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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 5. Berlin, 1852.

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seinem Penchant nachgehen, dann gäbe es keine Eitel¬
keit und keine Sünde, nur vergnügte Menschen. Sie
lieben im Frühling die Veilchen, ich die Maibutter,
wie schön duften sie am Morgen, wie aromatisch und
frisch schmeckt sie zum Frühstück! Da muß ein Welt¬
körper, viele Millionen Meilen von uns entfernt, so
einwirken, daß das Veilchen am Abende welk ist,
meine Butter ist ranzig und zerflossen. Das Uebelste
ist, auch die Philosophie hilft dagegen nicht. Der
böse Magnet, Dämon, was es sei in der Ferne,
unsre Pfeile erreichen ihn nicht, und, was noch schlim¬
mer, wir wissen gar nicht, wo unser Feind sitzt. So
ist der Klügste nicht sicher, woher's ihn einmal über¬
kommt, ob er auf dem Eis einbrechen, oder im Tanz¬
saal ein Bein brechen soll. Was ist der Krieg?
Die Soldaten bilden sich ein, sie trügen ihn, und sie
bluteten für uns. Aber, contrair, sie haben das
Vergnügen, und der Civilist hat die Leiden; er muß
zahlen und zahlen, Handel und Gewerbe stocken und
wir müssen Spott, Uebermuth und Einquartierung
ertragen, bis wir aus der Haut fahren. Ich will
mich nicht um die Welthändel kümmern, sagt der
gute Bürger. Und hat er dazu nicht ein Recht? was
er nicht eingerührt hat, braucht er nicht aufzuessen.
Hat der Weizenbauer in Pyritz die französische Re¬
volution gemacht, hat er consentirt zur Pillnitzer
Alliance, oder hat er Napoleon zum Kaiser ausge¬
rufen? Gott bewahre, er weiß von alledem nichts,
hat nie was davon wissen wollen; aber büßen muß

ſeinem Penchant nachgehen, dann gäbe es keine Eitel¬
keit und keine Sünde, nur vergnügte Menſchen. Sie
lieben im Frühling die Veilchen, ich die Maibutter,
wie ſchön duften ſie am Morgen, wie aromatiſch und
friſch ſchmeckt ſie zum Frühſtück! Da muß ein Welt¬
körper, viele Millionen Meilen von uns entfernt, ſo
einwirken, daß das Veilchen am Abende welk iſt,
meine Butter iſt ranzig und zerfloſſen. Das Uebelſte
iſt, auch die Philoſophie hilft dagegen nicht. Der
böſe Magnet, Dämon, was es ſei in der Ferne,
unſre Pfeile erreichen ihn nicht, und, was noch ſchlim¬
mer, wir wiſſen gar nicht, wo unſer Feind ſitzt. So
iſt der Klügſte nicht ſicher, woher's ihn einmal über¬
kommt, ob er auf dem Eis einbrechen, oder im Tanz¬
ſaal ein Bein brechen ſoll. Was iſt der Krieg?
Die Soldaten bilden ſich ein, ſie trügen ihn, und ſie
bluteten für uns. Aber, contrair, ſie haben das
Vergnügen, und der Civiliſt hat die Leiden; er muß
zahlen und zahlen, Handel und Gewerbe ſtocken und
wir müſſen Spott, Uebermuth und Einquartierung
ertragen, bis wir aus der Haut fahren. Ich will
mich nicht um die Welthändel kümmern, ſagt der
gute Bürger. Und hat er dazu nicht ein Recht? was
er nicht eingerührt hat, braucht er nicht aufzueſſen.
Hat der Weizenbauer in Pyritz die franzöſiſche Re¬
volution gemacht, hat er conſentirt zur Pillnitzer
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rufen? Gott bewahre, er weiß von alledem nichts,
hat nie was davon wiſſen wollen; aber büßen muß

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[252/0262] ſeinem Penchant nachgehen, dann gäbe es keine Eitel¬ keit und keine Sünde, nur vergnügte Menſchen. Sie lieben im Frühling die Veilchen, ich die Maibutter, wie ſchön duften ſie am Morgen, wie aromatiſch und friſch ſchmeckt ſie zum Frühſtück! Da muß ein Welt¬ körper, viele Millionen Meilen von uns entfernt, ſo einwirken, daß das Veilchen am Abende welk iſt, meine Butter iſt ranzig und zerfloſſen. Das Uebelſte iſt, auch die Philoſophie hilft dagegen nicht. Der böſe Magnet, Dämon, was es ſei in der Ferne, unſre Pfeile erreichen ihn nicht, und, was noch ſchlim¬ mer, wir wiſſen gar nicht, wo unſer Feind ſitzt. So iſt der Klügſte nicht ſicher, woher's ihn einmal über¬ kommt, ob er auf dem Eis einbrechen, oder im Tanz¬ ſaal ein Bein brechen ſoll. Was iſt der Krieg? Die Soldaten bilden ſich ein, ſie trügen ihn, und ſie bluteten für uns. Aber, contrair, ſie haben das Vergnügen, und der Civiliſt hat die Leiden; er muß zahlen und zahlen, Handel und Gewerbe ſtocken und wir müſſen Spott, Uebermuth und Einquartierung ertragen, bis wir aus der Haut fahren. Ich will mich nicht um die Welthändel kümmern, ſagt der gute Bürger. Und hat er dazu nicht ein Recht? was er nicht eingerührt hat, braucht er nicht aufzueſſen. Hat der Weizenbauer in Pyritz die franzöſiſche Re¬ volution gemacht, hat er conſentirt zur Pillnitzer Alliance, oder hat er Napoleon zum Kaiſer ausge¬ rufen? Gott bewahre, er weiß von alledem nichts, hat nie was davon wiſſen wollen; aber büßen muß

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Zitationshilfe: Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 5. Berlin, 1852, S. 252. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe05_1852/262>, abgerufen am 24.11.2024.