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Antonius Anthus [i. e. Blumröder, Gustav]: Vorlesungen über Esskunst. Leipzig, 1838.

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hatten, worüber man Martial vergleichen kann. -- Besondere
Feinheit verräth dieser Geschmack wohl nicht, wenn schon Raf-
finement. -- Bei Horatius findet man die Leber mit Feigen
gemästeter Schweine als besondere Delicatesse erwähnt. Man
lese dessen zweite Satyre des zweiten Buches, etwa mit Wie-
land's
Noten, woraus man allerlei lernen kann, wenn man
dabei nicht vergißt, daß der Dichter den Osellus hier manche
Ansichten in den Mund legt, die er weit entfernt war, zu den
seinigen zu machen.

Man hat sehr darüber gestritten, welche Thiere das beste
Fleisch liefern, und namentlich concurrirten hier Rind und
Schwein. Galen behauptet an mehreren Stellen, daß Schweine-
fleisch unter allen Speisen, die wir kennen, am nahrhaftesten
sei. Auch Hippokrates empfiehlt bei Erschöpfung durch kör-
perliche Anstrengungen vor Allem Schweinsbraten als das Beste.
Die Salernitanische Schule lobt, auf solche Auktoritäten hin,
Schweinfleisch über die Maaßen als allem andern Fleisch durch-
aus vorzuziehen, und zwar aus dem Grunde, weil es die meiste
Aehnlichkeit und Wahlverwandtschaft zu dem des Menschen
habe. Kenner, welche Menschenfleisch und Schweinefleisch ver-
sucht, hätten keinen Unterschied gefunden. --

Celsus war für's Rindfleisch und auch diese Auktorität
fand viele Anhänger. Bekanntlich schlossen und schließen reli-
giöse Gründe eine Menge Menschen (Juden, Araber etc.) von
dem Genuß des Schweinfleisches aus. Vielleicht war dieß ein
Grund mehr, warum sich eine überwiegende Mehrzahl von
Menschen zu Gunsten des Rindfleisches erklärten. So fing
denn das Disputiren an.

Wollte die eine Partei vom moralischen Gesichtspunkt aus
das Schwein einer zu sinnlichen Weltanschauung, einer epiku-
räisch materialistischen Philosophie, einer zu objektiven Natur-
poesie bezüchtigen, so durfte wohl die Gegenpartei dem Ochsen

hatten, woruͤber man Martial vergleichen kann. — Beſondere
Feinheit verraͤth dieſer Geſchmack wohl nicht, wenn ſchon Raf-
finement. — Bei Horatius findet man die Leber mit Feigen
gemaͤſteter Schweine als beſondere Delicateſſe erwaͤhnt. Man
leſe deſſen zweite Satyre des zweiten Buches, etwa mit Wie-
land’s
Noten, woraus man allerlei lernen kann, wenn man
dabei nicht vergißt, daß der Dichter den Oſellus hier manche
Anſichten in den Mund legt, die er weit entfernt war, zu den
ſeinigen zu machen.

Man hat ſehr daruͤber geſtritten, welche Thiere das beſte
Fleiſch liefern, und namentlich concurrirten hier Rind und
Schwein. Galen behauptet an mehreren Stellen, daß Schweine-
fleiſch unter allen Speiſen, die wir kennen, am nahrhafteſten
ſei. Auch Hippokrates empfiehlt bei Erſchoͤpfung durch koͤr-
perliche Anſtrengungen vor Allem Schweinsbraten als das Beſte.
Die Salernitaniſche Schule lobt, auf ſolche Auktoritaͤten hin,
Schweinfleiſch uͤber die Maaßen als allem andern Fleiſch durch-
aus vorzuziehen, und zwar aus dem Grunde, weil es die meiſte
Aehnlichkeit und Wahlverwandtſchaft zu dem des Menſchen
habe. Kenner, welche Menſchenfleiſch und Schweinefleiſch ver-
ſucht, haͤtten keinen Unterſchied gefunden. —

Celſus war fuͤr’s Rindfleiſch und auch dieſe Auktoritaͤt
fand viele Anhaͤnger. Bekanntlich ſchloſſen und ſchließen reli-
gioͤſe Gruͤnde eine Menge Menſchen (Juden, Araber ꝛc.) von
dem Genuß des Schweinfleiſches aus. Vielleicht war dieß ein
Grund mehr, warum ſich eine uͤberwiegende Mehrzahl von
Menſchen zu Gunſten des Rindfleiſches erklaͤrten. So fing
denn das Disputiren an.

Wollte die eine Partei vom moraliſchen Geſichtspunkt aus
das Schwein einer zu ſinnlichen Weltanſchauung, einer epiku-
raͤiſch materialiſtiſchen Philoſophie, einer zu objektiven Natur-
poeſie bezuͤchtigen, ſo durfte wohl die Gegenpartei dem Ochſen

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[224/0238] hatten, woruͤber man Martial vergleichen kann. — Beſondere Feinheit verraͤth dieſer Geſchmack wohl nicht, wenn ſchon Raf- finement. — Bei Horatius findet man die Leber mit Feigen gemaͤſteter Schweine als beſondere Delicateſſe erwaͤhnt. Man leſe deſſen zweite Satyre des zweiten Buches, etwa mit Wie- land’s Noten, woraus man allerlei lernen kann, wenn man dabei nicht vergißt, daß der Dichter den Oſellus hier manche Anſichten in den Mund legt, die er weit entfernt war, zu den ſeinigen zu machen. Man hat ſehr daruͤber geſtritten, welche Thiere das beſte Fleiſch liefern, und namentlich concurrirten hier Rind und Schwein. Galen behauptet an mehreren Stellen, daß Schweine- fleiſch unter allen Speiſen, die wir kennen, am nahrhafteſten ſei. Auch Hippokrates empfiehlt bei Erſchoͤpfung durch koͤr- perliche Anſtrengungen vor Allem Schweinsbraten als das Beſte. Die Salernitaniſche Schule lobt, auf ſolche Auktoritaͤten hin, Schweinfleiſch uͤber die Maaßen als allem andern Fleiſch durch- aus vorzuziehen, und zwar aus dem Grunde, weil es die meiſte Aehnlichkeit und Wahlverwandtſchaft zu dem des Menſchen habe. Kenner, welche Menſchenfleiſch und Schweinefleiſch ver- ſucht, haͤtten keinen Unterſchied gefunden. — Celſus war fuͤr’s Rindfleiſch und auch dieſe Auktoritaͤt fand viele Anhaͤnger. Bekanntlich ſchloſſen und ſchließen reli- gioͤſe Gruͤnde eine Menge Menſchen (Juden, Araber ꝛc.) von dem Genuß des Schweinfleiſches aus. Vielleicht war dieß ein Grund mehr, warum ſich eine uͤberwiegende Mehrzahl von Menſchen zu Gunſten des Rindfleiſches erklaͤrten. So fing denn das Disputiren an. Wollte die eine Partei vom moraliſchen Geſichtspunkt aus das Schwein einer zu ſinnlichen Weltanſchauung, einer epiku- raͤiſch materialiſtiſchen Philoſophie, einer zu objektiven Natur- poeſie bezuͤchtigen, ſo durfte wohl die Gegenpartei dem Ochſen

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Zitationshilfe: Antonius Anthus [i. e. Blumröder, Gustav]: Vorlesungen über Esskunst. Leipzig, 1838, S. 224. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/anthus_esskunst_1838/238>, abgerufen am 25.11.2024.