#aq">cles</hi> ein Griechi&#x017F;cher Redner/ da er ei-<lb/>
nen Le&#x017F;terer den gantzen Tag erduldet<lb/>
hatte/ lies er jhn auff den Abend in &#x017F;eyn<lb/>
Hauß beleiten/ damit er nicht Schade&#x0303;<lb/>
neme/ vnd &#x017F;agte: Es i&#x017F;t keine Kun&#x017F;t die<lb/>
Tugend &#x017F;chelten/ &#x017F;ondern jhr folgen.<lb/>
Phocion ein Athenien&#x017F;i&#x017F;cher Fu&#x0364;r&#x017F;t/<lb/>
nach dem er viel herrlicher Thaten ge-<lb/>
than/ i&#x017F;t er durch Neid zum Tode ver-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#fr">V ij</hi></fw><fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#fr">dampt/</hi></fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[281/0313] zu lieben. den der Widerwertigkeit, Publ. Inge- nuitas non recipit contumeliam. Ein tapffer Gemuͤt iſt keiner Leſterung fehig. Seneca: Si magnanimus fue- ris, nunqam iudicabis tibi contu- meliam fieri. Wenn du ein tapffer Gemuͤt haſt/ ſo wirſtu dafuͤr halten/ daß dir keine Schmach widerfahren koͤnne. Wenn einer die Sonne ſchoͤlte/ vnd ſpreche ſie were nichts den Finſter- nis/ daruon wuͤrde ſie nicht finſter wer- dẽ: Alſo gedencke du auch: Genus ma- gnum vindictæ eſt ignoſcere. Es iſt eine groſſe Rache bald vergebẽ. Solche herrliche weiſe Regeln des Lebens habẽ fuͤrtreffliche Leute practicirt, als Peri- cles ein Griechiſcher Redner/ da er ei- nen Leſterer den gantzen Tag erduldet hatte/ lies er jhn auff den Abend in ſeyn Hauß beleiten/ damit er nicht Schadẽ neme/ vnd ſagte: Es iſt keine Kunſt die Tugend ſchelten/ ſondern jhr folgen. Phocion ein Athenienſiſcher Fuͤrſt/ nach dem er viel herrlicher Thaten ge- than/ iſt er durch Neid zum Tode ver- dampt/ Heydniſch Exempel der edlen Langmut. V ij

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Die "Urausgabe" des ersten Teils von Johann Arndt… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/arndt_christentum01_1610
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/arndt_christentum01_1610/313
Zitationshilfe: Arndt, Johann: Von wahrem Christenthumb. Bd. 1. Magdeburg, 1610, S. 281. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arndt_christentum01_1610/313>, abgerufen am 22.12.2024.