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Andolt, Ernst [d. i. Bernhard Abeken]: Eine Nacht. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 22. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 211–287. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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Der Freiherr wurde während meiner Rede leichenblaß. Für wen halten Sie mich denn aber, rief er, für wen?

Für den hochverehrlichen Freiherrn von Stawitz, der mir auf Empfehlung meines Gönners, des Professors H., die Erziehung seiner Kinder anzuvertrauen die Gewogenheit hatte.

Der Teufel hole den Baron von Stawitz und Ihren Profesfor H. dazu! Aber die Sache ist nicht Ihre Schuld, sehe ich wohl. Ein unglückseliges Zusammentreffen! -- Ich errathe jetzt die ganze Geschichte. Herr von Stawitz ist mein Gutsnachbar -- sein Wagen wird sich verspätet haben -- aber der Hauptmann mußte doch auch -- -- Was ist denn aus dem geworden? -- --

Vielleicht meinen Sie, Herr Baron, einen preußischen Officier, welcher mit derselben Post reis'te, und welchen Sie in meiner Person zu empfangen glaubten?

O, also das Ganze ist nur ein Scherz, rief der Baron mit verkärtem Gesichte; Sie sind der Hauptmann und haben sich in dies alberne Kostüm gesteckt, um keinen Verdacht zu erwecken, und benutzten es nun, um mir einen Schreck zu bereiten! Nun, das ist Ihnen fast gelungen.

Nein, Herr Baron, sagte ich ruhig und fest, ich bedaure, Ihnen diese angenehme Täuschung verderben zu müssen. Der von mir erwähnte Officier ist auf der ersten Station hinter Halle von einem westphälischen Polizeibeamten verhaftet worden, und ich bin der, für den ich mich von Anfang an ausgegeben habe, Candidat Friedmann; und um jeden Verdacht gegen meine Person zu entfernen, sehen Sie hier den Brief des Herrn von Stawitz, in welchem er mich --

Schon gut! rief der Baron, das dargereichte Schreiben heftig ergreifend, um es flüchtig zu durchlaufen und auf den Tisch zu werfen.

Der Freiherr wurde während meiner Rede leichenblaß. Für wen halten Sie mich denn aber, rief er, für wen?

Für den hochverehrlichen Freiherrn von Stawitz, der mir auf Empfehlung meines Gönners, des Professors H., die Erziehung seiner Kinder anzuvertrauen die Gewogenheit hatte.

Der Teufel hole den Baron von Stawitz und Ihren Profesfor H. dazu! Aber die Sache ist nicht Ihre Schuld, sehe ich wohl. Ein unglückseliges Zusammentreffen! — Ich errathe jetzt die ganze Geschichte. Herr von Stawitz ist mein Gutsnachbar — sein Wagen wird sich verspätet haben — aber der Hauptmann mußte doch auch — — Was ist denn aus dem geworden? — —

Vielleicht meinen Sie, Herr Baron, einen preußischen Officier, welcher mit derselben Post reis'te, und welchen Sie in meiner Person zu empfangen glaubten?

O, also das Ganze ist nur ein Scherz, rief der Baron mit verkärtem Gesichte; Sie sind der Hauptmann und haben sich in dies alberne Kostüm gesteckt, um keinen Verdacht zu erwecken, und benutzten es nun, um mir einen Schreck zu bereiten! Nun, das ist Ihnen fast gelungen.

Nein, Herr Baron, sagte ich ruhig und fest, ich bedaure, Ihnen diese angenehme Täuschung verderben zu müssen. Der von mir erwähnte Officier ist auf der ersten Station hinter Halle von einem westphälischen Polizeibeamten verhaftet worden, und ich bin der, für den ich mich von Anfang an ausgegeben habe, Candidat Friedmann; und um jeden Verdacht gegen meine Person zu entfernen, sehen Sie hier den Brief des Herrn von Stawitz, in welchem er mich —

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[0024] Der Freiherr wurde während meiner Rede leichenblaß. Für wen halten Sie mich denn aber, rief er, für wen? Für den hochverehrlichen Freiherrn von Stawitz, der mir auf Empfehlung meines Gönners, des Professors H., die Erziehung seiner Kinder anzuvertrauen die Gewogenheit hatte. Der Teufel hole den Baron von Stawitz und Ihren Profesfor H. dazu! Aber die Sache ist nicht Ihre Schuld, sehe ich wohl. Ein unglückseliges Zusammentreffen! — Ich errathe jetzt die ganze Geschichte. Herr von Stawitz ist mein Gutsnachbar — sein Wagen wird sich verspätet haben — aber der Hauptmann mußte doch auch — — Was ist denn aus dem geworden? — — Vielleicht meinen Sie, Herr Baron, einen preußischen Officier, welcher mit derselben Post reis'te, und welchen Sie in meiner Person zu empfangen glaubten? O, also das Ganze ist nur ein Scherz, rief der Baron mit verkärtem Gesichte; Sie sind der Hauptmann und haben sich in dies alberne Kostüm gesteckt, um keinen Verdacht zu erwecken, und benutzten es nun, um mir einen Schreck zu bereiten! Nun, das ist Ihnen fast gelungen. Nein, Herr Baron, sagte ich ruhig und fest, ich bedaure, Ihnen diese angenehme Täuschung verderben zu müssen. Der von mir erwähnte Officier ist auf der ersten Station hinter Halle von einem westphälischen Polizeibeamten verhaftet worden, und ich bin der, für den ich mich von Anfang an ausgegeben habe, Candidat Friedmann; und um jeden Verdacht gegen meine Person zu entfernen, sehen Sie hier den Brief des Herrn von Stawitz, in welchem er mich — Schon gut! rief der Baron, das dargereichte Schreiben heftig ergreifend, um es flüchtig zu durchlaufen und auf den Tisch zu werfen.

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Zitationshilfe: Andolt, Ernst [d. i. Bernhard Abeken]: Eine Nacht. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 22. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 211–287. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/andolt_nacht_1910/24>, abgerufen am 29.03.2024.