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Andreas-Salome, Lou: Fenitschka. Eine Ausschweifung. Stuttgart, 1898.

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da aufschaute, sah sie ihn zitternd vor Erregung über
sie geneigt, ganz nahe über ihrem Gesicht, und im Begriff,
sie mit beiden Armen zu umfassen.

Sie schrie nicht auf. Sie zuckte nur zurück, bückte
sich schnell, um den Schirm aufzunehmen, der ihr bei
der Begrüßung des Hundes entglitten war, und wandte
sich zur Thür.

"Wie schade!" sagte sie dabei.

Es entfuhr ihr fast bedauernd, zugleich im Ton
außerordentlichen Erstaunens.

Er stand einen Augenblick verdutzt da.

Dann schwoll eine plötzliche Raserei in ihm auf, --
ein blinder wütender Drang, ihr nur ja nicht den Willen
zu thun, und ohne noch selbst recht zu wissen, was er
eigentlich damit bezweckte, stürzte er an ihr vorbei zur
Thür, riß den Schlüssel heraus, drehte ihn von innen
im Schloß herum und steckte ihn darauf in seine Tasche.

Fenia war wie eine Salzsäule stehn geblieben. Sie
war furchtbar erblaßt. Ihre Blicke irrten durch das
Zimmer, durch das Fenster in den Hof, wo der Spatz
schrie, und blieben dann am hellen Klingelknopf der
elektrischen Glocke haften.

Aber konnte sie den Garcon herbeiläuten und sich
von ihm zu dieser Stunde in dieser Stube mit dem
Fremden finden lassen? -- Und in den Hof hinunter¬
springen konnte sie ja doch auch nicht. --

Sie richtete ihre Augen, tief erschrocken, groß und
fragend, auf ihn, grade als frage sie ihn danach, was
nun zu thun sei. Einen Augenblick lang war etwas Hilf¬
loses und Hilfeheischendes über ihrer ganzen Gestalt, wie

da aufſchaute, ſah ſie ihn zitternd vor Erregung über
ſie geneigt, ganz nahe über ihrem Geſicht, und im Begriff,
ſie mit beiden Armen zu umfaſſen.

Sie ſchrie nicht auf. Sie zuckte nur zurück, bückte
ſich ſchnell, um den Schirm aufzunehmen, der ihr bei
der Begrüßung des Hundes entglitten war, und wandte
ſich zur Thür.

„Wie ſchade!“ ſagte ſie dabei.

Es entfuhr ihr faſt bedauernd, zugleich im Ton
außerordentlichen Erſtaunens.

Er ſtand einen Augenblick verdutzt da.

Dann ſchwoll eine plötzliche Raſerei in ihm auf, —
ein blinder wütender Drang, ihr nur ja nicht den Willen
zu thun, und ohne noch ſelbſt recht zu wiſſen, was er
eigentlich damit bezweckte, ſtürzte er an ihr vorbei zur
Thür, riß den Schlüſſel heraus, drehte ihn von innen
im Schloß herum und ſteckte ihn darauf in ſeine Taſche.

Fenia war wie eine Salzſäule ſtehn geblieben. Sie
war furchtbar erblaßt. Ihre Blicke irrten durch das
Zimmer, durch das Fenſter in den Hof, wo der Spatz
ſchrie, und blieben dann am hellen Klingelknopf der
elektriſchen Glocke haften.

Aber konnte ſie den Garçon herbeiläuten und ſich
von ihm zu dieſer Stunde in dieſer Stube mit dem
Fremden finden laſſen? — Und in den Hof hinunter¬
ſpringen konnte ſie ja doch auch nicht. —

Sie richtete ihre Augen, tief erſchrocken, groß und
fragend, auf ihn, grade als frage ſie ihn danach, was
nun zu thun ſei. Einen Augenblick lang war etwas Hilf¬
loſes und Hilfeheiſchendes über ihrer ganzen Geſtalt, wie

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[23/0027] — 23 — da aufſchaute, ſah ſie ihn zitternd vor Erregung über ſie geneigt, ganz nahe über ihrem Geſicht, und im Begriff, ſie mit beiden Armen zu umfaſſen. Sie ſchrie nicht auf. Sie zuckte nur zurück, bückte ſich ſchnell, um den Schirm aufzunehmen, der ihr bei der Begrüßung des Hundes entglitten war, und wandte ſich zur Thür. „Wie ſchade!“ ſagte ſie dabei. Es entfuhr ihr faſt bedauernd, zugleich im Ton außerordentlichen Erſtaunens. Er ſtand einen Augenblick verdutzt da. Dann ſchwoll eine plötzliche Raſerei in ihm auf, — ein blinder wütender Drang, ihr nur ja nicht den Willen zu thun, und ohne noch ſelbſt recht zu wiſſen, was er eigentlich damit bezweckte, ſtürzte er an ihr vorbei zur Thür, riß den Schlüſſel heraus, drehte ihn von innen im Schloß herum und ſteckte ihn darauf in ſeine Taſche. Fenia war wie eine Salzſäule ſtehn geblieben. Sie war furchtbar erblaßt. Ihre Blicke irrten durch das Zimmer, durch das Fenſter in den Hof, wo der Spatz ſchrie, und blieben dann am hellen Klingelknopf der elektriſchen Glocke haften. Aber konnte ſie den Garçon herbeiläuten und ſich von ihm zu dieſer Stunde in dieſer Stube mit dem Fremden finden laſſen? — Und in den Hof hinunter¬ ſpringen konnte ſie ja doch auch nicht. — Sie richtete ihre Augen, tief erſchrocken, groß und fragend, auf ihn, grade als frage ſie ihn danach, was nun zu thun ſei. Einen Augenblick lang war etwas Hilf¬ loſes und Hilfeheiſchendes über ihrer ganzen Geſtalt, wie

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Zitationshilfe: Andreas-Salome, Lou: Fenitschka. Eine Ausschweifung. Stuttgart, 1898, S. 23. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/andreas_fenitschka_1898/27>, abgerufen am 25.11.2024.