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Antonius Anthus [i. e. Blumröder, Gustav]: Vorlesungen über Esskunst. Leipzig, 1838.

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Wie nun das Brod als Repräsentant des Vegetabilischen,
so tritt das Rindfleisch als der des Animalischen auf. Beides
ißt man täglich, ohne dessen jemals überdrüssig zu werden, und
hätte einer Mahlzeit eines von beiden gefehlt, so würde man
sagen, man habe eigentlich gar nicht gegessen.

Vom Fleisch aber überhaupt und im Allgemeinen gilt, daß
blos die Muskelsubstanz eigentlich den Namen Fleisch verdient
und als solches zu achten und zu essen ist. Der sanfte Gegensatz
des Fettes ergänzt allerdings die etwas trockene und spröde
Muskelfaser vortrefflich, doch ist das Fleisch die Hauptsache --
die männlichen, thatkräftigen Muskeln schmecken und nähren --
und das weiblichere Fett nur Beigabe, Zusatz, Mitgift, welche
letztere leider so oft für die Hauptsache gilt.

Das Muskelfleisch muß aber gebraten sein; gekochtes Fleisch
ist eigentlich blos etwas mehr, als gar keines.

Mit dem Herz ist's eine eigene Sache. Wohl ist es das
in sich festeste und dichteste Fleisch, aber dabei denn doch zu-
gleich auch schwach und fad. Doch mag's den nächsten Rang
nach dem eigentlichen Fleisch einnehmen, wenn man diesen an-
ders nicht der, dem Merkur, dem Gott der Ueberredung geweih-
ten, Zunge, dem zartesten Fleisch, zugestehen will. Demnächst
kämen Nieren, Drüsen, Kuheuter, Bockshoden, Lebern, Hirn.
(Nach Avicenna ist Schöpsenhirn besser als Kalbshirn.) Am
letzten kommt Blut.

Die schwammig porösen Lungen und Milze lehnt der Eß-
künstler ab. -- Gekröse, Euter und Hoden werden mit Unrecht
von Manchen eben so übertrieben erhoben, als von Anderen für
gar nichts geachtet. Sie haben ihr Gutes, und wer's zu schätzen
weiß, lasse sich es wohlschmecken.

Die alten Römer schätzten besonders die weiblichen Ge-
schlechtstheile der Schweine und Plutarch sagt sogar: Vulva
porci nihil dulcius ampla.
-- Sumen waren die Brüste einer
Sau, die eben geworfen, und an der die Jungen noch nicht gesaugt

Wie nun das Brod als Repraͤſentant des Vegetabiliſchen,
ſo tritt das Rindfleiſch als der des Animaliſchen auf. Beides
ißt man taͤglich, ohne deſſen jemals uͤberdruͤſſig zu werden, und
haͤtte einer Mahlzeit eines von beiden gefehlt, ſo wuͤrde man
ſagen, man habe eigentlich gar nicht gegeſſen.

Vom Fleiſch aber uͤberhaupt und im Allgemeinen gilt, daß
blos die Muskelſubſtanz eigentlich den Namen Fleiſch verdient
und als ſolches zu achten und zu eſſen iſt. Der ſanfte Gegenſatz
des Fettes ergaͤnzt allerdings die etwas trockene und ſproͤde
Muskelfaſer vortrefflich, doch iſt das Fleiſch die Hauptſache —
die maͤnnlichen, thatkraͤftigen Muskeln ſchmecken und naͤhren —
und das weiblichere Fett nur Beigabe, Zuſatz, Mitgift, welche
letztere leider ſo oft fuͤr die Hauptſache gilt.

Das Muskelfleiſch muß aber gebraten ſein; gekochtes Fleiſch
iſt eigentlich blos etwas mehr, als gar keines.

Mit dem Herz iſt’s eine eigene Sache. Wohl iſt es das
in ſich feſteſte und dichteſte Fleiſch, aber dabei denn doch zu-
gleich auch ſchwach und fad. Doch mag’s den naͤchſten Rang
nach dem eigentlichen Fleiſch einnehmen, wenn man dieſen an-
ders nicht der, dem Merkur, dem Gott der Ueberredung geweih-
ten, Zunge, dem zarteſten Fleiſch, zugeſtehen will. Demnaͤchſt
kaͤmen Nieren, Druͤſen, Kuheuter, Bockshoden, Lebern, Hirn.
(Nach Avicenna iſt Schoͤpſenhirn beſſer als Kalbshirn.) Am
letzten kommt Blut.

Die ſchwammig poroͤſen Lungen und Milze lehnt der Eß-
kuͤnſtler ab. — Gekroͤſe, Euter und Hoden werden mit Unrecht
von Manchen eben ſo uͤbertrieben erhoben, als von Anderen fuͤr
gar nichts geachtet. Sie haben ihr Gutes, und wer’s zu ſchaͤtzen
weiß, laſſe ſich es wohlſchmecken.

Die alten Roͤmer ſchaͤtzten beſonders die weiblichen Ge-
ſchlechtstheile der Schweine und Plutarch ſagt ſogar: Vulva
porci nihil dulcius ampla.
— Sumen waren die Bruͤſte einer
Sau, die eben geworfen, und an der die Jungen noch nicht geſaugt

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[223/0237] Wie nun das Brod als Repraͤſentant des Vegetabiliſchen, ſo tritt das Rindfleiſch als der des Animaliſchen auf. Beides ißt man taͤglich, ohne deſſen jemals uͤberdruͤſſig zu werden, und haͤtte einer Mahlzeit eines von beiden gefehlt, ſo wuͤrde man ſagen, man habe eigentlich gar nicht gegeſſen. Vom Fleiſch aber uͤberhaupt und im Allgemeinen gilt, daß blos die Muskelſubſtanz eigentlich den Namen Fleiſch verdient und als ſolches zu achten und zu eſſen iſt. Der ſanfte Gegenſatz des Fettes ergaͤnzt allerdings die etwas trockene und ſproͤde Muskelfaſer vortrefflich, doch iſt das Fleiſch die Hauptſache — die maͤnnlichen, thatkraͤftigen Muskeln ſchmecken und naͤhren — und das weiblichere Fett nur Beigabe, Zuſatz, Mitgift, welche letztere leider ſo oft fuͤr die Hauptſache gilt. Das Muskelfleiſch muß aber gebraten ſein; gekochtes Fleiſch iſt eigentlich blos etwas mehr, als gar keines. Mit dem Herz iſt’s eine eigene Sache. Wohl iſt es das in ſich feſteſte und dichteſte Fleiſch, aber dabei denn doch zu- gleich auch ſchwach und fad. Doch mag’s den naͤchſten Rang nach dem eigentlichen Fleiſch einnehmen, wenn man dieſen an- ders nicht der, dem Merkur, dem Gott der Ueberredung geweih- ten, Zunge, dem zarteſten Fleiſch, zugeſtehen will. Demnaͤchſt kaͤmen Nieren, Druͤſen, Kuheuter, Bockshoden, Lebern, Hirn. (Nach Avicenna iſt Schoͤpſenhirn beſſer als Kalbshirn.) Am letzten kommt Blut. Die ſchwammig poroͤſen Lungen und Milze lehnt der Eß- kuͤnſtler ab. — Gekroͤſe, Euter und Hoden werden mit Unrecht von Manchen eben ſo uͤbertrieben erhoben, als von Anderen fuͤr gar nichts geachtet. Sie haben ihr Gutes, und wer’s zu ſchaͤtzen weiß, laſſe ſich es wohlſchmecken. Die alten Roͤmer ſchaͤtzten beſonders die weiblichen Ge- ſchlechtstheile der Schweine und Plutarch ſagt ſogar: Vulva porci nihil dulcius ampla. — Sumen waren die Bruͤſte einer Sau, die eben geworfen, und an der die Jungen noch nicht geſaugt

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Zitationshilfe: Antonius Anthus [i. e. Blumröder, Gustav]: Vorlesungen über Esskunst. Leipzig, 1838, S. 223. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/anthus_esskunst_1838/237>, abgerufen am 22.11.2024.