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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 5. Berlin, 1852.

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Legationsrath in ein wahres Feuer der Begeisterung
gerieth. Auf dem Frühstückstisch, in einem separaten
Zimmer der Restauration gedeckt, nahmen die Pro¬
ben Tuch, mit Indigo und Waid gefärbt, und die
Fläschchen mit Färbesaft fast mehr Platz ein, als die
Teller und Flaschen aus Herrn Dallachs Keller.

"Alles ganz schön, sagte der Baron, wenn nur --"

"In Gedanken! Was ist's?"

"Wenn wir überhaupt noch blaues Tuch brauchen!"

"Was, Sie Patriot und verzweifeln! Was wol¬
len Sie da am Fenster?"

"Ich dachte, wenn es ein Courier wäre."

"Wir sind unter uns, Patrioten Beide. Hören
Sie, liebster Baron, und wenn's denn wäre, Tuch
brauchen sie, so lange die Welt steht. Ist's nicht
blaues, dann grünes --"

"Und wenn wir französisch würden?"

"Changiren wir nur etwas das Blau. -- Qu'im¬
porte!
Der Weltbürger ist auch ein Patriot. Aber
Sie trinken nicht. Schmeckt Ihnen der Burgunder
nicht?"

"Das könnte ich Ihnen wiedergeben."

"Ich bin etwas trunken, nicht vom Wein; aber
ich möchte heut aller Welt um den Hals fallen. Mir
ist, als stände mir etwas Erfreuliches bevor."

Herr Dallach war eingetreten und erlaubte sich,
seinen Stammgästen eine Prise zu offeriren: "Herr
Baron sehn etwas angegriffen aus. Ihnen ist doch
wohl?"

Legationsrath in ein wahres Feuer der Begeiſterung
gerieth. Auf dem Frühſtückstiſch, in einem ſeparaten
Zimmer der Reſtauration gedeckt, nahmen die Pro¬
ben Tuch, mit Indigo und Waid gefärbt, und die
Fläſchchen mit Färbeſaft faſt mehr Platz ein, als die
Teller und Flaſchen aus Herrn Dallachs Keller.

„Alles ganz ſchön, ſagte der Baron, wenn nur —“

„In Gedanken! Was iſt's?“

„Wenn wir überhaupt noch blaues Tuch brauchen!“

„Was, Sie Patriot und verzweifeln! Was wol¬
len Sie da am Fenſter?“

„Ich dachte, wenn es ein Courier wäre.“

„Wir ſind unter uns, Patrioten Beide. Hören
Sie, liebſter Baron, und wenn's denn wäre, Tuch
brauchen ſie, ſo lange die Welt ſteht. Iſt's nicht
blaues, dann grünes —“

„Und wenn wir franzöſiſch würden?“

„Changiren wir nur etwas das Blau. — Qu'im¬
porte!
Der Weltbürger iſt auch ein Patriot. Aber
Sie trinken nicht. Schmeckt Ihnen der Burgunder
nicht?“

„Das könnte ich Ihnen wiedergeben.“

„Ich bin etwas trunken, nicht vom Wein; aber
ich möchte heut aller Welt um den Hals fallen. Mir
iſt, als ſtände mir etwas Erfreuliches bevor.“

Herr Dallach war eingetreten und erlaubte ſich,
ſeinen Stammgäſten eine Priſe zu offeriren: „Herr
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[335/0345] Legationsrath in ein wahres Feuer der Begeiſterung gerieth. Auf dem Frühſtückstiſch, in einem ſeparaten Zimmer der Reſtauration gedeckt, nahmen die Pro¬ ben Tuch, mit Indigo und Waid gefärbt, und die Fläſchchen mit Färbeſaft faſt mehr Platz ein, als die Teller und Flaſchen aus Herrn Dallachs Keller. „Alles ganz ſchön, ſagte der Baron, wenn nur —“ „In Gedanken! Was iſt's?“ „Wenn wir überhaupt noch blaues Tuch brauchen!“ „Was, Sie Patriot und verzweifeln! Was wol¬ len Sie da am Fenſter?“ „Ich dachte, wenn es ein Courier wäre.“ „Wir ſind unter uns, Patrioten Beide. Hören Sie, liebſter Baron, und wenn's denn wäre, Tuch brauchen ſie, ſo lange die Welt ſteht. Iſt's nicht blaues, dann grünes —“ „Und wenn wir franzöſiſch würden?“ „Changiren wir nur etwas das Blau. — Qu'im¬ porte! Der Weltbürger iſt auch ein Patriot. Aber Sie trinken nicht. Schmeckt Ihnen der Burgunder nicht?“ „Das könnte ich Ihnen wiedergeben.“ „Ich bin etwas trunken, nicht vom Wein; aber ich möchte heut aller Welt um den Hals fallen. Mir iſt, als ſtände mir etwas Erfreuliches bevor.“ Herr Dallach war eingetreten und erlaubte ſich, ſeinen Stammgäſten eine Priſe zu offeriren: „Herr Baron ſehn etwas angegriffen aus. Ihnen iſt doch wohl?“

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Zitationshilfe: Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 5. Berlin, 1852, S. 335. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe05_1852/345>, abgerufen am 22.11.2024.