Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 5. Berlin, 1852.

Bild:
<< vorherige Seite

""Mauern vorgeht; -- dieses ist nur unser
""einziges höheres Interesse
, mit welchem
""wir uns allein beschäftigen müssen
. -- -- --

Berlin, den 19. October 1806.

Fürst von Hatzfeld.""

Es mußten schon Flüchtlinge in der Stadt sein;
vielleicht verbargen sie sich vor der Neugier oder dem
Grimm des Volkes in den entfernteren Theilen. Aber
das Volk suchte nach ihnen. Da hielt es eine staub¬
bedeckte Reisekalesche an, und zwang einen Officier
herauszusteigen. Vergebens protestirte er, daß er
die Schlacht nicht mitgemacht, nicht vom Schlacht¬
feld komme, vielmehr über Schlesien aus Oestreich;
der Wagen kam ja vom schlesischen Thor. Zum Gou¬
verneur wollte er sich führen lassen, obgleich ihm die
Escorte unangenehm war, als Herr von Fuchsius
ihm begegnete und von der verdächtigenden Beglei¬
tung befreite.

"Zu spät!" -- "Wieder zu spät! erwiderte Eisen¬
hauch und drückte die ihm entgegen gehaltene Hand.
Das ist mehr als Austerlitz."

"Zum Gouverneur! Kommen Sie mit? -- So
lange die Möglichkeit da ist --"

"Die Gewißheit!" unterbrach der Rath.

"Auch Sie ohne Trost und Hoffnung?"

"Die Gesetze der Natur sind ewig. Die Kugel
rollt nur, bis sie den Abgrund erreicht, und der Ver¬
brecher bleibt nur ungestraft, bis sein Maß voll ist."

Welche fast lüsterne Freude glänzte auf Fuch¬

V. 23

„„Mauern vorgeht; — dieſes iſt nur unſer
„„einziges höheres Intereſſe
, mit welchem
„„wir uns allein beſchäftigen müſſen
. — — —

Berlin, den 19. October 1806.

Fürſt von Hatzfeld.““

Es mußten ſchon Flüchtlinge in der Stadt ſein;
vielleicht verbargen ſie ſich vor der Neugier oder dem
Grimm des Volkes in den entfernteren Theilen. Aber
das Volk ſuchte nach ihnen. Da hielt es eine ſtaub¬
bedeckte Reiſekaleſche an, und zwang einen Officier
herauszuſteigen. Vergebens proteſtirte er, daß er
die Schlacht nicht mitgemacht, nicht vom Schlacht¬
feld komme, vielmehr über Schleſien aus Oeſtreich;
der Wagen kam ja vom ſchleſiſchen Thor. Zum Gou¬
verneur wollte er ſich führen laſſen, obgleich ihm die
Eſcorte unangenehm war, als Herr von Fuchſius
ihm begegnete und von der verdächtigenden Beglei¬
tung befreite.

„Zu ſpät!“ — „Wieder zu ſpät! erwiderte Eiſen¬
hauch und drückte die ihm entgegen gehaltene Hand.
Das iſt mehr als Auſterlitz.“

„Zum Gouverneur! Kommen Sie mit? — So
lange die Möglichkeit da iſt —“

„Die Gewißheit!“ unterbrach der Rath.

„Auch Sie ohne Troſt und Hoffnung?“

„Die Geſetze der Natur ſind ewig. Die Kugel
rollt nur, bis ſie den Abgrund erreicht, und der Ver¬
brecher bleibt nur ungeſtraft, bis ſein Maß voll iſt.“

Welche faſt lüſterne Freude glänzte auf Fuch¬

V. 23
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><hi rendition="#g"><pb facs="#f0363" n="353"/>
&#x201E;&#x201E;Mauern vorgeht</hi>; <hi rendition="#g">&#x2014; die&#x017F;es i&#x017F;t nur un&#x017F;er<lb/>
&#x201E;&#x201E;einziges höheres Intere&#x017F;&#x017F;e</hi>, <hi rendition="#g">mit welchem<lb/>
&#x201E;&#x201E;wir uns allein be&#x017F;chäftigen mü&#x017F;&#x017F;en</hi>. &#x2014; &#x2014; &#x2014;</p><lb/>
        <p>Berlin, den 19. October 1806.</p><lb/>
        <p rendition="#right"><hi rendition="#g">Für&#x017F;t von Hatzfeld.</hi>&#x201C;&#x201C;</p><lb/>
        <p>Es mußten &#x017F;chon Flüchtlinge in der Stadt &#x017F;ein;<lb/>
vielleicht verbargen &#x017F;ie &#x017F;ich vor der Neugier oder dem<lb/>
Grimm des Volkes in den entfernteren Theilen. Aber<lb/>
das Volk &#x017F;uchte nach ihnen. Da hielt es eine &#x017F;taub¬<lb/>
bedeckte Rei&#x017F;ekale&#x017F;che an, und zwang einen Officier<lb/>
herauszu&#x017F;teigen. Vergebens prote&#x017F;tirte er, daß er<lb/>
die Schlacht nicht mitgemacht, nicht vom Schlacht¬<lb/>
feld komme, vielmehr über Schle&#x017F;ien aus Oe&#x017F;treich;<lb/>
der Wagen kam ja vom &#x017F;chle&#x017F;i&#x017F;chen Thor. Zum Gou¬<lb/>
verneur wollte er &#x017F;ich führen la&#x017F;&#x017F;en, obgleich ihm die<lb/>
E&#x017F;corte unangenehm war, als Herr von Fuch&#x017F;ius<lb/>
ihm begegnete und von der verdächtigenden Beglei¬<lb/>
tung befreite.</p><lb/>
        <p>&#x201E;Zu &#x017F;pät!&#x201C; &#x2014; &#x201E;Wieder zu &#x017F;pät! erwiderte Ei&#x017F;en¬<lb/>
hauch und drückte die ihm entgegen gehaltene Hand.<lb/>
Das i&#x017F;t mehr als Au&#x017F;terlitz.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Zum Gouverneur! Kommen Sie mit? &#x2014; So<lb/>
lange die Möglichkeit da i&#x017F;t &#x2014;&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Die Gewißheit!&#x201C; unterbrach der Rath.</p><lb/>
        <p>&#x201E;Auch Sie ohne Tro&#x017F;t und Hoffnung?&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Die Ge&#x017F;etze der Natur &#x017F;ind ewig. Die Kugel<lb/>
rollt nur, bis &#x017F;ie den Abgrund erreicht, und der Ver¬<lb/>
brecher bleibt nur unge&#x017F;traft, bis &#x017F;ein Maß voll i&#x017F;t.&#x201C;</p><lb/>
        <p>Welche fa&#x017F;t lü&#x017F;terne Freude glänzte auf Fuch¬<lb/>
<fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#aq">V</hi>. 23<lb/></fw>
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[353/0363] „„Mauern vorgeht; — dieſes iſt nur unſer „„einziges höheres Intereſſe, mit welchem „„wir uns allein beſchäftigen müſſen. — — — Berlin, den 19. October 1806. Fürſt von Hatzfeld.““ Es mußten ſchon Flüchtlinge in der Stadt ſein; vielleicht verbargen ſie ſich vor der Neugier oder dem Grimm des Volkes in den entfernteren Theilen. Aber das Volk ſuchte nach ihnen. Da hielt es eine ſtaub¬ bedeckte Reiſekaleſche an, und zwang einen Officier herauszuſteigen. Vergebens proteſtirte er, daß er die Schlacht nicht mitgemacht, nicht vom Schlacht¬ feld komme, vielmehr über Schleſien aus Oeſtreich; der Wagen kam ja vom ſchleſiſchen Thor. Zum Gou¬ verneur wollte er ſich führen laſſen, obgleich ihm die Eſcorte unangenehm war, als Herr von Fuchſius ihm begegnete und von der verdächtigenden Beglei¬ tung befreite. „Zu ſpät!“ — „Wieder zu ſpät! erwiderte Eiſen¬ hauch und drückte die ihm entgegen gehaltene Hand. Das iſt mehr als Auſterlitz.“ „Zum Gouverneur! Kommen Sie mit? — So lange die Möglichkeit da iſt —“ „Die Gewißheit!“ unterbrach der Rath. „Auch Sie ohne Troſt und Hoffnung?“ „Die Geſetze der Natur ſind ewig. Die Kugel rollt nur, bis ſie den Abgrund erreicht, und der Ver¬ brecher bleibt nur ungeſtraft, bis ſein Maß voll iſt.“ Welche faſt lüſterne Freude glänzte auf Fuch¬ V. 23

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe05_1852
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe05_1852/363
Zitationshilfe: Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 5. Berlin, 1852, S. 353. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe05_1852/363>, abgerufen am 15.08.2024.